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Dresdner Journal : 08.10.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188710084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871008
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871008
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-10
- Tag 1887-10-08
-
Monat
1887-10
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 08.10.1887
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V234 clouUMdvo tt«»ck«i tritt?o»t iu>6 8t«uipvl»u»ettl»8 ku»u. l. «»»»«» «»»tick,» U«i«U«: iLUrlioU ^Mrliol»: 4 bO?f Kunuiisru: IO Hl. -utztloälisiUtxoisedllUr«» r PSr <i«o lt»uw vmer ^«»p^tvuvn Avils trlmoor 8cy»N SO t'f. Outor „l!:io»s«»>u»ät" äiv AeU« Sv81. Uvi ?»l)«Uvo- uoä 2lNeio.«t« «otopr. Lroekotooo r lL^liet» mit ^ULLittullv ä«r 8aru>- uoä k»i«rt»^s »dsuci». k'srasprovü-l^Loolüu»»: Ur. 12SS. Sonnabend, de« 8. Oktober, abends. Dres-mrInurml. Für die Gesamtlettung verantvsrtlich: Dtto Banck, Professor der Litteratur- und Runstgeschichte. 1887. v» «meNUtz», I^lp-i«! 4«, Oroxlo« ^»arv»I»i L«»d»r, - I«rUo-Vl» - L»tp«lG >«««l >r««I»» ». X.: //aa»«n«t«»M <4 1^0-iar, U«rU»-Vl«»-SEdMrU- kr»U-L«ipit, kr»L»»r1 ». ».-»»«»«: L«<1. Sto««,' kit» Looäoo - U«rU» - »r»»il1«rt ». N. - StottU»rt: Da«-« F 60Z4«U»: /av«Ui-i«a<iaaL, «Mt». S. Zt*lü«r» 6 üo-ü«^, Loll« ». ».! /. Laret E 6K U«r»«^d«r, «viu^l. Lxpociitioo <to« ^oaraai», vrooäoo, Avio^arrtr. Xt. k«r»ipr»«t» ^a»««Io»«: Nr. 1»»k. Nichtamtlicher Leit. Ketegraphische WacHvicHten. Paris, 7. Oktober. (W. T. B.) Der deutsche Botschafter Graf Münster übergab heute dem Minister KlourenS eine Entschädigungssumme von 56 WO M. (62 500 FrcS.) für die Familie drS bei dem Vorgänge bei Vrrincourt getöteten Brignon. Dem „Soir" zufolge hätten die Panzerschiffe ,,Courbet" und „d'Estr^eS" Befehl erhalten, nach Tanger abzugehen. Paris, Oktober. (Tel. d. DreSdn. Journ.) General Caffarel wurde gestern abmd verhaftet und in daS Militärgefängnis abgeführt. Der selbe soll vor rin UntrrsuchungSgericht gestellt werden, da die Lerdachtsgründe, daß er mit Zu sagen von OrdenSauSzeichnungen Handel getrieben bade, sich erheblich vermehrt haben. Kerner wer den ihm auch Indiskretionen in Bezug auf die ModilmachungSpläne vorgeworfen. LIS Mitschul dige werden von den Blättern General Dandlau und die Krau eines Senators auS Limousin ge nannt. Rom, 8. Oktober. (Tel. d Dresdn. Journ.) Die ministerielle „Riforma" bestätigt den Besuch drS Redakteurs der „Krankfurter Zeitung" bei CriSpi, ebenso dessen Äußerung, daß die italieni schen Beziehungen zum Vatikan nicht der Gegen- stand internationaler Diskussion sein konnten. Sonst habe der besuchende Redakteur mehr ausgedrückt, was er selbst gesagt, alS waS CriSpi geäußert habe. Dir „Riforma" erkennt den sympathischen Ton des Artikels der „Krankfurter Zeitung" an, bemerkt aber, daß Crispi bei jener Unterredung in Details überhaupt nicht ringrgangen sei. Kopenhagen, 7. Oktober. (W. T. B.) Der König, die Königin, der Kronprinz, die Kron prinzessin, der Kaiser und die Kaiserin von Ruß. land und die Prinzessin v. Wales mit ihren Töch- tern wohnten heute der feierlichen Grundstein- legung zu einem Asyl für kleine Kinder in dem Stadtteile Nörrebro bei. St. Petersburg, 8. Oktober. (Tel. d. Dresdn Journ.) DaS „Journal de St. PSterSbourg" be merkt zu dem gestrigen Artikel der „Nordd. Allg. Ztg." über CriSpiS Besuch in KriedrichSruhe: „Sicherlich wollen ausnahmslos alle Regierungen und auch die Mehrzahl der Völker den Krieden. Derselbe ist basirt auf der Respektierung der Rechte Aller und verbürgt in