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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. .V >4* Erscheint mit Au«nabme der Sonn, und Festtage tLgltch Abend« und ist durch alle Postanstalten «u beziehen. Freitag, den 2. Oktober. V" — — — Preis für da« Vierteljahr lhaler. Insertion«'Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeil« l Neugroschen. 18S7 Amtlich" Thril. Dresden, 1. October. Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich sind heute früh 4 Uhr nach Weimar abgereist. Dresden, 1- Oktober. Se. Königliche Majestät haben den Bic,Präsidenten bei'm Appellationsgericht zu Leipzig vr. Karl Heinrich Haase auf sein Ansuchen unter Bewilligung der gesetzlichen Pension in Ruhestand zu versehen huldreichst geruht. Dresden, 22. September. Dem zwölfjährigen Knaben Carl Ferdinand Gläser in Zwickau ist für die von ihm am 22. August dieses JahreS mit muthvoller Entschlossenheit und eigener Lebensgefahr bewerkstelligte Errettung eines in dem angeschwollenen Muldrnstrome verunglückt gewesenen dritthaldjährigen Mädchen«, die LebensrettungS-Medaille in Silber verliehen worden. Nichtamtlicher Theil. Acbcrsicht. Tagesgkschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Vom königl. Hofe. Manöver. — Leipzig: Durchreis» deS Kaisers von Oesterreich. Meßb,richt. — Wien: Die Kaiserzusammenkunft in Weimar. Reise der Kaiserin nach Ischl. Di« Donauuferstaatencommission. Der Frachtoerkehr mit Triest. — Berlin: Die bevorstehende Eröffnung der Eisenbahn Kreuz - Küstrin. Minister v. d. Heydt. Die „Zeit" über die Kaiserzusam- menkünfte. — Stuttgart: Zur Anwesenheit der kaiserl. Gäste. — Darmstadt: Entwurf eines JagdablösunqS- gesetzeS. — Eisenach: Anwesenheit der russischen Maje stäten. — Paris: Nachrichten au« Stuttgart. Die Kai serin zurück. Empfang de< französischen Geschwaders in Barcelona. Prinz Napoleon nach Toulon. Der Kai ser in Metz. — ToScana: Ein Handschreiben des Papstes. — Malta: Admiral Lyons nach den jonischen Inseln. — Kopenhagen: Der Umfang der Staatsschuld. Baron Scheel-PlesstN. Ministerrvnferenz. Die russischen Schiffe abgeganqen. — Gt. Petersburg: Die Reform der Garde-Infanterie. — Hongkong: Eine Stadt von den Rebellen «ingeäschert. — Ostindien: Nähere Nachrichten au« der neuesten Post. — New-York: Vermischtes aus der neuesten Post. Local- uvd Proviuzialangelegeuheiten. Dresden: Ver handlungen der Stadtverordneten. Sparkasse. — Leip zig: Unglücksfall. Selbstmordversuch. — Ehemnih: DaS neue Schulgebäude vollendet.— Löbau: Die GaSbeleuch- tungSangelegrnheit. Oeffentliche Gerichtsverhandlungen. (Annaberg.) Feuilleton. Inserate. Tafteskalender Börsennachrichten. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachri ch.1 e n. Weimar, Donnerstaft 1. October. Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich ist heute Bormittaft ^>IV Uhr hier eingetroffen. Allerhvchstderselbe begab sich zunächst ins großherzoaliche Schloß und sodann nach Belvedere zu Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland. Beide Monarchen werden morften nach Dresden reisen. Paris, Donnerstag, L. October. Der „Moni teur" meldet: Gestern ist der Kaiser von Chalons hierher zurückgekehrt. Prinz Murat ist nach Berlin gesandt worden, um dem Könige von Preußen einen Brief deS Kaisers zu überbringen. DaS „SiLcle" eröffnet eine Subscription zur Errichtung eines Denk mals für Manin. Dresden, 1. Oct. Nach der Rückkehr der allerhöchsten und höchsten Herrschaften von den Manövern sand gestern im königl. Schlöffe große Tafel statt, zu welcher auch die Generalität befohlen war. Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich besuchten in Begleitung Sr. königl. Hoheit de- Kronprinzen und Sr. Hoheit des Herzogs von Nassau gestern Abend die BivouacS der in der Nähe der Residenz lagernden Truppen. Heute Morgen 4 Uhr sind Se. k. k. apostolische Majestät nach Weimar abgereist. Se. Majestät der König begleiteten Aller- höchstdirselben zum Leipziger Bahnhofe. So viel bis jetzt bekannt ist, werden Se. Majestät der Kaiser von Rußland morgen Vormittag gegen 10 Uhr von Weimar hier eintreffen, im kaiserl. russischen Gesandtschafts- Hotel abtreten und Nachmittags nach Berlin abreisen. — ES ist nicht unwahrscheinlich, baß gleichzeitig auch Se. Ma jestät der Kaiser von Oesterreich auf der Rückreise (über Prag nach Ischl) wieder hier eintreffen. Dresden, 1. Oct. Für den gestrigen zweiten Manöver tag, dem Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich beiwohnten, hatte der EorpScommandant die nachstehenden Dispositionen an die beiden sich gegenüberstehenden Divisionen erlassen NordcorpS: Im Lauf« der Nacht ist Nachricht «inge- gangen, daß die auf Altenberg entsendete Division der feind lichen Uebermacht bis Dippoldiswalde hat weichen müssen. Von Dresden aus ist deshalb eine Unterstützung dorthin ab gesendet, an dir erste Armeedivision aber der Befehl ertheilt worden, am Morgen de« 30. Sept, eine kräftige Offensive gegen den bi« gegen die Weißeritz vorgerückten Feind mit der Hauptkraft über Löbtau zu unternehmen, um den Geg ner auS der für die DippoldiSwalder Straße bedrohlichen Stellung am Plauenschen Defile zu vertreiben. Von der Dresdner Besatzung stößt zu diesem Zwecke eine Verstärkung zu der ersten Armeedivision. —! 8. SüdcorpS: Im Laufe der Nacht ist Nachricht eingegangen, daß die Hauptcolonne nach glücklichem Gefecht dis gegen Dippoldiswalde vorge- drungen ist. Der Eommandant der zweiten Armeedivision beschließt daher die Vortheile deS vorigen Tages zu.verfol gen und sich in Besitz deS Defile« von Plauen zu setzen. Auf höhern Befehl hat ein Bataillon nach Tharand entsen det werden muffen, um die Verbindung mit der über Dippol diswalde vorgehenden Hauptcolonne herzuftellen. Den vorstehenden Anordnungen gemäß hatte das Süd corpS (Generalmajor v. Fciederici) seine Hauptstellung früh 9 Uhr zwischen den Dörfern Nauslitz und Wölfnitz genom men, die linke Flanke gegen Eotta durch die Reiterei gedeckt. Das Nordcorps (Generalmajor v. Treitschke) hatte dagegen die Hauptkraft um dieselbe Stund, bei Löbtau versammelt und hielt eine Seitencolonne bei Plauen zum gleichzeitigen Verbrechen bereit. Ein dichter Nebel beschränkte die Um sicht. Begünstigt von diesem Umstande, ließ Generalmajor v. Treitschke, während er sich mit der Infanterie und nur wenig Reiterei gegen die Mitte und den rechten Flügel d,S FeindeS wendete, durch die Masse seiner Reiterei und die reitende Batterie eine UmgehunqScolonne in die feindliche linke Flanke in der Richtung auf Burgstädtel vorgehen. So bald der Gegner die hier drohende Gefahr erkannte, warf Generalmajor v. Friederici di« Reiterei seines EorpS dem Feinde entgegen. Solchergestalt entspann sich auf dem Ter rain zwischen Burgstädtel, Gorbitz und Gompitz ein sehr leb haftes Reitergefecht, wobei alle agirende Abtheilungen seltne Proben von Gewandtheit und Entschlossenheit ablegten. Währenddem drang die Infanterie des Nordcorps südöstlich der Dresden - KeffelSdorfer Straße in dem ebenso bedeckten als coupirten Terrain mühsam vor, da der Feind, begünstigt durch di, localen Verhältnisse hartnäckig Widerstand leistete. DaS SüdcorpS wich allmählich bis in eine Stellung auf den Höhen bei Pennrich, die stark besetzt und hartnäckig verthei- digt wurden, bis daS Nordcorps zum geschlossenen Angriff mit dem Bayonnet überging. Der EorpScommandant, Se. königl. Hoheit der Kronprinz, ließ nach beendetem Gefechte bei dem Dorfe Pennrich daS Signal zum Aufhören der Uebung geben und vereinigte daS ganze Armeecorps auf dem Plateau vom „wüsten Berge" zwischen KeffelSdorf und Penn rich in folgender Paradestellung: 1. Treffen: Die 1. Reiter brigade in roncentrirten RegimentScolonnen mit Schwadro nen, die Leidbrigade und daS 4. Jägerbataillon in concentrir- ter Eolonnenlinie, die reitende und 1. Fußbatterie und dir SanitätSabtheilung. 