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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.01.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188501162
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850116
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850116
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-01
- Tag 1885-01-16
-
Monat
1885-01
-
Jahr
1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.01.1885
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L^rsedeint täqlick früh 6'/,Uhr. Uk-artioil und Lrprditioi, JobanneSgasse 33. Aptklliüuiidrn drr Nrönctioir. Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. k tie Stuajov« kineelonriee liiinulcrivt- Macht ftch dir «ktactwn ,»cht vcrdmdtich Annahme -er sür -te nächstfolgende Rümmer bestinimten Insel aie an Wochentagen -iS :i Nur Nachmittags, an Soun miv Festtagen früh biv'llqr. In den /ilialrn für Ins.-^nnahmr: Dito Klemm. llniversiiLtSstratze 21. i!ou«S Wäsche, Kaldarinensiraße 18, p. „nr bis '/,3 Ndr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage IG,73» Ävonnemrntsvrlis viertel,. 4", /8K. incl. Bringerlohn 5 Mk„ durch die Post dezvge» 6 Mk. Jede einzelne itumincr 20 Pf. Beleg,-xemplar 10 Pi. Cebülire» für Ertrnbeilagen iin Tage! lall-Focinat gesalzt) ohne -d-vstbeiördcrui.g 30 Mk. Mit Pcslbcsercerniig 18 Mk. Inserate ffgrwattene Petitzeile 20 Ps. Größere Sehnsten laut »»'. Prcisverzeichniß. Tabellarischer u. Zifierniatz «am hvherm Lar:'. Urrlamru unter dem Nedaclio-iis strich die l gekoalt. Zeile 50 Ps., vo> de» F a m i l i e n » a ch r i ck l c n die Ogeivaltene Zeile 40 Pi. Inierate mid st.r» an die tepprültion zu senden. — Rabatt wird n chl gegeben. Zahlung praemiim-rnnno oder dura- Psst- naamatime. - Amtlicher Theil. Dekllnntmachnng. Da? 1. Stück des diesjährigen ReickSgeletzblattes ist lei uns cingegangen und wird biö zu,n 4i Februar -icscS IahreS aus dem Rakhhaussaalc zur Eiusichtuahme öfscntlich auSbänoen. Dasselbe enthält: Nr. 187K. Bekanntmachnng, betreffend den Beitritt Groß- britanniens. Serbiens und Rumäniens zu der Unterm 20. Mai 1875 abgeschlossenen internatio nalen Mckerconoention. Vom 30. December 1884. Nr. 1577. Bekanntniachuiig. betreffend eine Abänderung des Berzeickniffes der gewerblichen Anlagen, welche einer besondere» Genehmigung bedürfen. Bom 4. Januar 1885. Leipzig, den 13. Januar 1885. Der Ratd der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Krumbiegel. "Dekänntmachnng. Obwohl, wie allgeinein bekannt, auch durch Plaeate ein- zrstbLrsl ist, das Befahren der Fahrwege deS Rofcn- thalS «it Laftfahrwerk verboten in, sind doch in diesem Ämter häufig mit E>« beladene Wagen aus diesen Wegen betroffen worden. Wir bringen daher das bestehende Verbot hierdurch in Erinnerung und macken bekannt, daß wir künftig nicht nur die Führer, sondern auch die Besitzer der »nt Eis aus den Roscnthalwcgcn sahrenden Geschirre, beziebentlich Diejenigen, welche sonst Anweisung bierzn ertbeill haben, bestrafen werden, und zwar um Geld bis zu 00 oder mit Haft bis zu 14 Tagen. Leipzig, den 15. Januar 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. Iw. Georgi. Hcnnig. Vekarmtmachung. Mit Rücksicht darauf, daß die seither hiersclbst in Ge brauch gewesenen und hauptsächlich zum Absärbcn und Ab waschen' der Häusi.srontci! benutzten „»^anzze^rriisr." durchaus nicht geeignet find, die nSthige Sicherheit sür die aus denselben beschäftigten Arbeiter und die auf der Straße Verkehrciwen zu bieten, wird die fernere Benutzung solcher Hängegcrüste, ivelche von uns nickt genehmigt worden sind, prrtcrsagt »nd die Ingebrauchnahme von Hängegerüsten von Ertheilung baupolizeilicher Genehmigung für die Eon struction deS Gerüstes abhängig geniachl lieber Eonstrurlion «ad Bau der Hängcgerüstc wird aus Anfrage der (Inter essenten nähere Auslunst in unserem Baupotizeiburcau (Rath haus. l. Etage) ertheilk werden. Zuwiderbandlungen ioerben mit Geldstrafe bi? zu 150 ^ oder entsprechender Hastftrase bestrasi. Leipzig, den 8. Januar 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. Iw. Georgi. Wilisck. Ast. Vtklinnlniliilinlig. Dir macken hierdurch öffentlich bekannt, 1) daß alle in Leipzig wohnhaften Knaben, Ivelche Ostern 1883 und Ostern 1881 ans einer der hiesigen Volks schulen entlasten worden oder von einer köderen Schule obgegangrn sind, ohne im letzteren Falle das 1-5. Lebens jahr vollendet und die Elaste erreicht zu haben, welche diesem Alter nach dem Plane der Schule entspricht, zu de». Besuche der Fortbildungsschule sür Knaben verpflichtet sind; 2) daß die Anmeldung derselben, wenn sie im Bezirk der 1 Fortbildungsschule wohnhaft sind, bei Herrn Direktor Puschmann, dasorn sic sich aber iin Bezirk der II. Fort bildungsschule anihallc», bei Herrn Direktor Iw. Stoerl zu crsolgen hat; 8) daß auck diejenigen Knabe» auzumelden sind, welche ans irgend einen» Grunde von den« Besuche der städtischen Fortbildungsschule entbunden zu sein glauben; 4) daß hier entziehende Knaben, welche Ostern 1882, 1883 und 1884 aus einer auswärtigen Volksschule entlassen worden sind, ebenfalls zum Besuch der Fortbildungsschule verpflichtet »nd sofort, spätestens aber binnen drei Lagen nach den, Viazuge, bei dein Director der Fortbildungsschule ihre? Bezirks anzumelden sind; ö) daß Eltern, Lehrstellen. Tienstderr'chasten und Arbeit- gcder bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 30 --k, die i», Falle der Rickterlegung in Hast nmzinvandrln ist. die schulpstichtigen Knaben z« dieser Änmel düng anznhalten oder letztere selbst vorzu- nedmen haben. Leipzig, den 7. Januar 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. De. Georgi. Lchnerl. Bekanntmachung. Die im Iabrc 1870 mit Leichen Erwachsener, sowie im Jahre 1575 mit Leichen von Kinder» besetzten Gräber au dem neuen Johaninssrickbose kommen in gegenwärtigem Jahre zum Verfall unk kann deren Erneuerung nur nach Beibringung der Eoncessi.on-schcine erfolgen. Leipzig, den 7. Januar 1885. Der Rarb der Stadt Leipzig. lw. Georgi. Kretschmer. Hch-^Utlion. Montag, den 2. Februar 188.». sollen aus dem sietzzähngen Mittelwalkschlage i» Abtst. I4a des Burgauer Forstrevier« am Leutzsch-Wahrencr Fastrwcg und den Milttair- 'chietzstänben ca. >00 starke Abrnnmkaufen »nd - 100 - Langhaufeu unter den össrnllich ausbängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung an de» Meistbietenden verkauft werden Zusammenkunft: nick llstr ans obigem Schlage am Leutztch.W.ibvruer Fastrwcg unk der Flulstrinne. Leipzig, am 14 Januar >885. DeS Raids Forst-Deputation. Freitag den 16. Januar 1885. 