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Amts- M Aiizelkckktt für den Shirk Kes Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung IST Abonnement oiertelj. 1 M. 2V Pf. einschließl. der »Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage »Seifen blasen' in der Expedition, bei unfern Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. — 50. Jahrgang. Donnerstag, den 5. November Der zweite diesjährige Bezirkstag wird Wontag, den 9. November 1903, vormittags /,12 Mr im Sitzungssaale der unterzeichneten Behörde abgehalten werden. Die Verhandlungen sind öffentlich. Schwarzenberg, am 2. November 1903. KÜMMt AMtöhsillPtMllllllschsist. Demmcririg. Wer fiat die Schuld? Unter den Schlagworten, mit denen die Sozialdemokraten arbeiten, ist da« von der »Fälschung der Emser Depesche" rin der verwerflichsten. Fürst Bismarck habe dadurch — so sagen die Sozialdemokraten — den Ausbruch des Krieges von 1870/71 veranlaßt und trage daher die Schuld an dem Blutvergießen zwischen Deutschland und Frankreich. Obwohl der wirkliche Sachverhalt seit den amtlichen und aktenmiißigen Mitteilungen bekannt ist, die der frühere Reichskanzler Graf Caprivi im Reichs tage gemacht hat, gibt e« infolge ter sozialdemokratischen Hetzerei immer noch Leute, die die gehässigen Erfindungen dieser Partei für bare Münze nehmen. Unter diesen Umständen dürfte e» nicht unzweckmäßig sein, aus unanfechtbarer französischer Quelle den Beweis zu führen, daß die Franzosen und besonders die Kaiserin Eugcnie mit ihrer höfischen Gesellschaft den Krieg heroufbeschworcn haben, trotzdem von Deutschland die weitestgehende Nachgiebigkeit geübt worden war. E» handelt sich um Erinnerungen dcS Marschalls Mac Mahon, die jüngst zwei hervorragende Pariser Blätter, das »Journal des DvbatS" und der „Tempi", ver öffentlicht haben. In diesen Aufzeichnungen heißt es unter anderm: .... Nach dem Ministerrat in den Tuilerien am 14. Juli war der Kaiser nach St. Cloud zurückgekehrt, indem er die Hoff nung auf den Frieden mit sich brachte, wa« einen großen Zorn unter den Höflingen erregte, welche den Krieg um jeden Preis wollten. Ein neuer KriegSrat war für den Abend aus Veran lassung des Marschalls Le Boeuf einberufen. "Napoleon bereitete eine Rede vor, welche sich für Len Frieden aussprach. „Im Moment des Eintritt« in den KriegSrat," sagte Marschall Mac Mahon, »durchschritt er einen Salon, in dem sich die Kaiserin mit ihrem Kammerherrn, Herrn de Pienne, befand. Er las seine Rede der Kaiserin vor, welche nach beendigter Lektüre eine mißbilligende Kopfbewegung machte. Der Kaiser trat dann in den KriegSrat ein, wohin ihn die Kaiserin begleitete. Er la« seine Rede vor; dann aber, in dem Augenblicke, wo er die Stimmen entgegennehmen wollte, wurde ihm schlecht (ein Anfall der Krankheit, an welcher er litt), und er war genötigt, aus dem Saale zu gehen. Nach Ablauf von einer halben oder drei Viertel Stunden kam er, trotz seiner Schmerzen, zurück. Aber während dieser Zeit hatte die Kaiserin auf die Mitglieder de« KriegSrat« eingcwirkt, und bei der Abstimmung waren 4 Stimmen Mehrheit für den Krieg." »Die Idee der Kaiserin war," fährt Mac Mahon fort, »daß die innere Politik, in welche man sich mit Olivier einge lassen hatte, zum Abgrund führte. Eine Ablenkung nach außen schien ihr eine rettende Notwendigkeit. Nach vierzehn Tagen oder drei Wochen, dachte sie, würde man Erfolge erzielt haben. Dann würde Friede geschlossen, und der Kaiser, wieder in den Besitz seiner Ruhmes eingesetzt, könnte von den gemachten ge sährtichen Zugeständnissen zurückkommen. Bor dem KriegSrat hatte aber der Kaiser, der zum Frieden entschlossen war, allen ergebenen Journalisten