Volltext Seite (XML)
Schönburger Tageblatt »-<qeiul täglich mit «usoahme der Lage n«ch Sonn- und Festtagen. A>m,hme von Inseraten für die nächster- Heuiende Nummer bi» Bormittag» '/>H Uhr. Ler »donnementsprei« beträgt vierteljähr- Nch 1 M». SV Pf. Einzelne Nrn. 10 Pf. gerate Pro Zeile 10 Pf., für au-wärt» 15 Pf. L«bell»rischer Satz wird doppelt berechnet. Filialen: in Nltstadtwaldenburg bei Herrs Otto Förster; in Callenberg bei Hr». Strumpf wirker Fr. Herm. Richter; in Kaufunzen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchur» dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wil helm Dahler; in Rochsburg bei Herrn Pa»! Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Herm. Wilden hain; in Ziegelheim bei Herrn Tdnard Kirste» «nd Waltendllrqer Ameiqer. Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamisbczirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Langer. leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 37.Donnerstag, sen 1L. Februar 1906. Witteruug-bericht, ausgenommen am 14 Februar, Nacbm. 3 Uhr. V irometerftaud 755 oam reduziert auf den Meeresspiegel. Therwometerstaud -f- 1,5° 6. iD orgenS 8 Uhr — 0,5° O. Tiefste-Nachttemperatur — 2,5° (?.) Feilchttgkeitt- gezalt der Luft nach Lambrechts Polpmeter 80V». Laupuukt — 1,5° 0. Ki«-richt«vg: Ost. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 0.» MW Dauer WitternnqSauSstchten für den 15 Februar: Trübe und neblig mit Niederschlägen. Bekanntmachung. Die Uebersendung der Kriegsbeorderungen (auf rotem Papier) und der Patznotizen (aus weißem Papier) erfolgt in der Zeil vom 1.—15. März durch die Gemeindebehörden. Jeder noch nicht zur Meldung gebrachte Wohnungswechsel ist sofort dem Hauptmeldeamt zu melden. Diejenigen Mannschaften des Beurlaubtenstandes, ausgenommen Ersatz- Reserve, welche vom 1.—15. März in der Zeit von 8—12 Uhr und 2—5 Uhr nicht selbst zu Hause sein können, haben einen Anverwandten, Mitbewohner, den Quartier- Wirt u. s. w. mit der Empfangnahme des Befehls zu beauftragen. Jeder Unteroffizier und Mann der Reserve, Landwehr I. und n und jeder Dispofitionsurlauber, der bis 15. März noch keine Kriegsbeorderung oder Patznotiz erhalten hat, hat dies umgehend dem Hauptmeldeamt schriftlich oder mündlich zu Milden. Tie Ersatz-Reserve hat diese Meldung nicht zu erstatten. Tie bisherigen Kriegsbeordelungen und Paßnolizen, die bis 31. März gültig waren sind am 1. April von den Mannschaften selbst zu vernichten. Königliches Bezirks-Kommando Glauchau. Der Mühlenbesitzcr Herr Otto Bruno Ebert in Langenchursdorf ist heute als Gerichtsschöppe für Langenchursdors an Stelle des bisherigen, auf seinen Antrag von seinem Amte enibundenen Gerichtsschöppen Herrn Gutsauszügler Friedrich Richter ver pflichtet worden. Waldenburg, am 13. Februar 1906. Königliches Amtsgericht. "Evatdenbirrst, 14. Februar 1906. Mit der harmlosen Unbefangenheit, die in unserer Zeit des Kittern Ernstes, des steten Rechnens und ungestümen Drängens so angenehm berührt, fährt der Reichstag fort, die ihm zugemessene Zett mit anmutigen Redeübungen aus- zusüllen. Ter Etat harrt noch der Erledigung, und der Präsident hat die Abgeordneten eindringlich daraus aufmerk sam gemacht, daß die Redelust gezügelt werden müsse, wenn das Gesetz rechtzeitig ferliggestellt werden solle, aber viele Tage lang bietet der einzige Etatsposten, der das Gehalt des StaatS- fekretärs des Innern betrifft, Gelegenheit zu Reden, in denen neunmal Gesagtes zum zehnten mal vorgebracht wird. Und nun hat man einen vollen Sitzungstag dem sozialdemokratischen Antrag gewidmet, der m den Bundesstaaten ,ür alle über 20 Jahre alten Reichsangehörigen ohne Unterschied deS Geschlechts das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht ein- führen will. Tas für den Reichstag geltende Wahlrecht gilt also den Vertretern der Sozialdemokratie schon als .rück- ständig", es soll sür die Einzelstaaten noch bedeutend er- Weitert werden, auch die zwanzigjährigen und die Frauen sollen an die Wahlurne treten können. Mit solchen gerade für die jetzige bewegte Zeit so schön passenden Experimenten besaßt sich der Reichstag allen Ernstes eine ganze Sitzung lang. Er bietet den erquickenden