Volltext Seite (XML)
72. Jahrgang. » 17S Donnerstag, 12. April 1928 Gegründet 185k Drahtanschrift: Nachricht»« Dr».»»» Fernwreckler-Tammctnummerl 2S 2^1 Nu, sür NachlgesprLche: 2V 011 ^->1 vum I. dis Id. «tprit ISSN bei täntich ,weimali>ier Zutlellunci frei Vau« I.1V Mark. TstzaUlls^Wtzvlll), RotlbenillSprei« sür Monat Vtnrtt li Mart ohn,' Poftcullelluncituebühr. tttn»et««mmer tu Vtriint» tNuiirrtiatd Irr«»»«, I» Plrnmi«. Die einzelne» werden nach («otdinar! bereckmel' nt» »insvalttn» So mm breit» Zeile . »d Psa., sür auswäri« «> PI». rzan,il,e„ui„k,„e» und Stellenaeluche ohn» Rabatt ZltHtzlHtzll-TIltzlstz. ,L Pia., aninrhalb sd Rsn., dt» so mm dreiie Reklame»»,!» SUU Psa.. auherhalb Sdo Ps». csl»rle»lt»bllhr so Bin- Rutwartia» Rnsträo» 0»>1»n Vorau»b»»ah>u»o. Echrislleituna und HauvIiielckllUltlleUe: Martknstrah» 3S/^2 Druck und Berlao von ittepsch « Retchardt tn Treiben Poslschcck-itonw 1O6S Treaoe« Nachdruck nur ,»tt deutlicher Quell, n,»,nabe «..Dresdner Nachr."> inliittta. — »nuerlanale Tchrtitltiicke werden nicht an'bewahrl. ^t-8tK>388ig68 l^68t3U53Nt ILgliek 4 Okis': l3!Ir-l66 „Varbssins" k^rsger Steaks / k^sildssinstrs^s ^6^3 8 0!ss: v38 s^3k'k6tt cisi- /^t1«-3ktio^6N 3>l6»' Welt 1K Tote bei einem Augungliiä in Paris. Japanischer Protest gegen russische Uebergrisfe. - Mussolinis große Aktion. lieber 30 Schwerverletzte geborgen. Paris, II. April. Ans dem Nordbahnhos hat sich heute vormittag ein schweres Eisenbahnunglück ereignet, Uber das dir Eiscnbahngesellschast folgendes Koininuniqnö ansgibt: Kurz vor dem Nordbahnhose stich der aus Amiens kommende Zug mit einem aus Villicrs-le-Bel cinsahrendcn Zuge zu- lanimc». Lechs Personen wurden getötet, etwa zehn ver wundet. Die Ursache des Unglücks ist noch nicht scstgestcllt. Gegen 5 Uhr nachmittags teilt die Agentur Havas mit, das, die Zahl der Toten bereits ans nenn gestiegen sei; ausser dem seien 17 Reisende schwer verletzt. Man nimmt an. das, der Unfall auf falsche Weichenstellnng znriickzusühren sei. Nach einem anderen Berichte handelt cs sich bei einem der Züge »in einen Exprestzug, der nach dem Rennplatz Enghicn abgelasscn worden mar. Das „Journal" des Döbats" spricht bereits von LN Toten. Nach diesem Blatte sind die beide» Züge derart scharf aufcin- andergesahren, das, die beiden Lokomotiven aufrcchtstandcn. Tie beiden Wagen erster und zweiter Klasse haben sich auf eine Länge von 8 Meter ineinandergeschoben. Die Reisenden, die nicht sofort tot waren, wurden schwer verletzt und konnten nur mit Mühe aus den Trümmern befreit werden. Die Unglücksstelle, auf der sich der Znsammcnstost er eignete, bietet einen furchtbaren Anblick. Menschliche Körper, Wagenteile und Eisenstückc bedecken den Buden. Unter den Trümmern der buchstäblich zersplitterten Wagen ist das Söhnen von noch nicht geborgene» Verletzten zu hören. Das non allen Bahnhöfen herbeigccilte Hilfspersonal und die Feuerwehr bemühen sich rastlos, die NettnngSarbeitcn zu be- ichleiinige». Bisher wird die Zahl der Toten offiziell mit 1l> an gegeben, die der Verletzten übersteigt bereits dreistig, darunter siebzehn Schwerverletzte. Man befürchtet jedoch, dast sich unter de,, Trümmern noch Tote befinden. Einer jungen Mutter, die mit ihren zwei Kindern reiste, wurden beide Beine aus dem Leibe gerissen, auch ein Säug ling wnrde getötet. Der Leiter der Pariser Polizei und die lcilenden Persönlichkeiten des Eisenbahndienstcs haben sich an Ort und Stelle begeben. Alle Züge haben viele Stunden Verspätung, da die Zufahrt zum Bahnhvs noch nicht