eine Anweisung zugehen lassen, die fried liche Lösung zu verkündigen und zu predigen. Um Mitternacht telegraphierte man, um ihnen die entgegengesetzten Aufträge zu geben und die Gemüter auf den Krieg vorzubereiten." Die beiden Blätter bemerken dazu: »Man kennt die Kata strophen, welche der verhängnisvollen Erklärung vom 15. Juli folgten: Die Niederlage unserer Armee trotz ihrer heldenmütigen Tapferkeit, der Einfall, der Sturz de« Kaiserreich» und die Zer stückelung Frankreich«. Dahin halten un« die Leichtfertigkeit der Einen und die Kurzsichtigkeit der Anderen geführt, während, wenn man sich mit der einfachen Entsagung de» Prinzen Hohen- zollern und der ihr folgenden Billigung de« König« Wilhelm begnügte, man einen schönen diplomatischen Sieg davongetragen hätte, ohne einen Taler »»«zugeben oder einen Tropfen Blut zu »ergießen, einen Sieg, der im Angesicht Europa» reichlich da» Unrecht, da« un« Sadowa angetan, wettgemacht hätte". Soweit die französischen Urteile, die über die Schuld an dem Kriege keinen Zweifel lassen! Unsere Sozialdemokraten werden selbstverständlich nach wie vor Deutschland in« Unrecht zu setzen suchen, da sie Feinde de« Baterlande« sind und in ihrem Haß kein Mittel scheuen. Tagesgeschichte. — Deutschland. Wiesbaden, 3. November. Au« Anlaß der Ankunft der Kaiser Wilhelm und Nikolaus hat die Stadt Flaggenschmuck angelegt. Kaiser Wilhelm traf um 1 Uhr lb Minuten hier ein und begab sich, von der Bevölkerung lebhaft begrüßt, nach dem Königlichen Schloß. Zum Empfange war auf dem Bahnhof der Minister de« Innern, Freiherr von Hammerstein, anwesend. Mit dem Kaiser trafen ein der Reichs kanzler, die Herren des Gefolge« sowie Generaladjutant °. Plessen und Oberstallmeister Graf v. Wedel. — Wie der Deutsch-Russische Verein in seinem Organ, dem »Russisch-Deutschen Boten" mitteilt, wird die zweite Kon ferenz der russischen und der deutschen Unterhändler für einen neuen Handelsvertrag bereit« in wenigen Tagen, voraussichtlich noch vor dem 10. "November beginnen. Nachdem durch die erste Beratung über die auf beiden Seilen bestehenden Forderungen und in Aussicht stehenden Zugeständnisse vorläufig Klarheit geschaffen war, haben auf der so gewonnenen Basis in der Zwischenzeit Besprechungen zwischen den beteiligte» Inter essenten und weitere Unterhandlungen zwischen den Regierungen stattgefunden. Und zwar seien die Arbeiicn so beschleunigt worben, daß die zweite Verhandlung erheblich früher beginnen könne, al« ursprünglich angenommen werden konnte. Die Verhandlungen würden nicht wieder in Petersburg, sondern in Berlin stattfinden. — Nach einer in Berlin eingclaufcnen telegraphischen Meldung de« Kaiserlichen Gouverneur« von Deut sch-Süd westafrika sind im Distrikt Warmbad Unruhen aus- gebrochen, wobei Leutnant Jobst und Sergeant Snay gefallen sind und Reiter August Schmidt verwundet wurde. Da« Gou vernement hat Maßnahmen zur Unterdrückung der Unruhen getroffen. — Oesterreich-Ungarn. Nach beispiellos langer Dauer scheint endlich die ungarische KabiueNSkrisi« gelöst zu sein; wir sagen ausdrücklich, scheint, denn noch weiß man nicht, wie e» dem neuen Ministerpräsidenten Graf Stefan TiSza im Parla ment ergehen wird. Fast fünf Monate lang hat sich die Krisis hingeschlcppt, seitdeni v. Szcll Mitte Juni zurückgetrcten war. Da Graf Apponhi da» Präsidium im Parlament niedergelegt hat, und an seine Stelle aller Voraussicht nach Perczel, ein Mann der schärfern Tonart, treten wird, so ist wenigsten« freie Bahn für eine wirksamere Bekämpfung der Obstruktion geschaffen worden. Die Liberalen sind zufriedcngestellt, aber die „Unab hängigen" wollen weiter kämpfen. Da« Rekrutcngesetz dürste demnächst