7H. A(lI)WNg. W.r-Znction. Von den aus dem Schlage an tt. .7. und 8 deS WcnnSdorfrr Forstreviers auibcreiieten Höl-ern sollen Taillierst,,g. den 2!t. Jnnunr -s. IS-, von Voriuiitags ',.10 Mir a«, >m GastLose „zum roitirn Pchseu" m Wrrincdorf 362 fichtenc Slaunnc na» 12—15 en» Miltenstärkc, 26S . - . 16—22 . 8 ' . . 23—28 - 20 , Stangen » 8—9 . Ilnterstärkc, 380 » , « 10—18 , » 593 - » - 13—15 - » und von Mittag '/,> Nhr an. 3 Ri», birkene I 97 - k.eserne und sichten.-, 107 - kieferne und fichiene) E?rkNNkn8ppel, 366 - sichiencS I 5 Wllhdrt. harte? > Reisig un 40 fichtenc und kieferne Lanqhailkrn. sowie 115 kieferne Langdanscn a»> dem Nevicr umhcrstehend, 65 Nm. kieserne Ttitckr an L und meistbietend gegen sofortige Bezahlung und unter den vorher bekannt zu gebenden Bedingungen versteigert werden. Wermsdors, den 10. Januar 1885. Königliches Forst»entaink Wnrzen und Königliche Foritrcvicrt'crwglNtng. Dachmann. Jordan. Nichtamtlicher Theil. Zur Ermordung dcs Mireiraths Uumpff. Das Gespenst des AnarchikmuS ist nicht zu bannen. Kaum sind die Mörder der österreichischen Polizeiagenten Biöckl »nd Hlul-ek von der verdiculcii Strafe ereilt, so haben die Mord- gesellen schon ,nieder ei» neues Opfer auserkoren und meuchlings ermordet. Es ist derselbe Vorgang, der sich nun schon so oft in den verschiedensten Ländern wiederholt hat. Die Polizei und die Verralbcr in den eigene» Reiste» werden von den Anarchisten und Nihilisten am meisten gehaßt und verfolgt. I» Petersburg waren eS die EhesS der süuslen Abld-iliinq im Ministerium des Innern, gegen welche sich die Mrrewafse der Nihilisten richtete i nd zuletzt der Polizeiches Sndcikin, welcher ein Opfer seines Amtes wurde, von den irischen Feniern wurde der Kronzeuge Eareti crmorbet, und jetzt wird dieselbe Praris auch bei nun in Dentichlaiid an gewendet. Wer den Anarchisten bei der Alwsustrnng istrer ilmstnrzpläiie in den Weg tritt, oder die EiNteckuilg unk Bestrafung der RadelSsüstrer veranlaßt, muß fallen — so ist es im Ralhc der Anarchisten, Nihilisten und Fenier oder wie '5ch die Mordgeselien sonst nennen, bestimmt. Ostwostl der Tstäler noch nickt ermttlelt ist. so weisen doch die Arl und Weise der Ausführung und die begleitende» Umstände u«i- zwcisclhnsl aus einen Nacheacl hin. Ter Polizeiralb Rumpfs wurde vor seiner Wohnung von zwei Stichen in- Herz ge troffen und stauchte sein Leben auS, bevor er noch Auskunft über den Hergang der Sache zu gebe» verinochle. Unter diesen Umständen ist leider nur geringe Aussicht Vorständen, dcs Tstäle» staststait zu werden, weil alle AnstallSpniicte seklcn. D>e Vcrstaslungcn ans dem Main-Ncckar-Bakn- bcse und in der Statt sind lediglich Versuche, dem Thätcr aus die Spur zu komme», die nur Lurch ein besonders günstiges Zusaiiiiiieutresi'eil von AewciSmomenten znni Ziele sübren können» vorläufig wird die Tstat vor anSsichttich nngesüstnk bleiben. E-- ist gerade ein Monat seil der Verhandlung gegen NcinSdori und Genossen verflossen. Ost ein Zusammenhang zwischen diesem Proccß und Lei» an Rumpfs veriibleii Mord befielst, bleibt zweifell-asi, jedenfalls lenkt die Thal unwillkürlich die Gedanken aus jenen Proceß zurück, welcher gezeigt bat, welcher unauslöschliche Haß i» den Kreisel! der Anarchisten gegen die besser gestellte Minder heit lebt. Mit welchem Inngrimm wendete sich Reinsdorf gegen die Polizeiorgane, denen er stelö die niedrigsten Beweg gründe sür ihre