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** »eaa Nr. S5l. Sonnabend, den 26. Oktober 1935 Jahrg. 88. den allgemeine Meinung wiederzugeben, so macht sich doch allent halben in Italien eine gewisse Mißstimmung darüber bemerk bar, daß man nach den gestrigen Truppenzurückziehungrn aus Libyen noch nichts über irgendwelche englische Flotten bewegungen im Mittelmeer offiziell gehört hat. Rom, 28. Ott. Der Informationsdienst ,La Corrispon- denza" wendet sich unter Berufung auf vatikanische Kreise in einer scharfen Erklärung gegen die Gerüchte, daß von feiten des Päpstlichen Stuhles irgendwie vermittelnd in die augen blickliche Lage eingegriffen werde. Die Tigreprovinz als Zankapfel. London, 26. Okt. Die amtlichen Stellen verhalten sich zu Berichten über Friedensfühler zwischen Rom und Paris Bozen, 25. Ott. Die Präfettnr Bozen hat an alle Be sitzer von Rundfunkgerät«« in öffentliche« Lokalen telephonisch die Weisung ergehen lassen, daß der Empfang von Nachrichten nur durch die italienische« Sender vermittelt «erden darf. Die Einstellung der Apparate auf Auslandssender wurde unter Strafe gepellt. Pari«, 26. Ott. Die Morgenpresse weist darauf hin, daß Italien einer Verhandlung in Eens nicht mehr abgeneigt sei, vorausgesetzt allerdings, daß sie geheim geführt werde. — Das „Oeuvre^ gibt wiederum eine Inhaltsangabe der angeblichen Vorschläge Mussolinis, die aber für London vollkommen unan nehmbar seien, das an den Edenschen Vorschlägen aus dem August d. I. festhalte. Italienische Mihstimmung. Weil die englische Gegenleistung ausbleibt. Rom, 25. Okt. „Azione Coloniale" zeigt sich heftig erregt über die Richtzurückzlehung der englische« Flotte im Mittel, «eer. Uobrigens genüge es nicht, wenn England bereit wäre, di« beiden Kreuzer ,Hood" und Renown" zurückzuziehen. Zu einer Entspannung der Atmosphäre werde eine solche Maß nahme keineswegs beitragen können. Man müsse weit mehr verlangen. Italien werde sich weiterhin auf alle Fälle so ver halten, als ob die beiden Kreuzer noch da wären. Ihre Zu rückziehung und die Worte Hoares änderten nicht» an den Tat sachen. — Wenn auch diese Aeußerungen des Blatte» in dieser scharfen. Formulierung nicht in Anspruch nehmen können, di« Rom, 25. Okt. Senator Devanzati greift in der „Tribuna" erneut heftig den Völkerbund an, insbesondere wegen der wirt- schaftlichen Sühnemaßnahmen. Im Völkerbund müsse man sich zu der Erkenntnis durchringen können, daß man nicht Freund- schäft predigen und eine offenkundige und tatsächliche Feind- schäft damit verbinden könne, wenn man wünsche, daß Italien nicht den Völkerbund verlasse, dessen Fortbestand zweifellos an die künftigen Entscheidungen Roms gebunden sei. Heute müsse man abschließend zu der Ueberzeugung gelangen, daß Abessi nien ausschließlich vom Völkerbund gezwungen worden sei, eine Rolle zu spielen, die es nie innehaben könne und dürfte. Der Völkerbund hingegen sei zu Entschlüssen gegen Italien ge zwungen worden, die sich als seine Unterwerfung unter einen englischen Zwang offenbart hätten. Die Frieöensfühler zwischen Rom, Paris und London Neigung zum Pessimismus in England. »»ft« «w. d»Id«»«INch ««««, durch di« poft »«»Kdl. «Irr Belage, «««Mt L»«M«»ichIL»!MImd0dk. «dr Nick,«»« SchrUNttt« »U SchUMl»,, vrr«Uw,rI«>,. Es stehen noch schwere Prüfungen -es Völkerbundes bevor Die britische Flotte lrügl die Äaupllask. » »U «i ««HM«,, «Ich^mi», «OM« »U v-rmwa«, » U»' W »M »«IchetWiIü», Wr Mn», W »Uwmm dr«» Iß 4 4.tR«d«»«0mmd,»—r«N-MMIm,l«r20». «Mch 12 HImn PnUM 4 Nit Nertkauua mm bober Hand Kei» Haltung aus London, 26. Ott. „Daily Telegraph" meldet, daß die Flugzeugindustrie zur Zett mit voller Kraft arbeite, um den Erfordernissen der Luftaufrüstung