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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.08.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110805018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911080501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911080501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-05
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Amtsblatt des Rates und des Rokizeiamtes der §>tadt Leipzig. Nnzeigcn Preis tk. p. Tauienv eil leilbeilag« höher. iür Inserat« au» Lerpzrg und Umgebung di« lspaltig« Petit,eil« LPs. dieNeklamc- ,«il« l Mk.: von auswart» 00 Pl„ Nrklamen 1^0 Mk.' Inserate von Behörven im amt- lichen Teil die Petit,erl« 5» Pf. «eschäft-an,eigen mit Pla»oorschr,st«n n. in d«r Abendausgabe »m Preis« erhöht Rabatt nach Taris. Betlagegebuhr Desamt- auslag« 5 Mk. p. Tausend erkl. Postgebühr, leilbeilag« höher. Fefterteilt» Auslrage können nicht »urück. gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Platzen wird kein« Earanti« übernommen. An,eigen-Annahme Johanni»,«», 8. bei iämilichen Filialen u allen Annoncen- Ezpeditionen de» In- und Aurlande». Drnck nnd «erlag de» L«i»,i,«r lag«- blatte» S Pol,. Inhaber: Paul klürftrn. Nedaktion und lSeschistsftell«: Iohannirgais« 8. --not-Filiale Dresden: Eeestraste 4, 1 (Telephon 4821). Nr. 215. Sonnsvenü. üen 5. guyuv 1911. Die vorliegende Au?qabe umfaßt 14 Leiten. Das Dilhtigste. * Der Kaiser trifft Sonntag früh in Berlin wieder ein. * Die Erkrankun.gder Kaiserin gibt zu keinerlei Besorgnis Anlaß. (S. Dtschs. R.) * Zn den Marokkoverhandlungen wurde eine prinzipielle Einigung erzielt. (S. d. des. Artikel.) * Der türkische Minist errat hat be schlossen, die P f e r d c a u s f u h r nach Griechen land und Serbien zu verbieten. * In London werden mit einem Kosten aufwand von über 42 Millionen Mark neue Dock anlagen geschaffen. * Der Friede zwischen den Malissorcn und der Türkei darf als gesichert gelten. (S. Liucl. und Letzte Dcp.) Annäherung. tjM Berlin, 4. August. lEig- Drahtmeld.) In den Unterredungen zwischen Cambon und Kidcrlen-Wiichter hat eine Annähe rung über den prinzipiellen Stand punkt stattgesunden. Die Ausarbeitung im einzelnen erfordert jedoch eingehende Prü fung, womit zurzeit die zuständigen Reichs ressorts befasst find. Da» Ergebnis wird Sann durch die Reichskanzlei dem Kaiser zu unterbreiten sein. Der erste Teil der Marokkoverhandlungen ist zu Ende. Die Pessimisten, die gestern noch von einem Scheitern der Verhandlungen und von einer eventuellen Ministerkrise redeten, müssen heute verstummen. Die Grundlagefür eine Verständigung ist nach langwöchigen Verhandlungen zwischen unserem Staatssekretär des Auswärtigen und dem französischen Bot schafter in Berlin Cambon gefunden. Und wir stehen nicht an zu erklären, daß wir uns darüber freuen als wahre Freunde unseres Vaterlandes und wahre Friedensfreunde. Und daß wir die zuversichtliche Hoffnung hegen, daß es gelingen wird, auf dem eingeschlagenen Wege zu einem Abschluß zu kommen, der den berech tigten Ansprüchen aller Beteiligten gerecht wird. Zwar wissen wir auch jetzt noch nicht, wel ches die Grundlagen der Annäherung sind, und unserem Vertreter wurde gestern imAuswärtigen Amt erklärt, daß eine sachliche Auskunft über den Stand der Verhandlungen nach wie vor wegen der bindenden Versprechungen, die man dem Vertreter Frankreichs gemacht habe, nicht erfolgen könne. Wir wollen daher heute das wiederholen, was wir vor einigen Tagen an dieser Stelle ausführten: Es hilft nichts und es geht auch gar nicht anders: wir müssen durchhalten. Seien wir mit dem einstweilen Erreichten zufrieden in der zuversichtlichen Erwartung, daß sich auf der ge schaffenen Grundlage ein solides Werk auf bauen möge. * Ueber die Auffassung der Lage in Paris und London — naturgemäß vor dem Bekannt werden der obigen Regierungserklärung — liegen uns noch folgende Telegramme vor: Paris, 4. August. (Priv.