Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebentel)« und die Umgegenden. Mmtsötatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^7 78. Dienstag, den 28. September 1868. Tag eszeschich te. Wilsdruff, am 27. September 1869. Wenn in No. 74 d. Bl. in dem Aufsatze „über Kirchweihfeste und dereu Entstehung" am Schluffe von Unzuträglichkcitcn gesprochen vird, die hie und da vorkommen, so ist eine solche Rüge gewiß am Platze. Speciell in Beziehung auf Wilsdruff könnte man erwähnen, daß unter den Würfelbuden auf der Wiese auch solche sind, wo unter den Gewinnen auch mit Schnaps gefüllte Fläschchen sich befinden, was n sich nichts Unrechtes ist, aber insofern zu tadeln, daß dergleichen ruck an Kinder verabfolgt werden. Ist jedes geistige Getränk für Kinder allemal Gift, wie es ja genug Beispiele von Krankheiten und selbst Todesfällen giebt, die dadurch herbeigeführt wurden, so ist außerdem ganz besonders zu bedenken, daß dadurch nicht blos leib lich, sondern, was weit schlimmer ist, moralisch geschadet wird, »»dem manches Kind, das sonst nicht daran gedacht hätte, einen Ge- stuß kennen lernt, der es zur Wiederholung reizt und so den Grund zu späterem Unglück und Verderben legen kann. Ebenso dürfte auch den in auffallender Kleidung auf Tischen stehenden Ausrufern bei Anpreisung ihrer Waaren größere Vorsicht in ihren Ausdrücken zu empfehlen sein. Kinder sind an sich schon immer geneigt, lieber das Böse und Schädliche nachzuahmen und zu suchen, da darf ihnen nicht nock Gelegenheit und Anreizung dazu geböte» werden. Möchte dies Jeder, dem das Wohl der Heranwachsenden Jugend und damit zugleich der Menschheit überhaupt am Herzen liegt, doch ja bedenken md statt Aergerniß bereiten, lieber unterdrücken helfen! (Luc. 17, 1.) Eine Verordnung des Justizministeriums weist die Stadträthe lind Gemeindevorstände des Landes an, die Urlisten der zum Amt eines Geschworenen Befähigten zu revidiren und im nächsten Monat 14 Tage zu Jedermanns Einsicht öffentlich auSzulegcn. Bei Einreich ung der Listen ist genau anzugeben, an welchem und bis zu welchem Tage sie ausgelcgt worden sind. Vom 1. October dieses Jahres an tritt in Meißen eine Han delsschule ins Leben, zu deren Besuch die Handlungslehrliuge sich verbinden müssen. Die Sladlschule gewährt die Lvcalität und die Commun giebt einen jährlichen Beitrag zur Besoldung des Lehrers. Dresden, 23. September. Wie das „Dr. I." meldet, war das abgebrannte Hoslheater bei derMagdeburgfichen Gesellschaft ver sichert und zwar im Ganzen mit 150,000 Thlr., nämlich 120,000 Thlr. für die verbrennbaren Theile des Hauses und 30,000 Thlr. für die in demselben befindlichen mobilen Gegenstände. — Stadtrath nnd Stadtverordnete haben der Gcneraldircction die unentgeltliche Ueberlaffung des Gewandhauses (jetzt zweites Theater) vom 1. Januar 1870 ab, wo Director Nesmüller dicfclben zu räumen hat, zur Be nutzung sür die Zwecke des k. Hoftbeaters angeboten. In einer amtlichen Mittbeilung des Dr. I. wird der Gesammt- verlust, der durch den Brand des k. Hoflheaters in Dresden ent standen ist, auf eine Million Thaler veranschlagt. Der Verlust der Requisitensammlung und der Rüstkammer sei wegen der darin ent haltenen Originalstücke geradezu unersetzbar. Nach königlicher Einschließung sollen, wie die Dr. N. berichten, die Mitglieder des Hoftheaters ihren vollen Gehalt fortbczichen und sämmtlich vorläufig 2 Monate Urlaub erhalten. Die „Dr. N." berichten: Als Se. Majestät der König, von Pill- .itz herbeigeeilt, in Dresden zum ersten Male den Anblick des bren- renden Theaters vor Augen hatte, rief er aus: „Welch entsetzliches cknglück." Dann setzte er hinzu: „Sind Menschenleben zu beklagen?" Als diese Frage glücklicherweise verneint werden konnte, sprach er-. „Gott sei Dank, das ist die Hauptsache! DaS Uebrige müssen wir zu tragen suchen." Dieser schöne Zug eines hartgcprüftcn königlichen Herzens, den wir einer glaubwürdigen Mittheilung verdanken, ent spricht so ganz der Denkungsweise iinseres königlichen Herrn. Hinsichtlich des Theaterbrandes sagen die „Dr. N.": Man frage sich, wie es möglich gewesen, im Hoslheater selbst und gar in einem Raume, der eine Masse brennbare, leicht Feuer fangende Utensilien barg, eine solche Procedur vorzunehmen, mit welcher die beiden Be- leuchtungsgehülfeu beauftragt waren. ES muß dies um so mehr auf