2. Treffen: Die 1. Jnfanteriebrigade und daS 1. Jägerbataillon in concentrirter Eolonnenlinie, 2 Fußbatterien. 3. Treffen: Die 2. Reiterbrigade, di, 2. Jn- fanteriebrigade und daS 2. Jägerbataillon, eine reitende und eine Fußbatterie und die SanitätSabtheilung, analog dem 1. Treffen. 4. Treffen: Dir 3. Jnfanteriebrigade, daS 3 Jä gerbataillon und 2 Fußbatterien in gleicher Formation wie daS 2. Treffen. — Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich nah men an der Seite Sr- Majestät des König« die Parade über daS ausgestellte ArmeecorpS ab. Nach dem Abteilen der Fronten brachte der EorpScommandant »in dreimaliges Hoch Sr. Majestät dem Kaiser Franz Joseph, der seine große Befriedigung über die Haltung und die Leistungen der Truppen aussprach. Leipzig, 1. Oct. (Tel. Dep.) Heute früh nach 6 Uhr traf Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich, von Dresden kommend, hier »in. Allerhöchstderselbe wurde im Babnbofe von dem k. k. Generalconsul Grüner und den Vorständen der hiesigen königl. und städtischen Behörden ehrfurchtsvoll empfangen. Die Universität war bei diesem Empfange durch den Universitätsrichter vertreten, indem der kector magniki us, Prof. 0r. Tuch, kurz vorher, beim Einsteigen in den Wa gen, leider den Arm gebrochen hatte. Die gegenwärtig noch hier befindliche Abtheilung der Garnison hatte sich mit einem Musikchor ebenfalls am Bahnhofe aufgestellt; letzteres spielte die österreichische Nationalhymne. Se. Majestät der Kaiser setzte ohne Aufenthalt die Reise nach Weimar fort. zr Leipzig, 1. Oktober. (Meßbericht, II.) In rohen Häuten und Fellen war daS Geschäft in dieser Messe im Verhältniß zu früher» sehr unbedeutend, weil trockene Wild häute an sämmtlichen Seeplätzen so hoch im Preise stehen, daß fie keine Rechnung nach hier geben und solche nur von rheinischen und norddeutschen Gerbern bezahlt werden. Von grün gesalzenen Wilbhäuten waren Kleinigkeiten hier und wurden Eap-Häute mit 28—30 Thlr., New-Süd-Wales mit 25—27 Thlr. und trockene gesalzene Pernambuco mit 45— 48 Thlr. pr. Elnr. verkauft. Ostindische Kipse waren zwar von Gerbern ziemlich lebhaft gefragt, doch haben diese ihren Bedarf, der hohen Preise wegen, nur theilweise gedeckt, indem man für feine Sorten 44 —48 Thlr. und für geringere 30 — 42 Thlr. pr. Etnr. bezahlte. Sollte der Krieg in Ost indien sich in die Länge ziehen, so dürften die Preise noch höher gehen. Deutsche Rindshäute waren im Preise etwas gedrückt, weil die Gerber ihre V »che- und Brandsohlenleder im Verhältniß nicht so gut veikauften und sind die Meisten abgereist, ohne sich hinlänglich versorgt zu haben. Dasselbe Verhältniß sand in Kalb - und Schaffellen statt. — Die Feuilleton. Drrsden, l. Oktober. Herr M. BoSco, bekanntlich der Sohn deS berühmten, jetzt bejahrten Zauberkünstler-, wird hier einige Vorstellungen geben. Die beklagenSwerthe Verletzung sei ner rechten Hand, die ihn unlängst betroffen, hat zwar diese theilweise gelähmt, damit aber doch nicht seine Geschicklichkeit, dir gerade in der schwierigsten Ausübung seiner Kunst durch die ein fache Handfertigkeit außerordentlich sein soll. Herr BoSco hat in Frankreich- und Belgien- größten Städten durch seine Pro. duciionen und namentlich durch die Eleganz und die feine Tour- nure, mit denen er sie auSübt, einek außerordentlichen Beifall gesunden; alle französischen Blätter sprechen sich mit gleicher Anerkennung über sein Talent auS und über die angenehme llinerhaltung, welche seine Ausübung desselben gewährt. Eine m Vorliebe gepflegte Specialität seiner Leistungen sind die äkanenkunststücke; Herr BoSco ist Eartomane und wird in dieser Hinsicht alS unübertroffen gerühmt. Mit Recht muß dieser 2«ng seiner Kunstfertigkeit al- der bewunderungswürdigste her- vorgehvben werden, denn hier bilden für daS einfache Material die Hände die einzige Hilfe, während bei