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M S2 Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne ««Dippoldiswalde -»77 ! 1«. Zuli 18«3. Weißerch-ZeitungM IM- »Ä Mkigr-AW d« Miglichklt GtriW-AM« »» IlMWe > AipMimaldt, /rmm-ki» M Mmdag. Wochen-Rundschau. Die deutsche Zollvereins-Angelegenheit nimmt gegenwärtig die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch und erfüllt dabei die Jntereffirten, sowie die Freunde des Vaterlandes, mit banger Besorgniß. Die bairischen Zeitungen veröffentlichten mehrere Schrift stücke, welche den vorhandenen Zwiespalt wegen des französischen Handelsvertrags und des Eintritts der österreichischen Länder in den deutschen Zollverein offen kund thun. In den preußischen Regierungskreisen herrscht deshalb große Verstimmung, und die Ansicht gewinnt dort immer mehr Raum, baß man sich von dem südliche« Deutschland lossagen und in Handels angelegenheiten eine ausschließlich preußische Politik verfolgen müsse, seitdem Baiern offen zur Bildung eines süddeutschen Zollvereins aufgesordert hat. Das ganze Spiel ist der Kampf Oesterreichs und Preußens um die Führerschaft in Deutschland auf volkswirth- schaftlichem Gebiete, welcher die Interessen von Millio nen berührt. Da vor dem 1. Januar 1864 über Bestand oder Fortsetzung des Zollvereins entschieden sein muß, so stehen wir in diesem Augenblicke an einem Wendepunkte, der für ganz Deutschland im Allgemeinen und für Tausende von Geschäften ent scheidende Folgen herbeisühren kann. Daß Oesterreich und Preußen m gespannten Verhältnissen leben, bedarf unter diesen Umständen keiner weiteren Auseinander setzung. In dieser Zeil tritt nun die holsteinische Frage, die nach dem Tode des jetzigen dänischen König« auch eine schleSwigsche werden wird, zur Entscheidung heran. Die Abstimmung am Bundestage über BundeSexecution in Holstein kann nicht lange mehr auf sich warten lassen. Mehrere Nachrichten über Maßnahmen der dänischen Regierung deuten offenbar daraus hin, daß man dänischerseits ein kriegerisches Zusammentreffen mit deutschen Truppen als eine nahe Möglichkeit in'S Auge faßt. Indessen scheint man dem Einrücken deut- scher Truppen in Holstein kein Hinderniß in den Weg setzen zu wollen. Dänemark glaubt vielmehr, eS könne -en Holsteinern gar nichts schaden, wenn ihnen das Leben sauer durch Einquartierung gemacht werde. Die BundeSexreution würde jedenfalls auch die dänische Regierung in eine sehr fatale Lage bringen. Die dänische Regierung würde nur die Wahl haben, ein fach gegen den Einmarsch deutscher Truppen zu pro- lestiren, wa» sie endlich überdrüssig bekommen würde, wenn die Execution sich Jahre lang hinausziehen sollte, oder einen Krieg anzufangen, um die ungebete nen Gäste los zu werden. In diesem Falle stände aber Dänemark vereinsamt da, denn selbst Schweben würbe nicht 'für das deutsche Land Holstein.eiusteheq. Während der Execution wäre hie dänische Regierung, die sich finanziell in keiner glänzenden Lage befindet, nicht blos genöthigt, die Millionen zu entbehren, die sie aus Holstein und Lauenbürg zieht, sondern gleich zeitig wäre Dänemark gezwungen, mit so wesentlich, geschwächten StaatSkrästcu gleichwohl fortwährend ge rüstet dazustehen. Daß Dänemark in solcher Lage bald genug lernen würde, wie wenig seine materiellen und moralischen Kräfte zu seinem Üebermuthe, seine» frechen Herausforderungen Deutschlands in irgend einem' entsprechenden Verhältnisse stehen, liegt auf der Hand. Man ist sehr gespannt auf die Antwort Ruß lands auf die Roten der drei Mächte. Dieselben sollen versöhnlich und friedlich lauten und werden, wie telegraphische Nachrichten mittheilen, baldigst vor den Ministerrath in Petersburg gebracht werden. Vor Mitte Juli werden sie aber nicht von dort abgeheu. Rußland wird um keinen Preis ein Königreich Polen an seinen Grenzen aufbauen, denn einmal wird eS sich nicht durch Abtretung eines so bedeutenden Landstrichs schwächen, und sodann wird eS durch Bildung eines selbständigen Königreichs in seiner unmittelbaren Nähe nickt eine Schöpfung in'S Leben rufen, durch die eS fortwährend bedroht wird. Rußländ's Plan ist, den polnischen Aufstand niederzuwerfen, ehe die Westmächte sich factisch einmischen können. Die Pläne der Polen gehen weit über die Forderungen hinaus. Polens Kampfspiel ist nichts Geringeres, als vollständige ab solute Unabhängigkeit und Befreiung von dem verab scheuten russischen Joche. Was kann einem solchen verzweifelten Entschlüsse gegenüber die diplomatische Vermitzelung des Auslandes einwirken? Iss Posen verbreitet das russische Militär durch Haussuchungen; Verhaftungen, Hinrichtungen die furcht barsten Schrecknisse. Offenbar sucht die Nationalregie rung jetzt gröbere Kämpfe mit den Russen zu vermeiden, um den Aufstand noch größer und allgemeiner zu orgasslfiren. ES sollen naMenS gegen 50,000 rüstige Polen zum Landsturm aufgerufen werden. Für Be waffnung will die Nationalregierung sorgen. DaS russische Militär hat durch die Kämpfe in Polen, durch Strapazen, Entbehrungen und Krankheiten sehr ge litten Von den 120,000 Mann sollen kaum noch 100,000 übrig sein, die nicht alle kampffähig find. Die österreichische Regierung hat jetzt alle Hände voll zu thun. Neben dem Verdruß, daß Ungarn mit seinen Nebenländern und Oberitalien auf chem Reichstage nicht vertreten find, hat e- sein Augen merk aus den Zollvereinskamps in München, aus die