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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 20.06.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060620023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906062002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906062002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-20
-
Monat
1906-06
-
Jahr
1906
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SerugrgedW: «terteltwrlt»»»» »"»»"> bei t«,N« «etmaNarr tzuttaaun, durch uule« Voten ««den»» und «»r,eu«. an Sonn- und Montagen nur einmav »MIsovt. durch au»wSrtt»e Soin- mtlslondre , Mk. de«, , M«. so Pf. Bei ettimaUger Lulielluna durch die vokl»M«. lobneUettellaeld!. in, Aus land mit enllvrechendem Zulchlage. N achdruck aller «rtllel». Otiainal- Mttteilunaen nur mlt deutlicher vuellenangabet.Dredd Nackr.'l »ulltilla. Nachträgliche Lonorar- «ntvrüche bleiben unbenicklichtigt: «Verlangt« Manuilribte werde» nicht auldewabrt. relegramm-ildrelle: Nachrichten »rrld««. Druck und Verlag von Lrepsch L Reichardt in Dresden. Flnresgen-carif. Lnnaknn« von Ankündlgnagen dir nachmittag» s Udr. Sonn- und lieiertag» nur Maricnltrab» SS von n bis v.i Udr Die r lvalti«Aru»d- reile <ca. s Silben! 20 Vk^., An kündigungen aus der Privatielte gelle 2k Lsg : die rivattiae geil« ausTert- leite so Lig,, als Eingelandt Zeile Sv P<g. In Nummern »ach Sonn- >»td Keiertage» rivaliige Grundreile so Pta.. aus Privatlcite eo Ps,.. slvalllge geile aus Tertleite und als Erngcsandi so Pf«. iiludwärtige Aul- träge nur gegen Vorausbezahlung. Belegblätter kosten io Biennigc. Fernsprecher: «r. U und «0»«. HauptgeschLstSftell« Marienstr.r«. I>snolin-8sifs mit c!sm „^tsilrinA" -LI 25 l^fZ. psr Llück. luedvarvll. dooltlsinor äsutsodsr unä vossUsoksr ^nruZ-, Rossa-, kalstot- unä DVs3too8toffs ia ullsn mocksrnsa Karbon unci ?nmü-(ju»litLten ru bülißsttsa ?reis6n. VsrkullkgstvIIs äsr vom XZ1. k'insn/.mini8t«rium noußowüdltvll vorsükrikt8mL88i80ll vlliformgtokkö kür Lönigl. LLoks. LiLLts-k'orgddsLmts. Nti iiiiln» kSrgeliel L6d6ü6l8lrL886 IS «r.I«7. Äiml: Neueste Drahtberichte. ten, Bezirksverbandstag der Bauinnungen, Handlungsgehülfen. olitik und Presse in England. Mittwoch. 2V. Juni 1006. Neueste Drahtmewullken vom 19. Juni. Zur Lage in Rußland. Petersburg. Der Bäcker streik in Petersburg dauert fort. Gestern sind die Erdarbeiter und Steinsetzer in den Ausstand getreten. Es droht auch ein Streik der Eisen, bahnarbeiter der Petersburger Bahnbäuten. Ueber partielle Streiks in verschiedenen Geschäftszweigen liegen aus einer Reihe von Städten Meldungen vor, darunter aus Odessa. Warschau. Bei Biala im Gouvernement Siedler über sielen 20 Räuber ein Rittergut, ermordeten den Besitzer und raubten 70 000 Rubel. Tiflis. Aus dem Gouvernement Eriwan wird gemeldet, daß kurdische Bauden di« russische Grenze überschreiten und Armenier überfallen. London. Verschiedene Blätter verlangen, daß im Hin- blick aus die in Brelostok begangenen Grausamkeiten der Besuch der britischen Flotte in Kronstadt unterbleibe. Es sei unmöglich, daß England mit der gegenwärtigen russischen Re gierung «ine Verständigung abschließe. Cuxhaven. Gestern abend speisten auf der „Amerika" mit dem Kaiser die Herren der Direktion der Hamburg- Amerika-Linie, Bürgermeister Dr. Burchard und die Herren vom Vorstand deS Hamburger Vereins „Seefahrt". Heute vor mittag begab sich der Kaiser an Bord seiner Jacht „Meteor", um an der Wettfahrt des Norddeutschen Regattavereins auf der Unterelbe teilzunehmen. Um 10 Uhr 40 Min. wurde der «Meteor" an den Start geschleppt. Das Wetter ist herrlich. Glogau. (Priv.