Handluugswci'e unlerlegt. Es gickst leider viele Gesiimiliigsgclwficn de? ruchlosen Mordcmslisters, die in der ganzen civilisirle» Welt zerstreut leben und deren einzige Beschäftigung darin besteht, die Nichtstcsitzenden gegen die Be sitzenden auszubetzcn. den Besitz selbst alS cin a» den Unbemittelten begangenes Verbrechen stinzilstctten. Von Neid und Haß ver blendet, vergc»en diese Leute, daß es Vielen auS ibrcr Mitte beschiedcn war. durch Fleiß nne kluge Benutzung der Ver hältnisse, sich Vermögen und Anseben zn erwerben; sie be finden sich in dem Wab», daß es auch ohne Mnstc möglich sei. dasselbe zu erreichen, wenn nur das Bestehende umge stürzt und eine neue Weltordnnng ausgerichtel wird. Welcher Zweck wird nun durch Tbaten verfolgt, wie die Ermordung deS PolizcirathS Rumpfs - Glauben die Mörder wirklich, daß dadurch die Erfüllung ist rer Hoffnungen und Wünsche näber gerückl wirdLMeinc» sie, daßdadurchdieThätigkeit und Rührigkeit derPolizeiorgane lahm gelegt wird? Im Gegcn- tkcil, schon der SelbsterkallungSIricb muß die AmtSgcnosien des Ermordeten zn verdovpellen Anstrengungen treiben, da mit cs den etwa zur Nachfolge geneigten Leuten gezeigt wird, wie gesästrlich solche Tbaten sür sic selbst sind. Wenn die Strafe dem Verbrechen stets aus dem Fuße folgt, dann werden die Anarchisten eS schon müde werden, das Racheamt zu üben; die Rache ist nur sür Den süß. der sie straflos vollzog; wenn istm der Kops vor die Füße gelegt werde» soll» dann ist cS in der Regel mit der Standhaftigkeit z» Ende. Es ist, als ob eine Art von Geisteskrankheit über die niedrigsten Schichten der Gesellschaft gekommen wäre, welche sie zur Auflehnung nnd Nichlachlung von Gesetz nud Obrigkeit drängt, sie glauben einen Zustand gewaltsam ändern zu können, der dock nicht gewaltsam ausgerichtet worden ist, sondern sich durch die Verhältnisse selbst gestaltet hat Daß der Arme und Uiibemittclle nach der Verbcstermig seines Looses sich sebnt, daS bat er auch mit Dem gemein, welcher mehr sein eigen nennt, als rr, aber mit Gewalt läßt sich daS niemals erreichen. Tic Anarchisten erblicken das Heil der Zuknnst in der Organisation des ProletariakS. WaS verstehen sie unter dieser Organisation? Sick znsammenrotten nnd merjüllbare Forderungen stellen, ist ungesäbr dieselbe Organi sation, welche eine Räuberbande rusainmenbalt. Auch sie ist mit den bestehenden Zuständen »nziisrirdcii nnd setzt sick ge waltsam in den Besitz des Eigmlstnins Ander-r Solcher Banden bat cs nickl blo- im Mittelalter gegeben, sic setze» istr Geickäfl auch beute noch mit »»geschwächten Krästen fort, aber sic fallen regelmäßig in die Hände der durch daS Gesetz orgaiiisirte» Gewalten. So ist es den AnarcklNen bisher er gangen und es wird ihnen stets so ergehen, wogen sie sich nun crganisircil so viel sie wolle». Wenn es iknen darum zu tstun ist, Furcht und Schrecken zu verbreiten, so staben fie diese» Zweck erreicht, man fürchtet sic mit Reckt und bietet Alles aus, um sic unschädlich zu macken, leider ist cs nur öisst-r noch nicht in ausreichendem Maße geglückt Ma i sagt, daß in Skieruiewice gemeinsame Maßregel» der Mackste gegen die Feinde deS bencbendcn Gesellschasts tnsiante» beschickten worden sind, aber bisher scheint man »och nicht das Richtige gefunden zu haben. Man hat^ in England und in Deutschland Gesetze gegen