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Dresdner Journal : 14.10.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186010143
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18601014
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18601014
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-10
- Tag 1860-10-14
-
Monat
1860-10
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 14.10.1860
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O241 1860 Sonntag, den 14. October. Idounemruispreist: 5 1'UIr. 10 Xxr. io Ssetusa. ^)iit>ri.: 1 ,. 10 „ „ „ >luo>tllivli io vr«»<t»o: 15 Liorvlo« öiummvru: 1 5'xr. Iw Au,i»L<i« tritt ko»t- uock 8t«inp«l»o- »ebl»x Uio»o. Inseratenpreise: kür äeo R»um einer b<-»p»It«nen Leit«: 1 Axr. I7ot«r „Linxeennät" äi« 2«il«: 2 K^r. Lrschei«e«r ILxlicb, mit Xu«o»üo>e «er 8onn- nn<1 k«i»rt»^«, Xbeuäs kür üeo kolxeoäeo 1'»x. DresdnerÄLurml. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. Inseralenannahme auswärts: Lsiprix! k'n. L»ti>o»r»rr»», 6omm>»»ioni!r äe» Ureeänsr Journal»; «1»en6»ielk»t: 1l. Uvixikit; Alton»: Ikxxnixnrnix tt Vvoi.»:«; Itnrlin: O»oeio»'»cl»e liuekii., lixriiniirr»'» kturonu; Lrsweo: tl. 8cui.orr>i; rrnnltNut ». H.: ,1»ro»ii'»clie Uuebbnnälunx; Adln: Avoi.» Hüooii:»; k»ri>: v. (28, rue üe» von» ent»»»); kr»x: t'n. Luar-icns LucUii«»äIuux. Herausgeber: Xüoigl. Lrpeäition cke» vrenäner ^ourn»l», Ilresäen, ^lnrienstrnseo Ur. 7. Amtlicher Theil. Dresden, 12. Oktober. Ihre Majestät dieKS-^ nigin sind heute Nachmittag 25 Uhr von SanSsouci wieder in Pillnitz eingetroffen. Dresden, 12. Oktober. Seine Majestät der König haben allrrgnädigft geruht, dem Bankdirectcr Poppe zu Leipzig das Prädicat eine- Geheimen Kammerraths zu verleihen. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. ZritungSschau. (Oesteneichische Ztg. — Daily-News. — Times.) Tage-geschichte. Wien: Tagesbericht. Zum Proceß Eynatten. Die Warschauer Reise des Kaisers. Rus sische Diplomaten nach Warschau. — Pesth: Pro testantischer Generalconvent. — Koblenz: Königin Victoria eingetroffen. — Hannover: Ablösung deS Stader Zolles. — Darmstadt: Kammervcrhandlun- gen. — Frankfurt: Main- und Rheindampfschlepp- schifffahrtSgesellschaft. — Paris: Zur italienischen Frage. Kiffeleff nach St. Petersburg. Graf von Syracus. Trauergottcsdienst für Pimodan. Vermisch tes. — Turin: Viterbo von den Franzosen besetzt. Persano's Bericht über die Einnahme von Ancona. — Neapel: Piemontesen auSgeschifft. Die Vorgänge bei Capua. Mazzini ausgewiesen. Bekanntmachung be züglich des Einmarsches der Piemontesen. — Madrid: Kongreß der katholischen Mächte. — Konstan tinopel und Beirut: Aus der neuesten Post. — New-Bork: Walker's Erschießung noch nicht bestätigt. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Zwickau. Freiberg. Riesa. Oelsnitz.) Statistik und Lolkswirthschaft. Feuilleton. Tageskalender. Inserate. Börsen nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Paris, Freitag, 1L. October. Der heutige „Constitutionnel" enthält einen voitBoniface unter zeichneten Artikel, in welchem der Einmarsch der piemontefischen Truppen in da« Königreich beider Sicilien heftig getadelt wird. In demselben beißt eS unter Anderm: Piemont habe nicht mehr Recht als Oesterreich, sich in die innern Angelegenheiten