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„Welstrritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei- nial: Dienstag, Donners- t«g und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 26 Psg., zweimonatlich 84 Pfg., eininonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchnih-MiW. Amtsblatt Inserat«, welche dei de» bedeutenden Auslage de« Blattes sine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. d» Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta» bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, «in reoaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche Amtshauptmarmschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichnc in Dippoldiswalde. Kit achtseitigem „Zliustrirten lliiterhsltungsblstt". Mit humoristischer Mocheubeilage „Seisendtasen". » Mit laud- und hauswirthschastlicher Äonnisbeilagr. Nr. 89. Dienstag, den 1. August 1893. 59. Jahrgang. -Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde. Seit dem Vogelschießen hat sich hier alles wieder in ruhigem Geleise bewegt, nur die Schuljugend unterläßt den gewohnten Gang zur Schule und freut sich der Ferien. Sommergäste kom men und gehen. Ferienreisende kehren in die traute Heimath zurück, um sich nun erst zu erholen. Am Sonntag wurde die Stille durch ein Concert des Hrn. Musikdirektor Jahn im Schießhaussaale angenehm unterbrochen. Leider konnte dasselbe wegen der rau hen Witterung nicht im Garten statlsinden, aber wir sind schon von Herrn Jahn auch eine weiche Blas musik gewöhnt, so daß dieselbe im Saale selbst in der Nähe durchaus nicht lästig wurde. Man konnte sich vielmehr wiederum an der exakten, zarten, verständ- nißvollen Ausführung des gut gewählten Programms erfreuen. Das Concert war leidlich besucht. Viele Dippolviswalder hatte das Schmiedebergec Vogel schießen an sich gezogen, und andere bleiben prinzipiell in vornehmer Abgeschlossenheit fern. Sie können ja dann und wann in Dresden ein gutes Concert be suchen, waS kümmert sie, ob es dem Stadtmusiküirektor ermöglicht wird, gute Kräfte sich zu erhalten. — Nachdem ein am Donnerstag sich bildender dichter Nebel in einen allgemeinen Landregen über ging, welcher mit Ausnahme des Sonntag sehr be deutende Niederschläge spendete, denen auch heute Mon tag wieder regnerisches Wetter folgte, ist die Aussicht auf Gewinnung von Herbstfutter gesichert und es wäre nunmehr zu wünschen, daß die unterbrochene Kornernte wieder in Angriff genommen werden könnte, um weiteres Ackerland zur Verfügung zu haben. Wie aus gesogen das Erdreich gewesen ist, konnte man daraus ersehen, daß trotz der herabgestcömten Wassermassen dis Bäche, nach Füllung der Mühlgräben, am Sonn tage noch keinen erheblichen Wasserstand zeigten. — Von vielen Seiten wird bestätigt, daß ver schiedene späte Kartoffelsorten noch keine Knollen an gesetzt haben und viele Landwirthe befürchten, daß nun auch keine Knollenbildung mehrzu erwarten,ei. Hoffentlich erfüllt sich diese Befürchtung nicht. Da jedoch auch die übrigen Sorten nur recht mäßigen Anhang zeigen, so ist auf eine sehr reiche Kartoffelernte wohl kaum zu rechnen. Reichstädt. Dem fühlbaren Mangel eines großen Ball- und Concertiaales ist nun abgeholsen. Herr Körner, der Besitzer des oberen Gasthofes, Hal durch Herrn Bauunternehmer Mücke einen Saal bauen lassen (gezeichnet von Herrn Herklotz), der mit Concert- muschel und Gallerte versehen ist, an Größe die Dip- poldiswalder Sale noch übertrifft und ca. 800 Menschen faßt. Dieser sowohl für Ball, als auch für Concert äußerst günstige, geräumige Saal soll nächsten Sonn tag, den 6. August, eingeweiht werden, und hat dazu Herr Körner den neuen Dippoldiswaldaer Stadtmusik direktor Herrn Jahn zur Ausführung des Concertes und der Ballmusik gewonnen, der sich in kurzer Zeit in hiesiger Gegend einen guten Ruf erworben hat. 4 Poffendorf. Eine erschütternde Nachricht traf am vergangenen Sonntag früh bei uns ein. Als am Sonnabend Abend in der 8. Stunde die 20 Jahre alte .Fabrikarbeiterin Ida Lina Leicht, Tochter des hiesigen Berginvaliden Robert Leicht, aus der Choko- ladenfabrik von