-Tel.) In einem opti- mistijch gehaltenen Artikel erklärt der „Matin", daß die gestrigen optimistischen Nachrichten der „Times" ihre Bestätigung finden werden. Schon am Mittwoch früh schrieben wir — so führt das Blatt aus —, daß die gegenwärtige Lage ähnlich der vom Jahre IMS, der vom März 1906 zur Zeit der Algeciras-Konferenz und der vom November 1908 an läßlich der Deserteure von Casablanca ist. Wie wir damals schon behauptet haben, daß ein Uebe rein kommen zwischen Frankreich und Deutsch land möglich ist, und wie wir auch immer recht behalten haben, werden uns auch diesmal die Ereignisse recht geben. Unser Optimismus beruht auf unseren In formationen über den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen, beruht auf der Kenntnis von dem festen Standpunkt der französischen Regierung, sowie auf den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen. Deutschland hat seine Forderungen bereits sehr ge mäßigt. Doch sind sie noch zu hoch, noch keine normalen. Die Lage kann kurz folgendermaßen zusammengefaßt werden: Die Verhandlungen zwischen Paris und Berlin scheinen einen guten Weg zu gehen. Von einer internationalen Konferenz zu reden, ist daher un nötig. Denn wenn — was ja zu erwarten ist — Frantreich und Deutschland ein Abkommen treffen, io werden wir uns fragen müssen, ob gewisse Teile dieses Abkommens nicht auch von den anderen Sig natar-Mächten der Algeciras-Atte angenommen wer den können, oder gar müssen. * London,4. August. (Priv.-Tel.) Die „Times" hält ihren Optimismus bezüglich der deutsch- franzöfijchen Verhandlungen über Marokko aufrecht, wenngleich sie zugibt, daß über die Berliner Ver handlungen zwischen Kidcrlen-Wächter und Cambon das strengste Stillschweigen bewahrt wird, und sic nicht nutzuteilcn vermag, woher sie ihre Infor mationen hat. Sie schreibt heute: In diplo matischen Kreisen hat man noch immer die Ueberzeugung, daß Deutschland seine Forderungen auf ein vernünftiges Maß herabsetzen wird. Die alldeutsche Presse hat bereits ihre Zu versicht verloren und cs würde ihr schwer fallen, das Volk zu überzeugen, daß Deutschland nichts er halten wird, nachdem die Alldeutschen bereits von einem großen südafrikanischen Kolonialreich ge träumt haben. Eine Erweiterung des Hinterlandes von Kamerun wird man Deutschland zubilligen. Das sind die „Kompensationen", mit denen Herr von Kiderlen-Wächter zufrieden sein wird." Die offiziellen Stellen halten mit ihrer Meinung zurück und empfehlen der Presse auch mit ihrem Ur teil zu warten, bis der Deutsche Kaiser Herrn von Kiderlen-Wächter vom Schweigegebot entbunden hat. o. Ueber die offiziöse Kundgebung in der Marokkoangelegenheit äußern sich die Abendblätter zum allergrößten Teil noch nicht. Nur das „B. T." enthält die folgende Aeußerung: „Auf welcher Grundlage die Annäherung erfolgt ist, läßt sich im Augenblick noch nicht sagen und die Londoner „Westminster Gazette" hat unseres Erachtens recht, wenn sic aussührt. daß die öffentliche Meinung in diesem Augenblick sich in Geduld fassen müsse. Einstweilen wird die Tatsache, daß nun endlich die Einigung in Aussicht steht und daß nur noch die übliche Ausarbeitung in den speziellen Ressorts zu erledigen bleibt, in Deutschland und Frankreich mit einem Gefühl der Befriedigung begrüßt werden." zu hoch: die genaue Zählung hat eine Bevölkerung von Diese geringe Einwohnerzahl daß fast das ganze Gebiet aus Waldungen und Fluß- Das ganze Land ist als ein Die betrüblichen