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Tageszeitung für das östliche Dresden u. selne Vororte Dieses Vlatt enthüll die amtlichen Bekanntmachungen de« Bäte« zu Dresden für die Stadtteile Vlasewitz, Loschwitz, Weiher Hirsch, Bühlau, Bochwitz und Laubegast (ll. und lll. vermattungsbezirk) der Gemeinden Wach« «itz, Biederpoyritz, Hosterwitz, PiUnitz, Weihig und SchSnfeld, sowie der «mtshauptmannschasten Dresden-B. und Dresden-«. Verlag: Ewgau-Vuchbmckerel m»d Verlagaanstatt Hermann »eyer ck Lv^ Oees-e»2Nafewitz. — VerantmarMchr «»Den Werner Dresden. Erscheint tLgltch mtt der Vellage »Agrar-Darte* und Amts Kur- und Frembenllste. V«»ug<preis: Monatlich M. außer Zustellgebühr, bei den deutschen postanflalten M. «00.—. Slnzelverkaustpreis: M. 2«. Mir Fäll, höherer Gewalt, -krieg, Streik» usw. hat der Verletzer keinen Anspruch auf Liefen,na be»w. Stach, tlrfeniiia der Zeitung »der auf Rückzahlung de« Lesegeldes. Druck: Siemens Landgraf Stachst., Dresden. Freital. Vei unverlangt eingrsandten Manuskripten ist Rückporto dei»ukügea. 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Deutschland, kann man hier hören, könne sowohl mit dem Inhalt als besonders mit dein Ton der Rede, in der dje Deutschen ein stolzes und mächtiges Volk genannt werden, zufrieden sein. Wenn Lord Curzon zugleich Deutschland jn nicht mikzuvcrstehender Weife Gelegenheit gegeben habe, zu sprechen, so habe er hiermit die all gemeine Meinung der Engländer wiederge geben. Die Bestätigung hierfür kann man in den Abendblättern finden. ..Es ist Deutsch lands Pflicht, und seine Pflicht allein", der „Evening Standard", „die gegenwärtige Lage zu beendigen. Warum soll Deutschland fein Angebot machen? War für eine De mütigung liegt in einer vernünftigen An näherung, auf Grund deren man diskutieren könnte? Lord Turron hat „wahrscheinlich" nicht ohne die gebührende Verantwortung gesprochen, «l» er misiührt«, dak jeder ernste Versuch, den Ruhrkonflikt zu beendigen, von Frankreich „wahrscheinlich" gut ausgenommen würde. Wenn aber die Deutschen , fo fährt der „Evening Standard" fort, „weiter bei ihrer törichten Haltung verharren, wird es den Verteidigern schwer fallen, sie weiter zu verteidigen." Ebenso schreibt die Wochen- schrift „Spectator", dak Deutschland der Schuldner sei. und dak es die Pflicht eines ehrlichen Schuldners fei, vernünftige Ange- lbvte zu machen, so reizbar sein Gläubiger auch fein möge. Wir greifen diese Blätter stimmen nicht heraus, um Propaganda für Schritte zu machen, zu denen die Haltung Frankreichs bisher keine Ermutigung gab. Aber es ist gut, wenn man in Deutschland weik. wie man in England denkt, und hier zu muk gekagt werden, dak die Erwartung, Deutschland möge weitergehende Vorschläge machen, als es bisher getan habe, von Woche zu Woche wächst. Die Warnung des „Evc- ning Standard", dak Deutschland bei län- gerem Warten feine Freunde jn England ver lieren könnte, ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. Hierbei wird die Widerstandskraft Deutschlands im Ruhrgebiet in der letzten Zeit wieder pessimistisch beurteilt. Den An- lak dürfte der Sturz der Mark und vor allem die kommunistischen Unruhen in Mülheim bil den. Die deutschfeindlichen Blätter wie die „Daily Mail" kündigen deshalb wiederum den unmittelbaren Sieg Frankreichs an. Auch der „Daily Telegravh". besten Ton immer unfreundlicher V^d. schreibt, dak Deutschland den Kampf verloren habe. Natürlich wird solches tendenüöes Gerede Deutschland nicht entmutigen und es in der Fortsetzung des passiven Widerstandes nicht erlahmen lasten. Gerade wenn die hiesigen Blätter recht ha ben foflten. dak Lord Curions Rede „den Weg für sehr