die unbcsngle Her stellung und den Vertrieb von Sprengstost'en erlasse», es be stehen Auznastnw-gesi-tze gegen die Umsturzpartei in Deutschland und Oesterreich-llngarn. ja sogar in der „freien" Schweiz hat man Anarchisten auSgeiviescn, und trotzdem wächst die Seuche deS Anarchismus, statt abzunchmen. Leider läßt man die Vertreter dieser Svecialiläl des Wahnsinns noch viel zu ungeblndert istr Wesen treiben In Paris veranstalten sie Versammlungen, in welchen sie offen den Mord und die Zerstörung des Bestehenden predigen und die Franzosen lassen sie gewähren; erst wenn sie aus der Straße istre Ausschrei tungen weiter treiben, werden sie verkästet, meist aber mit sehr gelinden Strafen abgeferligt. Es geht das Gerückl. daß Frankreich den Beschlüssen von Skieruiowicc beigelceten lst: das wäre sehr erfreulich, nur müßte dann auch gegen die öffentliche Aufreizung zu Brand uud Mord strenger ein- geschritle» werden, wie daS bisher geschehen. Wenn man solches Unwesen ferner frei gewähren läßt, dann kann man sich auch nicht wundern, wenn eS Früchte trägt. Tie Pariser Eouimune und die Agitation der Anarchisten in Paris ist von den Gesinnungsgenossen in Deutschland stets als Vas Vorbild sür die fernere Entwicklung angcpriesen worden; »eck in dem Proceß Reinsdorf bat der Haupt- angcklagtc gesagt, daß man sich an den Anarchisten in Frankreich rin Beispiel nehmen müsse, inan dürfe ihnen nicht Alles allein überlassen, sondern selbst Hand anlege». Nun. der Mord in Frankfurt lebrt, daß solche Ermahnungen nicht aus nnsrnchtbarcn Boden gefallen sind, der Anarchismus tritt immer fester und selbstbewußter auf. cS ist deshalb an der Zeit, daß die allerstrrngsten Maßregeln dagegen ergriffen werden. ReinSdors sprach ganz verächtlich von der Unfähig keit der Polizeibehörden; man liefere idm den Beweis, daß s«„ Urtbefl falsch ist. daß unsere Sicherheitsbebörden den Vcranst»>tungen der Umsturzpartei gewachsen sind. Wir stoffen, daß der Mörder RumpfsiS ermittelt »no der verdienten Strafe überantwortet wird, wäre das nicht der Fall, so würden darin die Anarchisten nur eine indirecte Aufforderung erblicke», in ihrem Treiben sorlzusahren. Die Feinde von Gesetz und Ordnung sind zahlreich und schlau und cs gilt, ihnen die ganze Schärfe deS Gesetzes zu zeigen, um sic un schädlich zu machen nnd zu vernichten. * Leipzig, 16. Januar 1885. * Ter ossiciösen Wiener „Politischen Eorrespondcnz" wird aus Berlin geschrieben: Tic Bewilligung der z»m Bau eines KilstendampferS »nd einer Tamvibarcaise für de» Gouverneur von Kamerun geiorderte» Summe ist der erste parlainentarciche Sieg dcc-Fiirstc n Bismarck i» dein gegenwärtigen Reichstage. Dieser Beschluß ist ein Lerlrauens- voliuu und der Ausdruck der Bereiiwilligken. de» Kanzler in der Cownialpolitik energisch zu unterstützen. Diese-.- Vertrauensvotum ist um 'a demerkenswerther, als sich die „Frei,innigen" m Folge der großc» nationale» Bewegung der letzten Lsowen genothigl Iahen, ihr.» Bund mu dem Eentrum aus-,«geben und deniienigen Manne, deiie» vrmeipiellc Bclampsuiiq ihr Programm iü, su-, icmc Eolomal Politik Geiolge zu leiste». Diciei elirciilickc. der national.