Zultänüe im krsnMlchen Rangs. * Regelmäßig, wenn Frankreich irgendwelche Ver änderungen aus seiner kolonialen Landkarte vor zunehmen wünscht, taucht auch der Plan auf, das französische Kongogebiet gegen anderes Land aus zutauschen. So wurde vor Jahren schon der Versuch gemacht, cs den Engländern gegen das Mündungs gebiet des Gambia auf den Hals zu hängen; die haben dafür gedankt. So wird jetzt der Versuch gemacht, unsere Kompensationen für Frankreichs ungeheure Machivermehrung im französischen Kongo zu decken. Daß Frankreich so überaus bereit rst, dieses ihm zum größten Teil durch einen Italiener, dem Grafen Brazza, erworbene Land wieder fort zugeben, könnte an sich Wunder nehmen; wenn man aber weiß, wie es um jenes große Gebiet steht, so wird die französische Bereitwilligkeit durchaus ver ständlich. Der Umfang des Congo franeais wird verschieden angegeben; am zuverlässigsten scheint die Angabe, daß er etwa dreimal so groß ist wie das Deutsche Reich; hiervon soll also ein Fetzen für uns abge trennt werden. Wie schlecht das Land ist, beweist schon seine geringe Bewohnerzahl. Brazza hatte sie auf 8 — 10 Millionen angegeben; selbst das ist noch viel z vom Jahre 1908 3 652 018 ergeben, erklärt sich daraus, unbewohnbaren sümpfen besteht. .. . Fieberland im eigentlichsten Sinne zu bezeichnen; das Temperaturjahrmittel wird für I9b6 für eine Station am Schariflusse auf 28,4" angegeben. In den heißesten Monaten April und März wurden 48,5 und 47,5^ 0 gemessen. Zum Vergleich sei ange fügt, daß die mittlere Jahrestemperatur auf dem sogenannten thermischen Aequator, der bei 10" nörd licher Breite verläuft, nur 26,4" 0 beträgt! Sogar an der Küste ist das Klima äußerst ungesund, selbst für die Eingeborenen, was sich aus der ständigen feuchten Hitze ohne weiteres erklärt. Daß trotzdem auf der Karte das ganze Land mit Stationen nicht ganz spärlich versehen ist, erklärt sich wie folgt lSrevers - Hahn, Afrika-: „Die Stationen des tiefen Innern sollen zunächst nur das Besitzrecht begründen und die spätere inten sivere Ausbeutung des Landes vorbereiten; sie sind mit einzelnen Offizieren, auch wohl mit Missio naren besetzt. Manche dieser Posten stehen nur in sehr schwacher Verbindung mit der Küste, und ihre Lage und Bedeutung wechseln häufig, denn auf dem Papier ist zwar ein großer Teil der fran zösischen Kongoufer an Ausbeutungs- und Handels gesellschaften vergeben, aber die hierauf gegrün deten Hoffnungen sind völlig gescheitert, und eigentliche Kolonisten dürfte es in der ganzen Kolonie noch nicht geben, zumal da das Klima, wenigstens rm Waldland, anhaltende euro päische Arbeit und überhaupt längeren Aufenthalt der Europäer nicht gestatten würde." Das ganze Kongogebiet ist weiter, wie bekannt, recht eigentlich die Heimat der Schlafkrankheit. Sie wird übertragen von einer Tsetsefliege, die in den heißen Flußsümpfen vorzugsweise lebt. Sie findet sich, außer im ganzen Kongo, auch an dessen Grenzen; so ist da; spanische Fernando Po verseucht, und von Fernando Po wurde sie nach Duala ein geschleppt. Sonst ist Kamerun bis auf die Grenz distrikte gegen den französischen Kongo von der Seuche frei; und auch in Togo ist nur ein kleiner Bezirk Verbreitungsgebiet der Krankheit, gegen die cs einen wirksamen Schutz überhaupt noch nicht gibt und die, wenn keine Behandlung erfolgt, absolut tödlich ver läuft. Nach Pctermanns Mitteilungen 1910 sind die Hauptflüsse des französischen Kongos. Ogowe und Schari, sehr verseucht; ebenso die Küste bei Libre ville — alw gerade das Gebiet, das uns in erster Linie von Frankreich zugedacht ist. Wo die Tsetsefliege schwärmt, ist die Rindvieh haltung unmöglich. Und in der Tat gibt es im ganzen französischen