-Tcl.j Das Kriegsgericht der 9. Division verurteilte den Vizefeldwcbel Hanisch vom 59. Infanterie- Regiment wegen Mißhandlung Untergebener in 132 Fällen und wegen Beleidigung zu 5 Monaten Gefängnis, den Feldwebel Krüger desselben Regiments wegen Mißhand lung Untergebener in 17 Fällen z» 3 Monaten Gefängnis. Köln. sPriv-Tel.) In einer gestern abend zwischen dem Kölner Komitee von 9 Kölner W> i r t e v e r e > n e n und dem Brauereiverbande stattgehabten Versammlung wurde namens des Brauereiverbandes die Erklärung abgegeben, daß di« Brauereien unter keinen Unrständen von der Preiserhöhung von 1^0 Mk. pro Hektoliter hcruntergehen würden. Donnerstag findet nunmehr ein« Sitzung der Wirtevereinigungen statt, sie bestimmte Beschlüsse gegenüber dieser Erklärung fassen wird. Köln. (Priv.-Tel.) Das am gestrigen Nachmittag und in den Abendstunden Mer den Mittel- und Niederrhein nieder- gegangene Gewitter hat strichweise großen Schaden angerichtet. Biele Fernsprechleitungen sind zerstört. Auch in einzelnen Weinbergen hat das Unwetter Spuren der Verwüstung zurückgelassen. In Köln schlug der Blitz in eine mit Passanten besetzte Wirtschaft ein und richtete im vierten Stock arge Ver wüstungen a». Die Hausbewohner und Gäste 'blieben glück licherweise unversehrt. Köln. (Priv.-Tel.) Die „Köln. Ztg." erklärt, offensicht lich inspiriert, zu den Meldungen über ein deutsches Vor- gehen in Abessynien: Alle aus dieser Art englischer, italienischer und französischer Quelle stammende Nachrichten in denen hervorgehoben wird, daß mit den besagten deutschen pnternehmungen politische Ziele verfolgt würden, entbehren xder Grundlage. Kommerzienrat Bosch-Berlin habe die Expedition zusammenacstellt, die Ende März nach Abessynien abging, dort wohlbehalten eintraf und vom Kaiser von Abessynien wühlwollend ausgenommen wurde. Die Aufgabe dieser Expedition sei in der Hauptsache kulturell. Die Regierung stabe diesem rein privaten Unternehmen vollständig fern, politisch« Zwecke seien dabei völlig ausgeschlossen. Bremen. Etwa 50 Redakteure deutscher «itung « n, die -um Besuche Londons eingeladen sind, traten gestern im Ratskeller zu einer Vorbesprechung zusammen und folgten einer Einladung des bremischen Journalisten, uiid Schriftsteller-Vereins zu einem geselligen Beffammensein. Heute früh erfolgte die Abfahrt nach Southampton. Hamburg. Bei einem Neubau in der Eisfe^Straße brach heute die Betondecke der fünften Etage gleichzeitig an mehreren Stellen zusammen und stürzte gpf die nächste Etage. Infolgedessen stürzte der Neubau ein. Bis jetzt sind 6 Tote. 4 schwerverletzte und einige Leichtverletzte geborgen. Es sollen noch drei Mann unter den Trümmern begraben sein. Drei Züge der Feuerwehr sind an der Baustelle tätig. Hamburg. Heute morgen traf der Dampfer „Ernst Wör- mann" aus De u t s ch - S ü d w e sta f r i ka hier ein. Er über brachte die Leiche des Hauptmanns v. Burgsdorff'. An Bord be- fanden sich mehrere Offiziere, Äerzte und Zahlmeister und 105 Unteroffiziere und Mannschaften. Rendsburg. In einer hiesigen Gastwirtschaft brach gestern nachmittag Feuer aus, welches das ganze Gebäude einäscherte. Dabei kamen drei Arbeiter um, die im zweiten Stockwerke schliefen. Ein Förster erlitt so schwere Brandwunden, daß an seinem Aufkommen gezweiselt wird. Helgoland. Den ersten Preis bei der Wettfahrt Dover —Helgoland erhielt die englische Jacht „Betty", die gestern abend um 10 Uhr 36 Min. durchs