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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration« Preis 22j Sgr. (j Thlr.) vierteljährlich, Z Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er Höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man vrönumerirt auf diese» Beiblatt der Allg. Pr. Staals- Zeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande de! den Wobllöbl. Posi-Aemtern. Literatur des Auslandes. Berlin, Freitag den 28. April 18S9. Aegypten. Aegypten und Mehmed Ali.') Der Amerikanische Reisende Stephen«, der kürzlich eine Reise im westlichen Oriem gemachl und eine sehr interessante Schilderung derselben herausgegeben hat"), suchte und erlangte auch, als er in Aegypieu war, eine Zusammenkunft mit dein Pascha, den seine Geschichte, seine Pläne und sein Verwal tungs-System zu einem Gegenstände allgemeiner Aufmerksamkeit gemacht haben. „Wir standen", erzählt der Verfasser, „auf dem Balkon, als ein Janilschar uns meldete, daß der Pascha uns empfangen würde, oder, in anderen Worten, daß wir zu dem Pascha kommen müßten. Das Audienz-Zimmer war ein sehr große» Gemach mit hohem Täfelwerk, mit Arabesken an der Wand und einem ring«- herumlaufenden Divan. Der Pascha saß an einem äußersten Ende und komue Jede», der ihm nahte, genau bewachten. Auch ich haue diesen Vortheil, und indem ich an ihn heramral, sah ich etilen Mann von ungefähr fünfundsechzig Jahren mit einem langen weißen Bart, starken Zügen von euvas gemeinem Ge präge, einer kurzen Rase, rochem Gesicht und grober Haut, mit einem außerordentlich feinen, schwarzen Ange, m dem eine Welt von Entschlossenheit und Energie ausgedrückt lag. Er trug einen großen Turban und ein langes seidebe» Gewand und rauchie eine lange Pfeife mit einem Mundstück von Bernstein. Im Ganzen sah er viel mehr wie ein Türke aus, als sein nomineller Herr, der Sultan." Herr Stephens war mit seinem eigenen Benehmen bei dieser Zusammenkunft ganz zufrieden; er gesteh« selbst ein, wie sehr er sich „über die Art freute, in der er zum ersten Male den Höf ling spielte." Die persönlichen Komplimente, die er dem Pascha machte, über das Interesse, das er in der Welt erregt, über die Erleichterung des Reisens in seinem Lande und über seine treff liche Polizei, fanden ein empfängliches Ohr; aber Amerika mit . der Geschwindigkeit seiner Oampsbovle, seinen großartigen Ralur- verhälmissen und seinem wunberbaren Fortschritt in Allem, was dem Menschen das Leben beauemer macht, war für den Pascha ein Gegenstand, der weit über seinen gewöhnlichen Gedanken- und Beobachiungskreis hinauslag; daher wundern wir uns nicht, daß „er,nicht» sagte und forirauchte." Doch glauben wir auch, daß der Verfasser Mehmed Ali s Unglauben überschätzt oder seine eigene Ueberzeugungskraf« zu gering anschlägt, weun er mein«, der Pascha habe, wen» er ie wieder an ihn gedacht, sich seiner al» „des lügnerischen Amerikaners" erinnert. Uebrigen» darf e» nicht gerade der Türkischen Unwissenheit zur Last gelegt werden, wenn man den Berichten über den Zustand und die Fortschritte unseres Landes so wenig Glauben schenkt. Dieser Unglaube ist in ganz Europa gewöhnlich, und da» bei Leuten, die sonst gut unterrichtet sind, und über Gegenstände, mit denen jeder Bürger der Vereinigten Staaten vertraut ist. Selbst in Pari» und Lon- odn überraschte uns nicht bloß die grobe Unwissenheit, die in dieser Hinsicht herrsch«, sondern auch die Hartnäckigkeit des Un glauben», womit man Dinge aufnimmt, die jedem Amerikaner bekannt sind. E» freut uu», de« folgenden Tribut der Gerechtigkeit nieder- zuschreiben und unser eigene» Zeugniß für die Wahrheit desselben beizufägen- „Er (der Pascha nämlichs kanmr Amerika durch einen Umstand, der, wie ich später fand, außerordentlich dazu beigetragen, dem Osten eine gute Meinung von un» zu geben; da» war der Besuch de» Kommodore Patterson auf dein „Dela ware". Dieser Mann hat in den von ihm besuchten Ländern des Mittelmeer« einen beneidenswerihen Ruf hinterlassen. Wir sind ihm auf seinem Wege nachgegangen und haben überall nur Eitien Bericht von seiner Gastfreundschaft, seiner Urbaniiäl und seinem musterhaften Benehmen gehört. Sein prächtige» Schiff . wwerwxelbendeu ««tickten, »>e ne» lmmw über den Pascha «nt»eit«t «erden, können Auftl-Nunzen »ornntzeilesreter «el IÄ ""Interesse seyn Die nacktiebende DartteUuiig ha« da« snr von einem Amerikaner eulworwn, s«n eine« «nde -»bensatut den Pascha kennen «elernt, genau kpntrdllirt den Artikel nach dem nenegen Hefte der «»rti>-ch»<nS«»«. ") I-oülav» 's Pr«»«t i. ^.dt, >e cd« s.ix I..