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Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan ¬ stalten, Postboten, sowie Vie Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des BlatteS ein« sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauplmannschafi, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Irhne in Dippoldiswalde. Mit achtseltigem „Jllustrirten Unterhaltnngsblatt". Mit land« «nd hanSwirthschaftlicher Manatibellage. Nr. 65. Donnerstag, den 11. Juni 1896. 62. Jahrgang. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. In den letzten Tagen erfolgte die erstmalige, sowie auch die zu eite Impfung der betreffenden Kinder in ver Saalstube des hiestgen Rathhause«. Wenigen aber wird es bekannt sein, daß am 14. Mai sich 100 Jahre erfüllt haben, seit der englische Arzt Edward Jenner zum erstenmale einem Menschen die Kuhpocken einimpfte, auf deren Schutz kraft gegen die Menschenblattern er schon vor langen Jahren aufmerksam geworden war. Bald verbreitete sich diese großartige Erfindung über ganz Europa und bis nach Amerika. Schon 1799 wurde in London die erste Jmpfanstalt errichtet, in welcher noch in dem selben Jahre 6000 Menschen geimpft wurden. In demselben Jahre machte man damit auch in Deutsch land und im darauf folgenden Jahre in Sachsen und zwar in Leipzig die ersten Versuche. Den Segen der zwangweisen Impfung und Wiederimpfung, wie sie in Deutschland seit 1874 eingesührt ist, beweisen folgende Zahlen: In der Zeit von 1889—1893 erlagen in Deutschland auf 1 Million Einwohner im Durchschnitt kaum 3 Menschen, von der Gesammtbevölkerung 126, den Blattern. In den französischen Städten starben dagegen in derselben Zeit 147,6, in Belgien 252,9, in Oesterreich 313,3, in Rußland 836,4. Wäre bei uns die Blatternsterblichkeit ebenso groß wie in den genannten, nicht durch ein Jmpfgesetz geschützten Ländern, so hätte Deutschlano nicht 126, sondern 7321, 12584, 15 558 und endlich gar 41584 Menschen an den Blattern verloren. Vor Einführung der Kuhpocken impfung zählte Deutschland jährlich gegen 600000 Erkrankungen mit 75000 Todesfällen. — An Stelle des in den Ruhestand getretenen Herrn Aktuar Körner und des nach Freiberg versetzten Expedienten Herrn Krebs am hiestgen Amtsgerichte traten die Herren Graupner aus Dresden und Anders aus Leipzig, als Expedienten, außerdem noch Herr Grahl als Accessist ein, während Herr Hirsch an der Amtshauptmannschaft vom bisherigen Bezirksfeldwebel, Herrn Burger, abgelöst wurde. — Am vergangenen Freitag hielt Herr Musik direktor Jahn im Bahnhofshotel sein erstes diesjähriges Gartenconcert ab, und verspricht die gediegene Durch führung des Programms, daß auch die übrigen Sommer- concerte recht genußreiche, angenehme Abende bieten werden. ES steht darum auch zu hoffen, daß die Abonnementsliste zu diesen Veranstaltungen recht zahl reiche Unterschriften findet. — In der gegenwärtigen wonnevollen Frühlings zeit, da Gärten, Wiesen und Wälder sich uns zur Freude mit Blumen und Blüthen ausgeschmückt haben, muß der finnige Naturfreund oft mit 'Un willen bemerken, wie ganze Bündel von Blumen von Kinderhand abgepflückt und nach kurzem B-schauen achtlos weggeworfen und in den Staub der Straßen getreten werden. Wir möchten nicht so sehr den Kindern zürnen ob dieser gedankenlosen Zerstörungs arbeit, denn Kinder, zumal kleine, können sich erst dann recht über ein Ding freuen, wenn sie eS nicht bloß sehen, schmecken oder beriechen, sondern wenn sie eS vor allen Dingen mit den Händen fassen, begreifen und sich so nach ihrer Art einen Begriff von dem Dinge machen können. Daß sie die Blume, an der sie sich eben noch ergötzten, bald wieder wegwerfen, liegt zu meist in dem schnell wechselnden Interesse der Kinder seele, in der ein Bild das andere drängt. Aber die Mütter und Wärterinnen der Kinder möchten wir im wohlverstandenen Interesse ihrer pflegebefohlenen