Ziel ging, und den zweiten die englische Jacht „Sunshine", die um 10 Uhr 20 Min. durchs Ziel ging. Genf. Die dritte Kommission der internationalen Kon- erenz zur Revision der Genfer Konvention befaßte sich )eute mit der Frage des unbeschränkten Schuhes der militäri- chen Sanitäts-Einrichtungen. Lange Erörterungen ries die )rage hervor, ob es angebracht sei, zwischen fliegenden und sest- tehenden SanitätsEinrichtnngen zu unterscheiden. Die vierte Kommission befaßte sich mit den Modalitäten der Verwendung und allgemeinen Anerkennung des Armbandes als Zeichen des Roten Kreuzes. Ein Delegierter legte die Notwendigkeit der Ausstellung von Bestimmungen dar, welche der mißbräuchlichen Verwendung des Roten Kreuzes aus dem Gebiete der Industrie steuern tollen. London. Wie die „Times" aus Fez melden, hat der Maghzen beschlossen, das Protokoll der Konferenz von Algeciras zu unterzeichnen. Die Ratifizierung des Pro tokolls wird nunmehr innerhalb kurzer Zeit «rfolgen. London. Das Unterhaus nahm nach längerer Debatte den Vorschlag des Premierministers bctr. die Abkürzung der Beratung über die Schulvorlage mit der von der Regie rung genehmigten Abänderung an, daß die Beratunasfrist nicht aus 17, sondern auf 18 Tage beschränkt werde. Der Schatz- kanzler Asguith teilte mit, die Regierung wünsche, daß das Haus sich am 4. August vertage. Oertllches unv Sächsisches. Dresden. 19. Juni. —* Se. Majestät der König traf heute früh 2 Uhr 20 Min., von Oldenburg zurückkehrend, wieder in Dresden «in. Der Landesherr weilte vormittags zur Entgegennahme der Vor träge der Herren Staatsminister, der Tepartementschess der König!. Hofstaaten und des König!. Äabinettssekretärs im Residenzschlosse und begab sich nachmittags nach Villa Wachtnitz. -* Ueber den Besuch deS Königs in Salzwcdel sind noch folgende Einzelheiten nachzutragen: Der König sprach sich dem Bürgermeister Tr. Kersten und dem Stadtvervrdiieten-Vorsteher Merkel gegenüber sehr erfreut und anerkennend über de» herzlichen und schönen Empfang in Salzwedel und über den Schmuck der Straßen ans und übermittelte den städtischen Körperschaften seinen Dank. Dem Bürgermeister wurde der Albrechlsorden l. Klasse, dem Stadtverordneten-Vorsteher der Albrechtsorden 2. Klasse ver lieben. Der König unterhielt sich mit den Herren über die Ge schichte der Stadt Salzwedel, wobei er auf deren Industrie, be sonders aus den Baumkuchen, hinwies. Als daraufhin Stadtrat Sckernikow als Lieferant dieses Gebäcks bezeichnet wurde, und dieser bemerkte, daß jeder, der Baumkuchen esse, 10 Jahre länger lebe, bemerkte der König launig, daß dann nur jedermann Baum kuchen essen sollte. Freitag nachmittag wurde, wie bereits mit- geteilt, die Deputation des Vereins ehemaliger Treffcnseld-lllanen empfangen. Üandrat v. d. Schulenburg stellte die Herren vor. (Vorsitzender H. Quendt, stellvertretender Vorsitzender Walter, Kassierer Wiswedel und Schriftführer Vogel.) Herr Quendt hielt eine Ansprache, die mit dem Wunsche schloß, daß dem König eine lange gesegnete Negierung über das schöne Sachsenlnnd bcschieden sein möge. Der König dankte für die Ansprache, erkundigte sich nach dem Berus der Herren und unterhielt sich mit Herrn Wis wedel über die Attacke von Mars-la-Tour. Alsdann stattete der König bei dem Prinzen Leopold von Bayern und dem komman dierenden General v Hindenburg Besuche im Hotel Westendorf ab, zeichnete auch Frau Oberst v. Pappritz durch einen Besuch aus; überall auf der Fahrt durch die Straßen der Stadt wurde er von der festlich gekleideten