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Dresdner Journal : 07.11.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189011070
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18901107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18901107
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-11
- Tag 1890-11-07
-
Monat
1890-11
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 07.11.1890
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v S59. Freitag, den 7. November, abends. kür vrvLäea vrettsIzLbrliei, 2 >1 SO ?s., bei ckv» Liuserl. ckovttoüoo viert«1- gttrrUet» 8 kl.; »vsoorÜLld äs« ckonttetrv» Kadetts» tritt ko»t- 8t»wp«Irii«cdiü<k üiwru. Lwrsloe Nummern: 10 ?k. Xllllvllckkxnaxoxvdüdr«»» kür üea Uuuin eiosr »««palteve» 2vU« Klemer Lotrrikt SO kk. Vvtor „kra^osLuckt" üis 2vilv 50 1'k. 8« D»d«Ueo- rurck AiMvrosutt sottpr. Xufseüla^. 8r»edel»eilr IdzUctr luit ^usuLirvao «ter 8oov- u. ksierl^e »veucki. ?vri»prseii-Av8Lt»Iu»»: Ur. 1285. ZreMerÄMriml. Für die Gesamtleitong verantwortlich: hofrat Otto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 189V Ano»dm« rv» ^olrüocktxmixe» »««nltrttr H. Lranck«tett«-, LooamranioMr 66» Oresäoer ^our»»1»; N»«dLrx U«rUn Visa r«ixri^ Lll«I Sr»»I»o erLLkkart ». N.! ÄaaoerKtern <t ttvAkrr, LorUu - Visu - Lruvdarz krag I,«tpmg-rr»llLtur1 i. H. Lünekoa: /?uei. >/06«e,- kirr» l-ouckoo LsrUll ?r»llk5vrt N.-Slut^irt: /)«««-« ck t?o., L«rUn: ^nra5<ie»»t/a»i1, Lre»I»u: ^mrt A'a5a15,- Larurov«: (,'. §c^ü«k«r, L»U« ml.: </. Larck <L (?0. llvrollixed^r: üöoi^I. Lrpeüitioa 6e» Oreräosr ^vurvrU». vrsbäeo, ^vivKerttr. 20. k«rn»prsclr-Ao»etr1u»«: Ur. 1285. Amtlicher Teil. Bekanntmachung, die Auszahlung der am 1. Dezember 1890 fälligen Kapitalien, Prämien und Zinsen der Staatsschuld betr. Die nach der Ziehungsliste vom 23. Mai 1890 ausgelosten, mit 51 Prozent Prämienzuschlag rückzahl baren Partialobligationen der 3 prozenligen Priori tätsanleihen der vormaligen Leipzig-Dresdner Eisenbahn- Compagnie aus den Jahren 1839/41 und die am 1. Dezember 1890 fälligen Zinsen dieser Anleihen werden vom 15. dieses MonatS an gegen Rückgabe der zahlbaren Kapital- und Zinsscheine ausgezahlt. Die Auszahlung geschieht bei der StaatS- schuldenkasse in Dresden und der Lotterie-Darlehnskasse in Leipzig, sowie bei der Sächsischen Bank zu Dres den und deren Filialen, bei Herrn Eduard Bauermeister in Zwickau, bei Herrn G. E. Heydemann in Bautzen und in Löbau, bei der Vogtländischen Bank in Plauen i. V, bei der Döbelner Bank in Döbeln und bei deren Filialen in Roßwein und in Waldheim. Dresden, den 5. November 1890. Der Lan-tegzaoilchvß z» Virwattovg der Ataattschvldto. Bönisch. IMtumUicher Teil. Geographische Wachrichten. Haag, 8. November. (W. T. B ) Die „Avond post" bringt aus Het Loo die Nachricht, der Zu stand Sr. Majestät des Königs werde mehr und mehr ungünstig; die Kräfte nehmen erheblich ab. Haag, 6. November. (W. T. B.) Die Kammern sind für Mittwoch, den 12. November, zu einer Sitzung einberufen. Denselben wird ein Gesetz rntwurf zugehen, durch welchen die Königin Cmma als Regentin bestallt wird Rom, 6. November. (W. T. B.) Die „Ri- forma" sagt in einem Begrüßungsartikel anläßlich der Reise dcS Reichskanzlers v. Caprivi, Italien habe bereits in der kurzen Zeit seiner AmtSfüh- rung d e hervorragenden Eigenschaften deS Reichs kanzlers würdigen können. In dem Akte der Höflichkeit, welchen die Begegnung deS Reichs kanzlers mit dem Ministerpräsidenten CriSpi dar- stelle, drücke sich auch eine politische Idee aus, welche von allen Italienern, die Anhänger einer systematischen Opposition ausgenommen, entsprechend geschätzt werden würde. Mailand, 7. November. (Tel.d Tresdn.Journ.) Der