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WSchenllich erscheinen drei Nunnnern. Pränumeration» Preis 22^ Silbergr. (t !hlr.) vierielsährlich, 3 THIr. litt da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in alle» Theil«» der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jedcr Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Iägerstraße Nr. 2L), so wie von allen König!. Post-Aemtern, angenommen. Literatur des Auslandes. .4/ 112 Berlin, Dienstag den 17. September 1844. Aegypten. Mebmed Ali und seine Verdienste um die Buchdruckerei in Aegypten. Als die Kunde von der Resignation Mehmed Ali's und seinem Beschlusse, den Spätabend seines Lebens durch einen Heiligenschein zu umleuchten, Europa überraschte, da flößte uns die Bewunderung für die Regentcngröße des Mannes den Wunsch ein, ihm beim Uebergange vom Palaste des Fürsten iu die Zelle des Santon, beim freiwilligen Abschiede vom Treiben der Welt, durch das lobende Wort der Wahrheit eine Huldigung darzubringen. Das Bild des verkündeten Schrittes war so ausnehmend malerisch, der Eindruck desselben so voll wohlthuenden Zaubers, daß die Bewunderer des ägyptischen Herrschers eine krönende Weihe, die Tadler eine Versöhnung seines vielbewegten Lebens darin begrüßten. Wie der große Sultan der Türken, Murad II., den so ruhmvoll geführten Herrscherstab in die Hände seines SohneS legte, um sich nach Magnesia in den Kreis frommer Derwische zurückzuziehen, so, dachte man, habe sich Mehmed Ali vom Schauplatz seiner thatenreichen Herrschaft entfernt, um an den heiligen Hallen der Kaaba sein früheres Leben zu ver klären oder zu sühnen, in seiner scharfen Klugheit und Erfahrung wohl ein sehend, daß von Alexander dick auf Napoleon viele mächtige Männer zu spät für ihren Ruhm gestorben sind. Indessen hat die ägyptische Sphinr diesmal wie I84V die Welt in ihrem schwärmerischen Zutrauen getäuscht, und Las erwartete schöne Schauspiel von Machtentäußerung und gläubiger Hingebung löst sich vielleicht in ein Kunststllckchen von Herrscherlist auf, wie es Octavian schon spielte. Wir hätten gern den erlauchten Greis im Asyle der geweihten Klause vom langen, öffentlichen Tagewerke auSruhen gesehen, hätten gern geglaubt, wie er dort entweder, von allem Irdischen den Blick wendend, sich mit Vorbereitungen zum Eingang in das Paradies des Propheten beschäftigt, oder daß er, Napoleon ähnlich, treuen Begleitern seine gewiß außerordentlich lehrreichen Memoiren diktirt. Aber das liebliche Gemälde, welches unseren Hoffnungen vorgehalten wurde, zerfloß, den Luftspiegelungen ägyptischer Saub- flächcn gleich, als der nahe Blick es berührte, uny der graue Faden der All täglichkeit schnurrt wieder am Spinnradc der Zeit dahin, bald die farbenreiche Unterbrechung umwickelnd und vergessen machend! Indessen, ist Mehmed Ali auch kein Heiliger, so hat er sich doch lange genug als Wundertbäter bewährt, und wir werden die zu seinem Lobe sprechenden Thatsachcn nicht verschweigen, weil er der Phantasie ein glänzendes Bild zerstört hat. Die Buchdruckerkunst war Jahrhunderte schon im christlichen Europa thätig, und die Türken versagten ihr die Aufnahme in die von ihnen beherrschten Länder: ja, in Konstantinopel selber sahen sie die ausgezeichneten Offizinen für hebräische Werke'), eben so die Druckereien der Griechen und Armenier, und dennoch widerstrebten sie den Wohlthaten dieser Kunst. Erst 1728 grün deten sie eine Druckerei in der Hauptstadt, und noch heutigen Tages sind