Bewohnerschaft freudig begrüßt. Nach der Propstei zurückgekehrt, stattete er Frau Landrat v. d. Schulenbura einen Besuch ab und überreichte ihr einen pracht vollen Tafelaufsatz aus Meißner Porzellan. Uni 6 Uhr begab sich der König nach dem Offizierkasino zum Mittagsmahl. Außer ihm, seinem Gefolge und den Vorgesetzten des Regiments mit ihren Adjutanten nahmen 18 Offiziere der Treffenfeld-Ulanen, Landrat v. d. Schulenburg und Bürgermeister Dr. Kersten teil. Im Verlaufe des Mahles dankte Regimentskommandeur Oberst v. Pnppritz dem König für den Besuch. Der König antwortete sofort und betonte, welche Freude es ihm gewesen wäre, daß der Kaiser ihm an Stelle seines hochieligrn Vaters gerade dies Regi ment verliehen habe, welches, wie er wisse, sein Vater besonders lieb gehabt und hochgeehrt habe. Er schloß mit einem dreifachen „Hurra" auf das Regiment und dessen obersten Kriegsherr» Se. Majestät Kaiser Wilhelm II. Abends 9 Uhr war großer Zapfenstreich, dem Tausende beiwohnten. Ausgeführt wurde er von der Kapelle des Ulanen-Regiments unter Leitung des Stabs trompeters Ball; letzterer hat dem König einen Hnldigungsmarsch „Ulanengruß" gewidmet, den der König angenommen hat. Den Abend verbrachte der König mit seinem Gefolge nnd seinem Gast geber, dem Landrat, beim Glase Bier unter den Linden im Propsteigarten. Am nächsten Vormittag fand die Vorstellung deS Regiments statt. Unter den Klängen des Präsentiermarsches ritt der König die Front seines Regiments, jede einzelne Eskadron durch Zuruf grüßend, ab. Nach oem wohlgelungenen Parademarsch in Zügen fanden größere Exerzitien, darunter prächtige Attacken, die die dahinbrausenden Schwadronen in dichte Staubwolken Rillten, und ein nochmaliger Parademarsch in Eskadronfronten im Trabe statt. Bei der Kritik älißerte der König seine höchste Zu friedenheit über die schneidigen Exerzitien und bemerkte, daß er stolz sei, Chef eines solchen Regiments zu sein. Er setzte sich nun an oie Spitze des Regiments und führte es unter klingendem Spiel nach der Stadt zurück. Auf dem Gerichtsplatze angelangt, ließ er es an sich vorüberdefilieren und kehrte tn die Provstei zu rück. Auf dem Bahnsteige hatten sich sämtliche Offiziere des Regiments eingesunken. Nach Einlaufen des fahrplanmäßigen Schnellzuges wurde der Salonwagen den, Zuge angrhängt. Nach herzlicher Verabschiedung von sämtlichen Herren bestieg der König den Salonwagen. Bei der Abfahrt des Zuges grüßte er wieder holt dankend aus dem Wagenfcnster: unter Hurrarufen der znm Abschiede Erschienenen, sowie der tausendköpfigen Menge verließ der Zug die Station. —* Ter König wird bei seinem Aufenthalt im oberen Vogt lande vom 25. bis 29. Juni begleitet sein vvn den Herren Staatsminister Tr. Graf o. Hohcnthal und Bergen. Geiicraladjutani Generalleutnant v. Altrock. Flügeladjutaiit Eulitz und, als Vertreter des als Ncisemarschall tätigen Ober- Politik und Presse in England. Der in diesen Tagen in England stattfinvende Besuch von Vertretern der deutschen Presse in England läßt es gerecht fertigt erscheinen, das Urteil eines der feinsten und scharf, sinnigsten Kenner Englands nachzulesen. Man findet dies in oem ausgezeichneten Buche .England und die Eng länder von Dr. Carl Peters (Verlag von C. A. Schwetschke u. Sohn, Berlin, 1904, Preis gcb. 6 Mark), dessen Lektüre den weitesten Kreisen nicht genug empfohlen werden kann. In einem 40 Seiten langen Kapitel behandelt Dr. Peters (hier auch daS Thema „Politik und Presse"; aus diesem seien hier folgende Aphorismen wiederaegebcn: .Wenn