Volltext Seite (XML)
KibdMrNMali Nr. 144 — 1923 — 82. Jahrgang. Sonnabend / Sonntag 8. / 9 Dezember Fernruf Wilsdruff 6 / Postscheck Dresden 2640 Anzeigenpreis: die S gespalten-Raumzelle r» Goldpfennig, die Z gespaltene Zeile der amtlichen Betannimochungen 40 Gold» Pfennig, die Zgespaltene Rellamezeile im textlichen Teile der Zeitung 50 Gotdpsennig. Rachweisungsgebüyr 20 Goldpsennlg. Dorgeschriebene Erscheinungstage u, Plahvorschriften werden nach Möglichleit berücksichtigt. Anzeigenannapme bis vormittag« 10 Uyr. Für die Richtigleit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garamie. Zeder Rabatt anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezvgen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. des Amtsgerichts u. Stadtrats zu Wilsdruff. Forstcentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Früher: Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Erscheint bis auf weiteres nur Montags, Mittwochs u. Freitag« nachmittags L Uhr für den folgenden Tag. Bezugsvrcl« bei Selbstabholung f. die Woche v. Z. 12 -9.12. SVO Milliarden, durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt 120 Milli arden auf dem Lande no Milliarden, durch die Post monatlich entsprechend. Aste Postanstalten und Postboten sowie untere Austräger und Geschäftsstelle nehmen lederzett Bestellungen entgegen. Zm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise«. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, Aschenrückbücke. Marx, der Komet — Irren ist menschlich — Sturz in den Lebeirsmittelp reisen — Absage an den Internationalismus — Das Leistungsprinzip — Kommt der Fuchs zu den Hühnern? — Internationalisierung des Geldes — Wirkliche Außenpolitik — Rationales Bewußtsein und seine Betonung — Eine freie Nation nur würdigt seine Befreier! Das Kabinett Marx, das urplötzlich wie ein Komet am parlamentarischen Horizonte auftauchte, ist nun schon eine ganze Woche an der Arbeit und noch immer ist es nicht wieder nach hause geschickt worden! Da Irren bekanntlich zu . den Fehlern gehört, mit denen die Menschen nun einmal behaftet sind, so kann es sich sogar ereignen, daß gerade unter dem Kabinett Marx die so heiß ersehnte Wendung zum Besseren im deutschen Wirtschaftsleben ihren Anfang nimmt. Dr. Marx selbst spielt feit Jahren eine führende Rolle in der Zentrumspartei, zu deren Vorsitzenden er nach Trimborns Ableben erwählt wurde. Er steht im 61. Lebensjahre. Seine großen Fähigkeiten haben ihn zu achtunggebietender Höhe emporgehoben und er ist im Reichstage wie im Volke als besonnen und zielsicher in feinen Absichten nur vorteilhaft bekannt. Sein Kabinett ist aus den bürgerlichen Mittelparteien gebildet, ist also — und das ist das erfreulichste an ihm — frei von sozialistischer Beimischung. Wenn auch die Betonung des neuen Kanzlers, daß sich sein Kabinett von dem vorangegangenen durch nichts unterscheide, nicht dazu angetan ist, große Taten: zu erwarten, — nun, auf etwas Glück rechnet man doch auch und das scheint sich ihm zu gesellt zu haben: ein Sturz in den Lebensmittelpreisen hat ein gesetzt, — das ist der sinnfälligste Anfang zu neuen Hoff nungen! Dazu kommt, daß das deutsche Volk in seinen Erwartungen ja so bescheiden geworden ist, daß es auf Taten gar nicht mehr zu hoffen wagt, wenn nur endlich, endlich ein mal dem weiteren Hinabsinken in wirtschaftliche Verelendung ein sichtbares Ziel gesetzt ist. Der starke Mann, der seine For derungen stellt und sie mit dem nötigen Nachdruck in Taten umseht, ist Dr. Marx wohl kaum. Die Forderung der Absage an die Idee der Internationale und damit den