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Schönburger Tageblatt au ¬ ch —— Amtsblatt für den Ltadtrath zu Waldenburg Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Kernsprecher Nr. 9 1SW Freitag de« i Juni arten des Sistirten geht hervor, daß eS um einen Geisteskranken handelt. Es ist daß der Kaiser bei der Vorüberfahrt von Vorfall nicht- bemerkt hat. Die Sistirung sich offenbar anzunehmen, dem ganzen des Geistes» hervor, und Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Her« Kaufmann Otto Förster; in Laufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herr» Wilhelm Dahler, EigarrengeschLft au der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; iu Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; tu Biegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- feinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. ,,5* AbonnementspreiS beträgt vierteljähr« U» 1 Mk. 25 «s. Einzelne Nrn. 5 Ps. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Ps. Tabellarischer Satz wlrd ooppelt berechn«. Zugleich weit verbreitet in den Städten Peuig, Lunzenau, Lichteupein-Ealluberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, weder in der hohen Politik, noch in der Wirthschafts- politik, weder zu Wasser noch zu Lande. Und solche Anrempcleicn kommen vor! Ist cs etwa keine, wenn ein nordamerikanischer „Staatsmann" von einem höheren deutschen Zoll auf amerikanisches Fleisch spricht, an den Niemand denkt? Unsere Absichten werden oft genug so beträchtlich verdreht und entstellt, daß man nicht mehr weiß im Auslande, was man von den angeblichen biederen Deutschen denken soll. Klarheit! Die ist von Nöthen. Und dazu gehört das Unterbleiben jedes Grau lichmachens, es zieht nicht mehr, wie die Behandlung der großen Marinevorlage zur Genüge zeigte, und könnte höchstens dem Auslände einen falschen Begriff von uns bei bringen. Die Arbeit, bei der Abfassung der neuen Handels verträge Zollsätze zu finden und zu erhalten, die für Industrie und Landwirthschaft gleich vortheilhaft find, ist nicht leicht. Was ist aber heute im Arbeitslcben leicht? Nichts! Aber das Schwere ist fast immer mög lich, wenn eS nur richtig angefaßt wird. Seit über drei Jahren warten wir auf den englischen Handelsvertrag, der nicht kommt. Warum hat die Reichsregierung nicht ruhig gesagt: Antichambriren giebt es bei uns nicht, entweder oder! Die Briten hätten sicher nachgegeben, ihre Interessen waren mindestens ebenso cngagirt, wie die unseren. Wenn cs allerdings bei der Erneuerung aller Handelsverträge so gehen sollte, wie beim englischen, dann könnten w>r lange warten, bis etwas Gutes käme. Aber zum Glück ist das ja nicht anzunehmen. Und so ist es denn auch am besten, von vornherein ganze, nicht blos halbe oder viertel Arbeit zu machen. Darin wird dir Reichsregicrung die ganze Bevölkerung hinter sich haben, nicht ängstlich und zagend, sondern entschlossen. Jedes Mitglied des Nährstandes bei uns weiß heute: Ein Zollkrieg könnte kommen, obwohl wir ihn nicht wünschen; aber Deutschlands Respectirung von Seiten des Auslände« muß unter allen Umständen bestehen. Witternugsbrrtcht, ausgenommen am 31. Mai, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 762 ww. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstaud -f- 14,»° 6. (Morgens 8 Uhr -p 14° 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 80°/«. Thanpuult -j- 11,» Grad. Windrichtung: West. Daher Witternugsansfichteu für dcn 1. Juni: Wechselnde Bewölkung mit Neigung zu Niederschlägen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das Kaiserpaar, das abends vorher die Staats sekretäre Grafen Posadowsky und Bülow, sowie dcn Admiral Hollmann bei sich zu Gaste sah, machte Mitt woch früh eine gemeinsame Ausfahrt. Der Kaiser hatte hierauf im Auswärtigen Amt eine Besprechung mit dem Staatssekretär Grafen