°a war ein stolzes Lremplar von der trefflichen Marine seines Va terlandes, und das Betragen seiner Offiziere und Mannschaft erhöhte den günstigen Eindruck, den cs an sich hervorbrachte. Mehmed Ali ist einer der merkwürdigsten Männer dieser Epoche, die an geistigen Wundern so reich ist. Um ihn reckt zu würdigen, sollte er nach Türkischem, nicht nach christlichem Maß stab bcuriheilt werden; nach den Ansichten und dem sittlichen Zu stande der Länder, welche die Dogmen des Arabischen Propheten angenommen haben und wo das Menschenleben wenig Weith Hai, und »ich, nach den reineren, aufgeklärteren Ideen des Ehrisieulhums. Die Geschichte dieses eigenthümlichen Mannes ist bekannt. Ec befand sich anfangs in den niedrigsten Lebenskreisen und ward »ach und nach ein Steuer-Einnehmer, ein Gendarm und ein Soldat. Ein verständiger christlicher Beamter erzählte uns, daß eine Zeil gewesen, wo der Pascha bei seinem Vater in Dienst gestanden, und daß in späteren Jahren, als das Glück den Einen zum höchsten Gipfel der Macht erhoben, den Anderen durch einen jener Wechselfälle niedergedrückt, denen Handels-Etablisse ment» ausgesetzt sind, die frühere Verpflichtung vergessen war und der Kaufmann sich vergebens an den Fürsten um Hülfe wandte. Nachdem Mehmed Ali ein untergeordnetes militairisches Kommando erhalten, nahm er Theil an der Türkischen Expedition gegen die Franzosen in Aegypten. Seine allmälige Beförderung und endliche Erhebung ist Allen bekannt und steht zu sehr im Einklang mit orientalischen Sine», um Erstaunen zu erregen. Die Wunder von Aladdin's Lampe, wie sie in einer der schönsten Dichtungen der Arabische» Phantasie erzählt werden, verwirk lichen sich fast am Hofe des Sultans und seiner hohen Reprä sentanten mii drei Roßfchweifen, die über die großen Paschalikr regieren, in welche oa» Türkische Reich geiheilt ist. Ein großer Theil von den muselmännischen Magnaten wird in der Sklaverei erzogen, und nicht Wenige von ihnen, die früh Morgens bei», Erwachen das Eigemhum eines Herrn waren und die niedrigen Dienste ihre» Stander verrichteten, fanden sich am Abend beim Schlafengehen mit der höchsten Regiekungs-Gewalt bekleidet. Generale, Admirale, Minister werden durch diesen Zauber ge schaffen, und wenn Rarse« wenige Nachfolger in Talent und Ruhi» Hane, so waren doch Viele, die ihm durch jenes sclisame Spiel de» Glücks gleichgestellt wurden, das, wie zum Hohn menschlicher Größe, Wesen, die von der Gesellschafl ganz ausge schlossen scheinen, zum höchsten Rang erhebt. Kein Wunder, daß die Türkischen Waffen so unglücklich sind, wenn Mensche» an ihrer Spitze stehe», die, ohne Erziehung und Erfahrung, die Jnlnguen eines Serais mit dem Kommando von Flotten und Armeen vertauschen. Doch der Aegyplische Pascha ist einen anderen Weg gegan gen. Er verdankt seine Beförderung sich selbst, jenen großen Eigenschaften der Seele und de« Körpers, die, von den Umstän den begünstigt, fähig machen, die Ereignisse zu beherrschen oder im Bunde mit ihnen zu wirken. Herr Stephen» hat einige von den Vorfällen au» dem Leben und der Regierung de« Pascha'« zusammengestelll, giebt aber kein allgemeines Bild von seinem Charakter, sondern begnügt sich zu letzt mit den Worten: „Ls bleibt zu untersuchen, ob er im Gan zen nicht mehr Böse« als Gute« gestiftet, und ob nicht der jäm merliche Zustand seiner unlerdrückien Umenhanen alle» Gute, da» er für Aegypten geihan Hal, in Schallen stellt." Was unser Verfasser nur zweifelnd angedeuie« Hal, nehmen wir uns die Freiheil, ohne Vorbehalt zu behaupten. Wir er kennen die nützlichen Eigenschaften Mehmed Ali'« an und über lassen es Anderen, ihm die grausamen und treulosen Handlungen, die er begangen, besonder» den Mord der Mameluken-Bey'«, durch welchen sein Vice-Königlicher Thron errichte« und gesichert wurde, vorzuwerfen. Er ist ein Türke, den man moralisch nicht nach Prinzipien unserer Sittenlehre beurtheilen darf. Wir fanden den Pascha in einem Landhause, das einem sei ner Schwiegersöhne gehört, an den Ufern de« Kanals, wohin ihn die Hitze der Jahreszeit geirieben. Er war in einem großen Zimmer de« zweiten Stock», an dessen einem Ende ein Türkischer Divan war. Da« Zimmer war rein und gut gelüste«, aber ohne Glanz und fast ohne Möbel. Wir fanden ihn zuvorkommender, al« er bei dem Besuch de« Herrn Slephen« war; wahrscheinlich nach Abernerhy'» Doktrin, weil sein Magen in besserer Ordnung