wohl glatt erledigt werden. Ob e« aber dem Grasen TiSza gelingt, der weitern Schwierigkeiten Herr zu werden, da« steht noch sehr in Frage. — Ostasicn. Die Besetzung Mukdcn«, der 250000 Einwohner zählenden Hauptstadt der Mandschurei, durch die Russen zeigt, daß Rußland sich jetzt wieder al» Herr der Lage ebensowohl im Orient al« auch in Ostasien fühlt. Auch die Verhandlungen mit Japan müssen der Erledigung nahe sein; denn wäre e« ander», wäre Mukden nicht besetzt worden. Die russische Diplomatie pflegt, während Verhandlungen statt finden, alle» zu vermeiden, wa» den Gegner reizen könnte. So sehen wir denn Rußland« Stellung in Ostasicn befestigt, eS tat sächlich von der Mandschurei Besitz ergreifen. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 4. November. Wegen Trunksucht ist kürzlich ein Handarbeiter von hier entmündigt worden. Me ist im laufenden Jahre der 2. Fall. Hoffentlich kommt angesichts dieser Tatsache mancher Trinker zur Besinnung. Die Entmündig ung kann zur Folge haben, daß der Entmündigte in eine Trinker heilanstalt oder aber gegebenen Fall» auch in eine Besserungs anstalt cingeliesert wird. — Eibenstock. Wie au- dem Inseratenteil vorliegender Nummer ersichtlich und auch schon durch au-gegebene Zettel be kannt, gibt das zum Jahrmarkt nach hier gekommene Edison- Theater heute nochmal», und zwar die letztcnBorstcll- ungcn. Da« Theater erfreute sich infolge seiner guten Dar bietungen und seine» abwechselung-reichen Programm« eine« un gemein zahlreichen Besuche«, sodaß allen Denen, welche bisher noch nicht Gelegenheit genommen haben, da«selbe zu besichtigen, nur empfohlen werden kann, die» noch heute nachzuholen. Die Direktion besitzt eine derartig große Auswahl von Bildern, daß man auch bei wiederholtem Besuch stet« Neue» zu sehen bekommt. — Eibenstock. (Zur Berichtigung) Die in Nummer 127 d. Bl. gebrachte, un« sr. Zt. zugegangene Mitteilung bctr. Gründung eine« Konsumverein« in hiesiger Stadt, war durch ihre Fassung geeignet, den Eindruck hervorzurufen, al« ob Herr Handel«schuldirektor Jllgen an einer derartigen Gründung be teiligt sei, bezw. eine solche in die Wege geleitet habe. Zur Ver meidung von irrigen Auffassungen sei ausdrücklich sestgestellt, daß zwar Herr Jllgen, wie un« mitgeteilt wird, vor längerer Zeit im Evangelischen Arbeiter-Verein einen Vortrag«abend über ver schiedene Wohlfahrt« - Einrichtungen in den großen Krupp'jchen Werken, zu denen auch Konsumanstallen gehören, gehalten hat, daß aber an diesem Abend über die Gründung eine« Konsumverein« hier I- nich: gesprochen wurde, von Herrn Jllgen also auch eine An regung hierzu nicht gegeben worden ist. — Schönheide. Der hiesigen Gendarmeriebrigade ist e« nach vielen Mühen gelungen, die Beteiligten an dem zum 19. v. Mt«. bei dem Restaurateur Blanke in Schönheide verübten Ein- bruchSdiebstahl zu ermitteln. Die gestohlenen Hirschgeweihe und Zigarren wurden am 30. vor. Mt«. bei dem in Bockwa bei Zwickau wohnenden Bergarbeiter Liebelt vorgcsunden und be schlagnahmt. L. wurde wegen Hehlerei festgenommen und an die Königliche Staatsanwaltschaft abgeliefert. Der Einbrecher wurde in dem Handarbeiter Robert Liebelt au« Schönheide ermittelt, dieser hrl die Hirschgeweihe usw. nach Bockwa zu seinem Bruder gebracht. Liebelt in Schönheide ist festgenommen und dem Kgl. Amtsgericht Eibenstock zugesührt worden. — Dresden, 2. November. Sc. Maj. der König hat genehmigt, daß der Obcrzollinspektor und Vorstand des Haupt zollamt« Eibenstock, Hacker, den ihm von Sr. Maj. dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Roten Adlerorden 4. Klasse annchme und trage. — Leipzig, 2. November. Seit Wochen schon fiel c« dem