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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, d« »Wil«dn»ffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in VeschSftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Postbestellung tuzüglich Abtrag. — - gebühr. Einzelnummern lvN*fg.AllePostanstalten Wo chenbltt11 sür u. umgegeno Postboten und unsereAus. träger und Geschäftsstellen ' - nehmen zu jeder Zeit Be- stelluugen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Nücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzklsenprric: dl« 8 ,«spalteu« Raum,«!!« 20 Rpfg., di« t g-spaltru« Aeil« der amtlichen Bekanntmachungen 40 ««tch»- Pfennig, die »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. N-chweisnngrgebLhr 20 Reichspsennigc. B«» gefchriebenkErscheinungr. tage und Platzvorschrtfe« werden nach Möglichkeit AerNsoreMek: Amt WilsdkUff Nk. 6 berücksichtigt. Anzeige», annahmebi« uorm.10Uhr. — U Mr die Richtigkeit »» durch FcrnrusübermitteltenAnzcigcn übernehmen wir keine Garantie. IederRadatlanspruch eriischt, wenn dcrBcrrag durch Klage eingezogcn werden muß aderderAuflraggcdcrin Konkurs geröt. Anzeigen nehmen alle Berminlur. g oste llcn entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 136 — 86. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 14. Juni 1927 Verschleierter Mimium RWnds. Die russisch-polnischen Beziehungen sind ja immer sehr kühle gewesen, weil man in Rußland zwar nicht äußerlich, wohl aber innerlich immer noch nicht auf jene Gebiete des östlichen Polens verzichtet hat, die dem neugeschaffenen Staate die ahnungslose Versailller Konfe renz zusprach, obwohl sie von Russen und den ihnen nahe verwandten, jedenfalls polenfeindlichen Ruthenen bewohnt wurden. Der Versuch, 1920 mit Gewalt in den Besitz dieser Gebiete zu gelangen, scheiterte im allerletzten Augen blick durch das Eingreifen Frankreichs, das seine besten Offiziere der polnischen Armee zu Hilfe sandte. Das Ver hältnis blieb seitdem ein kühles, obwohl vor allem Tschitscherin, der russische Volkskommissar des Auswär. Ligen, eme Verbesserung der Beziehungen herbeizuführen versuchte, allerdings gerade infolge des polnischen Wider standes ohne reden Erfolg. Jetzt ist der Topf natürlich völlig zer schlagen infolge der Ermordung des russischen Gesandten in Warschau. Angesichts des Konflikts zwischen England und Rußland braucht die Sowjetregierung, die diesen Konflikt durchaus nicht leicht nimmt, eine Art äußeren Erfolges aus innenpolitischen Gründen, da schon wieder ein führendes Mitglied der russischen kommu nistischen Partei unweit Moskau einem Attentat zum Opfer fiel, es also doch Wohl unter der Decke gärt. Da helfen offenbar die Terrormethoden der „Tscheka" doch nicht mehr so ganz allein und aus diesen Erwägungen ist die Schroffheit der Note zu erklären, die in Moskau soeben dem polnischen Gesandten übermittelt worden ist und die zwar an sich noch kein Ultimatum dar stellt, wobl aber davon wirklich nicht mehr weit entfernt ist. Natürlich wird die ganze Fülle des bolschewistischen Pathos gegen die „dunklen Pläne der Weltreaktion" auf gewendet, denen allein die Ermordung Wojkows zuge- schricben werden müsse; nicht eine Einzeltat sei sie. Vor allem und letzten Endes sei England daran schuld durch seinen Bruch mit Rußland, wodurch nicht bloß die anti bolschewistischen Strömungen gestärkt werden, sondern gleichzeitig der Versuch gemacht werde, zwischenstaatliche Verwicklungen zu schassen, „um die Völker in ein blutiges Gemetzel zu stürzen in der trügerischen Hoffnung, das frühere Regime wiederherzustellen". Nun wird als F o r - derung ausgesprochen: schärfste Untersuchung der Mordtat und Aufdeckung aller Fäden, die zu ihr füh ren, selbstverständlich auch strengste Bestrafung des und der Schuldigen. Dann weiter: „unverzügliche und ener gische Maßnahmen zur Liquidierung der auf polnischem Gebiet entfalteten Tätigkeit der terroristischen Banditen organisationen und Personen, die gegen die Sowjet beamten gerichtet ist, zu ergreifen". Das sind Forderungen, die — allerdings wohl nur im allgemeinen — auch zuge standen werden, besonders, da die Sowjetregierung be hauptet, Material zu besitzen darüber, daß die antibolsche wistischen Organisationen in Polen nicht bloß geduldet, sondern vielfach amtlich unterstützt wurden. Und schließ lich: Zulassung eines Sowjetvertreters zur Teilnahme am Untersuchungsverfahren, also nicht etwa bloß bei der Ge richtsverhandlung. Die Note behauptet, daß Polen ge rade in diesem kitzligsten Punkt schon einige Zugeständ nisse gemacht habe. Die Note verlangt von der polnischen Regierung „ent sprechende, ohne Zögern erfolgende Mitteilungen", aber nicht bloß über Versprechungen, sondern über tatsächlich zu treffende wirkliche Maßnahmen, und „im Hinblick dar auf ist die Sowjetregierung gezwungen, auf der Erfüllung der obengenannten elementaren Forderungen zu bestehen". Hieraus spricht am deutlichsten der ultimative Charakter der Note; und man denkt an jene For derungen, die einst, fast genau vor 13 Jahren, Österreich an Serbien wegen der Serajewoer Mordtat gerichtet hat und die abgelehnt wurden, weil — Rußland hinter Ser bien stand. Pechschwarz ist der politische Horizont über zogen; nie war seit sieben Jahren die Lage derart ge spannt. Und wenn Polen nicht nachgibt. . . .? Abweisung der Note in Polen. Die zweite russische Note hat in Warschau ziemliche Empörung ausgelöst. Die Presse fordert fast einhellig die Zurückweisung der offiziösen Forderungen. In der „Epoka „und im'Blatte der Pilsudski-Anhänger, „Glos Prawdy , erfährt die Note eine entschiedene und energische Abweisung. „Glos Prawdy" schreibt: Im Bestreben nach Aufrechterhaltung gutnachbarlicher Beziehungen hat die. polnische Regierung alles getan, was in ihrer Machu steht und was den internationalen Gebräuchen entspricht, damit dieser traurige Vorfall, der sich zufällig auf pol nischem Staatsgebiet abgespielt hat die Beziehungen nicht stört — doch keinen Schritt weiter! In der „Epoka" heißt es: In diesem Schriftstück aus Moskau sehen wir die typische Geschicklichkeit russischer Noten, wo Nachgiebigkeit und Höflichkeit an Vermessenheit und Un verschämtheit grenzen. Die polnische öffentliche Meinung wird auf diese Note antworten müssen teilweise durch entschiedenes Verwerfen, teilweise durch vollkommene Nichtbeachtung des Inhalts.. „Warszawianka" schreibt: Die russische Forderung, daß ein Mitglied der Sowiei- Die45.Völkerbundrats1agung Dreß Danziger Fragen. Beginn der Ratstagung in Genf. Der Völkerbundrat ist am Montag unter dem Vorsitz des englischen Staatssekretärs des Austern, Sir Austen Chamberlain, zu seiner 45. ordentlichen Tagung zusam mengetreten. Nach einer kurzen Gcheimsitzung, in der die Tagesordnung unter Einschluß der Memelbeschwerde ge nehmigt und einige administrative Fragen geregelt wur- den, der litauische Vertagungsantrag selbst aber nicht zur Sprache kam, trat der Rat in öffentlicher Sitzung zunächst 4n die Beratung von drei Danziger Fragen ein. Es handelt sich dabei um das Gesuch des Danziger Senats wegen Befreiung des Luftfahrzeugbaues in Danzig von den bisher geltenden Beschränkungen, ferner um die Er nennung eines Vorsitzenden für das in einem kürzlich zwischen Danzig und Polen abgeschlossenen Vertrag vor gesehene Tabakmonopolschicdsgcricht und um die Bestellung des Völkerbundkommissars in Danzig zum Vertreter des Rats für die jeweilige Genehmigung zum Durchtransport nichtpolnischeu Kriegsgeräts durch das Gebiet der Freien Stadt Danzig. In der Geheimsitzung des Völkerbundrates wurde, wie noch bekannt wird, auf Vorschlag von Reichsaußen