nicht mehr als drei oder vier Druckereien daselbst. In Aegypten, dem uralten Vaterlande des Papiers »nd der mannigfaltigsten Schrift, hat erst Meh med Ali, und zwar 1822, den Segen der Presse verbreitet.'") Die einzige große Druckerei des Landes befindet sich in Bulak, einer Vorstadt von Kahira. Bis 1843 hat diese 243, zum Theil sehr kostbare, Werke geliefert, wobei bemerkenswerth ist, daß in den Jahren von 1830 — 40 fünfmal so viel gedruckt wurde, als in den früheren Jahren zusammen, während in de» letzten Jahren die typographische Thätigkeit in Bulak gelähmt ist, ja fast der Ein stellung nahe kam, da seit dem Verluste Syriens der Vice-König nicht nur im Allgemeinen der Mittel zur Erhaltung seiner Bildungs-Anstalten (wozu man unter den besonderen Verhältnissen die Druckerei vorzüglich rechnen muß) beraubt, sondern auch der Kreis für den Absatz der Bücher gewaltig verkleinert ist und die Schulen, für welche die meisten gedruckt wurden, zum Theil auf gelöst, zum Theil auf geringeren Fuß beschränkt sind. Betrachtet man den unermeßlichen Einfluß, welchen die Buchdruckerkunst aus die Bildung der Völker hat, prüft man besonders das, was sie zur Beförderung besserer Einsichten und Kenntnisse in einem so tiefgesunkenen Lande wie Aegypten beitragen muß: so fürchten wir, die vier Großmächte habe» sich von dieser Seite her nicht sehr laut zum Vertrage von 1840 Glück zu wünschen. Mehmed Ali hatte eine große Vorliebe für französische Bildung, und die Druckerei von Bulak ist ein Resultat dieser Vorliebe. Vor zwanzig Jahren schickte er eine Anzahl ägyptischer Knaben nach Paris, um sie unter Leitung Jomard'S nach europäischer Sitte erziehen zu lassen und sie sodann zu Fort- ') Berühmt sind die hebräischen Druckwerke, welche auS den Ossijincn der Familie Soneini um und seil lau« hervorgegangcn sind. ") Vorübergehend waren die Druckereien der Franzosen während der Occupatio» Aegnpiens. Pflanzern der Kultur in Aegypten zu machen. °) Diese heimkehrenden Jüng linge waren eS meist, welche die Werke für die Druckerei lieferten und ihr zum Theil vorstanden. Auch geborene Franzosen, aus denen Mehmed Ali seine Ober-Offiziere, seine Schullehrer, Aerzte, Baumeister w. wählt, be reichern den Vorrath für die Presse.") Seit 1830 sind etwa 50 lieber- setzungen aus französischen Werken über Natur- und KriegSwiffenschaftcn, Kameralia, Medizin u. dergl. gedruckt worden. Eben so sind Neisebeschrei- bungen, Völkerkunde und Geschichte theils aus dem Jtaliänischen °°°), theilS aus dem Französischen °°°°). Ein großer Theil der Werke besteht aber aus Originalwerken in arabischer, türkischer und persischer Sprache und umfaßt Grammatik, Lerikon, Philosophie, Theologie, Jurisprudenz und schöne Lite ratur. P) Mehrere Hundert Werke liegen zum Drucke reis uNd waren auch dazu vorbereitet, werden aber jetzt, aus oben angegebenen Gründen, noch lange auf das Licht der Oeffentlichkeit warten müssen, HH) Das Uebergewicht Mehmed Ali'S, durch welches zweimal die Macht des Sultans gebrochen wurde, obgleich dieser über eine dreimal größere Länder- und Unterthanenzahl gebot, entsprang aus der durchgreifenden Anwendung europäischer Kultur in der Militair- und Civil-Verwaltung und in der Ver breitung derselben durch die Presse. Die vier Großmächte haben diese Kultur nun zum Theil zerknickt, nachdem sie geglaubt haben, Syrien müsse aus dem unglücklichen Joche des Eroberers in die Hände des verwaisten Sultans zurück kehren, unter dessen Negentciitngendc» eS