andern Erperimenten nur dir geschickte Benutzung der Physik und besonderer Präparate momentane» Staunen erregt. Literatur. Die thätige Verlag-Handlung von C. B. Lorck in Leipzig beginnt eine „Lulturgeschichtliche HauSbibliothek" mit Joseph Wenzig'S „Westslavischem Märchenschatz". Der Ver fasser giebt in dem Werke eine mit Sorgfalt getroffene Au-wahl der Volksdichtungen und Gesang-weisen der Böhmen, Mähren und Slowaken, einer Bevölkerung, die im österreichischen Staate etwa sieben Millionen zählt und zu einem Sprachstamm, dem czecho-slavischen, gehört. In vorzüglicher deutscher Bearbeitung bietet die Sammlung ein wahrhafte- Charakterbild für da innere und äußere Leben dieses Volksstamme-, und ist um so mehr dem weitern Leserkreise deS gebildeten Publicum- zu em- pfehlen, weil Herr Wenzig vor Allem dessen belehrenden und poetisch fesselnden Genuß in der Anlage jene- Werke- vor Augen gehabt hat, ohne eine eigentliche Gelehrten-Arbeit zu erstreben. Für den wissenschaftlichen Forscher ist dessenungeachtet reichster Stoff darin vorhanden. Die erste Abtheilung enthält Märchen, Sagen und Geschichten auS theil- gedruckten, theil» noch un gedruckten Sammlungen. Ein schlichter, gesunder und braver Sinn, eine aufrichtige, innige Religiosität zeigt sich in ihnen, da- Gute wird belohnt, das Böse bestraft; eine naturwüchsige, ge sellige Treuherzigkeit deS Volkes verleiht selbst dem Teufel eine gewisse Ehrlichkeit und Bonhomie. Einige in ihrem Hauptinhalt mit bekannten Märchen zusammentreffende Sagen geben Gelegen heit zu interessanten Vergleich«, hinsichtlich der verschieden volkSthümlichen Dichtung in den Einzrlnheiten. Die zweit» Ab theilung enthält Lieder, Romanzen, Legenden, Sprichwörter; beider Inhalt ergänzt sich gegenseitig. Der Herausgeber stellt mit Recht als ein gemeinsames Kennzeichen der gegebenen Dichtungen auf, daß in ihnen bei durchaus geregelter Phantasie ein regsamer, behender, klarer und scharfer Geist waltet, der, wie die Geschichte nachweist, nur dann getrübt werden kann, wenn die leichtaus. wallende und dabei tiefhaftende Empfindung die Oberhand ge- winn». Dadurch unterscheiden sich die Poesien der Böhmen, Mähren und Slowaken überhaupt von denen der Südslaven mit ihrer orientalischen Phantastefülle und von denen der Ostslavrn mit ihrer heroischen, inS Ungeheure schweifenden Hyperbolik. Die überschwengliche Romantik und Minne ist ihnen fremd ge blieben. Den böhmischen Produkten eignet wieder zum Unter schiede von den slowakischen vorzugsweise Witz, Saiyre, Humor, wogegen sich in den slowakischen und walachisch. mährischen naive Treuherzigkeit auSprägt. Wir theilen aus dem gediegenen und die Beachtung in hohem Grade lohnenden Werke einige ChristuSlegenden und Poesien mit. —v— Der Heiland unterwegs. Von I. Wcn.üg. 1. Zu jener Zeit, als der Herr mit dem heiligen PetruS aus Erden wandelte, begegnete ihnen Allerlei auf ihren Wegen. Einst zu später Stunde kamen sie in ein Dorf, wo ihnen lange Nie mand ein Nachtlager geben wollte, bis sie einen Bauer trafen, der sie aufnahm. Er befahl, Stroh für fie in der Scheuer zu- recht zu machen, und eh' sie schlafen gingen, ließ er ihnen rin gute- Nachtmahl auftragen. DaS gefiel PetruS, der sich ärgerte, daß sie Niemand hatte aufnehmen wollen, und er fand kein Ende, den Bauer zu preisen. „Wenn Du lobst, lob' nicht zu sehr!" sprach der Herr. — Kaum daß eS dämmerte, kamen die Drescher in die Scheuer. PetruS erwachte auS dem süßen Schlafe, und eS verdroß ihn, daß ihn der Bauer so zeitig störe. „He, ihr Beiden," rief der Bauer, „auf, kommt un- helfen! Wer essen will, muß auch arbeiten!" Aber PetruS rührte sich nicht, um so weniger, al» ihm schien, daß der Herr noch fest schlafe. Die Drescher machten sich an die Arbeit. Als fie dreimal in die Runde gedroschen, sagte der Bauer: „Sollen wir die Faullenzer schlafen lassen? Haben fie sich satt gegessen, sollen fie un- auch