König-Pla^n bei Dresden, woselbst sie seit 8 Tagen in Arbeit stand, zu ihren Eltern zurückkehren wollte, wurde sie in der Nähe des alten Kaitzer Chauffeehauses, auf dem sog. „langen Rain wege", von ihrem früheren Geliebten, den man kurze Zeit vorher in Kaitz gesehen hatte, abgelauert und mit einem Revolver in Brust und Arm geschaffen. Der Mörder, welcher die Thal auS Eifersucht verübt hat, ergriff sofort die Flucht. Die zum Tode getroffene Leicht wurde von Arbeitern gesunden und nach Pestitz befördert, starb aber aus dem Transporte. Die Leiche des beklagenswerthen braven Mädchens wurde später zu ihren Eltern nach Poffendorf gebracht, woselbst die Beerdigung stattfindet. — Der Mörder, ein 25 Jahre alter Zimmermann Kaschel aus Schlesien, in Nickern wohnhaft, flüchtete nach Dresden und wurde in einem Gasthaus der Frohngasse verhaftet. Er räumte die That sofort ein und gab an, er habe sich auch tödten wollen, sei aber noch nicht dazu gekommen. — Am Sonntag, den 30. Juli, feierten die Wirth- schastsbesitzer Töpfer'schen Eheleute im Kreise ihrer Kinder ihr 25 jähr. Ehejubiläum und wurden an die sem Ehrentage vom hies. Gemeinderathe, dessen Mit glied der Jubilar ist, sowie aus dem Kreise zahlreicher Verwandter und Freunde durch Geschenke, Widmungen und Beglückwünschungen überrascht. — Infolge der reichlichen Regengüsse der letzten Tage sind die Hoffnungen auf eine noch leidliche Futterernte gestiegen, Gras und Klee haben sich ganz erfreulich erholt und auch für die Kartoffeln ist dieser Regen eine Wohlthat. Freilich ist in den Erntearbeiten ein Stillstand eingetreten, der den Oekonomen nicht lieb sein wird. Diejenigen, welche an den vorausge gangenen sonnigen Tagen ihr Korn nicht in die Scheu nen gebracht haben, müssen sich noch einige Zeit ge dulden, denn das Erdreich ist durchweicht und die auf den Feldern stehenden Getreidepuppen sind gänzlich durchnäßt. 4 Bannewih. Im hiesigen Orte hat sich Herr vr. Thamm als praktischer Arzt niedergelassen und beginnt seine Praxis am I. August. Dresden. Seit einigen Tagen wird der dritte der schmucken Eckthürme am Residenzschloßumbau abgerüstet. Dieser Thurm, der sich an der nach dem Taschenbergpalais zu gelegenen Seite erhebt (beim Uebergang nach dem Kgl. Schloß), bietet einen impo santen Anblick und kommt mit seiner reichen Architek tonik noch mehr zur Geltung, als die zuerst errichteten Thürme, welche die Zeit bereits in ein grauliches Gewand gehüllt hat. — Das „Dresdner Journal" schreibt: Die Ber liner sozialdemokratische Zeitung „Vorwärts" bringt in ihrer Nummer vom 23. Juli nachstehenden, in zwischen von mehreren sozialdemokratischen Blättern weiter verbreiteten Aufsatz: „Zu den Mittheilungen über massenhaflcs Auftreten von Typhus bei den Garnisonen in München und Posen kommen nun auch ähnliche Nachrichten aus Dresden. Beim dortigen Leibrcgimeiil liegt das ganze Lazareth voll Typhuskrankcr. Es kann hier um so weniger das Grundwasjer oder Trink wasser die Ursache der Erkrankung sei», als bekanntlich beides in den Dresdner Kasernen ausgezeichnet ist. Die allgemeine Meinung der Soldaten ist auch, daß die Kost die Ursache der Krankheit ist, die zum Theil aus verdorbenem Proviant be> steht, der ausgebraucht werden soll. So werden mit denen, die ihren Körper dem Militiirmoloch hergeben müssen, noch Erpeiimcnte der Knickerei gemacht. Auch werden die Leute so früh als möglich wieder aus dem Lazareth zur Truppe ent lassen, um Platz für andere Patienten zu bekommen, obwohl man auch schnell noch Baracken gebaut hat. Die durch die Krankheit abgemagertcn und schwächlichen Menschen müssen dann gleich wieder das schwere Kommisbrod essen und ihre 12 Pfund Sand im Tornister bei brennender Sonne schleppen. Vielfach ist auch die Krankheit schon tödllich verlaufen, aber wieviel gestorben sind, erfährt man nicht." Diese Angaben sind durchgängig unwahr, da amtlich festgestellt worden ist, daß in letzterer Zeit weder beim Leib-Grenadier-Regiments, noch bei einem anderen Truppentheile der Dresdner Garnison Erkrankungen an Typhus vorgekommen sind, der letzte Typhus erkrankte vielmehr am 