Reichskanzler General v. Caprivi traf um k7 Uhr früh hurselbst ein und wurde auf dem Bahnhöfe, wo sich eine zahlreiche Menschenmenge einyrfunden hatte, von dem Ministerpräsidenten CrrSpi, dem Präfekten und dem Polizeichef der Stadt, sowie dem Botschaftsrat v. Dörnberg empfangen Die beiden Staatsmänner begrüßten einander aufS herzlichste und fuhren alSdann gemeinschaftlich in das Hotel Cavour, wo sie das Frühstück einnahmen. Morgen begiebt sich der deutsche Reichskanzler nach Monza, um dem Könige Humbert ein eigenhändiges Schreiben Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm ^u überreichen. Triest, 7. November. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Großfürst-Thronfolger von Rußland traf mit Sonderzug heute vormittag hier ein und begab sich, von der Volksmenge lebhaft begrüßt, behufs Einschiffung nach Sanandrea. Kunst und Wissenschaft. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 9. November: „Alceste". Große Oper in drei Akten. Nach dem Französischen von Herklots. Musik von C. W. v Gluck. «Neu kinstudiert) In Anbetracht der vorhandenen reichen und leicht zugänglichen kritischen Litteratur wäre es schwierig, mit neuen und müßig, mit breiten Erörterungen über den Kunstwert und die große musikgeschicht liche Bedeutung der Oper „Alceste" die gestrige, im Volleindruck befriedigende Wiederaufführung des Werkes hervorzuheben: die Neubelebung desselben nach fast vierzehnjähriger Ruhe bringt eine wohl nur kurze, aber jedenfalls sehr willkommene Abwechselung in den Spielplan der Hofbühne, darin die klassische Oper ja kein allzu häufiger und nach Verdienst geehrter Gast ist, gicbt den kleinem Teil der Künstler und Musikfreunde, welcher Glucks Schöpfungen kennt und verehrt, frische und nachhaltende Anregung, ei freut die noch kleinere Zahl der für den Meisters Enthusiasmier ten, welche den Offenbarungen seiner Tonmuse als uner reicht idealen Eingebungen mit naivem Entzücken lauschen, und kommt auch der Mehrzahl der gebildeten Theaterbesucher passend, bei denen sie zwar keiner leidenschaftlichen Teilnahme, wohl aber eines aufmerk samen, von bewußter Ehrfurcht genährten Interesses sicher sein darf. In „Alceste" hat Glnck die letzten Fesseln der alten italienischen Gesangsüberlieferungen, die ihn noch im „OrpheuS" hielten, völlig abgestreift und mit ebenso viel klarem theoretischen Bewußtsein als großem künst- New-Uork, 8. November. (W T B ) Mac Kinley hat, wie verlautet, bestätigt, daß er um 360 Stimmen weniger erhalten have als sein Ge genkandidat, also nicht gewählt sei. Dresden, 7. November. Zur Lage auf der Balkanhalbinsel. Kaum jemals hat die Balkanhalbinsel das Bild einer so merkwürdigen Verwirrung und Umkehrung der hergebrachten Verhältnisse geboten, wie gegenwärtig. Die Interessen der verschiedenen religiösen Gemein schaften und Staaten des östlichen Europa sind so durcheinander verschlungen, daß eS Mühe kostet, sich in dem Gewirr von Fäden zurecht zufinden, von denen das Netz zusammengehalten wild. Ein aufklärender Übelblick über die in Betracht kommenden Punkte ist beinahe nur an der Hand der geschichtlichen Thatsachen möglich, welche zn dem gegenwärtigen Zustande geführt haben. In der Münchener „Allgemeinen Zeitung" giebt ein sachkundiger Mitarbeiter dieses Blattes einen solchen Überblick, welcher über die Ursachen und den Verlauf der gegenwärtigen Wirrnisse auf der Balkan- Halbinsel einiges Licht zu verbreiten geeignet ist Der Genannte schreibt: Solange sämtliche der griechischen Kirche ange hörige Unterthanen des Sultans dem nämlichen kirch lichen Verbände angehörten und in dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel ihren vornehmsten Vertreter sahen, waren konfessionelle