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Dirsk- Blatt Prtt« ft, «rschtint tägli» »a« Dterteljahr ZZ Dresdner Journal. HM bejithkn. Zeilr tz, Pf Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für das Abends erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittags angenommen. Inhalt. Der ärztliche Kongreß zu Dresden. — Aufruf an die reichen Bewohner Sachsens. — Verhandlungen der Stadtverordneten in Dresden. —Tagesgeschichte: Dresden: Ernennung; Sitzung der ersten Kammer; kirchlicher Verein. Leipzig: Univerfitättdrputirtenwahl; deutscher Verein. Berlin. Düsseldorf. Hannover. Frankfurt. Wien. Triest. Florenz. Palermo. Paris. Bukarest. — Wissenschaft und Kunst: Theatralische Vorstellung des dramatischen Vereins im großen Garten. — Feuilleton. — Eingesendetes. — Geschäfts kalender. — Ortskalendrr. — Anzekommene Reisende. > > --—.— - -- ----- - ' Der ärztliche Kongreß zu Dresden, welcher morgen, den 20. August, beginnt, hat den Zweck, die Ein leitung zu denjenigen Maßregeln und Schritten zu treffen, wodurch sich der ärztliche Stand in unserm Vaterlande mittelst eigener Anstrengung auf eine höhere und seinem edlen Ideale angemessenere Stellung heben will. Kein Stand bedurfte wohl einer Reform in Haupt und Gliedern mehr, als gerade der ärztliche, welcher in Folge alter polizeigesetzlicher Bestimmungen in verschiedene Klaffen zersplittert, zu einer feilen Kunst und niedern Erwerbsthätigkeit herabgedrückt, durch Neid und Nahrungssorgen unter sich verfeindet und vergiftet, von Oben ungeschützt, durch undeutsche Grenzsperren länderweise eingesperrt, sowohl unter sich, als dem Publikum und den Regierungsbehörden gegenüber durchaus entwürdigt dastand. Ist ja doch bei uns dem großen Publikum sogar der ungeheure Unterschied zwischen dem wahrhaft wissenschaftlich durchgebildeten Arzte, welcher unausgesetzt auf der Höhe der gejammten unser Zeit alter zierenden wissenschaftlichen Fortschritte stehen muß, — und zwischen dem ordinärsten plumpsten Charlatan fast ganz und gar unbekannt! Die ersten Schritte, um den gesunkenen Stand wieder zu heben, gingen von den ärztlichen Vereinen aus, in Sachsen namentlich von denen zu Dresden und Leipzig. Diese erkannten die Quellen jener Uebelstände in der bestehenden Medicinalgesetz- gebung und wendeten sich daher im Jahre 1845 an Regierung und Stände mit der Bitte um eine Medicinalreform. Die Regierung und zweite Kammer kam Dem entgegen, und ohne den Widerstand der ersten Kammer wäre schon damals ein bedeutender Schritt in dieser Sache geschehen, — freilich nur in dec bureau- kratischen Weise des alten Systems. Heutzutage gilt es nun einen herzhafteren Schritt „auf breiter demokratischer Grundlage" auch in dieser Angelegenheit zu thun. Der ärztliche Stand muß aus sich heraus eine neue Ordnung der Dinge schaffen, muß seine Angelegenheiten selbst ordnen und hinfüro in solcher Weise selbst vertreten, daß er den regierenden und gesetzgebenden Gewalten reife ausführbare Ergebnisse an die Hand reicht, sich selbst aber jede medicinische Angelegenheit des Vaterlandes zur Vorberathung und Begutachtung vorbehält. Darum muß er hinfüro von jedem seiner Mitglieder die höchste wissenschaftliche Ausbildung verlangen, aber jede andere, der freien Entfaltung dec Individuen entgegengestellte Schranke, jeden JnnungSzwang und jede Kasteneintheilung verwerfen. In diesem Geiste ist das Programm abgefaßt, welches der Dresdner ärztliche Verein in diesen Tagen in vielen sächsischen Blättern veröffentlicht hat. Doch sind die sächsischen Aerzte diesmal nicht die ersten gewesen, welche den Weg bahnten. In Dessau hat schon am 9. Mai eine Versammlung sämmtlicher Medicinal- Personen stattgefunden und ein ausführliches Programm an genommen, dessen Hauptpunkte etwa folgende sind: „Der gesammte Stand bildet eine Korporation, welche bei allen Medicinalgesetzen und - Verordnungen um Rath gefragt werden muß und deren selbst gewählte Vertreter bei der Landesregierung Sitz und Stimme in solchen Angelegenheiten haben, der Korporation gegenüber aber verantwortlich sind. Die Korporation bildet zugleich Schiedsgerichte für streitige Fälle unter den Mitgliedern, schlägt für die Stellen bei den technischen und Prüfungsbehörden je drei Kandidaten vor, aus denen die Regierung Einen wählt u. s. w. Die nächste zweite Ver sammlung wird bemüht sein, gemeinsame Medicinalverfassungen für sämmtliche Anhalt'sche Lande zu berathen." In Berlin hat inzwischen schon im Juni 1848 der dasige Verein praktischer Aerzte und Wundärzte sich, in Ueber- einstimmung mit der Generalversammlung rheinpreußischer Aerzte und mit vielen andern Aerzten an das Kultusministerium (Herrn Rodbertus) gewendet und gebeten, daß dasselbe zur Lösung der Medicinalreformfrage Abgeordnete, die aus direkter Wahl aller preußischen Aerzte und Wundärzte hervorgeganzen seien, zu einem ärztlichen Kongreß berufen möge. Als der Minister Dies ablehnte (ohne der Idee des Kongresses selbst abhold zu sein), wendeten sie sich am 11. Juli an die Nationalversammlung mit der Bitte, eine Fach kommission für ärztlich« Angelegenheiten mit der Prüfung dieses Gegenstandes zu beauftragen, und am 20. Juli mit der Bitte, daß alle deutschen Aerzte, welche in den Einzelstaaten die Erlaubniß zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlangt haben, sie in ganz Deutschland betreiben dürfen. (Vergl. Preuß. Staatsanzeiger d. 10. und 27. Juli, Schlesische Zeitz, d. 16. Juli, Kölner Zeitg. d. 24. Juli, Frankfurter O.-P.-A.-Aeitg. d. 25. Juli). In neuerer Zeit haben, Privatnachrichten zufolge, die Berliner Aerzte ebenfalls den Entschluß gefaßt, unerwartet der von der Regierung oder Stände versammlung (jedenfalls nicht bald!) zu erwartenden Schritte ihre Sache selbst in einem Generalkongreß zu berathen und insbesondere die Herstellung von gemeinsamen deutschen Medicinaleinrichtungen in das Auge zu fassen. JnWürtemberg fand am 10. August zu Plochingen eine Versammlung der Aerzte aus dem ganzen Lande statt, an welcher gegen 120 Aerzte Theil nahmen. Dieselbe faßte folgenden Beschluß: „Anr Berathung der in der ärztlichen Gesetzgebung dringend nöthigen Verbesserungen soll eine Kommission bestellt werden, zusammen gesetzt aus sechszehn, von sämmtlichen Aerzten deS Landes direkt gewählten Vertrauensmännern, welche sich, unter Bildung eines engern Ausschusses aus ihrer Mitte und im Verein mit einigen von der Regierung ihnen zugesellten Medicinalbeamten, mit Prüfung der Vorschläge, Anhören weiterer Sachverständiger, Abfassung von Entwürfen u. s. w. zu beschäftigen hat." (Siehe Frankfurter O.-P.-A.-Aeitg. d. 15. August.)