sich bald von seinen ägyptischen Plagen erholen werde. Daß Oesterreich i» seiner Rechtlichkeit und Preußen hei seiner Achtung für Intelligenz und Kultur geglaudt haben, Mehmed Ali sey der Unterdrücker und Tyrann seiner Völker, ist eben so gewiß, als daß England und Rußland, bei weniger Eigennütziger Politik, das Gegentheil gewußt, aber ihren beiden Alliirten verschwiegen haben. Welches Uebel aber durch die Ausführung des Vertrages von 1840 den Völkern Syriens zugefügt worden, mag man anS einem Briese ersehen, den der König!. Preußische General-Konsul Syriens an einen Berliner Freund vor kurzem gerichtet, und welchen wir den „MonatS-Berichten über die Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin" entlehnen. Es heißt dort: „Freilich wäre unter Jbrahim's Herrschaft Manches anders geworden; er war der einzige Wohlthäter, den dieses unglückliche Land seit Jahrhunderten gesehen hatte.... WaS er indeß, trotz KriegeS- drang und vielfacher Beschäftigung, in kurzer Zeit geleistet, ist kaum zu glauben. Vollkommene Sicherheit herrschte nicht nur für den Reisenden, auch für das Eigenthum, kein Piaster wurde gestohlen; da konnte das Volk höhere Abgaben für diese nie gekannte Sicherheit wohl leisten. In Städten und Dörfern ward eine musterhafte Reinlichkeit eingeführt, der Gesundheitszustand verbessert, die pestilenzialischen Sümpfe von Alcrandrette und Tripolis nuS- getrocknet, große, fahrbare Straßen sollten in Angriff genommen werden, die Kultur des Kaffce'S, Zuckerrohrs (häufig wildwachsend), des Jndigo's wurde in großem Maßstabe und mit den vielversprechendsten Ausfichten unter nommen, in der Nähe Beiruts herrliche Stcinkohlcngrubcn eröffnet. — WaS bleibt jetzt davon? Nichts. Syrien ist unsicherer als je... . Haben doch die Beni Anaz« vor wenigen Tagen erst dicht bei Damaskus die große nach Bagdad bestimmte Karawane geplündert und ihr für 3 — 400,000 Thlr. an Werth geraubt ; hat doch der Mutuali-Scheich Hussein el Suleiman mir selber versichert, daß er allein seit 34 Jahren 75 der edelsten Hengste diversen Paschas habe schenken müssen! Tripolis und Alerandrette versumpfen aufs neue.... die großen und herrlichen Kaffee-Pflanzungen sind niedergeschlagen, „weil sie nach drei Jahren noch keine Früchte trugen" .... und die Stein kohlengruben wurden von den Maroniten verschüttet, „damit kein Mensch mehr darin zu arbeiten brauche." fPf) Aus den Zeitungen wißen wir, daß vor wenigen Wochen eine neue Kolonie solcher Jünglinge aus den vornehmsten Häuser», mit den Prinzen Mehmed Alis selbst an der Spitze, nach Pari« gewandert ist. Ein Beweis mehr, daß der Pascha »och immer Frans reich« Bildung schält. ") Wir nennen hierbei den berühmten Clot Bey. "') Z. B. die GeschichU Italiens von Botta; wohl nicht ohne Vermittelung des Orientalisten und berühmten Reisenden Botta, welcher, wen» wir nilbt irren, Lohn de« EeschichtSsihrcibcrs ist. Z. B. die Memoiren des Herzog« von Rovigo; das Memoirc von St. Helena. ch) Eine prachtvolle »nd sehr geschabte Ausgabe der Tausend und Eine Nacht, 2 Bde. sl. Fol., wovon die hiesige Königl. Bibliothek ein Exemplar besitzt, ist >bSV erschiene»; die Makamen deS Hariri sollen unter der Presse sehn. l"!-) Bei diesen Angaben beruse ich mich aus da« snurual A-latlgue, «juatriöme «rrle, P. II. ch-i-fl Herr v. Wildenbruch versichert dann, daß kein Volk in der Welt größere Anlagen hat, al» da« arabische in Syrien, und daß ihm nur die Hand de« gute» Regenten sehle, um eS glücklich zu machen.