2. Mai 1893 aus dem Dresv- ner Garnisonlazareth geheilt entlassen worden ist. — Im Zoologischen Garten erregt gegenwärtig eine aus 27 Personen, Männern, Frauen und Kindern, bestehende Wahehe-Karawane viel Aufsehen. Die schwarzen, sehnigen Gestalten stammen aus dem deutsch afrikanischen Schutzgebiete und gehören zu dem Stamme, welcher seiner Zeit der Expedition deö Lieutenants o. ZalewSky große Verluste beifügte. Die Wahehe's produziren sich in ihren heimathlichen Spielen und Tänzen, tragen Schurze von Opossumfellen und schmü cken sich den Kopf mit Pantherfellen. Die Karawane dürfte namentlich während der Vogelwiese viel Zuspruch finden. Zittau. In Olbersdorf, in der Nähe der Wittigschänke fand dieser Tage ein Tourist einen Igel, mit dem sich eine Kreuzotter so fest verwickelt hatte, daß sie nicht losgelöst werden kontc, ohne zerrissen zu werden. Beide Thiere waren tobt. Bekanntlich ist der Igel ein eifriger Schlangenjäger und gegen das Gift der Reptilien vollständig unempfindlich. Es läßt sich für den vorliegenden Fall kaum eine andere Er klärung finden, als daß die Kreuzotter, vom Igel ge fangen, sich derartig fest um den Leib desselben ge wunden hat, daß der Igel erstickte. Die Stacheln des Igels hatten an vielen Stellen vollständig den Leib der Schlange durchbohrt. — Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich am 27. Juli Abends beim Umbau des Hotels zur Sonne am Markte. Zwei städtische Arbeiter wärest beauftragt, die Senkgruben zu leeren. Sie hatten ihre Arbeit nahezu vollendet, als einer von ihnen, der Arbeiter Heine, in die Grube hinabstieg, um nach zusehen, wieviel von dem Inhalte noch darin sei. Als Heine nicht wieder zum Vorschein kam, rief sein Ge nösse, der Arbeiter Lucke, um Hilfe, gleichzeitig stieg er selbst in die Grube, um seinem verunglückten Freunde Rettung zu bringen. Doch auch er kam nicht wieder ans Tageslicht, da ihn die giftigen Gase gleich falls betäubten. Nunmehr schickte sich der Bauarbeiter Keßler an, wenn möglich, die beiden Verunglückten zu retten. Er band sich um den Leib ein Seil, wel ches jedoch abglitt, und Keßler theilte das Schicksal der beiden Anderen. Inzwischen war die Feuerwehr zur Hilfe herbrigerufen, welche schnell an die Arbeit ging, und unter großer Mühe gelang es ihr, die drei Arbeiter,aus der Grube heraufzuschaffen. Heine war bereits todt, während die beiden Anderen noch schwache Lebenszeichen von sich gaben. Sie wurden nach dem städtischen Krankenhaus« übergeführt, wo auch noch Keßler im Laufe des Abends verstarb. Lucke befindet sich auf dein Wege der Besserung und es ist Hoffnung vorhanden, daß er mit dem Leben davonkommen wird. Zittau. Infolge Annahme der Militärvorlage wird von Anfang Oktober d. I. ab auch die hiesige Garnison eine Verstärkung erfahren und zwar um etwa 500 Mann. Davon sollen vorläufig 300 Mann im Marstallgebäude und 200 in Bürgerquartieren oder in der im städtischen Besitz befindlichen ehemaligen Schulze'schen Kleidersabrik untergebracht werden. Freiberg. Am 28. Juli wurde vom kgl. Land gericht der Handarbeiter August Max Hauswald, geb. den 18. Aug. 1857 zu Frauenstein, wohnhaft in Freiberg, wegen Nückfallsbetrugs zu 1 Jahr 3 Mon. Zuchthaus, wovon I Monat für verbüßt anzusehen, zu 150 Mk. Gelostrafe, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit ein weiterer Monat Zuchthaus zu treten Hal, und zu 3 Jahren Ehrenrechtsverlust ver- urtheilt. Burgstädt. Seitens der hiesigen städtischen Ver tretung ist der endgültige Beschluß gefaßt worden, um Verleihung der „reoidirten Städteordnung" an zuständiger Stelle nachzusuchen. Die einleitenden Schritte sind bereits gethan. Frankenberg. Von hier wird geschrieben: „Die Bewohnerschaft unseres westlichen Amtsbezirks befand sich in letzter Zeit in einer steten, durch das ruchlose Treiben eines Brandstifters hervorgerusenen Aufregung. Bekannt ist, daß sich in Garusdors und Auerswalde die Brände und versuchten Brandlegungen in einer erschreckenden Weise häuften. Mehrere Güter brannten vollständig nieder, während an anderen Gütern und Häusern Brandlegungen versucht wurden, welche nur