Kinder mit dem Dichterworte Rückerts mahmen: „Du darfst, so viel dir nur beliebt, von Blumen pflücken, Um dich nnd wen und was du willst zu schmücken. Dazu sind Blumen ja, von dir gepflückt zu sein, Sie laden selber dich dazu mit Nicken ein; Nur eines unterlaß ich nicht, dir einzuschärfen, Daß du nicht pflücken sollst, nur um es wegzuwerse»; Bedenk, der schöne Strauß des Frühlings blüht für dich, Doch, wenn du ihn nicht brauchst, so laß ihn blühn für sich." Gprchtritz. Unsere Gemeinde, die bisher mit Seifersdorf einen Echulverband bildete, wird voraus sichtlich im nächsten Jahre ein eigenes SchulhauS bauen. Die diesbezüglichen Unterhandlungen sind mit den zuständigen Behörden bereits im Gange. Dresden- Graf Waldersee, der kommandirende General des IX. Armeekorps, wird bei den diesjährigen Kaisermanövern führen. Er trifft nach der Beendigung der Manöver seines eigenen Armeekorps am 6. Sept, zu diesem Zwecke in Schlesien ein. Da Prinz Georg von Sachsen die Westarmee, das XII. König!. Sächs. Korps und die 8. Division führen dürfte, so wird dem Grafen Waldersee die Führung des V. und VI. Armee korps und ihrer Kavallerie-Division zufallen, weil so wohl der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, wie der General der Infanterie von Eeeckt jüngere Generale sinv wie Graf Waldersee. — Als Hauptgeschworener für die 3. dies jährige Schwurgerichtsperiode beim kgl. Landgericht Dresden wurde am 8. Juni Herr Stadtrath Herm. Emil Behr in Altenberg ausgeloost. — Das König!. Ministerium des Innern hat neuer dings eine anderweite Belehrung und Anweisung der Viehbesitzer über die beim Ausbruch der Maul- und Klauenseuche zu beobachtenden Maßregeln bearbeiten lassen und den zuständigen Behörden zur Nachachtung in Seuchenfällen zugehen lassen. Diese Belehrung wird vorkommenden Falles den Besitzern von Seuchen - gehöften ausgefolgt werden. — Nach dem soeben erschienenen Berichte der 13 Gewerbe- oder Fabrik-Inspektoren des Königreichs Sachsen auf das Jahr 1895 betrug die Zahl der am 1. Mai dieses Jahres 1895 in den Fabriken des Landes beschäftigten Arbeiter 420499 und zwar 280198 männliche und 140301 weibliche Arbeiter. Dem Alter nach waren eS 730 Kinder, 28968 jugend liche von 14 bis 16 Jahren, 96331 jugendliche von 16 bis 21 Jahren und der Rest erwachsene Arbeiter. Die Zunahme der Gesammtzahl beträgt 16489. Zu rückgegangen ist wiederum die Zahl der kindlichen und jugendlichen Arbeiter. Die höchste Zahl der Arbeiter beschäftigt die Textilindustrie mit 156849 Personen, dann folgt die Maschinenindustrie mit 48257 Arbeitern, die Industrie der Erden und Steine mit 32980 Ar beitern, Papier und Leder mit 24627 Arbeitern, Me tallverarbeitung mit 22499, Nahrungs- und Genuß mittel mit 21518, Holz- und Schnitzstoffe mit 20392 Arbeitern u. s. w. — Nach dem soeben fertiggestelllen Rechnungs- Abschluß über den Betrieb der König!. Sächsischen Etaatsbahnen auf das Jahr 1895 beträgt die Gesammt - Einnahme 99 782179,29 Mark gegen 93699195,79 Mark im Vorjahr (-s- 6082983,50 Mark), welcher eine Gesammt-Ausgabe von 65 622 823,76 Mark gegen 62153565,16 Mark im Vorjahr (-s- 3469258,60 Mark) gegenübersteht, sodaß sich einUeber- schuß von 34159355,53 Mark gegen 31545630,63 Mark im Vorjahre (-s- 2613724,90 Mark) ergiebt. Das mittlere Anlage-Kapital erreichte die Höhe von 756536879,72 Mark und verzinste sich mit 4,515 Prozent gegen 4,282 Proz. im Vorjahr. Unter den Einnahmen sind aufgesührt: Personen- und Gepäck- Verkehr mit 30530665,84 Mark, Güter-Verkehr mit 63853 941,50 Mark, Vergütung für Ueberlassung von Bahnanlage und für Leistungen Dritter mit 978152 Mark, Vergütung für Ueberlassung von Betriebsmitteln mit 2290 094,04 Mark, Erträge aus Veräußerungen mit 97 220,55 Mark, verschiedene sonstige Einnahmen mit 2032149,80 Mark. Unter den Ausgaben er scheinen folgende Positionen: Besoldungen und Gehalte der etatmäßigen Beamten 17207 248,37 