gerecht zu werden. Die Baupläne für einen «euen Kampfflugzeugtyp und kür Ma- schkne«, die bi» zu 480 Stundenkilometer erreichen, seien weit vorgerückt, auch sei «i« Stratosphärenflugzeug im Bau. nach wie vor zurückhaltend. Man ist der Auffassung, daß die angeblichen Vorschläge Mussolinis noch keine greifbare Form angenommen haben. In der britische« Stimmung der letzte« 24 Stunde« zeigt sich wiederum ein« Neigung zum Pessimis mus. — „Daily Telegraph" schreibt, von den» sranzösisch-ita- lienischen Meinungsaustausch wäre bisher nichts verlautet, was die Hoffnung auf eine Regelung des italienisch-abessi nischen Krieges in letzter Stunde unterstütze. Die bisher von Rom vorgeschlagene Verhandlungsgründlage scheine die Hoff nung auf einen Aufschub des Zeitpunktes für die Anwendung der wirtschaftlichen Sühnemaßnahmen nicht zu rechtfertigen. Es scheine klar zu sein, daß die italienischen Forderungen die Tigreprovinz umfassen, die auch nach italienischer Darlegung ein integrierender Teil des „eigentlichen Abessiniens" sei. Dies habe in London zu der Ueberzeugung geführt, daß der Völkerbund keine andere Wahl habe, als den bereits einge- schlagenen Kurs weiter zu verfolgen, da er derjenige Weg sei, auf dem am ehesten eine für alle drei Parteien — Italien, Abessinien und dem Völkerbund — annehmbare Regelung be schleunigt werden könne. — Die „Times" schreiben, amtliche Kreise seien überzeugt, daß eine Geheimhaltung die beste und vielleicht die einzige Erfolgsaussicht bei diesem letzten Frie- densversuch biete. Die Möglichkeit einer Annahme der zur- zeit vorliegenden italienischen Forderungen durch den Völker bund, England, Frankreich und dem Negus sei so gut wie Null. Da diese Bedingungen aber wahrscheinlich nicht das letzte, sondern das erste Wort Mussolinis in dem neuen Ab- schnitt des Konfliktes seien, könne einem sorgfältig kontrollier te« Optimismus Platz gegeben werden. Die nächsten Schritte liegen auf jeden Fall bei Großbritannien und Frankreich. Aus Addis Abeba berichtet das Blatt, bei der gegenwärtigen Lage sei es unmöglich, irgendeine Friedensgrundlage in ita- lienisch-abessinischen Streit zu finden. Der Negus sei ent- schloffen, keine« Fußbreit der Tigreprovinz ohne Widerstand aufzugeben. Ein Waffenstillstand könne nur auf der Grund- läge der abessinischen Unabhängigkeit und Unversehrbarkeit erwogen werden. Die Abtretung der Tigreprovinz würde nicht nur bas Ende der Dynastie, sondern auch das Ende Abessiniens bedeuten. Die Annochme, daß die Abtretung der Tigreprovinz als unmöglich bettachtet wird, werde durch die wachsende Ueberzeugung bewiesen, daß die abessinischen Streit- käste ihren ersten entschlossenen Widerstand vor der Stadt Malaie leisten werden. — „Daily Expreß" meldet aus Addis Abeba, daß Italien den Negus durch eine Mittelsperson auf gefordert habe, die Vorteile direkter Friedensverhandlunge« «tt Rom zu erwägen. (Diese Meldung wird in Rom adge- leugnet. E.D.) Reuter schreibt, daß in Londoner amtlichen Kreisen über den Fortschritt der Friedensbesprechungen völliges Stillschwei gen bewahrt werde. Wenn auch amtlich dementiert werde, daß Laval dem britischen Botschafter irgendwelche fest umrissenen Friedensporschläge mitgeteilt habe, so habe der französische Ministerpräsident d.och zweifellos über den Fortschritt der Friedensbemühungen berichtet, die eben noch nicht weit genug fortgeschritten feien, um ein» Berhandlungsgrundlag« abzu. Keine M«destvorfchläge Natt«««. Rom, 26. Okt. Im Anschluß an die Ende der letzten Woche eingeleiteten diplomatischen Unterhaltungen zwischen Rom, Paris und London haben in Rom seit drei Tagen keine wei teren Besprechungen stattgefunden. Nach Auskunft von italie nischer Seite