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schtt Anzeiger Sonnabend, den 1. Dezember 1906 56. Jahrgang, Rr. 278 genehmigt und hierüber diese Urkunde >d. i. s. (gez.) Benndorf. Br. sch gen. Wie sich auS diesen Berichten ergibt, haben die ins S. un, weile fast 9 Uhr geworden erfolgte die «Warenhäusern sind sechs, acht, zehn Scheiben voll I f ständig aus dem Rahmen gerissen und auf dens Be Erz sion wurden die Umstehenden zu Boden geworfen und größtenteils durch die in der Luft umherflie genden Steine, Bretter, Eisenteile usw. mehr oder weniger verwundet. Eine Anzahl von Per sonen wurden dabei getötet. Einem Polizeiser- geanten wurde durch eine Eisenstange der Unterleib aufgerissen — er war auf der Stelle tot. Die noch um Mitternacht in großer Zahl umherliegenden Kopfbedeckungen legten Zeugnis dafür ab, mit welcher Hast die unglücklichen Zuschauer die gefährliche Stätte verlassen hatten, soweit sie dies noch konnten. Und nun die Unglücksstätte selbst! Von einem starkrn Bretterzaun, der daS Terrain des Etablissements Marktplatze drängt sich angstvoll eine große Menschen- menge, zumeist Frauen und Kinder, die mit dem Wenigen ihrer Habe, was ih e vom Schreck gelähm- ten Hände zu greifen vermochten, vor dem Unheil geflohen sind. In ganzen Scharen kommen Leute mit beschmutzten und zerrissenen Kleidern, Augen zeugen der Katastrophe, die von der Gewalt des Luftdruckes zu Boden geworfen wurden. Langsamen Schrittes gehen, von Führern geleitet, Verwundete vorüber, Kopf und Hände mit dicken Gazeverbänden umwickelt. ES sind die weniger stark Mitgenommenen, die nach Anlegung des NotverbandeS sich in häuS- liche Pflege begeben können. Schlimmer sind die Armen daran, die man in schnell dahinrasselnden Fahrzeugen jeglicher Art, in Omnibussen, Droschken, sich lediglich von den Rechten und Pflichten Frank reichs leiten. Die zu diesem Zwecke ergriffenen rer- irrh l Wer der« ünsche lserem lserem «und erden, «d. über die ungehörige Verschleppung der KommissionS arbeiten! oelche MfS ldtteil , den eine at zur Per- zum l tun inten e er- dieser ach, 7. lbier- zhen- > ein « u. inner zum Soer- e. ft« »r e s ausgestellt. DreSde«, den 7. November 1906. senden geweckt und ans Fenster geeilt, da ertönte auch schon die erste Detonation. Dies war ungefähr um 8 Uhr abends. Schon nach dieser ersten, weniger heftigen, sah sich ein Teil der An- wohner veranlaßt, ihre Wohnungen unter Mitnahme eines Teils ihrer Habe zu räumen; andere aber er warteten schlimmere Folgen nicht und gaben sich ungestört dem interessanten Schauspiele deS Brandes hin. Auch Hunderte von Personen auS der inneren Stadt Witten und auch aus Annen waren durch den Feuerschein herbeigelockt und gingen dicht an den Feuerherd heran. Plötzlich — eS war mittler- auf Milchkarren, Bäckerwagen, Lastfuhrwerken zu den anderen in der Eile Ministerium de» J««er« (gez.) Hohenthal. We. «-scheint jede« Wochentag abends für den folgenden Tag uo- kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1 bb durch die Post Mk. 192 frei in'S HauS. Bürgersteig und auf daS Pflaster geworfen worden, wo sie mit den aus den Auslagen herauSgeschleuder- ten Waren mannigfacher Art ein wildes ThaoS bilden, in welchem die Geschäftsinhaber und ihr Personal mit Schaufeln und Reißbesen Ordnung zu schaffen suchen. Ich komme an Häusern vorbei, an denen dicke Türen wie Streichholz, schächtelchen eingedrückt sind. Auf dem Gtadtrat Hohenstein-Ernstthal, am 1. Dezember 1906. vr Polster, Bürgermeister. Ttadtrat Hohenstein-Ernstthal, am 28. November 1906. vr. Polster, Bürgermeister. Diese Ortsbauordnung tritt mit dem Tage der Bekanntmachung in Kraft und liegt von heute ab 14 Tage lang zu jedermanns Einsicht im Stadtbauamte — Rathaus Zimmer Nr. 7 — aus: Druckexemplare können dortselbst vom 15. Dezember 1906 ab gegen 0.50 M. Gebühren ent nommen werden. Wüstung durch die