man fragt, in welcher Charakter-Eigentümlich- ikeit die staatenbildende Befähigung der angel - sächsischen Rasse letzten Endes beruht, so findet man den starken, individuellen Unabhängigkcitssinn als das hervorstechende. In allen englischen vstaatsgrüudungcn auf der Erde »st das System der „organisierten Freiheit" durch- aeführt. Seine Formen sind Selbstverwaltung bis in die klein sten Kreise und Repräsentativverfassung für das Ganze. Dem Engländer ist jede Willkür von oben zuwider, er will selbst Herr seiner Bestimmungen sei» Ader daneben ist ihm ein starker Sinn für Ordnung und Gesetz eigen, ohne welchen der Individualismus nirgends zur Staatsbegründuna führen kann. Es ist dieser Art ein hoher Grad von Achtung für das Recht der Individualität überhaupt angeboren, und diese Achtung äußert sich in einem starken Billigkeitsstnn. Das, was man "'er „kair" nennt, liegt allen ihren Staatseinrichtungen zu und«. ES läuft aber dieser Zug nicht etwa auf einen yumani Negen Mitbewerber ist dieses Volk rücksichtslos, oft brutal- aber sie sind gegeneinander billigdenkend und gerecht. Keine Nation der Erde besitzt mehr Dankbarkeitsgcsüyl gegen ihre natio- «alen Helden, ;a gegen reden, welcher bemüht ist, der Gesamt heit zu dienen. Im Umfang der angelsächsischen Weltherr- chaft lohnt eS sich, gemeinnützig zu sein, und dies ist nicht i« letzte Ursache für den wunderbaren Aufschwung dieser Rosse, ES ist nirgendwo leichter für «ine „starke Persönlich, keit, Spielraum für ihre Kraft zu finden, als unter den Engländern. Wir hoben in Großbritannien nur der Form nach eine Monarchie. In Wirklichkeit ist die Krone niwts als ein erb sicher Magistrat, der nicht so viel reale Macht bat, wie die Präsidenten der nordamerikanischen oder französischen Repu bliken. Darin aber zeigt sich der gesunde, praktische Sinn dieses Volkes, daß sie diese Form bestehen lassen. Sie könnten keine bessere Garantie der gesetzlichen Ordnung, sowie ihrer bürger- sichen Freiheit hab«n, als gerade diele monarchische Spitze. Man braucht nur an amerikanische Präsidentenwahlen zu denken, um zu verstehen, was ich meine. Weil die Krone der politischen Arena völlig entrückt ist, gerade deshalb genießt sie im Volk« eine um so aufrichtigere Verehrung. Der Engländer siebt das Institut, so wie «s ist, und die Person des Monarchen genießt eine Verehrung in allen Voltsklasscn, wie dies in rem monarchischen Ländern nie der Fall ist. Der Begriff der Majestätsbeleidigung fehlt im englischen Slaatsrecht; aber kein Mensch würde hier daran denken, die Person des Monarchen rcspcktwidrig zu behandeln. Vor etwa zwanzig Jahren führten einmal Sozialdemokraten eine Figur der verstorbenen Königin, am Galgen hängend, über Trafalgar Square. Tic Polizei und der Staatsanwalt kümmerten sich nicht darum; aber die Menge selbst griff die taktlosen Gesellen an und tauchte sie in das Wasserbecken unter dem Springbrunnen vor der National Gallery. Der Begriff der I-aeaa masoota» stammt bekanntlich aus" der römischen Staatsausfassung und ist dem germanische» Königtum fremd. Hier in England bestehen praktisch noch immer die beiden großen Gruppen, welche wir aus der Ge schichte als Tories und Wigys kennen, welche heute aber ConservatifsandLiberalS heißen. Zu den Liberals ge- hören die linken Flügel der RadicalS und der gerade in der letzten Zeit mehr in den Vordergrund tretenden Lavour Party. Etwas abseits stehen die Irländer, welche jedoch seit Gladstones Homerule Bill mit in die liberale Wagschale fallen. Die Konservativen unter