Busscticr im Theaterrestaurant de« hiesigen Schauspielhause» auf, daß in der sogenannten „Schwemme" über Nacht die Likör-, Zi garren- und Eßvorräte regelmäßig eine unliebsame Verminderung erfuhren. Der Buffetier legte sich deshalb auf die Lauer und ertappte den Langfinger beim AuSübcn seiner einbringlichcn Tätigkeit, der sich al« uniformierter Beamter der — Wach- und Schließgcscllschaft entpuppte, einer vor einigen Monaten in« Leben getretenen Ge sellschaft, die der Polizei Konkurrenz zu machen versucht. — Crimmitschau, 3l. Oktober. Trotzdem in den letzten Tagen in einigen 60 hiesigen Fabriken der Betrieb teilweise wieder ausgenommen wurde, erklärten heute in fünf zahlreich be suchten Versammlungen die organisierten Textilarbeiter, auch ferner im Streik zu beharren. Die in den letzten Tagen von der Streikkommission erfolgte Anrufung de« Gcwerbegerichl« als Einigungsamt war abermals resultatlo». — Bi» jetzt kostete der Ausstand dem Deutschen Textilarbeiterverbande 600000 Mark. An freiwilligen Bcihülfen sind 180 000 Mark erlangt worden. — Plauen i. B., 2. November. Ein mechanisches Kunstwerk hat ein einfacher Mann, der Kutscher und Milch händler Johann Gerstner, Südstraße 8, hier angefcrtigt. Al der Mann vor 5 Jahren krank darniederlag, la« er von der Einweihung der Erlöserkirche in Jerusalem durch Kaiser Wilhelm. Er gelobte sich, wenn ihn Gott wieder gesunden lasse, eine Nach bildung dieser Kirche herzustellcn. Gerstner hat sein Gelöbnis erfüllt. Am RcformationSfeste ist sein Werk, an dessen Aus führung er jahrelang seine freie Zeit und viel Geld gewendet hatte, geweiht worden. Da« Werk, äußerlich genau der Erlöser kirche nachgebildct, enthält im Innern eine Anzahl Kunstwerke, die da» Leben, den Tod und die Himmelfahrt de» Heiland» darstellen. Da« Kunstwerk, da« am Sonnabend in Gegenwart einer Anzahl Herren durch Archidiakonu» Vogel in einfacher Feier als eine kunstvolle Betätigung glaubenSsreudigen evange lischen Bekenntnisse« geweiht wurde, wird demnächst öffentlich «»«gestellt. — Auerbach i. V., 1. November. Um den Minder bemittelten ihre Steuerpflicht zu erleichtern, hat man hier be schlossen, den sogenannten Kinderparagraph, der mit dem 1. Januar 1904 für die Staatssteuer in Kraft tritt, und wonach bei Einkommen bi« zu 3 IM Mk. für jede« Kind im Alter von 6 bi« 14 Jahren der Betrag von je 50 Mk. in Abzug gebracht werden kann, mit der Maßgabe, daß bei Vorhandensein von drei oder mehr solchen Kindern eine Er mäßigung um eine Klasse stattfinden muß, auch aus die kom- munliche Steuer auszudehnen und diese Bestimmung gleichfalls am 1. Januar 1904 in Kraft treten zu lassen. Daß man sich trotz de« nicht unbedeutenden Einnahmcau«faüe« zu dieser im sozialpolitischen Interesse mit Freude zu begrüßenden Maß nahme entschlossen hat, verdient sicher Anerkennung, und ist der Nachahmung selten« anderer Gemeinden wert. — Im Anschluß an die Nachrichten über den Au«gang der WahlrechlSkonfcrenz wurde verschiedentlich die Meinung vertreten, c« sei nicht ausgeschlossen, daß die Regierung eine auS- gcarbeitete Vorlage den Ständen nicht zugehen lassen wolle. Damit wäre die Initiative den Ständen überlassen und die Er ledigung der Vorlage erst in Jahren zu erwarten, weil ihr dann zwei ordentliche Landtage zustimmen müßten, ehe sie an die Krone gebracht werden könnte. Auf Grund von Berichten au« zuver lässiger Quelle können die ,L. N. N." demgegenüber mitteilen: Eine erfolgreiche Erledigung der Aufgabe wird allerdings nicht leicht sein. E» bestehen noch ganz erhebliche Schwierigkeiten, die überwunden sein wollen, aber e» kann absolut keine Rete davon sein, daß die Regierung deswegen etwa die Initiative au«