Mark, andere persönliche Ausgaben 18607873,01 Mark, allgemeine Kosten 2 831059,09 Mark, Kosten der Unterhaltung der Bahnanlagen 6446 224,20 Mark, Kosten des Bahntransportes 10890252,64 Mark, Kosten der Erneuerung bestimmter Gegenstände 4989108,96 Mark, Kosten erheblicher Ergänzungen, Erweiterungen und Verbesserungen 850 964,72 Mark, Kosten der Benutzung fremder Bahnanlagen bez. Beamten 1388714,62 Mark, Kostender Benutzung fremder Betriebsmittel 2 411378,15 Mark. Von der Gesammt-AuSgabe entfällt durch» schnittlich auf jeden Kilometer Bahnlänge der Betrag von 23 629,81 Mark. Sämmtliche Ausgaben betragen 65,766 Proz. der Einnahme. AuS dem Erneu- erungSfondS sind im Jahre 1895 nach Abzug der Erlöse aufgewendet worden: für Oberbauwaterialien 2873109,80 Mark, für Transportmittel 1485761,23 Mark. Döhlen. Eme empörende Rohheit ließ sich am Sonntg Nachmittag auf der hiesigen Hauptstraße ein leider bis jetzt nicht ermittelter Mann zu Schulden kommen. Er brannte eine Cigarre an und hielt dann das brennende Streichholz an das Kleid eines 7—8- jährigen Mädchens. Sofort fingen das Mouffelin- kleidchen, sowie die Schürze des Kindes Feuer. Zum Glück sprangen jedoch einige Paffanten hinzu und drückten die Flammen aus. Dem Urheber war es inzwischen gelungen, zu flüchten. Das Kind, obwohl Kleid und Schürze fast zur Hälfte verbrannt waren, schien doch keine ernsten Verletzungen davongetragen zu haben. Schandau. Ueber den geplanten Bau einer Straßenbahn (mit Motorbetrieb) von hier nach den Wasserfällen und dem Hinteren Theile deS an Natur schönheiten so überaus reichen KirnitzschthaleS, von dem wir vor kurzem berichteten, daß er wahrscheinlich schon bald in Angriff genommen werden würde, wird jetzt dem „Pirn. Anz." milgetheilt, daß die Ausführung einer solchen Bahn, trotz der von dem Konsortium, das sich zu diesem Zwecke gebildet hat, bei hiesiger Stadtkaffe hinterlegten Kaution, noch im weitem Felde zu liegen scheint, da einerseits die hierzu erforderlichen praktischen Vorarbeiten, die immerhin einen ganz er heblichen Theil Zeit in Anspruch nehmen, bis jetzt nur auf dem Papier stehen, anderseits aber auch die Verhandlungen behufs Erwerbung von Areal mit dem Staatsfiskus und den anderen in Frage kommenden Grundstückseigenthümern noch zu gar keinem greifbaren Resultat geführt haben bez. noch garnicht eingeleitet sind. Die Errichtung der Bahn wird wohl noch, so sehr sie auch von den im Kirnitzschthale liegenden industriellen Etablissements und den angrenzenden Ort schaften erstrebt wird, mehrere Jahre auf sich warten lassen. Riesa. Der Rath der Stadt hatte seiner Zeit zum Kasernenbau den Betrag von 8000 M. gefordert, die Stadtverordneten setzten denselben jedoch auf 6500 Mk. herab und behielten sich bei Bedarf Nach- bewilligung vor. Es ist nun aber ein Kostenauf wand von 22000 M. entstanden. Darob entstand nun in der letzten Stadtverordnetenfitzung eine kurze aber erregte Debatte, an deren Schluffe eine auS 5 Stadt verordneten bestehende Kommission gewählt wurde, welcher die Ermittelung des oder der Schuldigen Vieser gewaltigen Ueberschreitung zu übertragen ist. Radeberg. Wieder ist von einem durch Schuß waffen herbeigeführten Unglücks fall zu berichten. Ein Ljähriger Knabe ging zufällig an einem hiesigen Fäcbereietabliff-ment vorüber, als der dort beschäftigte Maschinensührer E. einen Schuß aus einem Pistol abgab. Der Knabe wurde durch den Schuß derartig am Auge verletzt, daß sich seine sofortige Unterbringung in der Diakoniffenanstalt zu Dresden nöthig machte. Das Pistol wurde behördlicherseits konsiSzirt. Roßwein. Der bekannten Petition an den Bundesrath und Reichstag wegen deS 8-Uhr-Laden- schlusses sind weiter beigetreten die Gemerbevereine zu Oberlungwitz (105 Mitglieder) und Naunhof (60 Mit glieder). Bisher haben sich in Unterschreibung der erwähnten Petition vereinigt 61 Brudervereine mit rund 11200 Mitgliedern.