Ausschluß der geborenen Gegner des nationalen Staates vom gesamten Staatsdienst wird er ebensowenig stellen wie diejenige einer durchgreifenden Reform des gesamten Gehalts- und Lohntarif systems auf der Grundlage des Leistungsprinzips. Die Besei tigung dieser beiden von Unnatur übervollen Eindringlinge in unser gesamtes staatliches wie wirtschaftliches Leben muß aber erst erfolgt sein, ehe ein zur Gesundung führender Ausbau be gonnen werden kann. Der Gegner jedes nationalen Gedankens, also jedes in sich abgeschlossenen Staatswesens, fast möchte man sagen von Natur aus, zumindest ober aus der Befolgung der ihm eingehämmerten Lehren seiner großen Vorkämpfer heraus, — wie kann er Mitarbeiter in einem solchen Staate sein! Das bezieht sich zunächst auf die Sozialdemokratie. Und wenn von den Mehrheits sozialisten auch einzelne so taten, als ob es ihnen mit dieser Teil nahme am staatlichen Wiederaufbau ernst wäre, — hat nicht das Buhlen um die Gunst der Kommunisten, wie es auf dem Dresdner Parteitage so eklatant in die Erscheinung trat, gezeigt, was von dieser ihrer „Anteilnahme" zu halten ist? Daß es aber nur noch eine Frage von kurzer Dauer sein kann, bis der u ik - entwegtere Teil der heutigen Sozaldemokratie in den Armen der kommunistischen Sowjetisten zerschmolzen sein wird, ist jedem klar, der Augen hat zu sehen und Ohren zu hören. Ob eine Reichstagsneuwahl diese Fragen einer rascheren Lösung zuführen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls kommt der Fuchs nicht als Friedensapostel zu den Hühnern und es ist höchste Zeit den Wolf seines Schafspelzes zu entkleiden .... Der andere Feind eines jeden abgeschlossenen nationalen Staatswesens? Ein älterer ist's, ein wohl noch mächtigerer! Eine größere Internationalisierung ist seines Strebens Ziel: diejenige des Kapitals! Die Iudenschaft strebt seit Jahrtausen den nach der Weltherrschaft, die ihre Weissager schon im Alten Testament versprachen, sie hielt ihr Ziel auch dann stets im Ange, wenn es ihr schlecht ging, — so hat sich die Erkenntnis auch im deutschen Volke durchgesetzt. Lange genug hat es sich beiden Elementen als williges Versuchskarnickel überlassen. Nun hat sich die Ueberzeugung aber mit elementarer Wucht durchgesetzt, daß der nationale Gedanke lange genug völliger Verfinsterung anheimgefallen war, und daß das Wort Bis marcks: „Seien Sie einig und lassen Sie den nationalen Ge danken vor Europa leuchten" nach endlicher und restloser Er füllung lechzt. Ist Dr. Marx der von diesem Nationalbewußtsein durch drungene Führer, zeigt er, daß es ihm Ernst ist damit, dem Volke statt Worten nun Taten zu geben: um eine starke Ge folgschaft braucht er sich dann nicht zu sorgen. Er muß dann aber auch fordern eine unzweideutige Einstellung des gesamten deut schen Volkes und seiner berufenen Vertreter nach außen, einen ! tragfcihigen, auf seine Durchführbarkeit zuvor geprüften Plan, um von ihm ausgehend eine wirkliche deutsche Außenpolitik äb° lesten zu können. Eine Außenpolitik, die in der Lage ist, Deutsch land den Platz zurückzuerobern, den es zu behaupten berechtigt ist, um gemeinsam mit den anderen Vötkern die Frage des euro päischen Gleichgewichts ihrer gesunden Lösung mit entgegen zuführen. Das kann sich aber nur stützen: auf das Vorhanden sein eines starken nationalen Bewußtseins und seine nachdrück lichste Betonung. Die Unterminierung des nationalen Empfin ¬ dens hat lange genug ihr Treiben fortzusetzen vermocht. Das Elend, das uns auf Schritt und Tritt verfolgt, die Unterjochung, in die wir geraten sind, sind sie nicht Beweise genug von der