srci- gcmacht werden konnte. AnS der am Nachmittag veröffentlichten Liste der Getöteten und Verletzten ergibt sich, das, sämtliche zu Schaden ge kommene» Personen Franzose n sind. lieber die Ursache des Unfalls berichtet „Soir": Der um 15,15 Uhr Paris verlassende Zug nach Amiens und Bvulognc hatte gerade den Nordbahnhos »erlassen und begann in voller Geschwindigkeit zu fahren, als er vor der Marcadet-Briicke auf den von Pierresitte kommen de» Personeuzng, der 15,12 Uhr in Paris eintresscn sollte, aus- i»I,r. Das Unglück scheint daraus znrückzusührcn zu sein, das, der letztere Zug einige Minuten Berivätnng hatte. Das Blatt spricht überdies davon, das, eine Weiche nicht funktioniert baden soll. Der Führer des von Pierrcsittc kommenden Zuges ist in Hast genommen worden. Scharfe japanische Protest liegen Verletzung -er Verträge. Tokio. 11. April. Der russische Botschafter ist vom Ministerpräsidenten Tanaka cmpsangen worden. Tanaka gab der Ansicht Ausdruck, dast die Verbindung der japanischen Kommunisten mit Moskau durch die polizeiliche Untersuchung erwiesen worden sei. Damit habe die Lowjetrcgicrung gegen de» ?! 1 des russisch-japanischen Vertrages verstosten, der von der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des Ver tragspartners handelt. Die japanische Note, die dem Austenkommissar in Moskau ansgrhändlat werden wird, ist vom japanischen Kabinett bereits bestätigt worden. Sie ist in scharsem Ton gehalten i,»d verlangt die Einste'luiig der Unterstützung der kommu nistischen Bewegung in Iipan durch Rnstland. * Kowno, II. April. Wie aus Moskau gemeldet wird, haben die Mast »ah men der japanischen Polizei gegen die .Kommunisten in Moskau groste Erregung bcrvorgcrnsen. Man misst ihnen nicht nur eine rein tnncr- iwlitischc, sondern auch eine wesentliche Bedeutung für die Austenpolitik bei. Die Verhaftungen und die Auslösung der Kommunistischen Partei könne eine Auswirkung in de» nilsisch-iapani'chen Beziehungen finden. Die Sowjetregierung sieht in dem Verhalte» der japanischen Regierung eine Her ausforderung Moskaus. Der russische Bot. schuft er soll gegen deu Ton der japanischen Auch ein Eisenbahnunglück in Belgien. Brüssel, II. April. Nach hier eingctrvssene» Nachrichten ist zwischen den Stationen Wenwcrtz und Sourbrodt ans der Strecke Maliiied» Mvntjvie ein Gütcrzng mit der Lokomotive und 15 Wagen entgleist. Vier Personen sollen getötet, der Lachschadeu soll bedeutend sein. 15 Todesopfer bei dem Boolsungllick aus dem Comer See. Basel, I I. April. Die Zahl der Todesopfer bei dem Boots- unsall aus dem Isomer See hat sich aus 15 erhöht. Bis jetzt konnten 12 Leichen geborgen werden. Drei weitere Ausslüglcr werden noch vermisst. Die Untersuchung hat ergeben, dast der Bootsmann einen Augenblick das Steuer verlassen hatte, um am Motor etwas nachzuschen. Das Boot kam dadurch von seiner ursprünglichen Richtung ab und wandte sich gegen das User. Als der Steuermann nun mit einem Ruck versuchte, die alte Richtung wiederzugcivinnc«, zcrrist die Stcuerschnur und das Boot trieb stcuerlos weiter. Infolge der furchtbaren Panik verlor dann das überfüllte Boot bas Gleichgewicht, schlug nin und ging unter. Sechs Personen sind in der Kabine ertrunken. Schlagwetterexplosion im Ruhrrevier. Berlin, II. April. Auf der Schachtanlagc Konstantin VlI. im Rnhrgebiet hat sich heute morgen eine kleinere Schlag wetterexplosion ereignet, durch die vier Mann leicht ver brannt worden sind. Wie der Amtliche Prenstische Presse dienst erfährt, hat sich die Erplosion in einem cinzichcnden Oucrschlag, in dem die elektrische Fahrdraht - Lokvmotiv- fördernng vor sich ging, ereignet. Die Schlagwetter sind aller Wahrscheinlichkeit »ach durch Funken der elektrischen Fahr draht-Lokomotive entzündet worden. Mechanische Wirkungen hat die Explosion nicht gehabt. Weiler ungünstiges Manlikweller. Ltartmöglichkcit zum Ozeanslng kaum vor nächster Woche. IT r a H t m e l !