Anblick eines Mannes, der mitten im Getümmel des Kampfes sich hinsetzt und Seifen- blasen steigen läßt. Wenn die Vorzüge einer aus dem all- gemeinen gleichen Wahlrecht hervorgegangenen Volksvertretung uns deutlich gemacht werden sollten, so konnte das freilich am nachdrücklichsten durch solche nützliche Verwendung der Zeit geschehen. Daß die Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechts durch diese Debatte eine Förderung erfahren werde, haben die Sozialdemokraten natürlich selbst nicht geglaubt. Sie wollten nur einen neuen Agitationsstoff haben, da sie ja stets darauf bedacht sein müssen, die Massen in Bewegung zu erhalten. Wenn heute das sür die Einzelstaaten geforderte Wahlrecht bewilligt würde, so würden sie morgen eine neue Forderung stellen, etwa die Ernennung der Minister durch die Volksvertretungen, und so mit Grazie weiter. Die prak tischen Folgen der Wahlrechls-Debatle können uns also kalt lassen. Aber der Antrag rüttelt an der Reichsverfaflung, und das ist neben der Zeitverschwendung das Bedenkliche an der Sache. Tie Bundesstaaten sind in den nicht aus drücklich dem Reiche vorbehallenen Angelegenheiten völlig selbständig, um die Zusammensetzung der Volksvertretungen in den Einzelstaaten hat sich das Reich nicht im geringsten zu kümmern. Trotzdem gewahren wir hier wie schon bei vielen andern Gelegenheiten im Reichstag das Bestreben, über die gesetzliche Zuständigkeit des Reichstags hinaus in die Rechtssphäre der Einzelstaaten hinüberzugreifen. Der Bundes bevollmächtigte für Lübeck hat dieses Verfahren mit gebühren der Schärfe zurückgewiesen, wir möchten wünschen, daß in allen ähnlichen Fällen ebenso schneidige Abwehr vom Bundes ratstische aus erfolgte. Die Sozialdemokraten haben mit ihrem Antrag ganz unbedenklich eine Erweiterung der Reichs- Verfassung gefordert, die aufs tiefste in das innere Leben der Bundesstaaten eingreisen wurde. Was würden sie da gegen für einen Lärm erheben, wenn von entgegengesetzter Sette einmal eine Aenderung der Reichsverfassung angeregt, etwa eine Beschränkung des Reichstagswahlrcchts befürwortet würde, wie würde man da sogleich mit der Beschuldigung der Vergewaltigung, deS Rechtsbruchs rc. bei der Hand sein, obwohl ein solcher Vorschlag doch nichts anderes wäre, als das, was der sozialdemokratische Antrag in sich schließt. Einen solchen Vorschlag macht eben Niemand, weil man an der Reichsverfaflung ohne die äußerste Not nichts ändern will, weil man mit Recht daran sesthält, daß an diesem Grundgesetz unsers öffentlichen Lebens nicht gerüttelt werden soll. Dann sollten aber auch die Sozialdemokraten ihre Hand davon lassen. Zu einem hübschen Eiertanz hat der Antrag dem Zentrum Gelegenheit gegeben, das sich ja besser als irgend eine andere Partei zu drehen und zu wenden versteht. Wie bekannt, spielt sich die Zentrumspartei stets als die berufene Wäch- terin der Rechte der Einzelstaaten auf; ja, wenn irgendwo noch verbissener Partikularismus vorhanden ist, dann ist es in ihren Reihen. Ter sozialdemokratische Antrag hätte nun den Zentrumsleuten eine wunderschöne Gelegenheit gegeben zu einem flammenden Protest gegen diese Einmischung des Reichstags in die Angelegenheiten der Einzelstaaten. Aber das ging beileibe nicht; man kann die Begeisterung für das allgemeine gleiche Wahlrecht gelegentlich ja selbst ganz gut als Agitationsstoff gebrauchen und macht mit diesem Wahl- recht auch gar keine schlechten Geschäfte. Also verfaßte man eine wohl verklausulierte Erklärung: Tie Sache ist der Zuständigkeit deS Reichstags entgegen. Aber man wird das, was das Reich seinen Bürgern durch das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht geboten hat, auch den Bürgern der Einzelstaaten gewähren müssen. Wenn darum die Regierungen dem Reichstage einen Gesetz entwurf zugehen kaffen, der die Zuständigkeit des Reichstags zur Einführung dieses Wahlrechts in den Einzelstaaten auS- spricht, dann stimmen wir zu. So hat die Zentrumspartei also ihre Verbeugung nach allen Seiten gemacht. Sie hat die Rechte der Einzelstaaten verteidigt und sie Hat sich ihren Wählern gegenüber als Vorkämpferin des allgemeinen Wahl rechts erwiesen. Daß die Regierungen nicht daran denken werden, den Gesetzentwurf vorzulegen, dem sie ihre Zustim mung versprochen, weiß sie selbst am besten; aber es nimmt sich gut aus, eine solche Lanze für Erweiterung der Volks rechte zu brechen, und weiter hatte es keinen Zweck. Tas Auguren-Lächeln hätten wir sehen mögen, mit dem man in der Fraktionssitzung des Zentrums die Erklärung sestsetzte: Das haben wir wieder einmal fein gemacht, mag es in den listigen Aeuglein geblitzt haben. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser, der am Montag Abend den Botschaftern in Berlin ein Essen gab, besuchte am Dienstag den Reichskanz- ler und hielt dann »im Schlöffe eine Sitzung des Kronrats ab. König Oskar von Schweden, einst der Freund „unseres Fritz", trifft zum Besuche des Kaisers am 22. Februar in Berlin ein und verweilt dort bis zum 24. Der Besuch er folgt auf der Durchreise nach dem Süden, wohin sich der König aus Gesundheitsrücksichten begibt, und dürfte vielleicht auf den zwischen Deutschland und Schweden wieder begonnenen Meinungsaustausch über einen Handelsvertrag nicht ohne Einfluß jein, wenn er auch keinen direkt politischen Zweck verfolgt und in erster Linie die Erwiderung auf den Besuch darstellt, den unser Kaiser im vorigen Jahre dem König machte. Seine Absicht, den Beisetzungsseierlichkeiten in Kopenhagen beizuwohnen, hat König Oskar aufgegeben; er läßt sich durch den ältesten Sohn des Kronprinzen vertreten. Tie angekündigte Kronratssitzung unter dem Vorsitze des Kaisers und Königs hat am Dienstag Vormittags im königlichen Schlöffe zu Berlin stattgefunden. Zur Beratung standen u. a. die Polen» und namentlich die Hcimarbeiter- srage. Tie unbefriedigenden Lohn- und Arheitsverhältnifle in der Heimindustrie, über die sich unsere Kaiserin auf der Berliner Ausstellung persönlich unterrichtet und für welche die hohe Frau das warme Interesse des Kaisers erregt hatte, gaben den unmittelbaren Anlaß zur Einberufung der Kronratssitzung. Welche Maßnahmen im einzelnen zur Lin derung der in der Heimindustrie herrschenden Not beschlossen worden sind, ist noch nicht bekannt gegeben worden, doch unterliegt es keinem Zweifel, daß dem Elend durch die Reichsgesetzgebung nach Möglichkeit gesteuert wird. Tie Steuerkommission des Reichstags lehnte die Re gierungsvorlage über die Fahrkartensteuer ab, indem sie einen nationalliberalen Vermittelungsantrag annahm, und zwar gegen die Stimmen der Antisemiten, Polen, Freisinnigen und Sozialdemokraten, dem zufolge die Stempelabgabe nach der Kilometerzahl der Strecke, auf welche die Fahrkarte lautet, zu entrichten ist. Es soll gezahlt werden für die 1. Klaffe pro Kilometer I Pfennig, sür die 2. »/, Pfg. und für die 3. Klaffe Pfg. Tic 4. Klaffe soll frei bleiben. Straßen- bähen gelten als Wagen 3. Klaffe. Fahrscheine auf inlän dischen Wasserstraßen sollen mit */, und Pfg. pro Kilo meter versteuert werden. Die ganze Fohrkartensteuer soll 45 Millionen Mark einbringen. Am heutigen Mittwoch wird die Automobilstruer beraten, zu der ein Kompromiß- antrag des Zentrums und der Nationalliberalen eingebracht worden ist. Die Budgetkommission des Reichstags bewilligte bei fortgesetzter Beratung des Etats für Teutsch-Ostasrika die zur Entlastung der Schutztruppe geforderte Verstärkung der Polizeitruppe und unterhielt sich eingehend über den Einfluß des Islams im Hinterlande von Teutsch-Ostafrika. Die Unmöglichkeit, den Etat im Reichstage rechtzeitig, d. h. bis spätestens zum 31. März fertigzustellen, hat sich jetzt mit unzweifelhafter Gewißheit herausgestellt. Die Lage ist durch die Fülle der Vorlagen, die ihrer Erledigung harren, außer dem Etat die Finanzreform, Militärpension, Flottenvorlage usw., dermaßen kompliziert, daß sich gar nicht absehen läßt, wenn die gegenwärtige Tagung einmal ihr Ende finden wird. Um die Sessionen zu verkürzen und namentlich, um nicht ein Vierteljahr auf den Etat verwenden zu müssen, macht man laut „Berl. N. N." jetzt in einfluß reichen politischen Kreisen für den Gedanken Propaganda, zweijährige Etatsperioden einzusühren, um für die übrigen Reichsgesctze mehr Zeit zu erlangen. Zwischen Regierung und Vertretern der maßgebenden Reichstagsparteien haben in den letzten Tagen Verhandlungen