-» Sache dienende Ausgang wird dadurch keineswegs becinlinchligr, daß es ei»-r erheblichen moralische» Pression stedursle. um die Freisinnige» zu einer schnellen E»l>che,d»ng zu bewege». Der Kanzler hatte von der Annahme oder Ablehnung der Position die Fortsetzung oder das Aufgeber, der Colonialvoliti? abhängig gemacht. Die Freisinnige» widerstanden erfreulicher Weise der Verlockung des Führer? der Ullramontanen «nd Welsen, trotz des dringenden AbratbenS de« Kanzlers, die Sache wieder durw eine Eoinmiiiioiisberathunq zu v.rjchlkppeii, und so trar denn eine gewaltige Majorität, der sich selbst ein Theil dcs Eentrums anschloß, für die Bewilligung und somit sur die Unterstützung der Coloninlpolii'k ein. Tic Nation und ihre Vertretung — so darf man sagen — stehen jetzt hinter der Colonialvolitik »nd sind cinmüthig in der lieber- zeugnng, daß die nationalen Interessen keine Schädigung erleide» bürsen. Daß die Debatte zugleich dem Kanzler Gelegenbeit gab, sich über die friedliche Situation Europa» ousziiiprechc» nnd na mentlich nach England hin sreandlicke Worte der Beruhigung zu richte», dars gewiß als ein Gewinn bezeichnet werden. Man giebt sich denn auch der Hoffnung hin, daß die englische Ecutralregicriing die Schritte ihrer Bemmen, welche der deutschen Eolonie ,n Kamerun Schwierigkeiten entgegensetzen und ihr dir Adrrn zu uiiterbindc» trachteten, rückgängig machen wird. Nachdem nunmehr der Ring der demokratisch ultramontanc» Coaiition gesvrengl ist, darf die Zeit positiver Wirksamkeit im Parlament als gekommen erachtet werden. Wie die Freisinnigen dem Druck des nationale» Gedankens gefolgt sind und da? Ccnlrum im Stiche gelassen habe», so wird sich letzteres auch nicht mehr sur engagirt hasten, der Demokratie die Kastanien aus dem Feuer zu holen, sonder» nur den wirthichastlichen Bedürfnissen Rechnung tragen. Es wird sich dir? alsbald bei dem von der Regierung zu erwartenden Anträge aus Aeudcruog des Zolltarif? in mehreren Positionen zeigen. * Au» der deutsckconservativen Fraction ist sollender Gesehcntwurs wegen Abänderung der Gewerbeordnung cinzebracht: Artikel 1. H. 135 der Gewerbeordnung erhält nachstehende Fassung: Kinder unter 14 Jahren dürfen in Fabriken nicht beschäftigt werden. Loch hat der Dundesrath die Bcsugniß, sür bestimmte Fabrikationszweige und unier-bestinnnten Bedingungen sür Kinder von 12 bi? zu 14 Jahren eine Ausnahme zu mache». In letzterem Falle dars die Beschäftigung von Kindern die Dauer von lech? Sninden nicht überschreiten. Junge Leute zwischen 14 und 16 Jahren dürfen in Fabriken nicht länger als zehu Stunden täglich beschäftigt werden. Kinder, welche zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind, dürfen in Fabriken nur dann beschäftigt werden, wenn sie in der Volksschule oder in einer von der Sch ilanffichtSI-ehSrde gen.-bm-girn Schule und nach einem von ihr genehmigten Lehrplane einen reqel mäßigen Unterricht von mindestens drei Stunden täglich genießen. Artikel 2. Hinter ß. 136 wird folgender neuer Paragraph ringesügl: 8 136». Perbeiralgcte Frauen dürfen in Fabriken weder an Svnu und Fcfltazen, »och zur Nochlzeii zwischen 8'/, Uhr Abrnos nnd 5'/, Morgen? beickästigt werden. Sie müssen mindesten? '/, Stunde vor dem Eintritt der Mittag?