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Französische Stimmungsmache siir Gens Re Weis» Presse Paris» 27. Dez. In der französischen Presse setzt jetzt jene Stimmungsmache ein, die man stets beobachten kann, wenn im Bölkcrbundsrat eine deutsch-polnische Angelegenheit zur Debatte stellt. Die meisten Blätter neben sich gar nicht erst die Muhe, die deutschen Arnumente zu untersuchen,' denn die pol nischen sind für sie von vornherein unfehlbar und unantastbar. Nachdem der polnische Außenminister im „M atin" eine Er klärung über die Ntedcrlane der deutschen Minderheiten in Oberschlesien abncneben hat. werden seine Arnumente ver breitet und im „T e m p ö" wie ein Evangelium ausnedeutet. um den deutschen Noten an den Bölkcrbundsrat jede sachliche Bedentnnn zu nehmen. Die Nervosität, die nach Ansicht des „TempS" die NetchSrenierunn zeint, sei, so meint das Blatt, zurückzufübren auf nationalistische Be einfluss» nn und auf den Wunsch, alle Zwischenfälle aus zubeuten, die sich in der Grenzgegend ereinnet hätten, und die sich anscheinend anS der Tatsache heraus erklären dürsten, das, man sich in Berlin darüber klar sei, das, die Zeit für Polen arbeite und die Stellung der Republik Polen sich immer mehr festige, zumal die Angleichnng der nichtpolnischen Elemente immer leichter werde. Nicht die Art des Vor gehens Polens aeaenüber der deutschen Minderheit bestimme die Haltung des Berliner Kabinetts, sondern der Rückgang des deutschen Elements in Obcrschlcsien löse in Berlin Besorgnis aus. Wenn Deutschland seine Interventionen in Genf ver doppele und versuche, die Frage der Revision der Ver träge und der Ost grenze in den Vordergrund zu ziehen, so werbe es von der Lage der Dinge gedrängt. Es wolle bandeln und zum Ziel« kommen, bevor eS zu spät sei. damit seine ehrgeizigen Pläne im Osten auf Kosten eine» Polen verwirklicht werden könnten, bas eine Macht geworden sei. der das Alldeutschtum nicht mehr ernstlich Abbruch tun könne. Seeckt über das kommende Rechtskabinett vrabtmolcknng uuuvror Kvrltnvr Svdrlklivliung Berlin, 27. Dez In der Pariser Presse hat eine Umfrage der „DAZ.", die sich mit dem Problem der Einbezie- bungderNationalsozialisten in ein neuzubildendes Rechtskabinett besaht hat, grosses Aufsehen erregt, be sonders. weil im Rahmen dieser Umfrage sich General von als Anwalt Polkas Seeckt sehr positiv ausgesprochen hat. Er hat nämlich diese Frage mit einem uneingeschränkten Ja be antwortet und seine Bejahung mit folgenden Worten begrün det: „Die neue Rechtsrcgicrung muh die Form eines Keils haben, dessen stählerne Spitze die Vernunft ist, die von der Macht vorwärts getrieben wird gegen die Wand wirtschaft licher Hemmnisse und äusserer Feindschaft. An diesen führen den Keil schließen sich rechts und links, ihn verstärkend und seine Wirkung verbreiternd, alle die Kräfte des Volkes an, die reinen Wollens und festen Willens sind. Zur Entfaltung der vollen Stoßkraft bedürfen wir ebenso der Masse der im Grunde ihres Herzens deutschen, gegen das russische Gift gefeiten Arbeiterschaft und der national begeisterten Jugend aller Stände aus Stadt und Land. Bei dem Stoß eines solchen Keils", fährt General von Seeckt fort, „werden Späne fliegen. Das ist unvermeidlich. Das werden die Fei gen sein und die Lauen und die Undeutschen, die Formalisten und die Bürokraten, und es wird nicht schade um sie sein." Kein Wunder, daß auch nur die Erörterung solcher Aus sichten in Frankreich außerordentlich be unruhigt hat. Auch -ie Türkei will Revision London, 27. Dez. Der Korrespondent der „Times" in Konstantinopcl meldet: Die türkische Negierung erklärt in ihrer letzten Mitteilung an den Rat der ottomanischen