Notwendigkeit, daß es mit der Forderung der Absage an die Idee dieses doppelten Internationalismus nun bitterer Ernst ge worden ist? „Zurück zum Nationalismus!", das muß das Leit motiv des Marx'schen Versprechens von den „Taten statt Worten" werden. Wenn sich das neue Kabinett den Grundsatz zu eigen macht, daß die Erziehung zum nationalen Bewußtsein das höchste ist, was es in seinen Aufgabenkreis hineinbezieht, so kann es das Ende der Zeit, in der die deutsche Nation als unter jochte nur von Bedrückern geknechtet wird, bald herbeiführen. Eine freie Nation nur erkennt und würdigt seine Befreier! Jupiter. Nach Sachsen: Kraunschwerg - nach Leigner: Merges. Die „Sächsische Staatszeitung" (!) beruhtet aus Braunschweig unter dem 5. Dezember: „Die Ermittlungen in der Angelegenheit einer Einbrecher bande, die endlich festgenommen wurde, haben zu dem Ergebnis geführt, daß noch weitere Kreise an den Straftaten beteiligt sind. Die Polizei hat in den letzten Tagen noch eine Anzahl Personen unter dem Verdacht der Teilnahme an diesen Straf taten verhaftet. Im Laufe des Sonntags verdichteten sich die Verdachtsgründe der Teilnahme daran auch gegen den ersten Präsidenten des Freistaates Braunschweig, - August Merges, so sehr, daß dessen Festnahme beschlossen i wurde. Merges wurde in Untersuchungshaft genommen; an scheinend liegt bei ihm Begünstigung oder Hehlerei an diesen Diebstählen vor. Auch der Gastwirt Kautz, der frühere Volkskommissar für Volksbildung, wurde ver haftet. Er hatte bereits vor einer Woche mit der Polizei zu tun, wurde damals aber wieder freigelassen. Jetzt hat sich auch gegen ihn der Verdacht so verdichtet, daß seine abermalige Festnahme angeordnet worden ist." * Senkung der Fettpreise. Berlin, 6. Dezember. Auf dem Berliner Markt zeigte sich heute erneut ein die Nachfrage übersteigendes Angebot und eine Senkung der Preise auch' für Fette. Der Kurszettel auf Rentenmark umgestellt. Berlin, 7. Dezember. Nach der „Voss. Ztg." geht die schon vor einiger Zeit innerhalb des Berliner Börsenvorstandes angeschnittene Frage der Umstellung des Kurszettels der Ber liner Börse auf eine wertbeständige Basis nunmehr ihrer Lö sung entgegen. Wenn sie in der letzten Zeit nicht vorwärts ge bracht worden war, so lag das daran, daß man erst die reich liche Versorgung des Verkehrs mit Rentenmark abwarten wollte. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen. Von Tag zu Tag gelangen mehr Rentenmark in den Verkehr, der sich vollkommen- auf ihn einspielt. Die Rentenmark kann danach als neue Grund lage für die Börfennotierungen für Effekten gewählt werden. Kommunistische Demonstrationen in Dresden. Dresden, 6. Dezember. Im Laufe des Donnerstag kam es an verschiedenen Stellen der Stadt, namentlich in der Friedrichstadt und in der Nähe des Hauptbahn- Hofes zu größeren kommunistischen Ansamm lungen. Die Polizei war bemüht, die Ansammlungen zu zerstreuen, wobei es verschiedentlich zu Zusammenstößen mit der Menge kam. Schutzleute wurden verschiedentlich schwer mißhandelt, so daß die Polizei Verstärkungen heranziehen und mit dem Gummiknüppel gegen die Menge vorgehen mußte. Auch machte sich das Abgeben von Schreckschüssen notwendig. Verletzt wurde niemand. Zahlreiche Verhaftungen sind vor- genommsn worden. Kommunistische Unruhen in Berlin. Berlin, 7. Dezember.. Der kommunistischen Agitation ist es auch heute wieder gelungen, mehrere tausend Er werbslose und Arbeiter aus den Betrieben zu einer Demonstration zusammenzubringen. Ursprünglich wollte man im Westen der Stadt eine große Versammlung abhalten, doch wurde dies von der