Gegensätze die einzigen, welche für Beurteilung und Behandlung der sogenannten orientalischen Frage in Betracht kamen. Der ungeheuren Mehrheit christlicher Bewohner der Balkanhalbinsel galt der rechtgläubige russische Zar damals als der geboruc Schutzherr Zwischen der slawischen Mehrheit nnd der griechischen (die Aristo kratie darstellenden) Minderheit bestand schon zu jener Zeit ein gewisser Gegensatz — dieser Gegensatz kam indessen nur beiläufig und nur soweit in Betracht, als das unabhängig gewordene Griechenland Neigung zeigte, den von Rußland geübten Einfluß an sich zu bringen und die sogenannte byzantinische Reichsidee zu verwirklichen. Eine tiefer greifende Änderung trat erst ein, als die bulgarische Kirche sich im Jahre 1870 von der griechischen Patriarchatskirche trennte und trotz des über sie verhängten Bannfluchs von 1872 auf dieser Trennuny beharrte. In Rußland hatte man diese national-kirchlichen Selbstündigkeits gelüste der Bulgaren genährt und unterstützt, weil das nationale Bewußtsein allmählich an Stelle des kirch lichen getreten war und weil die Nahrung desselben eine Förderung des panslawistischen Gedankens und damit der russischen Orientpolitik versprach. Der Zweck, durch die kirchliche Selbständigkeit der Bulgaren deren politische Unabhängigkeit vorzubcreiten, wurde bereits um die Mitte der siebziger Jahre er reicht — den dafür gezahlten Preis aber bildete ein tiefgehendes Zerwürfnis zwischen Rußland und dem Griechentum, das in dem ökumenischen Patriarchen den Hauptanwalt seiner nationalen Interessen, den Bürgen einer panhellenischen Zukunft der Halbinsel sah. Während des zu Gunsten der Bulgaren geführten russisch-türkischen Krieges von 1877/78 waien die Sympathien der in der Türkei und im Königreiche lebenden Griechen darum in höherem Maße dem Sul tan als dem russischen Kaiser zugcwcndet. Der Be schützer der bulgarischen Nationalbestrebungen hatte der griechischen Vormundschaft über die Südslawen zu empfindlichen Abbruch bereitet, als daß man ihn: voll ständigen Sieg hätte gönnen können. — Solange Ruß land sich als Herr der befreiten Bulgaren fühlte, er schien der griechische Abfall von dem ehemaligen Be schützer aller Rechtgläubigen als geringfügiger Verlust. Den Griechen numerisch überlegen, mußten die Bul leiischen Vermögen den zweiten weiter ansgreifenden Schritt zur Umbildung der tändelnd leichten Konzcrt- oper gethan. Freier noch als in dem früheren Re formwerk ist hier die Mnsik ans dem Zwange eines sinnlich reizenden, doch geistig leeren Tvnspiels gelöst und znr wahren, ausdrucksreinen Sprecherin des in neren Lebens, zur Verkünderin natürlicher, menschlich allgemein verständlicher Gedanken und Empfindungen gemacht; treu schmiegen sich die Töne den Worten an, strömen in einfachem Gesänge dahin und locken an keiner Stelle die Begierde eines Kehlvirtuosen, der Chor ist wirksam au der Handlung beteiligt und gleich ihm nimmt auch das in Harmonik und Instru mentation reicher behandelte Orchester einen erheb lichen Anteil an dem musikalischen und dramatischen Ganzen; ja in dem wunderbar mächtigen und er habenen Tongemälde des ersten Aufzugs scheint und des Meisters Ideal einer wahrhaft vramatischen Musik im großen Wurf der Komposition und idealer Auffassung des Stoffes, in dem edlen deklamatorischen Pathos und der Gefnhlswahrheit und Leidenschaft, in der dramatischen Kraft seiner Melodik und seines Aus drucks bei Verwendung der einfachsten, zeitgemäß be schränkteil Mitteb-'schlechtweg erreicht zu sein. Tie Arie der zärtlichen Gattin, der feierliche Mensch, das immer dring-ndcr gesteigerte Verlangen des priesterlichen Chors, die innige Bitte Ältestes, die bis zu heißem Fanatismus anwachsende