Schuld, da der Rat es abgelehnt habe, irgendwelchen Abänderungen des Pariser Abkommens von 1928 zuzustimmen, beabsichtige sie, nunmehr direkte Verhandlungen mit den Inhabern der ottomanischen Obligationen zu führen Der Korrespondent fügt dieser Meldung noch hinzu, daß abzuwarten bleibe, ob solche Verhandlungen möglich seien und ob sie irgendwelche Aussicht auf Erfolg hätten. Eröffnung -es japanischen Parlaments Tokio» 27. Dez. Der Kaiser hat heute mit dem üblichen „Zeremoniell das Parlament eröffnet, das sich unmittelbar darauf bis zum 22. Januar vertagte. Wahrscheinlich wird die neue Session ruhig verlausen. Weder im Unterhaus noch im geheimen Staatsrat droht der Regierung irgendwelche Gefahr. Deutschlan-s Klagemauee So hat ein Pariser Blatt kürzlich die Minder heitenfrage bezeichnet. Zum Schaben haben wir da auch noch den Spott. Und die Bosheit obendrein. Denn es ist böswillig im höchsten Grad, wenn man Deutschland unter stellt, daß ihm die Not und die Drangsal seiner Volksgenossen außerhalb der Grenzen gerade gelegen komme, um der Welt als ewiger Querulant und aufdringlicher Störenfried mit seinen Klagen in den Ohren zu liegen. Wer den Frieden» sogar den für alle christlichen Völker heiligen Weihnachts- frieben, in Wirklichkeit stört, das lehren die Tatsachen dem» der guten Willens ist» sie zu verstehen, jeden Tag. Ist doch sogar die stille Zeit „zwischen den Jahren", in der die „große" Politik schlafengegangen ist. angefüllt mit Vorfällen, die den rücksichtslosen Willen der in Versailles neugeschaffenen Grenz nachbarn offenbaren, das Deutschtum innerhalb ihres Macht bereichs zu entrechten, zu unterdrücken und zu vernichten. Da rauben die Polen gegen verbrieftes Recht eine deutsche Schule und die Tschechen wette deutsche Ländereien, dort werfen die Serben einen anerkannten Deutschtumsführer unter nichtigen Vorwänden ins Gefängnis und kündigt ein neuer italienischer Beamter „verschärften Kurs" für Südtirol an. Dazwischen hinein platzen tagtäglich staatliche und pri vate Uebergriffe, Schikanen und Gewalttaten aller Art, so daß die Zeitungen kaum Nachkommen mit der Bericht erstattung. Während die Staatsmänner überall in Weih- nachtsferie« ILgangen und die Büros der Auswärtige« Aemter geschlossen sind, empfängt Briand in Paris am Heili gen Abend den polnischen Botschafter und arbeitet mit ihm den Feldzugsplan für die Januartagung in Genf aus. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, um zu erraten, was sich der Franzose und der Pole gesagt haben mögen. Für Briand liegt ja die französische Grenze an der Weichsel: er weiß von dem „elsaß-lothringischen Unbehagen" her. wie unangenehm lästig so ein rassenfremdcr Bestandteil im Staate ist, wenn man ihn nicht verdauen kann. Darum sind sie sich gegen die deutschen Minderheiten immer schnell einig ge wesen. Auch aus Sem Preßecho kann mau entnehmen, -aß der französische Außenminister der Warschauer Regierung sicher nicht zum Einlenken geraten, sondern eher Mittel emp fohlen hat, wie man den mit drei Protestnoten geführten deutschen Vorstoß am besten abwehren kann. Mit diesem Vorgeplänkel hat eine außenpolitische Ent scheidungsschlacht begonnen, deren weittragende Bedeutung mir nicht deshalb übersehen dürfen, weil uns innere Sorgen auf den Nägeln brenne». Es ist die seit Jahren vorbereitete» zuletzt in Madrid und in Genf zugespitzte Auseinandersetzung um die Frage, ob die in ganz Europa verstreuten deutschen Volkskörper als solche untergehen und sich ihren Hcrren- völkern angleichen oder ob sie das Recht aus Eigenleben be- halten sollen, ob das Deutsche Reich kraft der Schutzverträge in allen norkommendcn Streitfällen ihr legitimierter Anwalt