Mr. Balsour sind mit den Liberal Unionists unter Mr. Chamberlain alliiert. Diese beiden Gruppen bilden, je nach dem Ausfall der Wahlen: Ilia lstajostv!, Oovsrn- ment oder Hin kckasostv's omiasition. Seit 1995 sind die Konservativen mit den Liberal Unionists am Ruder. (Hierin ist durch die Parlamentswahlen in diesem Frühjahr ein be deutsamer Umschwung eingclreten, indem jetzt sie Liberalen unter Campbetl-Bannerman die herrschende Partei sind. D. Red.) Eine andere Eigentümlichkeit der englischen politischen Auffassung gegenüber der unseligen ist der geringere Wert, den man auf die Heiligkeit eines einmal bekannten Programms legt. Bei uns nimmt der junge Mann mit etwa 18 Jahren sein „Pro- gramm" an, welches er fortan „bekennt". Wer Programm und Partei wechselt, ist ein „Renegat". In England sehen wir Staatsmänner und Parlamentarier ganz gemütlich ihre An schauungen und Parteien öffentlich wechseln. Mr. Gladstone begann als Konservativer und wurde der Abgott des Libera lismus, Mr. Chamberlain war ursprünglich Republikaner und Radikaler und cst heute der Hort des Konservativismus. So wechseln in diesen Tagen Mr. Winston Churchill und Lord Hugh Cecil über die Tariffrage von den Konservativen zu den Liberalen hinüber. Solche Meinunaswechscl werden keinem übelgenommen, denn jedermann weiß, daß der Mansch im Leben zulernen soll, und daß ein klarer Kops seine Anschauungen modifiziert, se nachdem, was er neu sieht und kennen lernt. Nur em Blödsinniger oder ein Fanatiker wird Zeit seines Lebens auf einem einmal gewählten „Standpunkt" scsthocken. Was für ein Geschrei war in Preußen, als Bismarck 1866 über der Einigungsfrage von den Konservativen zum Bündnis mit den Liberalen schritt, nnd als er 1878 über der Schutzzollfrage von den Liberalen sich zu den Konservativen wendete! „Der Abtrünnige!" Solches Gerede zeigt nur, daß die Teutichcn in Politik immer noch mehr theoretische Pedanten, als prak tische Geschäftsleute sind. Ich persönlich würde in dem Äugcn- vlick, wo ich aufhörte, meine Ucbcrzcuaiingcn durch neue An schauungen zu modifizieren, überzeugt sein, daß mein Gehirn anfange, seine Frische und Elastizität zu verlieren. Die Labour Party, die, wie ich sagte, mehr und mehr in den letzten Jahren hervortritt, darf nicht mit unserer sozialdemo kratischen Partei verglichen werden. Sie ist weder kommunistisch, noch ist sie republikanisch, sondern sie ist eine Vertretung der Arbeiterinteresscn auf den bestehenden sozialen und politischen Grundlagen. Ihre Organisation im Lande sind die Trade- Unions, welche zurzeit eine Mitalicderzahl von 1922 980 haben und demnach «ine ungeheure politische Macht darstellen. Sie sind es vornehmlich, denen die englischen Arbeiter ihre be- vorzugtx Stellung gegenüber dem Kapital verdanken. Sie haben die wöchentlich« 54-Stundenarbeit in den Fabriken durchaesetzt, sie haben die Maximalorbeitsleist'ing in den einzelnen Bran chen festgesetzt, sie bestimmen den Minimallohn und dekretieren die Streiks. Höchst interessant ist nun der p ol > t i i ch c K a m v f selbst in diesem Lande. Die ganze Taktik muß naturgemäß darauf ge richtet sein, die öffentliche Meinung für die eine oder die andere Seite zu beeinflussen. Dafür bedarf eS vor allem eines zug- kräftigen „Cry", einer Parteiparolc. Tic alten Namen kon servativ und liberal, wenn man sie im kontinentalen Sinne nimmt, kennzeichnen die beiden entgegengesetzten Programme keineswegs. Zwar umfassen die Konservativen un wesentlicher
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