- vausi- entlasse» werden, so daß diese Paine sür sic wenigstens 1°,, Stunden beträgt. An Sonnabenden und an den Vorabende» drr Festtage müssen verheirotheie Frauen 3 Stunden vor Schliß der Arbeiio-eit, spätesten? aber uin 5'<« Uhr Abends entlasse» werde -. Wöchnerinnen bürsen während 3 Woche» nach ihrer Eiitdinbung nicht beschäftigt werden. * Die „Vossische Zeitung" war schon in der vergangenen Woche in der Lage, einige wichtige Pcrsonalvcrän Le rn »gen in der Marine avisiren zu können. Tie Melkung von dem Rücktritte de» Eo.pttain? z. S. Grasen Cckack von Wittenau-Danckekinai'n von dem Decernat sür Torpckc- angelegeicheilen im Marine-Departement kann das genannte Blatt jetzt durch die Mittheilung ergänzen, daß der jüngste Akmiral nujercr Ftvllc, Eoiitre-Ädmiral Kühne, Mitte nächsten Monats von seinem Posten als Oberwcrsldircclor in Kiel zurncklreken und ebenso wie Gras Schack in den Ruhe stand lrelc-n wird. Als Nachfolger des Contre-AdmiralSKühne wirb Eapitain z. S. von Werner genannt, welcher augen blicklich zur Disposilivn deS CkesS der Manne-Slalion kcrOstsee stellt. Der Rücktritt von Admiral Kühne wird nicht verfehlen, einiges Aufsehen hervorzurusen; er erhielt das Patent seiner E barge am 27. December 1883 und steht erst im Äusange der 40er Jahre. AlS Oberwerstdireclor in Kiel folgte er vor zwei Jabren dem jetzigen Director in der Admiralität, Conlre- Acmiral Freiherr v. d. Goltz. Während der Kühnc'schcn Geschäftsführung hat die Kieler Werft wohl die größte Zahl ihrer Jahres Incieiistilellungen erlebt, von denen besonders die partielle Probe-Mobilmachung im vorigen Frühjahr als eine sehr achlenswealhe Leistung galt. Die Fama wird nicht ermangeln, die Penstonirung des Eontre-AdmiralS Kühne mit dem Schuppenbrand, der lürztich aus der Kieler Werst statt- sank, in einen gewissen CausalnexuS zu bringen. Es erregte bei diesem Brande einige» Aussehen, daß sehr werthvöllc Maschinen in einem Holzschuppen ausbewabrt und montirl wurden. In sonst gut unterrichteten Kreisen wird dagegen versichert, daß Eontre-Admiral Kühne niil Rücksicht aus seine Gcsundhcitsvcrkättnisse schon längere Zeck den Wunsch gehegt habe, sich ziirückzuzichen. * AuS Kiel. 13. Januar, wird der „Dossischen Zeitung" geschrieben: „Die Ihnen heute Mittag telegraphisch über- »litleltc Nachricht von der Entsendung des Panzerschiffe? „Friedrich Kart". Eapitain z. S. Stempel, nach der west- asrikanischcn Küste bedarf noch der amtlichen Bestätigung, kock ist sie ohne Zweifel richtig. Die Indienststellung der SckifseS sollte ursprünglich zum I. Februar geschehen und nachdem /itiige killue Reparaturen am SchijsSbodeu ver- genommen, worben sind, wrrd die Takelung und AulrüsUmg setzt wohl so viel vIS möglich beschleunigt werde«. Durch den „Friedrich Karl" wird da? westasrikanifche Geschwader, welches durch die Abcomniaiidirung der Kreuzer-Ccrvcttc ..Ariadne", durch die Delackirung der Kreuzer-Fregatte „Gncisenau" nach Zanzibar aus die Hälfte seines ursprünglichen Bestandes reducirl war, eine sehr erhebliche Verstärkung erfahren. ..Friedrich Karl" ist ein vorzügliches Seeschiff, cs bat ei» Deplacement von reichlich 6000 TonS i. o. und eine Besatzung von 531 Mann. Das Schiss ist mit gezogenen 2t Eeuti meter-Ringknnonen. außerdem auch mit Torpeco Armirung und Hotchkiß'schen Revolvcrkanoncn versehe». Was sür den Auscnlhatl in den Tropen von besonderer Wichtigkeit ist. da§ Schiss läßt sich gut vcntilirc»; durch Ventilatoren wirk kie kalte reine Lust von oben nach unten gesülirl, während die erwärmte schleckte Lust durch die hohlen eisernen Masten nach oben