vor dem Tribunal des Völkerbundes ist oder ob der deutsche Einspruch als „Eingriff in die inneren Angelegenheiten" souveräner Staaten zurückgewiesen werden darf. Beide Auf fassungen stehen sich schroff gegenüber: die Assimilativns- theorte der Mindcrheitenstaaten und die Idee vom Sclbst- bestimmungsrecht, vertreten von Deutschland, das unter Miß brauch eben dieser Idee zerstückelt worden ist. Alle Teilhaber am Raub von Versailles haben begriffen, daß es jetzt nicht mehr um Teilfragen geht, sondern ums Ganze. Unver- zttglich haben sie sich zu einem Klub der Mindcrhcttenschinder zusammengeschlvssen. und unter des Friedensapostels Briand Fittichen versucht, Deutschland noch vor Beginn der Ausein andersetzung die Waffe aus der Hand zu schlagen, die ihm durch den Zufall des Ratsvorsitzcs im Januar gegeben ist. Wir haben hier die Neigung des Auswärtigen Amtes be kämpft, die dahin ging, vor dieser in Belgrad cingefädelten Intrige zurückzuweichen und aus lauter Vornehmheit den Vorteil des Ratsvorsitzcs wegzuwcrfen. Wir müssen aber, wenn wir so rücksichtslosen Gegnern gegenüber bestehen und den Millionen Volksgenossen wirklich Helsen wollen, einen Schritt weitergehen und dteMct hoben unserer Min« öerheitenpoltttk grundsätzlich ändern. Bisher war doch im Rahmen der allgemeinen deutschen Politik auch bei der Vertretung der Minderheitenintcressen „Verständigung" baS Leitmotiv. Immer und überall, wo ver gewaltigte deutsche Minderheiten beim großen Muttervolk Rechtsschutz suchten, wurde leise getreten, wurden faule Kom promisse geschlossen, die nicht das Schreibpapier wert waren. Die bittersten Enttäuschungen wurden hingenommen. nur um die holde Eintracht im hohen Genfer Rat nicht durch Miß« klänge zu stören. Wieweit wir damit gekommen sind, das zeigen am besten die jüngsten Vorgänge In Polen. Fußtritte waren die Antwort aus jede Beschwerde, schallende Ohr feigen» die in Deutschlands Antlitz brennen. Und nicht nur dort, auch in der Tschechoslowakei, in Litauen und Süd- slawien ging der Bernichtungsfeldzug gegen das Deutschtum im Zeichen ewiger deutscher Verständigungsbereitschaft fort. Man glaubt einfach nicht mehr, baß cs uns Ernst ist mit dem Schutz der Minderheiten, daß wir ihr Schicksal als ein« nationale Angelegenheit empfinden und um ihretwillen mehr riskieren wollen, als ein paar unverbindliche Noten. Darm» Benes» - PrMent »er Abkliilmigskoiisereitz? Eine Rundreise »ur» »ie SauvWdte angeregt London, 27. Dez. „Daily Herald" weist crnent daraus hin, daß diejenigen, die in enger Verbindung mit internationalen Kreisen stehen, den tschechoslowakischen Außen minister Bene sch als wahrscheinliche« Präsidenten der Abrüstungskonferenz im Jahre 1982 nennen. Die Berufung des Präsidenten werde eine der wichtigsten und der schwersten Ausgaben sei«, die der Völkerbundsrat im Januar zu lösen habe denn diese Stellung verlange dauernde Arbeitskraft und politische Tüchtigkeit und Gewandtheit erster Ordnung. Man sei jetzt allgemein darüber klar, daß die Konferenz, die vielleicht die wichtigste zu unseren Lebzeiten sein werde, nur dann zu einem Erfolge führen könne, wenn sie sehr sorg ältig vorbereitet werde. Es werde daher vor- gclchlagen, daß der Präsident im Lanfe des Jahres 1981 die wichtigsten Hauptstädte der Welt besuche, um iu deu haupt sächlichste« Pnnkten der Abrüstung eine vorläufige lieberer» st immung zu erzielen, ehe die Konferenz beginne. Der Präsident sei also die Person, von der der Erfolg der Abrüstung zum großen Teile abhänge. Ser Rattvnalrat gemlmtgt »rn deutsch- öitmetchlschrn »antelkverlrav Wien. 27. Dez. Der Nationalrat hat heute denHanöels- vertrag zwischen Oesterreich und dem Deutschen Reiche mit