wichtige Entw'cklunaen bereitet" habe („Pall Mall Gazette"), ist das Fest bleiben im Ruhrgebiet nötiger denn je. Preffestimmen zur Rede Curzons. „Kreuzzeitung." „So bedeutungsvoll auch die Red« des englisch«!! Auhenministers ist, und wenn man sie auch als Anzeichen des zu nehmenden Interesses an der Lösung des Ruhr- Konflikts ansehen mutz, so sehen wir doch keine Möglichkeit, datz Deutschland jetzt einen präzisen Vorschlag mach', wo Frankreich und Belgien nicht daran denken, das Ruhrgebiet zu räumen, son dern vielmehr ihre Zwangsmaßnahmen noch ver schärfen." „Deutsche Tageszeitung" „Es ist immer das alte Lied. Fallen in den Ententeich,- über Deutschland, verlieren bei uns einige Politiker Deutschland, so verlieren bei uns einige Politiker regelmäßig die Fassung. Dabei verschlägt es ihnen wenig, ob das Handeln des betreffenden Landes W»ch wie vor ganz andere Ziele erkennen läßt." „Deutsche Allg. Zta.". Nur in einem Punkte wird die Situation scharf charakterisiert. Die Rede beweist, daß der „Daily Telegraph" Recht hatte, als er von dringenden Schritten Poincares in London berichtete, um die englische Regierung zu einem stärkeren Druck auf das Reich zu bewegen." Im übrigen betont das Blatt, daß di« Behauptung Breitscheids, auch die anderen Mächte lehnten di« Methode der Ab schätzung der deutschen Leistungsfähigkeit durch Sachverständige ab, gegenstandslos geworden sei. Das „Berl. Tage bl." rückt in den Bor- dergrund, daß bet aller Bedingtheit auch dieser neuen Formulierung der englischen Politik, schon in ihr selbst ein Fortschritt liege. Es bringt die Rede in direkten Zusammenhang mit dem Be such Loucheurs und bezeichnet sie als eine Auf- Klärung über den Bluff, der gerade in den aller letzten französisch^nglischen Kundgebungen über di« Stimmung des französischen Volkes so reich- lich enthalten ist. Das Blatt hebt jedoch auch di« groß« Schmierigkeiten «stur praktischen Lö sung des Konflikts hervor, die in dem Festhalten an dem unmöglichen Bierrig-Milliarden-Plane Bonar Laws und in der Eicherheitsftage liegen. „Bösst Zig." „Die Rede enthält gleich zeitig eine verbindlich« Bereiterklärung der fran zösischen und belgischen Regierung an Deutsch land zu Verhandlungen, di« ersichtlich im Namen d«r französischen und belgischen Regierung abge- geben ist, und den Ausgleichsversuch eines ge- schickten Vermittlers, der zu den Franzosen von der geschlossenen Widerstandskraft des deutschen Volkes und zu den Deutschen über die Notwen digkeit von Vorschlägen spricht, „um auf di« öffrntliche Meinung der EnteMeländer den Ein- druck zu machen, daß Deutschland bereit ist, nach Kräften seinen Verpflichtungen nachzukommen"." „Vorwärts". „Curzons Rede leitet die Aktion «in, die In einem neuen Abkommen ihren Abschluß finden muß. Niemand wird diesem Ab schluß mit einem Uebermaß von Optimismus ent- gegensehen, aber so viel kann von ihm gesagt werden: er wird in dem Maße definitiv sem, in dem er das Bedürfnis des französischen Staates nach Geld mit dem Bedürfnisse des deutschen Vol kes nach Freiheit vereinigen und ökonomische Mög- lichkeiten berücksichtigen wird, er wird in dem Maß« provisorisch sein, ln dem er das nicht tun wird." Line halbamtliche Stellungnahme. Berli«, 23. April. Halbamtlich wird mit- geteiv: Wie wir hör«, betrachtet bi« Neichsregie- nmq die Rede Lord Curzons als eine wichtige politische Tatsache, die die bisherige Sftvattv» utcht «nweseMkich beeinfluss« könnte. Die Reichs regierung Ist in Erwägungen darüber ei «getreten, welche Folgerungen sich daraus ergeb«. Eine neue Provokation. Esse«, 22. April. Die Fran-osen haben mn 11 Uhr vormittags auf dem Gebäude des Kohlensyndikats in Esten, der jetzigen französischen Kommandantur, di« französi sche Flagge in Gegenwart einer Kompagnie des Regiments 171 gehißt. Eilgllsch'franzSfischer Finanz abkommen. Paris. 