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Ireitag, Nr. 45. 4. Uovember 1864. Neustadt- DreSden, in der Expedi tion, tl.Meißn. Sasse Nr. 3, zu habe«. Sächsische DochtÜMA. DreiSt vierteljährlich ir'/»Ngr. Z« beziehen durch alle tgl. Post- Anstalten. Lin unterhaltendes Wochenblatt für den Würger und Landmann. Redacteur und Verleger: Friedrich Walther. Politische Weltschau. Deutschland. Nachdem bereits am Donnerstage voriger Woche die Verhandlungen der Wiener Conferenz zum Abschluß gebracht worden, ist am 30. October Mittags der Friede mit Dänemark im österreichischen Ministerium des Auswärtigen unterzeichnet worden. Noch an demselben Tage sind Counere nach Berlin und Kopenhagen abgegangen, um dort den Friedens vertrag zur Ratification vorzulegen. Letztere soll innerhalb der nächsten drei Wochen erfolgen; da aber die verbündeten Truppen nach dem Vollzüge der Ratification noch weitere drei Wochen in Jütland verbleiben, so wird auch bei der Einhaltung dieser Ter mine die Räumung der occupirten dänischen Provinz nicht vor dem 11. Dec. erfolgen. Ueber den Inhalt des Vertrags, welcher auS 24 Artikeln besteht, liegen bis jetzt nur unvollständige An gaben vor; doch wird versichert, daß derselbe fast durchgängig den Bestimmungen der Friedens-Präliminarien entspricht. Die neue Grenzlinie zieht sich in der Gestalt eines stumpfen Winkels zwischen beiden Meeren von Wester-Wedstedt nach Heilßmünde hinüber, indem sie in der Mitte nach Norden bis Vandrup an der Königsau hinaufsteigt und sich dann wieder südlich senkt, so daß die Herrnhuter Colonie ChristianSfeld nocb bei Schleswig verbleibt. Es ist demnach ein ziemlich beträchtlicher Streifen schleswig'schen Gebiets, welcher an Dänemark zurückfällt; nament lich behält es die auf der nordöstlichen Spitze Schleswigs ge legene Halbinsel Stenderup, welches ihm die Herrschaft über den kleinen Belt sichert. Von den nach den Friedens-Präliminarien zu theilenden Staatsschulden im Betrage von 95,734,337 dänischen Reichsthalern übernehmen die Herzogtümer 29 Mill. Reichßthlr. als Schuld gegen Dänemark; doch wird diese Schuld durch Abrech nung der Ansprüche, welche SchleSwig-Holstein auf das Activ- vermögen des dänischen Gesammtstaats zu machen hat, wesentlich abgemlndert. Die dänische Regierung hat sich verpflichtet, Ersatz für die gekaperten Schiffe zu leisten; für die bereits verkauften Fahrzeuge wird der Erlös zurückgezahlt, die noch übrigen Schiffe werden ihren Eigenthümern außgeliefert. — Wie aus einer Kopenhagener Mitteilung der National-Zeitung hervorgeht, hat der dänische Minister des Innern die Reichstagsabgeordneten aus Jütland zu einer Privatbesprechung zusammenberufen, um ihnen nähere Aufschlüsse über den Friedensvertrag zu geben und sie für die Genehmigung desselben günstig zu stimmen. Aus den Aeußerungen des Ministers ging hervor, daß die dänische Regierung wiederholt bei den deutschen Mächten über die nach ihrer Ansicht mit den Friedens-Präliminarien wenig übereinstim mende Behandlung Jütlands Beschwerde geführt, ohne jedoch in irgend einer Weise Berücksichtigung zu finden. Eben so wenig wie das Berliner und Wiener Kabinet hätten sich die neutralen Mächte, England, Frankreich und Rußland, geneigt gezeigt, die dänischen Beschwerden zu beachten; die betreffenden Gesuche um Vermittelung seien erfolglos geblieben. Namentlich habe man von deutscher Seite Ersatz für die genommenen Schiffe gefordert, unter dem Vorgeben, daß die Blockade nicht effectiv gewesen sei. Die dänische Regierung beklagte sich deshalb in London; Lord John Russell wollte jedoch nichts mehr mit dieser Angelegenheit