> » n g unsrer Berliner S ch r i f t l e l t u n g.I Berlin, II. April. Die deutschen Ozeanslieger scheinen, was das Wetter bctrisst, auch in diesem Jahre wieder vom Pech verfolgt zu sein. Nach den vorliegenden Wetterberichten dürste für Köhl und Hüneseid in dieser Woche wiederum keine S t a r t in ö g l i ch k e i t zum Ozeanslug bestehen. Ueber dem Atlantik liegt noch immer ein zwischen Island »nd Südwestirland sich hinziehcudcö Tiefdruckgebiet mit starken westlichen Winden, das nur ganz langsam nach Südosten weitcrgcht. Die Schisse melden vom Atlantischen Ozean Windstärke 6 bis 8. Austerdem hat sich in Amerika in der Gegend der grosten Seen ein neues Tiefdruckgebiet gebildet, das jetzt mit seinem Kern nördlich Neusundlands liegt. In folgedessen dürfte bis zum Ende dieser Woche das Wetter auf dem Ozean ungünstig bleiben Note an Moskau. Presse Einspruch erheben, die sich tn ihren Beschul digungen gegen die Botschaft und Negierung der Sowjet union keinen Zwang auscrlege. Im besonderen wird hin- gcwicsen ans den Artikel der „Tokio Nitschtnitschi Schimbun", welche behauptet, dast die russische Botschaft tn Tokio der Herd der kommunistischen Rcvoluttonsbewcgung in Japan sei. Die Anklage gegen -ie Donez-Derhafkeken. Koivno, 1l. April. Wie aus Moskau gemeldet wirb, hat der oberste Staatsanwalt K r i, l c n k o die Anklageschrift tn der Donez-Angelegcnheit fcrtiggestellt, die den Verhafteten am II. April überreicht werden soll. Die Anklageschrift stützt sich vor allein ans die 88 57 »nd 58 des Strafgesetzbuches. Den deutschen Ingenieuren wird sic in deutscher Sprache übermittelt werden. Der Leiter der G.P.U. berichtete dem Politischen Büro, dast mit der Uebcrgabe des Untersuchungs- Materials an die Gerichtsbehörden die Tätigkeit der G.P.U, in dieser Angelegenheit abgeschlossen sei. Das Politische Nitro sprach der G.P.U. seine Anerkennung aus. Parker Gilbert bei Mussolini. Rom, II. April. Mussolini hat heute de» General agenten sür Reparationszahlungen, Parker Gilbert, empsangcn, der vom Finanzmiiiister, Grafen Bolpi, be gleitet war. Gilberts Aevisionsplüne. Zu der Rundreise des Generalagenten. Ohne Zweifel sind die meisten Nachrichten über die Oster reise Parker Gilberts als mehr oder minder vage Gerüchte zu bezeichnen. Denn in Mahlzeiten ist schon stets vieles ge sprochen und geschrieben worden, waö sich bald als gegen standslos erwies. Aber Tatsache ist: Parker Gilbert hat in Amerika wichtige Unterredungen mit Finanzlenten gehabt. Der Generalagent hat mit ihnen zumindest über seine Pläne zur D a w e s - N e v i s i v n, wenn nicht sogar über eine be absichtigte Gencralregelung der Rcparations- und Rheinland srage gesprochen. Seine Rückreise nach Berlin hat Gilbert mit Besuchen in Paris und Rom verbunden und in beiden Städten mit führenden Ministern und Finanziers Unterhand lungen gehabt. Dast in ihnen über das Dawes- und Schul denproblem debattiert worden ist, kann nach der Rede Poin- carös in Carcassonne nicht mehr bezweifelt werden. Mag auch der gleichzeitige Aufenthalt des Neichsfinanzministers und Parker Gilberts in der italienischen Hauptstadt ein Zu fall