Volltext Seite (XML)
VoiglliinWer Anzeiger. Amtsblatt für das Köiiigliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. DreilMsiebmzigfler Fahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht iu Plaue». Diele- Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstag-, Mittwochs, Donnerstag» und Sonnabend». Jährlicher Abonuemeut»prei», welcher pmillomo- ranäo zu entrlch.en ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Tblr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehen, werden in die Tan» darauf eychemeude Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Eorpu»-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen iu Pausa lei Herrn Bürgermeister Lehmann, in Elsterberg bei Herrn E. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Lhauffeegelder-Liunehmer Holzmüller. Sonnabend. 8A, 10. Mai 1862. Täuscht nicht Alles, so sind unten in Italien Dinge im Werke, die den Rest des Kirchenstaates mit Rom in die Hände der Italiener bringen. Louis Napoleon hat sich zeither viele Mühe gegeben, mit Oesterreich aus guten Fuß zu kommen, will auch mit diesem, wie mit Preußen und dem Zollverein, einen Handelsvertrag abschließeu, und wie ihm das Erstere, das Setzen in ein gutes Einvernehmen, gelungen ist, wird ihm wohl auch das Zweite, der Abschluß eines Handelsvertrags, nicht fehlschlagen. Der größte Stein des Anstoßes zwischen Wien und Paris waren bisher die Händel und Zustände in Italien. Louis Napoleon und die Italiener trauten bisher Oesterreich nicht und fürchteten fort während, dieses wolle und werde heute lieber, als morgen mit seinen Heeren aus Venetien Hervorbrechen, um in Italien Alles wieder auf den alten Fuß vor 1859 zu bringen, zumal Benedek mit der österreichisch-italienischen Armee schlaglustig und schlagfertig zwischen dem Festungsvierecke stand. Auf der an dern Seite traute Oesterreich den Italienern und Louis Napoleon nicht, weil eS fürchtete, in Venetien oder an den Küsten der Adria angegriffen zu werden, zumal Garibaldi in Rede und Schrift fast jeden Tag darauf hinwies, über haupt in ganz Italien der Kampf um Venetien als nahe bevorstehend gewünscht und ausposaunt wurde. Gegenwärtig haben sich nun Oesterreich und Frank reich für die nächste Zukunft über Italien verständigt. Oesterreich hat ver-* sprechen, weder in Italien anzugreifen, noch die Wiederherstellung der früheren Fürsten und dortigen Zustände mit Gewalt zu betreiben, aber alle seine Rechte sich verwahrt und Vorbehalten, die sich ihm aus dem Züricher Frieden ergeben. Frankreich hat sich mit dieser Verwahrung einverstanden erklärt, halb und halb und gewissermaßen auch versprochen, sich an die Verpflichtungen in Zürich zu halten (nach diesen sollten die vertriebenen italienischen Herzoge wieder in ihre Länder eingesetzt werden), was aber den Kirchenstaat und Neapel angeht, sich nur verbindlich gemacht, den Piemontesen in der Behauptung dieser Länder nicht thätlich helfen zu wollen. Auf dieses Übereinkommen hin sind in Oester reich und Frankreich die Armeen vermindert worden. Aufrichtig gestanden geben wir auf diese verklausulirte und „gewissermaßen" eingegangene Verpflichtung Frankreichs, auf den Züricher Frieden und seine Be stimmungen zu halten, nichts. Der Züricher Friede steht seit drei Jahren auf dem Papier und eben so lang besitzen die Piemontesen die italienischen Herzog tümer. Oesterreich hat wohl die Form, das geschriebene Recht, wie seit drei Jahren, für sich, dieses ändert aber an den Thatsachen nichts, so lange Oester reich nicht Gewalt braucht, was es nicht kann und will. So werden die Pie montesen allmählich Herren über die Banden in Neapel und befestigen ihre Herrschaft in ganz Italien immer mehr. In Rom ist man über dieses neue Uebereinkommen mit Frankreich auf Oesterreich nicht gut zu sprechen. Dort hätte man gewünscht, Oesterreich hätte noch einmal losgeschlagen, namentlich auch um des Kirchenstaates willen. Aber Oesterreich hat gegenwärtig nothwen digere und nützlichere Dinge zu thun. Die