22. April. Das framösische Fi nanzministerium teilt mit, daß zwischen der Bank von England und der Bank von Frank- reich ein Abkommen über di« Rückzahlung des der letzteren im April 1916 bewilligten Kredits von 60 Millionen Franks abgeschlos sen worden ist. Dje wesentliche Bestimmung des Abkommens sei dje Verteilung der Rück zahlungen. die normal Ende 1923 erfolgen sollten, auf 7 Jahre. Entstaatlichung -er preußischen Bergwerke. Berlin. 23. April. Dem preußischen Staatsrat ist vom preußischen Staatsmrniste- rium ein Gesetzentwurf betr. Uebertragung der Verwaltung und Ausbeutung des staat lichen Bergwerksbesitzes an eine Gesellschaft mtt beschränkter Haftung zur gutachtlichen Aeuhervny vorgelegt worden. Gs bandest sich dabei um eine gesetzgeberische Aktion, di« «benso nach der finanziellen und wirt schaftlichen wie nach der sozialpolitischen Seite von großer Bedeutung ist. Der Bergwerks besitz des preußischen Staates ist außerordent lich umfangreich. Er umfaßt di« Steinkohlen bergwerke der Direktionen Hindenburg und Recklinghausen mtt einer Belegschaft von 45 000 Mann und einer Fördermenge von 9 Millionen Tonnen im Jahre 1921. Dazu kommen weiter drei Braunkohlenbergwerke, drei Lalisalzbergwerke, fünf Salinen, Er> bergwerke und Hütten kn Dillenburg, Tar- nomitz, Gleiwitz und im Oberharz, die Bern- steinwerke in Königsberg und die Kalkstein brüche in Rüdersdorf. Alle diese dem preu ßischen Staat -ustebenden Gerechtsame und Berechtigungen, die bisb«r der Bergabteilung des Ministeriums für Handel und Gewerbe unterstanden, sollen auf die Daiter von 100 Jahren einer Geselkichaft mit beschränkter Haftung, der „Preußischen Bergwerks- und Hüttengeselkschaft", zur Verwaltung und Ausbeutung übertragen werden. Die Berg werks- und Hüttengeselkschaft soll dann ihrer- setts die Verwaltung und Ausbeutung der Betriebe, Gerechtsame und Berechtigungen einzeln oder gruppenweise an Einzelgesell- schast«n werter übertragen. Rur an dem Ver hältnis d«r Aktiengesellschaft Hibernia zum Staat«, in dessen Belitz fast sämtliche Aktien sind, soll zunächst nichts geändert werden, weil sie schon in sich ein gut fundiertes Unter nehmen ist und die Uebergangsarbeiten schon hinsichtlich der übrigen Werke Schwierigkeiten in großem Maße mit sich bringen werden. Im allgemeinen wird durch den Vorschlag der preußischen Regierung ein gemischtwirt- schastliches Unternehmen geschaffen, das in der Begründung der Vorlage näher als ein „pachtähnliches Gebilde" bezeichnet wird. Die Neugestaltung ist so gedacht, daß der Verwalter die staatlichen Betriebe für eigene Rechnung mtt der Verpflichtung übernimmt, die ihm durch deren Ausbeutung zufließen den Mittel zur Aufrechterhaltung der Be triebe, sowie zu Neuerwerbungen und Ab schreibungen zu verwenden, sodaß der Staat der Sorge hierfür enthoben wü^de. Die erforderlichen Mittel zur Durchfühnmg fei ner Aufgaben soffen dem Verwalter vom Staate zur Verfügung gestellt werden, und zwar neben der festen Summe für die Ueber- nahme der Geschäftsanteile in Höhe von 2 Milliarden durch einen Bctriebskostenvor- schuh. Der Zweck der Umstellung ist natür lich, aus dem staatlichen Bergwerksbesitz grö ßere Ueberschüsse als bisher herauszuholen. Aber es ist doch für den Umschwung der Meinungen bezeichnend, daß Preußen so ent- schloffen mtt der Entstaatlichung der Berg werke, die noch kürzlich als die vornehmsten Sozialisierungsobjekte galten, vorge^en will. Wichtige Ereignisse. Poincare erklärte in einer vorgestern ün Maasgebiet