dem Abkommen über den kleinen Grenzverkehr, ferner deu Vertrag über die Rechtshilfe in Zoll sachen sowie den Vertrag zwischen Oesterreich und dem Reiche über die Sozialversicherung nach den Berichten der Referenten nach kurzer Debatte angenommen. Zur Debatte sprachen nur sozialdemokratische Abgeordnete, die dem Wunsche Ausdruck gaben, den Handelsvertrag durch Ver tiefung und Angleichung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten weiter anszugestalten und zu diesem Zweck einen gemeinsamen Ausschuß aus deutschen und österreichischen Parlamentariern zu bilden. Der deutsche Gesandte, Graf Verchenfeld, wohnte in der Dtplomaten- loge der Sitzung bet. Rin polnisches Schnittholz mehr vrabtmslüun«, unnoror Korllnor SebrlMollnng Berlin, 27. Dez. Das deutsch polnische -Holzabkommcn, das Um 81. Dezember d. I. abläust, wird, wie in der Wtlhelm- straße verlautet, weder verlängert noch erneuert werden. Bereits am lü. Dezember hat Pole« versucht, etue Ber- längerung des Abkommens hcrbeizusühren. Am 23. Dezember hat die deutsche Regierung ihre endgültige Antwort erteilt, aus der hervorgeht, daß eine Verlängerung für Deutschland nicht möglich ist und daß an eine Er neuerung dieses oder eines ähnlichen Abkommens auf Grund der parlamentarischen Verhältnisse in Deutschland und der allgemeinen deutschen Wirtschaftslage nicht gedacht werden kann. Infolgedessen tritt am 1. Januar ein vcrtrags- loser Zustand ein, der einem Einfuhrverbot für pol nisches Schnittholz gleichkommt. In holzwirtschaftlichen Kreisen wird angesichts der schweren Notlage der deutschen Forstwirtschaft, die ihr Holz zu tragbaren Preisen aus Grund des polnischen Holzdumpings nicht mehr abznsctzen vermochte, diese Haltung der Reichöregierung lebhaft begrüßt werden. Mi ölaalstommissacr für Breslau bestellt Breslan 27. Dez. Wie amtlich mitgetcilt wird, hat der Regierungspräsident zwei Staatökommissare für die Stadt Breslau bestellt. Eine eingehende Prüfung der finanziellen Verhältnisse der Stadt Breslau durch Kommissare des Innen- und Finanzministers hatte ergeben, daß die augenblickliche Kasten- und Finanzlage der Stadt Breslan zwar nicht zu Besorgnissen Anlaß gibt und auch nicht so un günstig ist wie diejenige zahlreicher anderer Großstädte. Ta aber nicht zu erwarten ist, daß der Magtstrat die Steuer- erhöhungcn. die im Rahmen des großzügigen Sanierungs- Programms für die Sicherstellung der Finanzen der Stadt BreSla» für die nächsten Jahre vorgesehen sind, beschließen wird, sind die beiden Staatskommissnrc zunächst zur Durch führung der neuen Steuern bestellt worden. Es handelt sich um die Erhöhung der G r » u d v c r m ö g e n s ft e u e r mit Wirkung kür das ganze Rechnungsjahr 1930 um 60 v. H. auf lOO v. H. und um die Verdoppelung der Ge rn c i » d c b i e r st e u e r mit Wirkung vom 1. Januar 1931 gemäß der Notverordnung. Die Bristol» GektrtzWswnke mbraimt London, 27. Dezember. Am Weihnachtsabend zerstörte ein Großseuer die neuen Elektrizitätswerke in Portisheald säst vollständig, so daß die Stabt Bristol zeitweilig völlig ohne jede Beleuchtung war. Annähernd 4000 Liter Oel gingen in Flammen auf. die 26 Meter hoch ansschossen. Etwa eine halbe Stunde lang bildete das ganze Werk ein einziges Flammenmeer. Erst nach vier Stunden gelang eS den Feuerwehren auö Bristol, des Feuers einigermaßen Herr zu werden. Alle Juweliere in Bristol schlossen wegen der Dunkel heit Ihre Läden. Die Lichtspieltheater mußten zunächst ihren Betrieb cinstellcn, bis es möglich war, bei behelfsmäßiger Be leuchtung die Vorführungen sortzusehcn. Vor 28 Jahren war das Elektrizitätswerk von Bristol vollständig nieder- gebranut, «ud »war auch am Weth»acht»abe»b.