Beschwörung des Priesters, der Orakelspruch, die Flucht des Volkes, — alles das ist mit wahrhaft antiker Erhabenheit und Größe gestaltet und von erschütternder dramatischer Erhebung, die in dem seelenvollen Monolog der Königin, in dem begeisterten Entschluß ihrer Selbstopferung und der garen für ungleich wichtigere Werkzeuge der russischen Politik gelten, als die Hellenen jemals hätten sein können. Nach dem Zerfall zwischen Rußland und Bul garien änderte sich das indessen. Jeder Fortschritt, den der bulgarische kirchliche und nationale Einfluß über den griechischen errang, bedeutete seit dem Jahre 1886 einen weiteren, auf russische Unkosten gemachten Schritt bulgarischer Unabhängigkeit. Tie Griechen hatten das St. Petersburger Kabinett sich um der Bulgaren willen entfremdet und jetzt sah es auch die letzteren seiner Einflußsphäre entrinnen, mit den Tür ken Frieden schließen und sich selbständig cinrichten. Tiefe Sachlage erklärt, warum man in Rußland die Einsetzung bulgarischer Bischöfe in das bisher von griechischen Äirchenfürsten beherrschte Makedonien nur höchst ungern gesehen hat. Gegenwärttig, wo der über den Verlust dieser Kirchrnprovinz erbitterte ökume nische Patriarch eine Kirchcnsperre angeordnet hat, ist man in Rußland in der peinlichen Lage, den Haupt repräsentanten deS Hellenismus bis zu einem gewissen Punkt unterstützen zu müssen, wenn nicht die national- slawische Politik vollständig aufgegeben werden soll. Vollends schwierig aber ist die Sache dadurch gewor den, daß russische und griechische Interessen nach wie vor an anderen Punkten feindlich auf einander stoßen. In Jerusalem steht die Wahl eines Pattiarchen be vor, und Ruhland, das alljährlich Tausende von Pil gern an die heiligen Stätten entsendet und mit den syrischen und arabischen Rechtgläubigen Palästinas enge Beziehungen unterhält — Rußland hat gewich tige Gründe, keinen Griechen, sondern einen seiner An hänger auf dem Patriarchcnstuhl der heiligen Stadt zu wünschen. In Konstantinopel mit dem Griechen tum gegen die Bulgaren verbündet, in Jerusalem dem selbe» entgegengesetzt — zwischen kirchlichen und na tionalistischen Interessen hin und her gezogen — von der Gefahr eines Abfalls aller (auch der rumelischeu und makedonischen) Bulgaren bedroht, steckt Rußland in Verlegenheiten, welche die Großsprecherei der pan slawistischen Presse vergeblich zu bemänteln versucht. Das ist aber noch nicht alles In nahezu ebenso bedenklicher Lage befindet sich Rußlands neuestes Schoßkind, das Königreich Serbien. Innerhalb des Gebiets der jungen bulgarischen Nationalkirche leben Zehntausende von Serben, welche seit Ausbruch der Nebenbuhlerschaft und Feindschaft zwischen Belgrad nnd Sofia die Ordre erhalten haben, für die Griechen und gegen ihre bulgarischen Stammesgenossen Partei zu ergreifen und sich, wo immer möglich, griechischen Kirchengemeinden anzuschließen. Gegenwärtig ist diese in den türkischen Ländern angesessene serbische Diaspora in doppelte Gefahr geraten In dem einen Teile der Türkei, z. B. in Makedonien, wird der bulgarische Einfluß zum vorherrschenden und drohen die griechi schen Geistlichen zu verschwinden; in den unter der Oberhoheit des griechischen Patriarchen gebliebenen Provinzen aber sind die griechischen Gottesdienste zur Zeit gesperrt und stehen die serbischen Christen vor der Wahl, kirchenlos - zu bleiben oder bei Geistlichen der dortigen bulgarischen Einzelgemeinden Zuflucht zu suchen. Wohin immer Serbien seine Blicke wendet, sieht es sich von dem bulgarischen Nebenbuhler überflügelt. Der russische Schutz leistet den ser bischen Interessen in der Türkei nicht nur kei- neu Vorschub, sondern fügt denselben direkten Schaden zu. Während