Verträgen, welche ein öffent liches Recht bilden. Jedes Werk, welches alS eine neue Konsolidierung deS Friedens gelten will, muß also allein dafür sorgen, daß dieses öffentliche Recht aufrechterhalten und da, wo eS gebrochen ist, wiederhergestellt werde. Unzweifelhaft teilt das deutsche Kanzlerblatt diese Auffassung." Dresden, 8. Oktober. Die Arbeitsbörsen in Frankreich. Da die französische Regierung nicht daran denkt, eine soziale Reform anzubahneu, so erachten es neuer dings die größeren Stadtgemeinden für ihre Pflicht, den Arbeitern zu Hilfe zu kommen. Begreiflicherweise können einzelne Städte nicht mit so umfassenden Maß regeln vorgehen, wie dies der Staat vermag, das höchste ihnen erreichbare Ziel besteht darin, dem Arbeiter Be schäftigung nachzuweifen, beziehentlich ihm diefelbe im Notfälle feldst zu gewähren. Es ist eine alte und aller Orten gemachte Erfahrung, daß die privaten Ar beitsnachweise , die „Stellenvermittelungs - BureauS", ihrer Aufgabe nur selten gerecht werden. Manche dieser Geschäfte, nach ehrenhaften und humanen Grund sätzen geleitet, bringen wirklichen Nutzen, viele dagegen haben keine anderen Erfolge aufzuweifen, als daß sie den Arbeitsuchenden noch um seine letzten Notgrofche» bringen. Von dieser Erkenntnis geleitet, haben sich mehrere französische Städte — Paris, Marseille, Lyon — entschlossen, den Arbeitern die Mittel an die Hand zu geben, direkt mit den Arbeitgebern in Verbindung zu treten, indem sie Arbeitsbörsen gründeten. In Paris und Marseille sind dieselben bereit- in Wirk samkeit getreten, in Lyon sollte sie am 1. Oktober er öffnet werden. Ob es geschehen ist, entzieht sich noch unserer Kenntnis. Seit dem 16. August erscheint auch bereits ein Blatt, welche» die Interessen der Arbeitsbörsen vertritt, das „Lulletiu guotiäieu 6« la Lour«« 6u travail", und die ernsthaften, sozial politischen Kreise unsere« Nachbarlandes bringen der neuen Einrichtung, von welcher man sich vielfach großen Erfolg verspricht, eine urgewöhnliche Aufmerk samkeit entgegen. — Die Arbeitsbörse ist eine rein französische Erfindung, aber durchaus nicht so jungen Datums, wie man vielleicht meint. Schon im Jahre 1846 versuchte Hr. de Molinari, der jetzige Heraus geber des angesehenen „Journal des Economister", eine Arbeitsbörse in Paris zu gründen, ohne daß eS zu mehr als einem schwachen Anlauf gekommen wäre. Auch ein Versuch, den derselbe Herr im Jahre 1857 in Brüssel unternahm und welcher sich etwas günstiger anließ, scheiterte am Ende. Im Sommer des laufen den Jahres nun hat der Parifer Gemeinderat, in wel chem bekanntlich die Sozialisten Alleinherrscher sind, das Projekt wieder ausgenommen und, nach den sozia listischen Theorien umgemodelt, in Wirksamkeit gesetzt. Wie sich Hr. de Molinari seinen Gedanken verwirklicht dachte, hätte er vielleicht großen Nutzen stiften können. Danach sollte auf der Arbeitsbörse, entsprechend jeder anderen Börse, Nachfrage und Angebot der Arbeit zum klaren Ausdruck kommen, die Höhe deS Lohnes ein heitlich festgesetzt, der Zuzug fremder Arbeitskräfte reguliert werden. Die unleugbare Bequemlichkeit für Meister und Gesellen, der Wegfall aller lästigen und kostspieligen Vermittelungen, endlich die Möglichkeit, vermittelst dieser Börse die Gesetze deS Arbeitsmarktes gründlicher studieren zu können, lassen keinen Zweifel darüber, daß eine solche Institution einen entschiedenen Fortschritt gegenüber der jetzigen Lage der Dinge be deutet hätte. Die sozialistischen Gemeinderäte aber haben ihr Möglichstes gethan um den glücklichen Grundgedanken zu verballhornisieren. Schon wenn man die