Kongo nur an zwei, drei geschützten Stellen Großvieh. Die Fleizchnahrung der Eingeborenen setzt sich zusammen aus den überall in Afrika heimischen Hühnern und aus — ge mästeten Hunden, was für eine deutsche Schutz truppe dort keine beionders wünschenswerte Nahrung bedeuten dürfte. Die paar Schafe, die sich in der Kolonie finden, sind jämmerliche Exemplare; die Existenzbedingungen für sie sind so schlecht, daß sie gar keine Wolle mehr haben, sondern — Haare! Auch sonst läßt sich sehr wenig aus diesem Gebiet ziehen. Sein Hauplreichtum ist Kautschuk; doch sind die Bestände an Eummipflanzen durch wüsten Raubbau so ziemlich erschöpft; abgesehen davon, daß bekannt lich der Kautschutmartt infolge Uebcrangebots ganz darnicderlicgt und eine Besserung für lange Zeit nicht abzusehen ist. Ter früher bedeutende Elfenbeinexport ist fast verschwunden; was noch ausgesührt wird sind zudem alte Bestände; der Elefant ist so gut wie ganz ausgerottet. Von sonstigen wich tigen Tropenprodukten wird nur noch etwas Zucker- rohr erzeugt, das aber nicht genügt, um den Eigen bedarf der Kolonie zu decken. Die paar Stellen, wo Kaffee- und Kakaoplantagen möglich sind, sind selbstverständlich längst in den Händen französischer Gesellschaften. Ueberhaupt ist im französischen Kongo alles, was für jetzt oder später einigermaßen Ertrag verspricht, längst Privateigen tum französischer Handels gesellschaften. Natürlich haben sie nicht das mindeste für die Aufschließung des Landes getan; und der französische Staat ist, was man ihm weiter nicht verdenken kann, ihrem Beispiel gefolgt. Im ganzen Congo fram.ais liegt noch kein Nieter Schiene; es gibt ein paar Telegraphenlinien, ein paar Post ämter und schmale Saumpfade durch den Urwald, Pisten, von Station zu Station. Trotz dieser abso luten Wertlosigkeit des Gebietes — die es nur zu verständlich macht, daß im osfizi^len Unlloiin <ui Lon-llö (le I.^krique irLliyi<i8 1908 das Land als „I.otr eutnvt llc äouleur". unser Schmerzenskind, bezeichnet wird — hat es dem französischen Staat ichon außer ordentlich viel gekostet." Wir möchten nur eine ständig fließende Ausgabenquelle hcrvorheben: das Land ist noch längst nicht befriedet/ Wahrend die Soldatenzahl anfangs sehr gering war, hat man sie nacheinander bis 1910 auf 2330 und 19l1 auf 5600' Köpfe vermehren müssen. Auch diese Zahl reicht aber noch nicht aus; nach amtlicher Austastung sind mindestens 8000 Mann erforderlich. Dieses Gebiet, und natürlich nicht etwa das ganze, sondern seine schlechtesten Teile, wollen uns die Franzosen freundlichst überlassen. Eine höchst begreifliche Bereitwilligkeit. Gnglilch-itslienMe Reibereien Unser römischer Mitarbeiter schreibt uns: Auf der Insel Malta hat sich ein Konflikt zwilchen Engländern und Italienern durch einen groben Ausfall des englischen offiziösen Regierungsorgans gegen die italienische Presse in allerjüngster Zeit zugespitzt und Anlaß zu heftigen Kontroverien gegeben. Reibereien bat es auf Malta immer gegeben, da die Italiener sich mit mehr oder weniger Recht über Bedrückungen von feiten der Engländer zu beklagen haben. Aber der eben aus gebrochene Konflikt gewinnt im Augenblick, wo Eng land sich eine Schiedsrichterrolle in der Marokko affäre aumaßt, einen pikanten Beigeschmack. Schon vor Wochen hatten die italienischen Blätter der Regierung in Malta an der Hand von Statistiken nachgewiesen, daß, obwohl die Italiener die über wältigende Mehrheit der einheimischen Bevölkerung bilden, ihnen in Schulangelegenheiten, in, Handel und Verkehr, in der freien Ansiedlung, im Gewerbe betriebe und vor allem in der Forderung, das Ita lienische auch als Amtssprache zu behandeln, die ärgsten Schikanen von den Verwaltungsbehörden