minister Dr. Stresemann beschlossen, die Frage der Bedin gungen, unter denen die Listen über die deutsche Zivilaviatik auf Grund des Pariser Abkommens vom 22. Mai 1926 zur Verfügung des Völkerbundes ge halten werden sollen, nicht zur Sprache zu stellen. Ferner wurde auf Vorschlag des Ratspräsidenten beschlossen, mit der Entscheidung über den litauischen Vertagungsantrag zur Memelbeschwerde bis Dienstag zu warten. In bezug auf die vom Völkerbundrat behandelten drei Danziger Fragen wurde entsprechend den Anträgen des chilenischen Ratsmitglicdes Villegas beschlossen. Man stimmt hiernach zu, dast ein Schiedsgericht in dem Streit zwischen Danzig und Polen über das Tabalmonopol ein gesetzt wird. Man gibt dem Hohen Kommissar in Danzig das Recht, selbständig über die Erlaubnis zu entscheiden, dast Munitionstransporte, allerdings nicht nur von pol nischer Seite, durch Danzig geführt werden. Die Frage hat insofern eine Bedeutung, als Rustland angeblich Kriegsmaterial für China durch Danzig befördert haben soll. Die Frage der Herstellung von Luftfahrzeugen und Kricgsluftfahrzeugen in Danzig wird in der Weise auf sechs Monate vertagt, daß man die Frage der hierfür schon gewählten Kommission zuweist. Die Frage der Aufhebung der einschränkenden Bestim mungen für den Danziger Flugzeugbau löste eine Debatte aus, da Senatspräsident Sahm, unterstützt vom Völker bundkommissar van Hamel, um Beschleunigung der Ent scheidung bat, an der Danzig ein erhebliches wirtschaft liches Interesse Hobe. Aus formalen Gründen wurde trotzdem die Vertagung bis zur nächsten Natssession be schlossen. Auf Bericht des polnischen Außenministers Zaleski wurde die Einberufung einer internationalen Juristen konferenz zur Kodifizierung verschiedener Rechtsmaterien in Aussicht genommen, wozu van Blokland, der neue holländische Außenminister, zum Zweck der Vereinheit lichung dieser Völkerbundarbeit mit der Internationalen Privatrechtskonferenz im Haag eine Einladung nach Holland aussprach, über die Einberufung einer solchen Konferenz soll die nächste Völkerbund- Versammlung entscheiden. Nach Entgegennahme von Berichten des Hygieneausschusses, des Opium- ausschusses und des Generalsekretärs begründete der eng lische Außenminister und neue Ratspräsident, Chamber lain, seinen Antrag auf Herabsetzung der Zahl der ordentlichen Ratstagungen von vier auf drei im Jahre, schlug aber entgegen den Erwartungen der Öffentlichkeit vor, diese Frage erst in der nächsten Rats tagung in Verbindung mit der Völkerbundversammlung zu entscheiden. Die nächste öffentliche Sitzung wurde auf Dienstag angesetzt. MLmsterHegegkmngM. Das für Sonntag in Aussicht genommene Zusammen treffen von Dr. Stresemann, Briand und Chamberlain hat nicht stattgefnnden. Dagegen hatten die drei Außen minister am Montag nachmittag eine Zusammenkunft, gesandtschaft an der Untersuchung teilnehmen soll, läßt sich mit staatlichen und rechtlichen Begriffen nicht vereinen- * Das neue Aiteniai in Rußland. In der Nähe von Moskau, bei Biza, wurde von noch unentdeckten Tätern das Mitglied der Kommunistischen Akademie, Wladimir Turow, getötet. Turow war 1923 stellvertretender Vorsitzender der russischen Handels delegation in Berlin. Der in Warschau ermordete Sowjetgesandte Wojkow wurde in der Mauer des Moskauer Kremls beiaesetzt. Der nachvem Dr. Stresemann mit Briand vorher unter vier Augen verhandelt hatte. Der litauische Ministerpräsident Woldemaras unterhandelte mit Ministerialdirektor Gaus. * Jugoslawische Note an den Völkerbund. Die von der südslawischen Regierung dem General sekretär des Völkerbundes überreichte Note betreffend den südslawisch-albanischen Zwischenfall wurde in Genf be kanntgegeben. In der Note gibt die jugoslawische Regie rung eine eingehende Darstellung des Verlaufs der Ereig nisse, die zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Jugoslawien und Albanien geführt haben. Weiter heißt es, daß die jugoslawische Regierung der Ansicht sei, daß der Artikel 12 des Völkerbundpaktes auf den vor liegenden Konfliktsfall keine Anwendung finde. Aus diesem Grunde stelle die jugoslawische Regierung nicht den Antrag, daß der Konfliktsfall durch den Völkerbund ge prüft werde. Sollte jedoch der Völkerbundrat der Ansicht fein, daß der Vorfall in Verbindung und unter Hinweis auf andere Umstände von schwerwiegender Bedeutung sein könnte, so würde die jugoslawische Regierung sich dem Völkerbundrat für eine eingehende Prüfung und Unter- suchung dieses Problems in seiner Gesamtheit mit Ein schluß des Zwischenfalles zur Verfügung stellen. Zm WmebW BljM-StreseMM. Genf, 13. Juni. Zu der heutigen Unterredung zwischen Briand und Dr. Stresemann wird von seiten der deutschen Dele- i Kation erklärt, daß die Besprechung in freundschaftlichem Ton ' verlaufen sei. Neben den Deutschland direkt berührenden Fragen i wurde insbesondere auch die allgemeine politische Situation in Europa eingehend erörtert. In Kreisen der deutschen Delegation besteh! jedoch der Eindruck, daß zu besonderem Optimismus vor läufig keine Veranlassung vorliege, da in den Rheinlandfragen gegenwärtig noch immer nicht unerhebliche Schwierigkeiten beste- : Heu. Meistere Unterredungen zwischen Stresemann und dem eng- ' lischen und französischen Außenminister werden im Laufe dieser Woche stattsinden. Heute abend nimmt Dr. Stresemann an einem Diner beim Danziger Senatspräsidenten Sahm teil. Deutschland Höll au seiliem SstudMkt st der LslsesstW-RW sesl. Genf, 13. Juni. Die Unterredung zwischen Dr. Stresc- ' mann und Chamberlain dauerte von kurz vor 7 bis gegen X-9 > Uhr. In der Frage der Kontrolle der zerstörten Ostbefestigungen scheinen sich nach den ersten einleitenden Verhandlungen, die auf die Möglichkeit einer Lösung hinauszulaufen zu schienen, ge wisse nicht unerhebliche Schwierigkeiten geltend zu machen, da auf deutscher Seite der Standpunkt der Alliierten, die Kontrolle der zerstörten Oftbrsestigungen durch eine Inspektion der drei Berliner Militäratachees zu regeln, nicht geteilt wird. Unter diesen Umständen dürsten die Verhandlungen der nächsten Tage - in dieser Frage nicht ohne ernste Schwierigkeiten verlauft», i Man sieht in den Kreisen der deutschen Delegation den weiteren Verhandlungen zwischen den Auszenministern in den Deutschland direkt berührenden Fragen nicht ohne Besorgnis entgegen, da man deutscherseits nicht gewillt ist, der Inspektion der Ostfestungen in Form einer irgendwie geasteten Kontrolle zuzustimmcn. Moskau besteht M seinen MderiiWN. Riga, 14. Juni. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat sich die Stimmung in dem Konflikt mit Polen bedeutend ver schärft. In der driften russischen Note, die übermorgen abgesandt werden soll, werde die Sowjetregierung auf Erfüllung ihrer For derungen bestehen. Morgen findet eine Unterredung zwischen dem polnischen Gesandten in Moskau und Litwinof statt. Das poli tische Büro hat die Politik Litwinofs gegenüber Polen gut ge heißen und ihn beauftragt, auf die Ausweisung der russischen Emigranten aus Polen zu bestehen, widrigenftlls die Sowjetre gierung mit Repressalien droht. l Sarg wurde von Litwinow, Karachan, Aralow, Manecki und Rosengolz vom Zuge zu der Lafette getragen, auf der der Sarg zum Mausoleum Lenins gefahren wurde. Rhkow, Bucharin, Litwinow und Vertreter kommunisti scher Organisationen hielten Reden. Der japanische Ge sandte Tanaka legte im Namen des diplomatischen Korps einen Kranz nieder, ebenso der polnische Gesandte Patek im Namen der polnischen Negierung. Die Beisetzung er folgte unter Artilleriesalut. * England gegen russische Anklagen. Der letzte britische Geschäftsträger in Moskau vor dem