Piemontesen sind nun gegen einen Angriff am Po gedeckt und können ihre ganze Macht nach Neapel werfen, ha ben bereits auch 40,000 Mann frische Truppen dahin abgesendet. Rechnen wir nun hinzu, was sonst noch berichtet wird, so scheint es uns, daß die „römische Frage" ihrer Lösung aufs Neue kräftiger entgegengeführt werden dürste. General Goyon, der tiefste und gläubigste Verehrer und Vertreter der weltlichen Papstherrschast, wird abberufen. Vergebens, schreiben die Zeitungen, haben seine Frau mit der Kaiserin Eugenie Alle- aufgeboten, daß er in Rom bleibe. Gerade dem General Goyon schreibt man aber die große Nachsicht gegen das Einbrechen bourbonischer Banden ins Neapolitanische auS dem Kir chenstaatsreste und eine zärtliche Begünstigung derselben, wenn sie zurückgewor fen werden, zu. England drängt, wie stets, den schwebenden Dingen da unten ein Ende zu machen. Louis Napoleon selbst wird um keinen Preis wünschen oder erfahren wollen, daß in seiner ersten Kammer das nächste Mal wieder solche Reden gehört werden und Austritte vorfallen, wie sie bei der Adreß- berathung in diesem Jahre vorkamen und Frankreich und die Welt aufregte». Darum dürfte er sich stark anlehnen, den Papst zur Nachgiebigkeit und zur Verzichtleistung auf den Kirchenstaatsrest zu bewegen. Wie dieß zu bewerkstelli gen sein dürfte, wissen wir freilich nicht. Möglich, daß der Papst lieber seiner Wege geht, als die Piemontesen mit oder ohne Rothhosen in das Erbtheil Petri und die Stadt Rom hineinläßt; aber immerhin nicht unmöglich, daß er sich endlich in sein Schicksal und in ein Abkommen ergiebt, wenn er sieht, daß Oesterreich, die einzige Macht, die ihm retten könnte, was er noch hat und wiederverschaffen, was er verloren, dazu keine Neigung hat. Rom zu verlas sen, ist immerhin ein bedenklicher Entschluß, vielleicht unter den zwei Uebeln — zu bleiben und sich darein zu ergeben, oder zu fliehen — das größte. Ein Papstthum ohne Rom ist noch zweifelhafter, als ein Italien ohne Rom. Die nächste Zukunft muß hierüber Aufschluß bringen. Zeitungen. PreuHen. Berlin, den 7. Mai. Soweit die bisher eingelau fenen Telegramme aus den Provinzen einen Ueberblick des Ausgangs der Ab geordnetenwahlen gestatten, gehören die durchgevrungenen Candidaten theils durch Wiederwahl, theils durch Neuwahl meist der Fortschrittspartei an. Die katho lische Fraction, wie die Grabowianer haben eingebüßt, die Strengconservativen mindestens nicht zugenommen. Von conftitutionellen Capacitäten fehlen unter Andern Vincke und Simson. Minister v. d. Heydt unterlag in seinem bis herigen Wahlkreise Elberfeld gegen Alfred Auerswald und Kühne. Von den jetzigen Ministern ist bisher keiner gewählt, von den abgetretenen nur Graf Schwerin. — Nachmittag 4 Uhr. Die bis jetzt noch eingetroffenen Telegramme bestätigen die gemeldeten Wahlresultate des Abgeordnetenhauses und melden die Wahl Vincke's und des früheren Ministers v. Patow. Baiern. München, 5. Mai. Die officielle „Baierische Zeitung" meldet, aus Paris sei ein. Telegramm in München eingetroffen, dem zufolge die französischen Truppen Befehl erhalten haben, Rom zu räumen. (?) Oesterreich. Aus Böhmen wird von mehreren Seiten über die enorme Fruchtbarkeit des heurigen Jahres berichtet. Sie bezieht sich nicht nur auf da- Pflanzenreich, sondern auch auf das Thierreich. An Kühen und Ziegen bemerke man, daß sie nicht selten Zwillinge und Drillinge werfen, eine Ziege im Dorfe Mullau warf sogar fünf Junge, alle Böcklein. Noch weit größer ist die Frucht barkeit im Pflanzenreich, besonders an den Obstbäumen. Auch ist der Schaden durch den am 12. v. M. eingetretenen Umschwung der Witterung äußerst ge ring. Wenn nur der 20. Theil von Blüthen Frucht ansetzt, giebt eS Obst in Fülle. Nur auf baldiges Viehfutter wird man verzichten müssen. Italien. Neapel, 29. April. Da man ernstliche Besorgnisse hegte, die Anwesenheit des König- möchte von der Bourbonischen Partei zu irgend einem Coup benutzt werden, so hatte die Polizei seit Wochen schon ihre Auf-