bereitet würden. Aus einigen Meldungen ging her vor, daß sich in aller Stille eine kleine Rebellion vorbereitete. Ob der Gouverneur glaubte, sie könnte der englischen Herrschaft am Ende gefährlich werden, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ließ er grobes Geschütz in Form eines regierungs- offiziöien Artikels in der „Daily Malta Chronicle" gegen die italienische Presse auffahren, und das hat die letztere inHarniich gebracht. Das englische Blatt hatte u. a. der italienischen Presse den Rat gegeben, anstatt sich mit Konstitutionsfragen auf Malta und mit der Erhaltung der Nationalität der Malteser lieber mit all dem Jammer im eigenen Lande zu beschäftigen. Die Italiener wären Hunger leider, war gesagt worden, die Malteser aber wären glücklich, von den Engländern regiert zu sein. Die Antwort ist man nicht schuldig geblieben. Manch kräftig Wort ist da gefallen. Speziell der „Messagero" hat es unternommen, den Eng ländern ein langes Südenregister vor zuhalten. Er weist nach, wie schwer es die Eng länder den Italienern machen, sich in Malta nieder zulassen. Jever Einwanderer muß zuvörderst einen Mindestbctrag von 250 Fr. deponieren, ehe er Auf nahme findet. Aber auch wenn ihm dies gelingt, besitzt er gegenüber dem Staat nur drückende Pflichten, aber keine Rechte Sämtliche in Malta ansässigen Italiener stünden unter Ausnahme gesetzen. Zum Schluß fordert das Blatt den Minister präsidenten Giolitti energisch auf, sich auch einmal mit dieser „kleinen Frage" zu beschäftigen und einen kräftigen Appell an die englische Freundsckaft zu richten, „von der wir Italiener ohne Unterbrechung vom 1. Januar bis 31. Dezember jedes Jahres mit los. Jahrgang. Transport auf das nächste Jahr so viel Gerede machen, damit unsern Brüdern auf Malta die „Ehre", sich britische Untertanen zu nennen, weniger schwer und weniger schmerzlich würde." So und ähnlich drücken sich die italienischen Blätter nach den Reden der Herren Asquith und Lloyd George in Sachen Marokkos aus. Gerade jetzt hat der italienische Deputierte Marini nacygerechnct, daß die Italiener, hätten sie nach Crispis Sturz ihren Einfluß in Marokko nicht aufgegeden, heute nicht müßig zuschauen dürften, wie Franzosen und Engländer sich mit Deutschland Marokkos wegen auseinandersetzten.... Alkoholgegner-Woche. (Unber. Nachdr. verb.) 11^. Dresden, 3. August. Die Veranstaltungen der Alkoholgegner-Woche, die im Anschluß an die Hygieneausstellun'g in Dresden veranstaltet wird, begannen nach mehrfachen Führungen durch die Ausstellung am Mittwoch abend mit einer Begrüßungsfeier. A. Smith sprach über „Was will der De u tsche A l k oholgegner bund?" Er betonte namentlich die Notwendigkeit geschlossenen Vorgehens aller antialkoholitischen Organisationen. In einer heute vormittag abgchaltenen Versamm lung des deutschen Bundes abstinenter Frauen sprach Fräulein Wilhelmine Lohmann-Bielefeld über „Frauennot—Frauenhilfe": Der Alkohol ist der stärkste Urheber des Kinderclendes. Immer noch steht Deutschland in der Säuglingssterblichkeit mir an der Spitze. Wer diese bekämpfen will, der nehme teil an dem Kampfe gegen die stärkste Ursache des Kindersterbens, gegen den Alkohol. Die Fürsorge allein zieht vielfach auch das Schwächste groß, und das bedeutet keine Verbesserung der Rasse. Die große Menge der Frauen, die in die soziale Arbeit ein getreten sind und den Alkohol als Urheber so vielen Elendes erkannt haben, sie leiden darunter, daß sie nicht mehr Helsen können, keine durchgreifenden Maßnahmen anwenden dürfen, da der Gesetzgeber ihre Stimme nicht hört und bei der Beratung neuer Gesetze nichr zulüßt. Der Alkohol drängt sich gerade an die jungen Menschen heran, um sie ins Verderben zu führen, so kommt es, daß jugendliche Unschuld sich in Lumpen und Schande hüllt. Die Unsittlicheit frißt am Mark unseres Volkes. 