zu thun haben. AuS Paris erhielt man gar keine Antwort und aus St. Petersburg den guten Rath, sich an die Gnade der Sech-unbzwanzigster Lahrgang. IV. Quartal. Sieger zu wenden. Die Friedensbedingungen seien daher für Dänemark sehr ungünstig ausgefallen. Aus diesen Mlttheilungen des dänischen Ministers läßt sich entnehmen, daß von den aus wärtigen Mächten irgend ein Einspruch gegen einzelne Bestim- mungen deS Friedensvertrags nicht zu erwarten steht, so sehr man sich auch in Kopenhagen Mühe gegeben haben mag, einen solchen hervorzurufen. Auch bestätigen die neuesten Nachrichten aus Paris, daß man dort die Vertragsbestimmungen für glimpf lich erachtet und Dänemark einen Rückhalt bei der französischen Regierung nicht im Entferntesten erwarten darf. Ein Gleiches dürfte in London der Fall sein, wenn gleich die englischen Blätter nicht unterlassen werden, ihre ohnmächtigen Anklagen über die angeblich an Dänemark verübte Vergewaltigung von Neuem aufzutischen. , Wie eS nach dem abgeschlossenen Frieden mit der Besetzung Holsteins gehalten werden soll, darüber gehen die Nachrichten noch sehr auseinander, und es scheint sicher, daß bis jetzt in dieser Beziehung eine Vereinbarung zwischen Oesterreich und Preußen noch nicht getroffen worden ist. Wiener Blätter versichern, daß Oesterreich keineswegs die Ansicht Preußens theile, wonach nun mehr der Abzug der sächsischen und hannöverschen Truppen beim Bunde unverweilt beantragt werden soll Das Wiener Kabinet hege vielmehr die Absicht, eine gleichmäßige Reduction der öster reichischen und preußischen Truppen in den Herzogthümern zu beantragen und gleichzeitig auch eine Verminderung der Bundes truppen in Holstein zu verlangen, so daß den Herzogthümern eine wesentliche Erleichterung gewährt, daneben aber dem deutschen Bunde durch Verbleiben eines Theils der Executionstruppen sein Recht gewahrt werde. Der Behauptung gegenüber, daß nach der Ab tretung der Elbherzogthümer die Erecution gegenstandslos geworden sei, wird geltend gemacht, daß diese Bundesmaßregel ursprünglich zur Herstellung eines bestimmten, vom Bunde garantirten Ver- fassungSgesetzes unternommen worden sei; diese Herstellung könne aber nur durch den Souverän erfolgen, der bis jetzt noch nicht in seine Rechte eingesetzt sei. Der Bund habe sonach das Recht, die Erecution auch jetzt noch, nachdem der factische Besitz der Herzogthümer an Oesterreich und Preußen übergegangen, fort dauern zu lassen, und zwar so lange, bis der eigentliche Zweck derselben vollständig erreicht sei. Ob Oesterreich diese Ansicht consequent festhalten wird, läßt sich allerdings wenig verbürgen; gewiß ist nur, daß sich die preußische Regierung alle Mühe giebt^ die „völlig überflüssigen" Erecutionstruppen so bald als möglich aus Holstein hinauszubringen. Jedenfalls kann eine Erörterung dieser Frage im Schooße der Bundesversammlung nun nicht mehr lange hinausgeschoben werden. Im Herzogthum Nassau hat die Regierung ihre Absicht, die Ständeversammlung aufzulösen, nunmehr zur Ausführung gebracht, obgleich die im Lande herrschende Stimmung laut genug dafür spricht, daß auch bei einer Neuwahl die liberalen Elemente, welche dem Ministerium so viel Sorge machen, nicht ferngehalten werden können. Die Klerikalen, welche fest zu dem ReactionS-Ministerium stehen, halten fast täglich öffentliche Versammlungen, um den Geist deS Fortschritts zu bannen, was ihnen jedoch bis jetzt noch nicht gelungen ist. Die Liberalen sind ihrerseits nicht minder rührig, und da ihre Zusammenkünfte auf nassauischem Boden untersagt sind, so begeben sie sich zu diesem Zwecke nach dem 45