hin entweicht. ..Friedrich Karl" ist als Bark ge takelt und gar kein übler Segler. Ta ferner die Brigg „Rover" vorgestern soiort von Madeira nach St. Vincent weilergesegcll ist, dürste auch die Verwendung dieses Schul fckisieS an der afrikanischen Küste beabsichtigt sein." (Der ..Frankfurter Zeitung" wirb an? Konstaiitinopcl berichtet, auch das dort stationirte deutsche Schiss „Loreley" habe Ordre erhallen, sofort nach der wcstasrikanischen Küste in Sec zu gehen.) * Das. wa? man der socialdemokratischen Partei schon vorher sagte, daß sie nämlich, sobald sie im Reichstage eine größere Anzahl Vertreter haben würde, diese nicht »n alle» Fragen, auch sehr wichtigen, einer Meinung sein würden, ist früh genug eingetrofsen. Bei der Dampsersubvcnlirnk- vorlage hat sich dieser Zwiespalt reckt augenscheinlich ge zeigt. indent von den beiden socialkemokratischen Mckgliekern der Eommission, Herr Tietz sür. Herr Bebel aber gegen rie Vorlage ist. Um nun weiteren Mißverständnissen und Miß. Helligkeiten vorzubengen, sah sich Herr Liebknecht veranlaßt, im »Sveialdemokral". dem Eentralvrgan der focialistjschcn Partei, einen ausführlichen Artikel über die Stellung der Swoialdemokratie ;»r Danipsersnbventivn zu veröffentlichen In diesem Artikel erkennt der Verfasser an, daß der ursprüngliche FractionSbeschluß, in dieser Frage die Abstimmung sreizugeben. geeignet sei, Unzufriedenheit bei den Parteigenossen zu c: regen, da viele darin eine Verletzung der Kovenhagencr Eongreßbelchlnsie erblicken konnten. Tbwehl er persönlich d,e Dampsersubvention keineswegs sür eine Frage von principieller Acdeulnng bält, glaubt Herr Liebknecht Loch, daß eS wobt ratblam sei, den gedachten FractionSbeschluß umzustoßcn und auch in dieser Frage geschloffen vorzugehen. Er cmpstrh!: daher 'einen politische» Freunden den Vorschlag eine? der „bewährtesten und cenipcteiitesten Parteigenossen" zur B' acktung. Dieser Vorschlag lautet: man solle bedingungsweise sür die Regieriingsvorlage stimmen, falls die Regierung sich zu gewissen Gegenlkistunaeii verpflichte. AlS solche Gegen dienste werden namhaft gemacht: l> Bewilligung eines au? ReichSmilteln zu gewährenden jährlichen Beitrages von 4 bis 5 Millionen an Arbeitergenossenschaften; 2 Verpachtung tcr prenßikchen Staatsdomänen »nd Verdingung der öffentlichen Aib- iten an Arbeilcrgeiioffenschasten statt a» Großpächler oder Eapitalisten. ..Wenn nicht, nickt." Aus keine» Fall, so »icinl Herr Liebknecht, könne dann densoeialkemekratisckienAbgeord neten die Vernachlässigung der gegenwärtigen Arbeiterbetüli nis-e über den k.insiigen zum Verwürfe gemacht werden. Auch sonst ist die Meinung eine gelbeilte, denn abgesehen davon, daß sich an der Debatte üb r die Eolonialpokitik die soeialdciiiokratifchen Abgeordneten nickt betheiligten, verließen sie auch zmiieist vor der Abstimmung den Saal, »nd mir wenige blieben sitze» »nd stimmte» sür die Eolonialpolitik. Befremdend sind, wie gesagt, diese Tbatsacken nicht, den» sobald eS sich nm positive Politik nnd nicht blo? um Kritik nnd Opposition handelt, kann man selbst als Socialdemokrat nickt eiii'ach den Stankpiwrt dcs H >rn Bebel, den derselbe in seiner bekannte» Bro^ckiirc ..Unsere Ziele" kennzeichnet, ein- »rbmen, und welcher nur schlechthin «ab,,1a rn°» kennt.
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