Schutzpolizei ohne große Mühe verhindert. Die gesamte Schutzpolizei war heute in Alarmbereitschaft gehalten worden. Auch im Lustgarten hatten sich wieder eine große Menge Demonstranten eingefunden. Die Demonstranten hatten in Paketen ihre Fahnen versteckt, die dann auf dem Platze entrollt wurden. Alsbald rückten mehrere Hundertschaften der Polizei von allen Seiten an. Als sie die Menge abzudrücken versuchten, kam es j zu kleineren Zusammenstößen. Bast stürmte alles in regelloser Flucht davon, hinter der Menge rückte die Polizei nach und brachte noch sich bildende Ansammlungen zur Auf lösung. Verhaftungen gegen Geheimbüu-eleie» in Berlin. Berlin, 6. Dezember. Von der politischen Polizei sind, wie jetzt bekannt wird, am Dienstag eine Anzahl Personen rechtsradikaler Kresse verhaftet worden, die list Verdacht stehen, sich mit der Ausstellung militari-« scher Organisationen befaßt zu haben. Im ganzen! wurden 60 Personen verhaftet, von denen aber 51 bereits! wieder aus freien Fuß gesetzt worden find. 9 Verhaftete wurden dem Vernehmungsrichter vorgesührt. In den Wohnungen deH Verhafteten wurden Haussuchungen vorgenommen. Verschiebung der endgültigen Abstimmung auf Sonnabend. Berlin, 6. Dezember. Da in der heutigen Sitzung des Reichstages, die die Schlußabstimmung über das Ermächtigungs-- gesetz bringen sollte, dir Anwesenheit von zwei Dritteln alle« Abgeordneten nicht vorhanden war, wurde ein Antrag anges nommen, die endgültige Abstimmung auf Sonn-« abend nachmittag 2 Uhr zu vertagen. Man hofft, bis dahin i die erforderliche Zahl von Abgeordneten zusammenzubringen, Der Grund für das Fehlen der Abgeordneten ist neben der Nichtbeteiligung der Deutfchnationalen ein starkes Anwachsen der Opposition in der Sozialdemokratie. Was die parlamen tarische Lage am Sonnabend anlangt, so ist die Entschei dung jetzt im wesentlichen, nachdem die Deutschnationalen heute zu erkennen gaben, daß sie sich an einer Abstimmung nicht beteiligen wollen, in die Hände der Sozial demokraten gegeben. Reichstagsauflösung? Berlin, 6. Dezember. Reichskanzler Marx hat das Auflöfungsdekret bereits seit einigen-Tagen in ded Mappe. Angesichts der Möglichkeit, daß für das Ermächtig gungsgesetz im Reichstag nicht die nötige Stimmenzahl zu- sammenkomme, hat der Reichspräsident dem Reichskanzler das Dekret zur Auflösung des Reichstages ausgestellt. Das neue Kabinett hatte aber davon noch keinen Gebrauch machen wollen, ehe nicht alle Möglichkeiten erschöpft sind. Für den Fall, daß alle Bemühungen bis zum Sonnabend ergebnislos bleiben, sollten, ist das Kabinett entschlossen, die Auf -- lösung eintreten zu lassen. Es soll sich übrigens nur um verhältnismäßig wenige Stimmen, etwa sechs, handeln. Die Beamtenpolitik des Reichsfmanz- ministeriums. Berlin, 6. Dezember. Die Reichslagsfraktion der Deutschen Volkspartei trat heute abend zu einer Sitzung zusammen. Dabei wurden ernste Bedenken gegen die auf Grund des Ermächtigungsgesetzes vom Reichsfinanz ministerium betriebene Gehalts- und Lohnpolitik geäußert. Die Fraktion beauftragte ihre zuständigen Referenten, mit dem Fi nanzministerium in Verbindung zu treten und mit allem Nach druck dafür zu sorgen, daß schnellstens Abhilfe geschaffen wird. Sämtliche Beamte der pfälzischen Kreis regierung vertrieben. Speyer, 7. Dez. Der Regierungspräsident Iacob und acht weitere pfälzische Beamte sind von der französischen Bejatzungsbehörde ausgewiesen worden. Damit sind nunmehr sämtlicheBeamte der pfälzischen Kreisregierung von den französischen Befatzungsbehörden und den von ihnen beauf tragten Subjekten ausgewiesen worden.