gehaltenen Rede, ein deuttlst«- Angebot von 3t> Milliarden Mark sei niemals erfolgt. * Jn England hält man die Siede EurzonS als einen Angelpunkt für die Haltung Deutsch, lands in der Ruhrfrage. * Tie Spitzcngewerkschasten sind beim Reichs kanzler vorstellig geworden, um scharfe Matz- nahmen gegen die Preistreiberei zn verlange». _s Französische Kritik. Pari-, LI. April. Fünf französische Mur- geoblätter äußern sich m widersprechendem Sinn« zu den gestrigen Ausführungen von Lvrd Curzon im englischen Oberhause. Das „Oeuvre" fordert die Vorlage französischer Anträge wegen d«« Sich«, rungsoertragr». Perttnax im „Echo de Par!»" lohnt die Ausführungen de» rngl 'chen Staat»« sekretär» für Aeußeres in der ichursstrn Weise cktt. Hauptsache sei, nu bestimmen, ob Deutschland d«n Willen -um Zahlen habe, und gefragt müsse wer den wie man Deutschland verpflichten «inne -atzten, was e» schuld«. Dem, e» stehe fest, düst - Deutschland nur unter dem Zwang und Druck solche Zahlungen vollbringen wepd«. Infolge dessen müsse das Ruhrgebiet besetzt bleiben, di» dts Reparationen vollständig bezahlt seien. Erst wenck dieser Grundsatz auch von England anerkannt setz könnte über die Reparattonsfumme eine Erörst« rung stattfinden. In vollem SegensLtz zu den Ausführungen des „Scho de Paris' sind die de« .Gouloi»' gehalten, der der Rebe Lord Surzon» begeistert -»stimmt; und aus dem Satze, daß England in den große» Umrissen sein« Ianuarvorschlöge in der Repm» tiansfrage aufrechterhalte, in die aber gswisfe Atz» änberuugen ausgenommen werben konnten, den Schluß zieht, daß die französische Politik ge-t genüber Deutschland nunmehr gerechtfertigt sei. Gustav Herve, der alle Uederzeugung, die « vor dem Kriege verfochten hatte, preisgob und mit fliegenden Fahnen in das nationalistische Lage« überging, regt sich in der „Lictoire" darüber auf; daß Lord Curzon von Frankreich und von Deutsch» land als von «vei Parteien tm Ruhrkamps ge sprochen habe. Das solle ein« Erniedrigung Frank reichs bedeuten. Er lehnt ferner die Forde in mg nach Einsetzung eine« internationalen Schieds gericht» ab, welches di« Zahlungsfähigkeit Deutsch lands festsetzen soll. Ein solche» Schiedsgericht fei die Reparationskommiflion, die bereit« eine Ä» samtsumme von 132 Milliarden festgefetzt habe. Dagegen sieht der sozialistische „Populoire" iß der Rede Lord Curzons «ine diskrete Warnung ack Poinoare und Theunis, die besagen soll, datz Eng land in der Ruhrlnage ein« um so bedeutender« Rolle spielen wolle, als internattonal« Kretzttope- rationen, auf die man werd« zurinkgreisen müssen, ohne England und ohne die vereinigten Staate» nicht gelingen könnten. Gegen die Ausweisung Hatzseldt». Berlin, 22. April. Den Regierungen! in Paris, London unö Brüssel ist folgens« Note übergeben worden: „Die Interalliierte Rheinlandkommts- sion hat dem RctchSkommissar für bie be setzten rheinischen Gebiete Fürsten von Hatzfeldt-Wil-enburg am 17. April mtt^ geteilt, daß die Beibehaltung eines Netchskommissars in dem besetzten Ge« biete ihre eigene Autorität und die Durchführung ihrer Verordnungen ve^ einträchtige, nnd daß infolgedessen seine Mission als beendet betrachtet werden müsse. Infolge der von der Interalliier ten Rheinlandkommission in den letzten Monaten im besetzten Rheinlande ae^ troffenen Maßnahmen herrscht dort ein System völliger Willkür. Der gegenwär tige Zustand ist das Gegenteil der Rechts ordnung, die das Nheinlandabkommen für die friedliche Besetzung vorgesehen hatte. Tausende von rheinischen Män nern sind mit ihren Familien ans ikmer Heimat vertrieben, ja zum Teil von einer Stunde zur anderen obdachlos ans dir Straße gesetzt worden. Nicht minder