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eine dramatisch erregte, von lyrischen Episo den durchzogene Musik. Das Hauptthema des ersten Satzes ist eine Melodie von großartiger Schwungkraft über dem Vollklang einer in Trioien mit Quint- und Quart-Intervallen wogenden Begleitung. Die ses breit strömende Thema (mit der Vortrags bezeichnung narrante — erzählend) hat epi schen Charakter. Dagegen gibt sich das Sei tenthema, ausgeschmückt mit einem Gerank glitzernder Klavierpassagen, graziös und ka priziös. Es wird in komplizierter Weise abge wandelt. Eine starke dramatische Zuspitzung vollzieht sich im Durchführungsteil mit seiner grandiosen Klavierkadenz. Dunkle, drohende fctolken verdüstern die Landschaft. Im Schluß öl wird das epische Anfangsthema wieder aufgenommen. Der zweite Satz, ein wirbelndes Scherzo, stürmt in unaufhaltsamer, motorischer Bewe gung in der Art eines Perpetuum mobile vor über. Der dritte Satz ist ein unheimlich-phantasti sches Intermezzo mit grellen Orchestereffek ten, ebenfalls in gleichmäßiger Bewegung ge halten und ohne eigentlich melodische Ent faltung. Der kontrastreichste Satz ist das Finale mit einer Musik voll ungebändigter Urwüchsigkeit und überraschender Übergänge. Dem derben, von verzwickten Figurationen umspielten Hauptthema wird im lyrischen Mittelteil über schaukelnder Begleitung ein gemächlich träl lerndes Thema in der Intonation eines russi schen Volksliedes gegenübergestellt. Dieses volksliedhafte Thema wird mannigfaltig ab gewandelt. Mit dem wieder aufgenommenen ungestümen Hauptthema in der Reprise, in die auch das Seitenthema eingreift, wird der Finalsatz effektvoll abgeschlossen." Die 4. Sinfonie B-Dur op. 60 kom ponierte Ludwig van Beethoven im Jahre 1806 und brachte sie im März 1807 ne ben anderen eigenen Schöpfungen in Wien zur Uraufführung. Der Meister war zu jener Zeit — trotz der Enttäuschungen, die er mit seiner einzigen Oper, „Fidelio", eben erlebt hatte — „heiter, zu jedem Scherz aufgelegt, frohsinnig, munter, lebenslustig, witzig, nicht selten satirisch", wie uns sein Zeitgenosse Seyfried überlieferte. Seine auch nach Mißer folgen ungebrochene Schaffenskraft und jene geschilderte Stimmung haben sich in der „Vierten", die in relativ gedrängter Zeit ent stand, niedergeschlagen. Die Sinfonie weist durchweg eine inhaltliche Helle, eine heitere Atmosphäre auf, die von Haydn und Mozart gewiß nicht unbeeinflußt ist, obwohl Beetho ven auch in diesem Werk — nach der „Eroica" — eine ganz neue Stufe seiner Entwicklung erreicht hat, die sich etwa in der diffizilen Har monik und in der inhaltlichen Klarheit offen bart. Der Aufbau der 4. Sinfonie ist locker, fast improvisiert; sie strotzt vor musikalischen Einfällen, die den Eindruck optimistischer Le benshaltung erzeugen. Nur selten einmal werden Schatten beschworen, Hintergründe gesucht. Geheimnisvoll wirkt zunächst die Adagio-Ein leitung des ersten Satzes, aus deren ver- schwebend-erregenden Klängen sich plötzlich in frischem Allegro-vivace-Tempo das heiter bewegte Hauptthema mit seinem Triolenauf- takt herauslöst, das für den Satzablauf be stimmend wird. Dem reizvoll-beschwingten Spiel mit diesem Thema werden noch zwei Seitenthemen in F-Dur, durch Holzbläser vor geführt, beigegeben, die im Gefolge mit dem Hauptgedanken die urmusikalische Stimmung der Durchführung vorantreiben. Keine Kon fliktsituation kommt auf. Doch allmählich weicht die Turbulenz der Entwicklung einer Episode inniger Ruhe und Schönheit. Auf schwebenden H-Dur-Harmonien scheint die Bewegung zu Ende zu sein. Doch über einem sich steigernden Paukenwirbel fängt das Spiel mit dem Hauptthema noch einmal an und wird zu einem glanzvollen Schluß geführt. Der melodisch-empfindungsvolle langsame Satz, ein Adagio in Es-Dur, wird von zwei The men getragen. Dem Hauptthema, in den Vio linen erklingend, schließt sich ein schwärme rischer Seitengedanke in den Klarinetten an. Unbeschreiblich friedvoll, traumhaft, sphärisch rein mutet dieses Adagio mit seiner differen zierten Dynamik und der eigenartigen Instru mentation an. Der Einbruch des Leides in diese glückhafte Welt wird überwunden. Typischen Scherzocharakter besitzt der dritte Satz, Allegro vivace, mit seiner rhythmischen Ursprünglichkeit, der Derbheit seines Aus drucks. Das Trio verarbeitet eine verspielte Ländlerweise, die in den Holzbläsern ange stimmt wird. Lebenssprühend, wirblig gibt sich das Finale, Allegro ma non troppo, das, zwar in Mozart- schem und Haydnschem Geiste entworfen, doch in vielen Schroffheiten den typischen Beethoven erkennen läßt. Ruhelose Sechzehn telbewegungen charakterisieren das markante erste Thema, volksliedhafte Melodik das zweite. Welch ein Spiel mit Motiven, Stim mungen und Steigerungen! Welch meisterli cher Humor durchpulst diese Partitur! Man VORANKÜNDIGUNG: Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig achte auch auf die Überraschungen des Schlußteils mit seinen Orchesterklängen und Generalpausen. Mitreißend im wahrsten Wort sinn ist dieses Sinfonie-Finale. Freitag, den 18. Februar 1983, 2000 Uhr (Anrecht A 1) Sonnabend, den 19. Februar 1983, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden (Anrecht A 2) Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dipl.-Phil. Sabine Grosse 6. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Johannes Winkler Solist: Ralf-Carsten Brömsel, Dresden, Violine Werke von Herchet, Paganini und Tschaikowski Hinweis: Nach dem 6. Philharmonischen Konzert am 19. 2. 1983 findet ein Foyergespräch über die Urauf führung der Komposition von Jörg Herchet statt. Spielzeit 1982 83 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV, Prod.-Stätte Pirna 111-25-12 ItG 009-4-83 EVP —,25 M 5. PHILHARMONISCHES KONZERT 1982/83