Katastrophe angerichtet mordens der Interpellation Jaurös mit der Beratung der sind, ließ sich schon in weitem Abstande erkennen. A l ge ciras a kte, die am nächsten Donnerstag Auf der Hauptgeschäftsstraße Witt-nS, der langge- stattfinden soll, zu verbinden. UebrigenS wünsche dehnten Bahnhofstraße, die eine Viertelstunde Weges die Regierung selbst, ihre Politik hinsichtlich Marokkos vom ExplosionSherde entfernt liegt, sind die stärksten in vollem Umfange darzulegen. Diese Politik halte Spiegelscheiben wie ZierglaS zerbrochen, in Stückeftich fern von allen Eroberungsplänen geschlagen, zu Atomen zerstäubt. An den großen,u n b abenteuerlichen Absichten und lasse Kunze wurde schwer verletzt und ist inzwischen in Sicherheit zu bringen. Der Zugang zur Roburit- gestorben. Ueber das Schicksal zweier in der Fabrik fabrik ist in einem großen Umkreise gesperrt. In wohnender Familien war nachts um 3 Uhr noch den Betrieben der Roburitfabrik war zur Zeit deS nichts Bestimmtes zu ermitteln. Es wird allgemein Unglücks nur wenig Personal. angenommen, daß sie unter den Trümmern I«fer«tr nehmen außer der Expedition auch die Austräger ach dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- «Aus dem Kelche. Die Beisetzung des Erzbischofs von Stablewskt Am Mittwoch fand unter, ungeheurer teiligung des Publikums die Beisetzung des bischofs v. StablewSki statt. Eingeleitet wurde die Zeremonie durch mehrere Messen und Trauer gesänge, worauf Domherr Dalbor die Gedächt nisrede hielt, in der er das Wirken StablewSkis i m Interesse seines Volkes rühmte. Nach Ge beten und Gesängen wurde der Sarg von acht Geist lichen vom Katafalk gehoben. Dann erfolgte unter stillen Gebeten und feierlichem Glockengeläute die Beisetzung in der Herz-Jesu-Kirche in Posen. Kei« Verzicht des Cumberländers auf Hannover. Entgegen der Meldung, wonach dem Braun schweiger Regentschaftsrate der Verzicht deS Herzogs von Cumberland und seines ältesten SohneS auf Hannover vorliege, erfährt die „Braunschweigische Limdesztg." nach Erkundigung an maßgebender Stelle, daß ein solcher Verzicht nicht vorliegt. Kaulenzer in derWahlprüfungSkommissto« des Reichstages. Sozialdemokratische und freisinnige Blätter hatten dieser Tage gewaltig über zu lqngsame Arbeit in der Wahl prüfungskommis sion des Reichstags gewettert. Demgegenüber schreibt jetzt die „Germania": Man sollte meinen, daß diejenigen Parteien, welche dem Vorsitzenden der Wahlprüfungs kommission mit so viel Entrüstung Verschleppung vorwcrfen, ihrerseits einen großen Eifer entwickeln würden, damit nicht etwa durch ihr Verschulden eine Verzögerung in der Geschäftsabwickelung eintrete. Aber auch hier ist Theorie und Praxis etwas Der- schiedeneS. Am Dienstag hat die WahlprüfungS- kommisston ihre Arbeit wieder ausgenommen. Auf der Tagesordnung stand zunächst die Feststellung eines Berichtes. Dieser Gegenstand konnte ober nicht erledigt werden, weil ein Vertreter der Sozial demokratie den Bericht — noch nicht fertig gestellt hatte. Nun, daS kann vorkommen. Man ging zum zweiten Gegenstand über. DaS war die Prüfung der Wahlproteste gegen die Abgeordneten > Krause und Kern. Aber auch hiermit war man schnell fertig, weil der Vertreter derjenigen Partei, 1 c. a. c. mk /schen Länz- Ein- dem ingen. »d. > a ch. begraben liegen. In einem Hause, das un-Einwohner von Witten und Annen" in einem un- mittelbar an der Unglücksstelle liegt und das fast begreiflichen Optimismus die erste Explosion für völlig zerstört wurde, fand man drei Tote. Unge- harmlos gehalten. Die Leute sahen neugierig dem führ 20 Fahrzeuge, darunter sogar Möbelwagen, Brande zu, als plötzlich eine n e u e E x p l 0 s t 0 n mußten aufgeboten werden, um die Toten und Der- mit ihren schrecklichen Verheerungen erfolgte. Ueber mundeten nach den Krankenhäusern zu bringen. Im diese berichtet ein Telegramm weiter wie folgt: Marienhospital befinden sich vier Tote und 20 Ver- A««e«, 29. November. Von den Zuschauern, mundete. 