das von Rußland ver- fehmte Bulgarien eben wegen dieser Vcrsehmung das Wohlwollen des Sultans und das Vertrauen Oester reich-Ungarns erwirbt, klopft Serbien allenthalben an verschlossene Thüren. Zu ihrem Erstauuen sieht die orieutalische Welt eine völlig neue, iu allen Stücken von der früheren verschiedene Lage vor sich. Die Un abhängigkeitsbewegung der südslawischen Völker be ginnt sich n ehr und mehr von ihrem Zusammenhang berühmten Schlußarie (0 mott ^), darin das liebende Weib zur Heldin emporwächst, ihren ungeschwächten Ansklang findet. Leider steht das Folgende nicht auf der Höhe dieser meisterhaft zu einer großen Gesamlwirkung zusammen- gesaßten Scenen, weder dramatisch noch musitalisch. Die Handlung gewinnt keinen Fortschritt, keine Ent wickelung, sonvern dehnt und wiederholt ihre ersten Motive und bleibt unbeweglich an den zwei Haupt- stimmungen der Trauer und des Schreckens kleben. Diese fortwährend verlängerten Seelenzustände mußten, wie das schon I. Rousseau anssprach, dem Komponisten unglaubliche Mühe verursachen, um nicht in die kläg liche Monotonie zu verfallen, nnd wirklich erlahmt auch die Musik, deren Gleichmäßigkeit in der Rytmik und Instrumentation den matten Eindruck noch ver stärkt, sehr bald innerhalb der Einförmigkeit der Situationen, der andauernd tragischen, feierlichen Stimmung und ermüdet den Hörer trotz aller Schön heil einzelner Ausdrücke. Die dramatische Schwäche des Textbuches blieb eben unüberwindlich, auch für Gluck, dessen beschränkte Erfindungskraft durch bewegte Aktion und große charakteristische Affekte angeregt sein wollte. Neben der ursprünglichen Wiener Bearbeitung der Oper giebt es noch eine zweite, Pariser Zurichtung; diese hat den Vorzug einer reicheren musikalischen Ausstattung, jene den einer kräftigeren Gestaltung der Admetos Rolle, da sie den rettenden Herkules aus dem Spiele läßt und sich mit Apollo a's lleus i-x mnebinu begnügt. Mit Recht legte unsere ,wfbühne ihrer Auf führung daher die Pariser Form als die im Vorteil stärkere zn Grunde, obwohl ihr die poetische, an mit der panslawistische» russischen Politik zu lösen und als selbständiger Faktor in den Prozeß der orientali schen Frage cinzutreten. Seit das südslawisch-bulgari sche Interesse sich von dem russischen abzugrenzen im Begriff ist, stellt sich mit zunehmender Deutlichkeit heraus, daß zwischen ihm und dem Interesse der west europäischen Zivilisation kein Gegensatz besteht und daß Österreich Ungarn in den: vermeintlichen Vasallen Rußlands einen Verbündeten findet, auf den es sonst nicht gerechnet hatte. Noch liegen die Dinge freilich so, daß Rußland es in der Hand hat, durch einen versöhnenden Schritt ein gut Teil seiner verlorenen Einflußsphäre wieder zn erobern. Alle Wahrscheinlichkeit spricht indessen gegen eine Entschließung in diesem Sinne. Mit blinder Leidenschaftlichkeit treibt der panslawistische Fanatis mus einer Richtung zu, die das Zarenreich von dem angestrcbten Ziele der Herrschaft über den Bosporus immer weiter entfernt. Tagesgeschichte. * Berlin, 6. November. Se. Majestät der Kaiser begab sich heute, nach vorgängiger Erledigung der laufenden Regierungsgeschäfte, auf Einladung des Grafen Eulenburg mittelst Sondcrzuges nach Lieben berg, um daselbst mehrtägigen Jagden bcizuwohnen. — Ihre König!. Hoheiten der Herzog und die Herzogin v. Connanght trafen nach mehrtägigem Besuche in Dessau heute wieder in Berlin ein. — Den: kommandierenden General des 15. Armee corps, General der Kavallerie v. Heuduck, ist, wie Berliner Blätter berichten, der von ihm erbetene Ab schied bewilligt worden. — Dem Bundesrat ist der Etat der Reichs- schuld für 1891/92 zugegangen. Derselbe schließt in den fortdauernden