77 Prozent der Siltlichkeitsoerbrcchcn werden unter dem Einfluß des Alkohols begangen. Es zeigt sich die betrübende Tatsache, daß das Trinken auch bei den Frauen zunimmt. 10 Prozent der Trunksüchtigen sind Frauen. Rednerin fordert .Antialkoholunterricht in der Schule. Auch die Jugeno soll sich zu Alkoholbekämpiern organisieren, und die Frauen sollen dabei mithelsen. Als ferneres Mittel nennt die Rednerin die Hilfe der Frau in der Für sorge für Alkoholkranke, an der Beteiligung an der kommunalen Fürsorge, der Jugendpflege usw. Fräulein stud. phil. E. Kniebe-Göttingen sprach über ./Persönliches zur Alkoholfrage": Das einzige Mittel, um dieses Unheil aus der Welt zu schaffen, ist die Abstinenz, denn alle anderen Mittel suchen nur die Wirkungen zu mildern, nichr aber die Ursache zu beseitigen. Die durchgreifende Anwendung dieses Mittels würde eine wunderbare Wirkung auf unser Volt ausüben, darum sollte feder sich seiner Verantwortung in dieser Sache bewußt werden und an seinem Telle dazu helfen, den besteren Zustand herbeizuführen. In einer Versammlung abstinenter Lehrer sprach Rektor Dann meyer-Kiel über „Welche besonderen Aufgaben erwachsen dem Lehrer im Kampfe gegen den Alkohol?" Wenn sich die Hoff nungen nicht erfüllen, die dw Familie auf ihre Jugend setzt, dann muß die Schute herhalten. Die Trinkersitten hemmen die natürliche Enrivickclung der Jugend und jede erfolgreiche Erziehungs arbeit. Durch den Altoholisn.us werden auch die Wohnungsverhältnisse nachteilig beeinflußt und die Frau ist infolge der Trinkcrunsitten ihres Mannes oft gezwungen, selbst außer halb des Hauses Arbeit zu suchen. 40 Prozent der Fürsorgezöglinge stamme aus Trinkerfamilien. Die Hauptursache der Abnahme der Stillungsfähigkeit der Mütter ist der Alkohol. Von den Flaschenkindern in Berlin sterben viele Prozent mehr als von den gestillten Kindern auf dem Lande. Die Rachitis dürfte hauptsächlich durch die Alkoholisierung der Kulturvölker entstanden sein. Mit der Abnahme des Alkoholkonsums in Norwegen ist dort auch d,e Rachitis sehr stark zurückgegaugen. Die Zunahme der Kriminalität der Jugend ist bedingt durch deren Alkoholisierung. Aus diewn Gründen muß die Lehrer schaft in der Antialtoholbewegung vorangehen, und hier sind es vor allem die Landes- und Provinzial lehrervereine, die dem Ucbel entgegentreten können. In einer Versammlung abstinenter Frauen sprach Frau K öh le r - W in ter s eld - Chemnitz über Küche und Alkohol. Sie beschäftigte sich darin ein gehend mit der Frage, wie die Verwendung von Wein, Rum, Arrak usw. zu verschiedenen süßen Speisen usw. durch alkoholfreie Ersatzmittel sowie durch Fruchtbvwlen ersetzt werden könnte. Sic schließt: Wir sollten nicht kämpfen gegen alkohol liebende Männer, sondern diplomatisch vorgehen durch kluge Ausmerzung von Alkohol aus Küche und Keller, wodurch die Männer veranlaßt werden, auch in den Gastwirtschaften alkoholfreie Getränke zv fordern. (Lebh. Beifall.) Der Katholikentag. (Unber. Nachdr. verb.) liir. Mainz, 4. August. * Am Sonntag tritt in Mainz der diesjährige Deutsche Katholikentag zusammen, dessen Verlauf man angesichts der bevorstehenden Reichstagswahlen mit besonderem Interesse verfolgen wird. Die Tagung soll einer besonderen Ehrung des Gedächtnisses an den verstorbenen Mainzer Bischof v. Kettelcr dienen, einem der Hauptbearünder der deutichcn Zentrumspartei. Gleichzeitig sollen die Ergebenheits kundgebungen für den Papst, mit denen regelmäßig die Katholikentage eingcleitet zu werden pflegen.
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