25 Leichtverwundete konnten nach An- Feuerwehrleuten und Schutzleuten wurden durch die legung eines Verbandes entlassen werden. Im zweite Explosion mindestens zweihundert verletzt, Diakonissenhaus sollen zwölf Tote und etwa 75 darunter der Bürgermeister Mentzel-Witten. ES ent- Verwundete liegen. Unter den Getöteten sollen sich stand eine panikartige Flucht, Kinder suchten ihre auch einige Feuerwehrleute befinden. Genaue Zahlen Eltern und umgekehrt; manche liefen halbnackt davon, lassen sich zurzeit noch nicht feststellen, da man nicht da ihnen durch den ungeheuren Luftdruck weiß, wieviel Tote und Verwundete sich bei Anver- die Kleider vom Leibe gerissen waren. Anderen Ver wandten befinden und wieviel noch unter den mundeten l i e f e n d i e A u g e n a u s. Trümmern des Werkes liegen. Noch jetzt lodern Wie die Dortm. Ztg. meldet, ist beim dortigen die Flammen empor. Von Zeit zu Zeit zeigt ein Oberbürgermeister, Schmieding, durch daS Hofmar- lautes Zischen und Knattern an, daß noch kleinere schallamt ein Telegramm aus Räuden in Oberschlesten Mengen Roburit explodieren. Die Bewohner der vom Kaiser eingetroffen, demzufolge der Monarch nächsten Straßen stehen ängstlich vor den Türen den Generaladjutanten von Scholl beauftragt und sehen nach der Brandstätte, jeden Augenblick hat, ihm persönlich über daS Unglück in Annen zu eine neue Explosion befürchtend. Wie bekannt wird, berichten. Generaladjutant von Scholl sollte heute hat die Explosion sogar in Dortmund und nachmittag 3 Uhr in Dortmund eintreffen und sich Langendreer Schaden angerichtet. In Dortmund in Begleitung des Oberbürgermeisters Schmieding wurde eine große Spiegelscheibe in einer Geflügel- und des Polizeiinspektors Richard im Automobil Handlung zertrümmert; einer Frau wurde durch ncch Annen begeben. Wie weiter verlautet, hat em mit großer Gewalt fortgeschleudertes Eisenstück d e r Kaiser drahtlich durch Vermittelung der ein Fuß abgeschlagen. In Langendreer stürzte durch Reichsbank 25,000 Mark aus seiner Privatscha- üe Erschütterung die Wand eines Hauses ein. Es lulle anweisen lassen, welche sofort als UnterstützungS- geht daS Gerücht, daß unter den Trümmern noch gelber unter die Verunglückten verkeilt werden roße Mengen Roburit lagern, so daß weitere Explo- sollen. Krettag ««d Sonnabend, de« 7. und 8. Dezbr., sind sämtliche Geschäftsräume des Rathauses wegen Reinigung geschloffen und werden nur dringliche, keinen Aufschub duldende Sachen erledigt. Hierzu, sowie zur Entgegennahme der dem Standesamte zu erstattenden Todesanzeigen ist das Wachtzimmer (Nr. 10) an beiden Tagen Vormittags Von 11 bis 12 Uhr geöffnet. Die Sparkasse (Stadthaus) ist Sonnabend, den 8. Dezember, ebenfalls wegen Reinigung der Geschäftsräume geschlossen. Hstzerrstei« Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kngau, Hermsdorf, Zernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, TirMeim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w, Die von uns ausgestellte Ortsbauordnung für die Stadt Hohenstein-Ernstthal hat das Ministerium des Innern genehmigt und hierüber folgendes Dekret ausgefertigt: «r. S4S »HL. Vorstehende OrtSdauordnung für Hohenstein-Ernstthal vom 1. Oktober 1906 wird Dir RolmrUerploston bei Mitte« ist einer der schwersten Unglücksfälle der neuesten Zeit. Die Explosion, ist in ihren Ursachen noch nicht ausreichend aufgeklärt. Das Roburit wurde bisher stets als wenig explosionsfähig betrachtet, und mehrfache Ereignisse der letzten Jahre schienen diese Erfahrungen zu bestätigen. Es sind sogar schon Roburitmassen verbrannt, ohne irgendwelche Explosion hervorzurufen. Auch über den Umfang der Katastrophe ist Genaues noch nicht bekannt. Nach den letzten Meldungen sollen eS 2 8 Tote, 50 Schwerverwundete und etwa 100 