Ausgaben mit 58 861 500 M gegen 46 622 500 M. ab , es stellt sich somit ein Mrhrersordernis von 7 239 000 M. heraus. An einmaligen ordentlichen Ausgaben werden zur Einlösung des am 1. April sättigen Zinsschcins der 4 prozenligen und der am 1 April und 1. Oktober verzinslichen 3^ prozenligen Reichsschuld 10 242 500 M. gcsordert. Von sortdauernden Ausgaben werden 110 000 M für die Verwaltung der Reichsschuld verwendet; aus die Verzinsung der letzteren cntsallen 53 75'500 M nnd zwar 18 000 000 M für die 4prozentige NeichSjchuld, 24 185 000 M. für die 3'z, prozentige Reichsschuld, 1O4I7KOO M für die 3- prozentige Reichsschuld. Der Rest von 1 149 000 M. wird zur Verzinsung der zur Deckung einmaliger Ausgaben durch Aus gabe von Schatzanweisungen sowie der zur vorübergehenden Verstärkung des ordentlichen Betriebsfonds der Reichshauptkasse ausgei ommenen Mittel gefordert. Das Mehr der Forderung für 1891/92 gegen 1890/91 — 7 239 000 M. — setzt sich aus Mindersorderungen sür die Verwaltung — 18 500 M. — und Verzinsung — 3 160 000 M., zusammen 3 178 500 M. — und einer erstmaligen Forderung sür die Verzinsung der 3 prozenligen Reichsschuld — 10 417 500 M. — zusammen. — Durch den dem Bundesrate nunmehr zugegan- gcnen Gesetzentwurf über deu Schutz von Gebrauchs mustern wird das Gesetz vom 11. Januar 1876, be treffend das Urheberrecht an Mustern und Modelle», nicht berührt. Wenn also der neue Entwurf zum Gesetz erhoben werden sollte, so würden Gebrauchs- »nd Geschmacksmuster durch verschiedene Gesetze ge schützt sein. Die Gebrauchsmuster sind bekanntlich bisher durchaus nicht schutzlos gewesen, ihre Erfinder waren nur gezwungen, den Weg der Patentnachsuchung zu beschreiten. Der letztere war aber, da es sich bei den Gebrauchsmustern nur um verhältnismäßig kleine Objekte, Werkzeuge des täglichen Lebens u. s. w. han delt, oft zu beschwerlich und kostspielig. Deshalb schlägt der neue Gesetzentwurf für die Echutznachsuchuug bei Gebrauchsmustern ein vereinfachtes Verfahren vor. Daß die Anmeldungen beim Patentamte erfolgen müssen, ist bei dem engen Zusammenhänge beider Gegenstände nur natürlich Es ist denn auch wahr scheinlich, daß vom Bundesräte die Patcntgcsetznovelle musikalischer Schönheit nnd dramatischem Eindruck unersetzliche Scene im Hain der Unterirdischen (zu Anfang des zweiten Aufzuges) zum Opfer gefallen ist. Die Wiedergabe des Werkes unter Leitung des Hrn. Hofkapellmeister Hagen ergab in gesanglicher und instrumentaler Ausführung musikalische Korrektheit, seine Nuancierungen des Vortrags, Vornehmheit und Einheit des Stils. Musterhaftes boten die König!. Kapelle und der Chor (von einer Schwankung abge sehen) und alle Mitwirkendeu waren mit gutem Erfolg bemüht, der ihnen fern liegenden Ausdrucksweise Glucks nach Möglichkeit gerecht zu werden. Frau Wittich hat die Älceste-Partie, wohl die schwierigste aller Gluckschen Hauptrollen, mit großem Fleiß studiert und mit lebendiger Hingabe ausgeführt. Ihre Ge sangsleistung war korrekt und edel gehalten, ihr Spiel einfach und treffend, nur vou keinem wärmeren, ver deutlichenden Gesichtsausdruck begleitet Alle anderen Mitwirkendeu, die Herren Riese (Admetos), Jensen, Schrauff, Nebuschka, Hofmüller und Decarli be friedigten gleichmäßig; stimmlich frisch und ausdrucks voll sang Frl. Brüning die kleine Partie der Jsmene. Tas Haus war gut besucht und die Anwesenden bezeugten vornehmlich nach den: ersten Aufzuge ihren Beifall -v- Befiegter Ehrgeiz. Erzählung von Woldemar Urban 3 (Fortsetzung) Wenn dos niemandem auffiel, so merkte es doch Herr O'Fonnor. Er sah sie einen kleinen Augenblick lächelnd an, dann verbeugte er sich vor den Damen
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