Bülow. Ins Schloß zurück« gekehrt, hörte Sc. Majestät verschiedene Vorträge. Gegen 11 Uhr begaben der Kaiser und die Kaiserin sich nach Potsdam, woselbst sic dem Diensteintritt des Kronprinzen beiwohnten. Abends speiste der Kaiser mit dem Kron prinzen im Kreise der Offiziere des 1. Gardercgiments. Der Monarch hielt eine Ansprache. Großherzog Friedrich von Baden hatte letzthin etwas weniger ruhige Nächte, und sein Allgemeinbefinden ist dementsprechend beeinflußt, der Luftröhrenkatarrh ist aber in langsam fortdauerndem Rückgang begriffen. Der Fürst soll das Sprechen möglichst vermeiden. In der Berliner „Nat.-Ztg." ist zu lesen: „Ein Vorfall, der sich Mittwoch Mittag Unter den Linden während der Vorüberfahrt des Kaisers abspielte, gab zu ungeheuerlichen, durchaus unbegründeten Gerüchten ilnlaß. In der Nähe des Kultusministeriums stellte sich ein junger Mensch, als der Kaiser im offenen Wagen vorüberfuhr, in auffälliger Weise an den Rand des ZürgersteigS und machte eine unschickliche Geberde. Paffanten holten einen Schutzmann herbei, der den Menschen sistirte und nach dem gegenüber liegenden Ministerium des Innern brachte. Bei seiner Vernehmung daselbst gab er an, daß er Courbert heiße, 27 Jahre alt und früher Lehrer in Kyritz (Mark) gewesen sei. Ucber den Grund seines auffälligen Benehmens befragt, sagte er aus, er habe eine Demonstration gegen Prostituirte beabsichtigt, die ihn unglücklich gemacht und aus dem Amte gebracht hätten. Aus den verworrenen Redens» den Kaiser geschossen worden sei." Von anderer Seite wird noch bemerkt, daß C. sich seiner ungehörigen Hand lungsweise nicht bewußt war. Der vom Kaiser nach England gesandte Landrath v. Etzdorff-Elbing ist, wie jetzt bekannt wird, zunächst beauftragt worden, dort eine größere Anzahl Eber für die kaiserliche Gutsherrschast Kabinen anzukaufen. Zugleich begiebt sich Herr v. Etzdorfs aber an das Hoflager de« Königin Victoria in Windsor. Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe hat sich für die Pfingsttage auf sein Gut Grabow in der Provinz Posen begeben. Auch der Präsident des Reichstags Graf Ballestrcm hat Berlin verlassen, um die Feier tage auf einem seiner Güter in Oberschlesien zu verleben. Betreffs der Kanalvorlage wird jetzt nach genauen Erkundigungen an unterrichteter Stelle aufs Bestimmteste erklärt, daß diese Vorlage den preußischen Landtag in der gegenwärtigen Session nicht mehr beschäftigen wird. Daran ändert auch die osficiöse Mittheilung nichts, daß die Garantieverpflichtungen für dcn Mittellandkanal jetzt ämmtlich in einer Form übernommen worden sind, die ür die Einbringung der Vorlage mehr als ausreichend angesehen werden kann. Die Könitzer Mordthat macht die conseroative „Kreuz»Ztg." zum Gegenstände eines Artikels, in dem ie u. a. erklärt, wo eS sich um den Verdacht eines üdischcn BlutmordeS handelt, komme nie etwas heraus. Soviel sie wisse, stehe es geschichtlich fest, daß es nirgends und zu keiner Zeit gelungen ist, einen des Blutmordes Verdächtigen in einer jeden Zweifel ausschließenden Art kranken rief einen großen Menschenauflauf eS entstand dadurch in der Stadt das Gerücht, daß auf gessen, daß die internationale industrielle Hochfluth schwer lich allzulange andauern wird, und daß voraussichtlich eine Zeit kommen wird, in welcher cs unserer heimischen n Industrie von Werth ist, ihren Markt inncr- yalb der Reichsgrcnzen gegenüber fremder Schmutzcon- ^sichert zu schcn. Was in Jahren einer starken Ucberproductwn an Preisunterbietungen geleister werden kann, ist im großen Publikum vielleicht vergessen, von Industriellen gewiß nicht. Auch für diese gilt das Wort, daß man sich nicht vom Gaste die Mahl zeit vor der Nase wegessen lassen darf ^»Bliche G°mMher befürchten, cs könntc -in wirth- schaftlicher Krach über Deutschland hereinbrechcn, wenn wir nicht sehr bereitwillig auf alle