hat jedoch die diplomatische Fühlungnahme keine Unterbrechung erfahren. Es seien aber, wie gestern cbend nochmals von unterrichteter italienischer Seite betont wird, keine formulierte« Mindestvorschläge stalle«» vorhanden. Auf italienischer Seite legt man in dem gegenwärtigen Verhand- lungszeitpunkt Wert darauf zu betonen, daß von Italien keine Verzögerung des Beginnes der Sühnemaßnahmen beantragt worben sei, und daß man in Rom auch gar nicht an eine solche Verzögerung glaube. geben. Die Rolle Englands bei diesen Friedensbesprechungen werde in London als die eines Beobachter» angesehen, der die Sache des Völkerbundes und Abessiniens vertrete. Soweit England überhaupt von Mussolinis Frledensbedingungen unterrichtet worden sei, sei dies durch Frankreich geschehen. Die Rolle Lavals bestehe offenbar darin, eine Brücke über die Kluft zwischen den italienischen Mindestforderungen und den Höchstzugeständnissen zu finden, die der Völkerbund in Ueber einstimmung mit seinen Grundsätzen machen könne. Eine hohe abessinische Persönlichkeit hat erklärt, daß nicht die geringste Aussicht auf Frieden bestehe, solange die Italiener auch nur einen Fußbreit Gebiet der Provinz Tigre besetzt hiel ten. Wenn der Kaiser einwillige, die Provinz Tigre an, die Italiener abzutreten, würde er innerhalb 24 Stunden seinen Thron verlieren, selbst wenn man eine finanzielle Entschädi- gung oder einen Ausgang nach dem Meere hin als Gegen leistung anbiete. GegenfStze zwischen Serriot und Laval. Pari», 25. Ott. Auf dem radikalsoz. Parteitag hielt Herriot eine Rede, in der er u. a. sagte: Die Frage laute nicht, ob Frankreich italienfreundlick oder englandfreundltch oder italienfeindlich oder englandfeinolich sei, sondern sie laute: „Ist Frankreich für oder gegen die Politik des Völkerbundes; will Frankreich die Genfer Politik befolgen oder nicht; will Frankreich Schluß machen mit der bisherigen Epoche und eine neue begründen oder will es zurückkehren zum System der Bündnisse, zum Gleichgewicht der Kräfte, zu Auffassungen, die stets -um Kriege geführt haben?" Nach, den üblichen Lobsprüchen auf seine „sowjetrusstschen Freunde" erklärte Herriot, Frankreich sei an die Durchführung des Dölkerbundspaktes durch seine Pflicht und durch seine Ehre gebunden. Als es 1924 das Genfer Protokoll ausarbeitete, sei es Frankreich gewesen, das Sühnemaßnahmen verlangt habe. Zwölf Jahre habe es gedauert, um England zu dieser Auffassung zu bringen. Könne Frankreich jetzt erklären, daß es seine Ansicht geändert habe und daß es nicht mehr Anhänger des Grundsatzes gemeinsamer Sühnemaßnahmen sei? * Di« Rede Herriots hat starke Beachtung gefunden, weil Herriots außenpolitische Ansichten zum Teil sn Widerspruch zu der von Laval verfolgten Außenpolitik stehen. So verweist man auf Herriots Betonung der unbedingten Pakttteue und auf das Unterstteichen der ftanzöfisch-sowjetrusstschen Freund- schäft, während Laval der französtsch-italienischen Freundschaft den Vorzug gebe. Man nimmt daher an, daß die Rede gewisse Auseinanderfttzungen im Gefolge haben werde. Dal-win eröffnet -en Wahlkampf. London, 26. Okt. Der Wahlfeldzug der nationalen eng lischen Regierung wurde am Freiata abend durch eine Rund- funkrede des Ministerpräsidenten Baldwi« eröffnet. Die Hoch- ziele der nationalen Regierung, so erklärte Baldwin, seien die Verbesserung der Lage im Lande und die Aufrechterhaltung des Friedens in der Welt. Er bitte erneut um das Vertrauen des Volkes, da beim gegenwärtigen Zustand der Welt nur eine fest im Sattel sitzende Regierung den Ausschlag geben könnte. Der jetzige Zeitpunkt für die Wahlen sei festgesetzt worden, da niemand für die außenpolitische Lage im Januar verbürgen könne. Der