Berichte sein, die ihr zum Opfer fielen; es ist wohl aber anzunehmcn, daß diese Ziffern noch Kor rekturen erfahren werden. Wahrscheinlich werden noch mehr Tote unter den noch nicht zugänglichen Trümmern begraben liegen. Eine anschauliche Schilderung der verheerenden Katastrophe liefert der nachstehende Bericht: Die Fabrik liegt in einer kesselförmigen Bodensenkung, etwa 3>/z lcm von der inneren Stadt von Witten entfernt, ungefähr auf der Mitte des WegeS zwischen Witten und Annen. Auch in der letztgenannten Stadt, die weniger geschützt liegt, sind die durch die Erploston heroorgerukenen Schäden noch erheblich größer als in Witten selbst. In der Nähe der Unglücksstätte sind mehrere Dutzend Häuser a b g e d e ck t, die Giebel teilweise gänzlich zerstört. Einzelne Häuser besitze»! weder TrennungSwand der einzelnen Zimmer, noch ist etwas von der Decke zu erblicken. Man konnte von der Vorderfront quer durch das ganze Haus sehen, ebenso wie man von unten den von Rauchwolken bedeckten Himmel erblickt. Ein Teil der Bewohner der einzelsteheuden Häuser hatte sich schon zur Ruhe »egeben, als man auf ein Feuer in der Dynamit« äbrik aufmerksam wurde. Kaum waren die Schla- Mr das königliche Amtsgericht und den Atadtrat zu Hohenstein-Ernstthal. Grgcrrr aller GenreirröesVerrvalturrgen ösr unnliegenöen Ortschaften. umschlossen hatte, sah man nur noch wenige Pfähle. Weit hinter diesen Überresten lagen bis dorthin geschleuderte Eisenteile von Maschinen und Mauer- stücks von einem Durchmesser von einem halben Meter. Der Zaun war buchstäblich in kleine Stücke zerhackt. Die schweren Eisenmasten, an denen oie elektrischen Bogenlampen hingen, waren mehrere Male geknickt und ließen kaum noch erkennen, welchem Zwecke sie eigentlich gedient hatten. Eiserne Träger von acht Meter Länge fand man total verbogen. Ein vierräderiger Wagen war mittendurch gerissen. Tauben und Hühner flattertenunv zu „... - - -- mit halbverbrannten Flügeln umher. Noch gegen hergerichteten Verbandsplätzen schafft. Es heißt, dak 1A Uhr nachts suchte ein Vater seinen in der die beiden Explosionen mit dem Sprengstoffvorrat Fabrik beschäftigten 16jährtgen Sohn, über dessen noch nicht aufgeräumt haben. Noch vierzig Verbleib noch nichts bekannt geworden war. Um Kisten Roburit, etwa 190 Zentner, liegen in 2 Uhr morgens war die ganze Fabrik bis ans die den unterirdischen Gewölben der Fabrik, umleckt von Umfassungsmauern niedergebrannt. Auch die unge- gierigen Flammen. Wenn auch diese Sprengstoffe- führ 50 m vom eigentlichen Fabrikgebäude entfernt massen explodieren, ist neues, schwereres Unheil un- liegende Wohnung des Direktors Franke ist nieder- abwendbar, denn auf der Unglücksstelle, ganz in der gebrannt. Direktor F r a n k e selbst ist leicht ver- Nähe des ExplosionSherdeS, arbeiten viele brave letzt. Der in der Fabrik angestellte Chemiker Dr. Retter, um Verwundete und Tote auS den Trümmern ionen zu befürchten sind. — Erschütternde Einzelheiten über die « Folgen und die Vorgänge nach den Explosionen Allst «ÄUlllüNdt. werden in folgendem weiteren Bericht gemeldet: „... <— - . - Bochum, 29. Nov. Die Katastrophe ereignete Die MarorropoMir Frankreichs. ich gestern abend gegen 8 Uhr. Die Ursache war In der gestrigen Kammersitzung bat der in kleiner Brand. Welche Greuel der Ver- Minister des Auswärtigen Pichon, die Besprechung welche neulich Arm in Arm mit den Sozialdemo kraten über die Verschleppung wetterte, „ver hindert" war. Man schritt zum folgenden und letzten Gegenstände der Tagesordnung, zur Prüfung der Wahl des Abg. Barbeck. Hier war Referent ein Sozialdemokrat. Dieser war nicht er schienen. Die Mühle stand also still, man klappte „ die Akten zusammen und ging nach Hause. Welches zweite Explosion, die noch bedeutend Pendant zu den neulichen stolzen Worten der Linken heftiger war. Durch die Gewalt dieser Explo-f ständig