hochtönenden Phrasen liest, welche daS Bulletin als den Endzweck der ArbtttS- börse hinstellt, gelangt man zu der Überzeugung, daß der praktische Nutzen der neuen Einrichtung kein son derlich bedeutender sein wird. „Die Arbeitsbörsen" heißt eS in jenem Blatte, „sind bestimmt, an Stelle des rohen, kapitalistischen Wirtschaftssystems ein an deres, wissenschaftliches zu setzen, welches die Arbeit zum Grund- und Ecksteine hat; auf dieser Grundlage sollen sie eine neue Gesellschaft errichten, und zwar indem sie zunächst die Arbeitsmittel im weitesten Sinne, zu denen auch Eisenbahnen, Schiffahrt und Telegraphen gehören, zum Allgemeingut machen." Auch der größte Enthusiast für die Arbeitsbörsen, wenn er nur Halbwegs etwas gesunden Menschen verstand besitzt, muß ssich sagen, daß sie dies Pro gramm, welches, nebenbei bemerkt, eine eigentümliche Übereinstimmung mit den Theorien Mr. Henry Geor ge» aufweist, jedenfalls nicht verwirklichen werden, selbst wenn ihre Einrichtung und Verwaltung eine bessere wäre, als sie eS thatsächlich ist. Der Pariser Gemeinderat hat sich damit begnügt, die Statuten der Arbeitsbörse festzustellen, und sodann den Syndikats kammern der Arbeiter ein geeignetes Lokal nebst den nötigen Geldmitteln anzuweisen, um die geplante Ein richtung ins Leben zu rufen. Den Arbeitgebern steht nicht der geringste Einfluß auf die Arbeitsbörse zu. Die Syndikatskammern, deren bei Erörterung wirt schaftlicher Fragen Frankreichs so oft Erwähnung ge than wird, sind durchaus keine vom Staat ins Le ben gerufene Vertretungen der Arbeiter, etwa nach Art unserer Handelskammern, wie man auS ihrem Namen schließen könnte. Die französischen Arbeiter haben seit Anfang der siebziger Jahre große Fachvereine durch das ganze Land gegründet. Die Landesvereine gliedern sich wieder in Untervereine nach dem Maßstabe, daß jeder der letzteren etwa 1000 Mitglieder zählt. An der Spitze der Untervereine steht je ein Ausschuß, Syndikat, von 15 bis 20 Män nern, welche ihrerseits die Syndikat-kammern bilden. Diesen nun ist die Verwaltung der Arbeitsbörse über tragen worden, sie allein haben den Aufsichterat zu wählen, von dem jedes Mitglied auf Kosten der Pariser Steuerzahler 8 FrcS. Vergütung pro Tag er hält. Wenn eS demnach wirklich gelänge, die privaten Arbeitsnachweise zu unterdrücken, so würden sich Arbeitgeber wie Arbeitnehmer völlig in den Händen der sozialistischen Syndikate befinden. Welch unheil volle Wirkungen ein solches Monopol bei Arbeitsein stellungen haben müßte, braucht erst nicht au-einander- aesetzt zu werden. Glücklicher Weise ist auch in Paris dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Arbeitgeber haben die ihnen drohende Gefahr rechtzeitig erkannt und hüten sich wohl, eine Anstalt zu unterstützen, deren Hauptwert, nach dem Zeugnis eines ihrer Leiter, darin liegt, „daß sie einen ständigen Herd der revolutionären Agitation bildet". Auch der einsichtigere und — le» extremes SS toacbevt I — der ultraradikale Teil der Arbeiter stehen der Arbeitsbörse durchaus nicht freund lich gesinnt gegenüber, sie verspüren beide keine Lust von den Redehelden der Syndikatskammern abhängig zu werden. Die „Revoltv" nannte die Arbeitsbörse eine ganz niederträchtige, miserable Einrichtung, einen Eklavenmarkt, von dem man nur hoffen könne, daß er recht bald auf Nimmerwiedersehen verschwinde. Unter solchen Umständen begreift eS sich leicht, daß die bislang von der Arbeitsbörse erzielten Resul tate keine sonderlich glänzenden sind. Nach dem UuUstio Huvtiäien lle I» Lourse wurde im Juli 681 Personen, darunter 92 Frauen, ständige Arbeit