Krieg hätte abgestoppt werden können, wenn alle Nattonen im Völkerbund wären (?). Da jedoch Deutschland, Japan und die Vereinigten Staaten nicht im Völkerbund seien, sei die Aufgabe viel schwieriger. Baldwin fuhr dann fort: „Die dem Völkerbund ange- hörenden Staaten versuchen einen neuen Weg, und wir er fahren alle, daß dieser schwierig und nicht ungefährlich ist. Wir haben unsere Politik klar dargelegt: Kein isoliertes Vor- gehen, kein« Maßnahme, die nicht alle anderen Mitglieder mit machen. Ich weiß nicht, wielange die gegenwärtige kritische Lage dauern wird, aber wir treten in em neues Zeitalter in Europa ein, nachdem der Völkerbund jetzt versucht, seine Ver pflichtungen zu erfüllen. Dies ist keine Tagespolitik. Der Völkerbund wird wahrscheinlich ander« «nd schwierige Prüf««- ge« z« bestehe« habe«. Es gibt Gefahren des Friedens, nämlich Gefahren in der Art der auferlegten Sühnemaßnahmen. Wenn Sühnemaßn^hmen der strengsten Art auferlegt werden, dann wird dies unweigerlich zu einer Blockade führen und eine Blockade wirft die Frage de» Haltung der außerhalb de» Bölkerbunde« befi»d«ch,» Länder auf. Diese Tatsache hatte ich vdr Augen als ich erklärte, daß ich niemals den Eintritt Englands in eine Blockade gestatten würde, wenn wir nicht im vcraus der Stellungnahme der Vereinigten Staaten sicher wären. Was auch in der Zukunft bezüglich einer Blockade ge- schehen mag, die Hauptlast irgendeiner daraus folgenden Un- ruhe muß nn Anfang ans die englische Flotte fallen." Diese Flott« sei zum großen Teil veraltet und nur drei Schlachtschiffe stammten aus der Nachkriegszeit. Wenn England aber eine Politik der umfassenden Unterstützung des Völker bundes verfolge und wenn zu irgend einer Zeit als Folge von Sühnemaßnahmen ein Krieg mit einer Nation entstehen würde, dann Müßten veraltet« englisch« Schiffe gegen moderne Schiffe in den Krieg ziehen. Die englische Flotte würde zwar letzten Endes siegen, aber der Sieg müßte durch unnötige Opfer von Menschenleben erworben werden. England sei daher für eine kollektive Sicherheit-Politik. „Ich kann aber diese Politik nicht verfolgen, wenn ich nicht Vollmachten erhalte, die Schwäch« unseres Verteidigung»- system» zu heilen. Was wir wollen, sind nicht gewaltige Streit- käste, sondern daß unsere Leute mit den besten, heutzutage erhältlichen Waffen ausgerüstet sind, wenn sie zum Kampf auf- gerufen werden. Alle friedliebenden Leute hier und im Aus lande werden in den sicheren Verteidigungskräften unseres Landes das beste Bollwerk des Weltfriedens sehen. Unsere Außenpolitik darf nicht aufhören mit dem Dersucke, den Frie den für alle zu sichern. Wir müssen versuchen, die Grundlage de» interuattonalen Handel» zu erweitern, und das Vertrauen unter denjenigen Nationen wieder herzustellen, deren wirt schaftliche Lage wenig günstig ist." Zum Schluß erklärte Baldwin, er könne nicht versprechen, daß er die Arbeitslosigkeit heilen könne. Die nationale Regie rung werd« aber während der nächsten 4 Jahre versuchen, die Arbeitslosigkeit, die sie in den vergangenen 4 Jahren bereits um 1 Million verringert habe, weiter herabzusetzen. » «nihaltend die »««ich« B«»aunl»«»««a«« d«r A«l»hauplmanuschasl und d«» Bezirksoerband» Schwarzenberg, der Stablrät« in Aue, Sranhatn, Lößnitz, Neustädtrl «nd Schneeberg, der Finanzämter in Aue und Schwarzenberg. E» werden außerdem verbsfeniltcht: Bekanntmachungen der Amtsgericht« tu Au«, Schnreberg, Schwarzenberg, JohanngeorgenNadt und de» Stadlrotes zu Schwarzenberg. . Verlag L. M. Gärtner, Ane, Sachsen. Buu»lL<schlltk»kt«ll«r Aue, Fernrus Sammel-Nr. 2541. Lrahtauschrift r Dolksfreund Auesachsen. S«lchDN»ll«N««t Lößnitz (Amt Aue) 2940. Schneeberg 310 und Schwarzenberg 3124.