fallen, wenn man bedenkt, daß jene Räume durchweg in steter Wärme liegen, denn einerseits lagert bei sonnigem Wetter auf dem Dache des Theaters den ganzen Tag die glühendste Hitze bis zum Abend, andrerseits thut Abends auch das Flammenmeer des großen Kron leuchters das Seinige von unten herauf, so daß die Räume unter dem Dache gewiß ganz ausgelrocknet und dürr sind. Wir wissen aus früheren Fällen, wie leicht das Benzon entzündbar und im Stande ist, Alles sofort in Brand und Flammen zu setzen, und doch wagte man es, in solch gefährlichem Raume damit zu arbeiten? Wir können nicht glauben, daß Sparsamkeit dabei zu Grunde liege, das wäre verfehlte Speculativn, wie die Katastrophe bewiesen. Es wäre aber auch deshalb gewagt, den Beleuchtungsgehilfen alle Schuld aufzubür den, es ist Sache ihres Vorgesetzten gewesen, ihnen einen passern- den, weniger gefährlichen Platz für diese Arbeit anzuweisen. Das Adreßbuch neuut „zur Aufsichtsführung über Feuerlöschgeräthschaften und als Feuerwache" einen Hofröhrmeister, zwei Ober- und neun Un- terfeuerwüchter. Als Beleuchtungsoberaufseher sungirt ein von Berlin hierher berufener Beamter, Namens Fahrenwaldt. Wir sind begie rig, zu erfahren, auf wessen Anordnung nun die Benzon- und Gum- mischläuche überm Plafond des k. Hoftheaters angefertigt wurden. Die Dr. N. sagen in ihrer letzten Wochenschau: Uns gute Sach sen muß der liebe Gott doch recht lieb haben, daß er uns eine Prü fung über die andere schickt, oder will er uns, so zu sagen, mit der Nase drauf drücken, daß wir künftig in vielen Dingen vorsichtiger werden? Allerdings, durch Schaden ^wird der Menfch klug. Oder werden wir vielleicht dafür gezüchtigt, weil wir uns bereits für zu klug hielten? Wie oft ließen wir uns von den schönen Worten einlullen, daß in Sachsen Alles vortrefflich und daselbst nichts zu Wünschen übrig bleibe! Mit Schrecken sind wir aus diesem Traume aufgeweckt worden. Namentlich spielt das Feuer in unserem Sach sen in neuester Zeit eine ganz schauderöse Nolle, so daß die atme Brandkasse Blut schwitzen und Zeder Mordjo schreien möchte. Im Jahre 1868 haben 214 Brände mehr als im Vorjahre stattgefunden und sind in Folge von zusammen 604 Bränden, die sich namentlich auf Spinnfabriken und andere gewerbliche Etablissements erstrecken, für Städte 390,969 Thaler, für Dörfer 1,174,430 Thaler, zusam men 1,565,399 Thaler zu vergüten gewesen. Als ob Vulkan mit dieser ungemein großen Anzahl von Bränden noch nicht zufrieden gewesen, brannte er schließlich auch noch unser schönes Hoslheater an. Doch nein, daß wir dem Gott nicht Unrecht thun; nicht er, sondern die menschliche gewissenlose Fahrlässigkeit trügt die verdammungs- werthe Schuld an dem großen Unglück; eine gewissenlose Fahrlässig keit, wie sic in solcher Boruirtheit wohl kaum jemals dagewesen. In Dresden ist am 22. d. M., Nacbts, wie das „Dr. I." be richtet, ein Schuhmachergeselle aus Böhmen von der AugustuSbrücke in die Elbe gesprungen, um sich aus Furcht, daß er zum Militair ausgehoben werde, zu entleiben. Derselbe wurde jedoch auf von ihm erfolgten Hilferuf in der Nähe von Helbigs Restauration wieder dem Strome entrissen und ins StadtkraukenhauS gebracht. Die Summen der eingcgangcncu Unterstützungen für die hinter lassenen Bergarbeiterfamilien im Plauenschen-Grunde beläuft sich ge genwärtig bereits über 300,000 Thaler. Aus dem Plauenschen Grunde. Auf dem Rittergute Pe sterwitz, wo mehrere Maurer mit der Reparatur eines Gebäudes be- fchäftigt waren, ist am 22. September Nachmittag einer derselben beim Zusammcnbrechen des Baugerüstes erschlagen worden, während ein anderer nur einige nicht gefährliche Verletzungen erhielt. Das Unglück scheinen die Maurer durch Ucberladen des Gerüstes mit gro ßen Steinen selbst verschuldet zu haben, was als Mahnung zur Vor sicht uicht unerwähnt bleiben mag. Aus dem Vvigtlande, 17. 'September. Die am .12. Sep tember abgebrannte Kirche zu Schwand bei Plauen ist eine interes sante Ruine geworden. Die Wände sind stehen geblieben, aber durch die Gluth abgeblättert, und so sind die alten, wahrscheinlich aus der katholischen Vorzeit herrührcnden Wandgemälde zum Vorschein gekommen, die freilich, in Ermanglung von Künstlern an Ort und Stelle, nicht eine solche Würdigung und Restauration erfahren wer det», wie die neuerlich im ehemaligen Pauliner-Klofter zu Leipzig