vermittelt, und 380 Personen aushilfsweise unter gebracht, waS für eine Stadt von 2^ Millionen Einwohnern nicht allzuviel befagen will. Die schönen Räumlichkeiten der Arbeitsbörfe dienen wesentlich als Tummelplatz ehrgeiziger und stellensüchtiger Arbeiter führer, welche dort fast alltäglich Volksversammlungen abhalten, um ihre Redekünste zu zeigen und ihre An wartschaft auf eine etwa freie Stelle im Aussichtsrat, die, wie schon erwähnt, von seiten der Stadtverwal tung mit 8 Frcs. pro Tag dotiert sind, zu verfechten. Daneben wird auch nach Kräften Fremden- oder, waS für Pari- dasselbe ist, Deutschenhetze getrieben. So hielten unlänyst die Maler und Lackierer aus der Arbeitsbörse eine Versammlung ab, um gegen die Zu lassung Fremder bei den Malerarbeiten, welche sich in den Gebäuden zu der geplanten Weltausstellung nötig machen, feierlich zu protestieren. Auch die mit Seine- wasser getauften Packträger fanden sich hier zusammen und forderten von der Regierung für sich ein weit sichtbares Nickelzeichen, an welchem man sie von den fremden ,Herumlungerern" unterscheiden könne. Wäh rend so die Arbeitsbörse jedem anderen, nur nicht dem vorgesehenen Zwecke dient, scheinen auch die Redakteure deS ebenfalls aus Stadtkosten herausgegebenen LaHetia quottäisn keine Ahnung davon zu haben, welches die wesentliche Aufgabe des Organ» jeder Börse ist. Statt ihren Lesern Mitteilungen über die Lage des Pariser Arbeitsmarktes zu machen, füllen sie die Spalten de- Blattes mit Deklamationen über ihre hypothetische, auf der Arbeit fußende Gesellschaftsordnung, über die Verhandlungen der Syndikatskammern und die deutsch fresserischen Beschlüsse irgendwelcher Arbetterversamm- lungen. Welches die Leistungen der Arbeitsbörsen zu Marseille und Lyon sind, entzieht sich unserer Kennt nis, doch dürfte man wohl kaum fehlgehen, wenn man sie mit der Pariser auf gleiche Stufe setzt. — Die Arbeitsbörse ist ein neue» Beispiel für die Fähigkeit der Franzosen, allerhand große Ideen zur Welt zu bringen, und ihre Unfähigkeit, dieselben praktisch zu verwerten. Wie die französische Revolution, deren hundertjähriger Gedenktag herannaht, eine Reihe groß artiger, edler Gedanken gebar, politische und soziale, deren Ausnutzung die Franzosen fremden Völkern überlassen mußten — denn sie selbst sind heute poli tisch und sozial gespaltener, schwächer als je zuvor — so wird eS ihnen auch nicht gelingen, ihre Idee der Arbeitsbörse lebensfähig zu machen. In Deutschland ist das Bedürfnis nach ähnlichen Institutionen ge ringer, da zu erwarten steht, daß die Innungen immer mehr und mehr den Arbeitsnachweis selber in die Hand nehmen werden, was für die Handwerksgehilfen eine Arbeitsbörse unnötig macht. Doch bleibt dann immerhin noch die große Masse der Fabrikarbeiter, und ob sich nicht für diese die Arbeitsbörse, freilich anders organisiert, als in Paris, nützlich erweisen könnte, ist wohl der Erwägung wert. Tagesgeschichte. Dresden, 8. Oktober. Vom Gesetz- und Ver ordnungsblatt für das Königreich Sachsen ist das 12. Stück deS Jahres 1887 in der Ausgabe be griffen. Dasselbe enthält Nr. 45) Verordnung vom 19. September d. I., die Bestellung von Kommissaren für die Ergänzungswahlen zur Zweiten Kammer der Ständeverfammlung betreffend (abgedruckt in Nr. 225 des „Dresdn. Journ."); Nr. 46) Verordnung vom 22. September d. I., die Abtretung von Grundeigen tum zur Erbauung einer normalspurigen Sekundär eisenbahn von Annaberg nach Schwarzenberg be treffend; Nr. 47) Bekanntmachung vom 22. September d. I., eine Anleihe der Stadtgemeinde Annaberg im Bettage von 600000 M. betreffend (abgedruckt in Nr. 226 des „Dresdn. Journ "). * Berlin, 7 Oktober. Se. Majestät der Kaiser nahm heute in Baden-Baden den Bortrag de-wirkl. geh. Legationsrats v. Bülow entgegen, machte dem Fürsten von Hohenzollern einen Besuch und wohnte daraus einer Matinee bei dem preußischen Gesandten v. Eisendecher bei. Zum Diner bei Ihren Maje stäten war der Fürst von Hohenzollern mit seiner Familie geladen, welcher mit den Großherzogl. badi schen Herrschaften und mit den Prinzen von Sachsen- Weimar auch an dem heute abend stattfindenden Thee teilnehmen wird. Se. Kaiserl. und Königl. Hoheit der Kronprinz ist heute früh von Mailand zu längerem Aufenthalte in Baveno eingetroffen. Die Ernennung des geh. OberregierungSrats Schraut zum Unterstaatssekretär für Finan zen, Landwirtschaft und Domänen in Elsaß- Lothringen ist von Sr. Majestät dem Kaiser voll zogen worden. Hr. Schraut trat im Jahre 187 l aus dem bayerischen Staatsdienst in den elsaß-lothringischen Reichsdienst über und wurde im Jahre 1875 in das Reichskanzleramt berufen; 1879 wurde er vortragender Rat im Reichsschatzamt. Im Jahre 1881 vertrat Hr. Schraut das Deutsche Reich auf der Pariser Münzkonserenz, war seitdem bei allen Handelsvertrags abschlüssen mitbeteiligt und vielfach als Kommissar der FtMkton. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 6. Oktober: „Ein Tropfen Gift". Schauspiel in 4 Akten von Oskar Blumenthal. Die Steigerung eines guten Zusammenspiels trat auch in dieser Wiederholung hervor. Neben den Hauptpartten erfreute ganz besonders die Durchführung einiger Nebenrollen, vornehmlich die des Lieutenants Bruno und der Liddy. Hr. Richelsen und Frl. Diacono spielten und sprachen darin wie in einem Privatzimmer mit dem stets willkommenen Reiz un befangener Natürlichkeit. Diefer gefällige Anfchluß an das wirkliche Leben, wenn er mit seinem Takt und Geschmack durchgefühtt wird, kann nicht emsig genug im Lustspiel und Konversationsstück gepflegt werden. Auch Hr. Bauer weiß als Baron Brendel davon Vorteil zu ziehen. Die in der weiblichen Hauptrolle Hertha von Frl. Ba st 6 bekundeten Fortschritte wurden bereit- hervorgehoben. Tin sehr naheliegendes und gewinnbringendes Studium würde sich nun noch für die junge Schauspie lerin in Bezug auf eine natürlichere Hervorhebung der SttmmungSgegensätze ergeben. Sie ist bisher sehr daran gewöhnt gewesen, sich in soubrettenhaften und munter naiven Rollen zu bewegen und dabei die üb lichen Flachheiten der modernen Komödie ihrem Wette nach anmutig und routiniert daherzuplaudern. Um so beachtenSwetter erscheint die gute ernste und empfin dung-volle Haltung, welche Frl. Baste der Hertha, so lange diese leidet, zu geben vermochte. Doch da» eine Element schließt auch den Ton des andern au». Al- Hertha im 3. Akt da- Glück wiedergewonnen sieht, so daß Dankbarkeit und Lebensfreude, dem angeborenen Drange der Jugend nach Sonnenschein de» Dasein» gemäß, in ihr wiederkehren und sie fast ebenso außer Fassung bringen, wie eS vorher da» Unglück gethan. da ist es psychologisch dennoch notwendig, bei aller inneren Auflichtung des Gemüts doch ganz andere und edlere Töne anzuschlagen, al» jene trivialer Heiterkeit, mit welcher Soubrettenaufgaben ost fehr gefällig gelöst werden können. Frl. Baste muß sich hier von der Regie helfen lassen, eine Redefärbung zu finden, deren Vornehmheit für die Seelenstimmung einer Hertha paßt und niemals die Grenze des Trivialen streift. O. B. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 7. Oktober: „Die Hochzeit auf dem Aventin". Trauerspiel in 5 Arten von Paul Heyse. Es ist eine RücksichtSlosiakeit gegen ein Kunst institut und dessen thätige Kräfte, wenn da» Publikum bei der ersten Widerholung ein neue» Stück sich selbst überläßt. Ein solcbe- Verfahren kann nur noch da durch eine Verschärfung erhalten, daß der Autor wirk lich zu den begabteren und sehr verdienstlichen Dich tern der Gegenwatt gehört. Auch dieser Fall liegt vor und eS wirkt peinlich, wenn man in Bezug darauf daS nicht schmeichelhafte Geständnis ablegen muß, daß dergleichen Erscheinungen btt unsern sonst nicht immer rücksichtsvollen, aber aus ihre Litteratur etwas halten den Nachbarn im Westen keineswegs gebräuchlich sind. Hoffentlich wird eS im Winter noch möglich sein, eine paar neue Wiederholungenjde» Werke- vorzuführen Hr. Grunert war diesmal in der Scene vor seinen Hau-freunden nach dem furchtbaren Ereignisse in der Brautnacht gehaltvoller im Vortrag, die Sprache hatte mehr Gliederung und so gelang eS dem immer mit voller Energie sein Ziel verfolgenden Schauspieler besser und wirksamer die vom Dichter gewünschte Seelenstimmung kundzugeben. Es liegt hier der Schlüssel zum Wesen seiner Seele. Hrn. Jaffä- Markus trägt in seiner maßvollen Haltung sehr viel zur leichteren Verständlichkeit de» Drama- bei. In der Rolle der Eloelia zeigt Frl. Breier, wie viel Wärme echt weiblichen Fühlen» sie zum Vorteil einer dramatischen Grundstimmung zu entwickeln ver mag. Die Mäßigung ihrer Stimme erhöht dabei die Natürlichkeit der Rede und da- mag ein Wink auch für andere Rollen sein. O. B. Der KomSdianten-Ratz. Eine Arschichtr aus den bayerischen Bergen. von Friedr. Dolch. (Fortsetzung.) ,H«, he", rief der Alte, al» er die Sennerin er blickte, „waS hat'» denn da herin für einen Mord spektakel 'geben? Der Vitu» rannt da g'rad' an un» vorbei wie ein brüllender Löw', ich schrei' ihm nach, aber er sieht und hört net und lauft wie besessen da von. Wa» habt Ihr denn 'trieben mit einander? Habt Ihr vielleicht gar eine neue Komödie ein- studiett?" „Ja — der da g'rad so davon g'rennt i»", sagte Kuni achselzuckend, „der hat voneh ein bissel Komödie g'spielt, wie ich glaub'!" „So, so", sagte der Natz gedehnt und betrachtete daS erregte Mädchen mit forschenden Blicken, „so, und was für ein Stück hat denn eigentlich herhalten müssen?" „Was für ein Stück? No, der „bayerische Hiesel" halt und der VituS hat nur probiert, ob sein Spiel auch recht natürlich is in der Lieb- und Eifersucht»- scene." „Sackerlot", rief der Alte und heftete die weit- geössneten Augen starr auf das Mädchen, „und ich furcht', er hat's recht natürlich gemacht seine Sach'I Heh, hab' ich recht?" „DaS will ich meinen," sagte Kuni mit ernstem Lächeln. „Da wirst am Sonntag einen andern Stolz kriegen, wenn Du siehst, daß Du einen so guten Spie ler hast. Da werden tue Leut', die ihn seh'n und hören, meinen, es sei ihm wirklich ernst mit seiner Lieb' und seinem eifersüchtigen Haß." Der Alte schüttelte nachdenklich den Kopf und brummte etwa» unverständlich vor sich hin. Die bei den Herren und die Dame waren unterdessen, nach dem sie sich vorher draußen einen Augenblick umge sehen, ebenfalls in die Hütte getreten und hatten sich auf einigen Bänken niedergelassen. Die beiden Herren waren förmlich in Schweiß gebadet, besonder- der ältere, dem seine Wohlbeleibtheit beim Hinauffteigen viel zu schaffen gemacht hatte. Er hatte seine Weste aufgeknöpft und da» Halstuch abgenommen, weil er öfter- fast zu ersticken glaubte, und jetzt suchte er wieder einigermaßen zu Atem zu kommen. Der junge Herr hatte beständig mit seiner Brille zu thun, die er
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