sein, denn das Berliner Dementi — der Generalagent könne doch bester in Berlin als in Rom mit Dr. Köhler über seine Revisionsplänc verhandeln — leuchtet ein, so dient doch bestimmt Gilberts Reise dazu, um Informationen cinzuholen, wie sich die europäischen Regierungen zu den Revisionsplänen stellen wollen. Dast die Alliierten tatsächlich bereit sind, den Weg der Revision zu beschrcilcn, daran ist nicht mehr zu zwei feln. Man hat erkannt, dast der DawcS-Plan in seiner heutigen Form keine Gewähr für dauerndes Funktionieren gibt und auch sür die Tribntcmpsängcr recht unwillkommene Nebenwirkungen zeigt, weil er den Industriestaat Deutschland zu Höchstleistungen der Ausfuhr zwingt, die wiederum zum Funktionieren des Planes nötig sind. Aber der glaubens- sclige HvffnungSrausch unserer Linken, die nach der Pvincarö- Redc bereits die Patentlösung nahen sehen, ist nicht nur ver früht, sondern sogar gefährlich. Die Linke täuscht aus w a h l ckg i t a t o r i s ch c n Gründen das Volk über die Schwierigkeiten der Dawes-Ncvision, wenn sie für Deutschland annehmbar sein soll, hinweg. Denn auch ein Wahlsieg der Sozialdemokraten wird die Franzosen nicht daran hin- bern, den kommenden Kamps um die Reparation, genau so wie den Kampf wegen der Abrüstung, durchaus politisch zu führen. Nichts wäre daher verfehlter und verderblicher, als Gilberts Pläne durch die Lupe des Partcifanatismus zu betrachten und anzunchmcn, dast eine Linksrcgierung das Dawcs- und Schuldcnproblem im Eilzugstcmpo lösen würde. So einfach liegen die Dinge nicht. Aus all den Gerüchten über die Reise des Generalagenten lassen sich drei Wege hcrausschälen, aus denen die Lösung der NcparativnSfrage gesucht werden soll. In den alliierten Kreisen ist man endlich zu der Einsicht gekommen, dast die astronomische Zahl von 1!!2 Milliarden Reichsmark als Schlustbctrag unsinnig und uneintreibbar ist. So soll eine E n d s u m m e festgesetzt werden, die Deutschland zu leisten vermag. Die darüber austanchcndcn Nachrichten gehen jedoch in der Nennung des Schlnstbctragcs sehr aus einander und nehmen eö mit der Kleinigkeit von einigen Mil liarden Goldmark mehr oder weniger nicht so genau. Sodann sind die europäischen Alliierten bestrebt, die Schulden- und Rcparationsfragc derart zu verknüpfen, dast Deutschland die Begleichung -er alliierten Schulden an Amerika zu leisten hat. A IS Zahlungsmittel wünscht man die deutschen Industrie- »nd Eiscnbahnobligationcn aus dem Dawes-Plan als marktfähige Börsenpapiere ans den Weltmärkten abznsctzcn. Zur Durchführung dieser grosten Transaktion bedarf cs aber nun der Beseitigung des im Dawcs-Pakt vereinbarten Ucbcrtragnngsschutzes. Gilbert will deshalb die volle T r a n S f c r v c r a n t w o r t l i ch k e i t a u s D c u t s ch l a n d ü b c r t r a g e n. Die Entscheidung über die Verwirklichung dieser» Pläne liegt in den Händen der amerikanischen Politiker und Wirtschaftler. Stimmen sic der Verbindung von Rcparations- und Kricgsschnldensrage zu, dann werden auch gcwist die europäischen Alliierten Gilberts NcvisionSplänen gern ihr Jawort geben. Es kann daher nicht Deutschlands Ausgabe sein, die öffentliche Initiative zu ergreifen, aber Volk und Regierung dürfen über den Wahlkampf die Wichtigkeit dieser Probleme sür Deutschland nicht ans den Augen verlieren. Besonders gilt cS, unbeküm mert von allem parteipolitische» Tageslärm, die Rcparations. frage mit klugem Blick für das Erreichbare zu lösen. Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen interalliierten Schulden