Wünsche eingehen Daß dabei statt deS erwarteten fetten Gerichts ein abgcnagter Knochen herauskommen kann,zeigtdiemarkanteThatsache daß wir zum Danke für alle unsere Liebenswürdigkeit gegen über der englischen Regierung von John Bull gar nichts erhalten haben; man braucht sich also in Liebenswürdig keiten gar nicht so zu übereilen, den mageren Knochen ergattert man immer noch. Wer will denn aber auch, daß das deutsche Reich die fremden Staaten brüLkirl? Nur der Grundsatz soll ausgestellt und fcstgehaltcn wer den: Wie Du mir, so ich Dir! Wir sind für alle Zeiten unten durch, wenn wir im Ausland den schon hinreichend vorhandenen Verdacht, daß das gutmüthige Deutschland sich ja doch schließlich Alles bieten lasse, zur tief eingewurzelten Ueberzeugung werden lassen. Die Herren Diplomaten von heute gehen, wie eine Katze, lange um dcn heißen Brei herum; die alte Bismarck sche Lehre: Sofort gesagt, was ich denke! war die bessere, weil dir wirksamere. Es ist immer besser, wir bringen Jemand in cine Lage, sich uns anbeguemen zu müssen, als daß wir uns selbst auf den Nachgicbigkeitsschemel setzen. Im Auslande muß man wissen: Von einem höflich gebetenen Deutschland könnt Ihr Manches haben, von einem brüskirten deutschen Reiche gar nichts! Das Graulichmachen der Bevölkerung hat heute keinen Nutzen mehr; seitdem die Engländer unsere Postdampser gekapert hatten, ist dem Durchschnittsdeutschen die Milch der sanften Denkungsart gehörig entschwunden. Als Mensch von Manieren will der Deutsche Niemand an rempeln, aber noch weniger will er sich anrempeln lassen, Pretoria von den Engländern besetzt. "Waldenburg, 31. Mai ioso. ES kann schon heute keinem Zweite! mehr unterliegen, daß für die neuen Handelsverträge die vcrbündctcn Regierungen Zollsätze in Vorschlag bringen werden, die mehr, als die heutigen, dcn Wünschen der Landwirth« schäft entsprechen. Es kann weiter keinem Zweifel unterliegen, daß im Reichstage eine sehr beträchtliche Mehrheit vorhanden ist, welche alle Handelsverträge, die nicht diese Berücksichtigung der landwirthschaftlichcn Interessen aufweiscn, ablehnen wird. Die Reden des bayerischen Thronfolgers, des Prinzen Ludwig, haben zudem bewiesen, daß die Ueberzeugung von einer größeren Rücksichtnahme auf die Landwirthschaft alle Kreise er griffen hat, welche Thatsachen und Erfahrungen sprechen lassen. Eine Lahmlegung unserer so außcrordenM hoch entwickelten Industrie wird ganz gewiß Niemand wollen, das wäre ein nationales Unglück, aber auch ein sichtsvolle Industrielle geben sich der Zuversicht hin, daß es sehr wohl gelingen wird, einen Weg zu finden, auf dem landwirthschaftliche und industrielle Interessen zu sammen marschiren können. Denn wir dürfen nicht ver zu überführen und zur Bestrafung zu bringen. Schließ« ich verlaufe sich alles regelmäßig im Sande, und der Rest sei Schweigen. Allem Anscheine nach werde sich auch im Könitzer Falle nichts Bestimmtes ergeben und das Ganze wieder mit einem non enden. An sich brauchte das nicht weiter auffallend zu sein; denn heutzutage blieben viele Mordthatcn im Dunkeln und schon die Verkehrsverhältnisse der Gegenwart reichen aus, um das zu erklären. Angesichts der vorliegenden Bc» lastungSmommte sei das Könitzer Gcheimniß aber nicht dazu angethan, die Blutmordlegende zu entkräften. Frankreich. Nachdem der KricgSminister, General de Gallifet, in aller Form seine Demission gegeben und im Amts blatt die Ernennung des Generals Andrö zum Kriegs minister bekannt gegeben worden, ist auch das Schick» sal der übrigen Mitglieder des Cabinetts besiegelt. Gallifet war die starke Säule, die das Gebäude des bunt zu» sammengewürfcltcn Ministeriums bisher trug. Ihr Sturz bedeutet den deS ganzen Hauses, und schon die aller» nächsten Tage werden Waldeck-Rousseau, Millerand und wie die Portefeuille-Jnhaber von heute alle heißen, schon als