des Königreichs beider Sicilien zu mischen. Pie mont sei Europa verantwortlich wegen der Ini tiative, die es ergriffen hat. Europa liege es ob, das verkannte Recht wieder herzustellen, und den Regierungen, die sich davon entfernt haben, die Achtung vor dem Gesetze ins Gedächtniß znrück- zurufen. — Rach einem Telegramm der „K. Z." heißt es in dem Artikel des „Constitutionnel": Die ohne Kriegserklärung erfolgte pirmontefische In vasion komme einer direkten Einmischung eines Staates in die Angelegenheiten eines andern «nd einem Angriffe auf die Souveränetät de« König reichs beider Sicilien gleich. Das Benehmen Pie monts stehe aber nicht nur in Widerspruch mit dem Völkerrechte, sondern auch mit den von Pie mont selbst verkündeten Principien. Nachdem hier auf die von dem erwähnten Staate Rom und Nea pel gegenüber beobachtete Haltung beleuchtet wor den ist, schließt der Artikel ungefähr folgender maßen: „Das Verfahren Piemonts ist in jeder Hinsicht zu beklagen. Durch den Einfall in den Kirchenstaat und in das Königreich Neapel hat Piemont eine Verantwortlichkeit auf sich geladen' die verringern zu wollen, ein vergebliches Begin nen sein würde. Es ist vor Europa für seine Initiative verantwortlich, die Jurisdiction kommt Europa zu. Da Europa sich natürlich mit großen Wirren-, wie sie in Italien vorliegen, befassen muß, so ist es allein Sache Europas, das verkannte Recht wieder zur Geltung zu bringen und die Regierungen, welche dasselbe außer Acht gelassen haben, zu der Achtung vor dem alle Staaten bin denden Gesetze zurückznführen." Turin, Donnerstag, 11. Oktober. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer hielt Ca vour eine längere Rede, in welcher er unter An derm sagte, daß er die Kammer zum Richter zwi schen Garibaldi und sich mache. Wenn die Kam mer ihn unterstütze, so werde er ihren Auftrag übernehmen und Garibaldi die Hand reichen. Er wolle, daß Rom die Hauptstadt Italiens werde; in Betreff der Mittel hierzu wisse man nicht, wo die Revolution in sechs Monaten sein werde. Was Venetien anbelange, so wolle Europa keinen Krieg gegen Oesterreich. Man müsse den Ansichten der großen Nationen Rechnung tragen. „Europa hält unS für ohnmächtig, um allein Venetien zu be freien; zeigen wir uns einig. Die Meinungen werden sich ändern. Die Venetianrr werden ihr Joch nicht ruhig tragen; die Oesterreichrr haben ihnen vergeblich geschmeichelt. In Frankreich und England werden sich die Ansichten ändern, da« liberal gewordene Deutschland wird für uns sein." Der Annerionsentwurf wurde mit AM gegen 6 Stimmen angenommen. Die von dem Ausschüsse beantragte Tagesordnung, wodurch die Kammer er klärt, daß Garibaldi sich um das Vaterland ver dient gemacht habe, fand einstimmige Annahme. Turin, 11. October, Abend«. Die „Jndep. belge" giebt folgendes telegraphische Nesum« der Rede des Grafen Cavour in der heutigen Sitz ung der Deputirtenkammer: Die Wirkung der Diskussion sei die gewesen, eine Annäherung aller Gemüther herbeizusühren. Es sei ein großer Unterschied zwischen der gegenwärtigen Annexion und den srühern. Am Tage nach dem Frieden von Villafranca habe man die Annerionen nicht überstürzen können. Man betrieb die Frage eines Kongresses, wo ran Piemont theilnchmen sollte. Was Süditalien be trifft, so bestehe dies Hindcrniß nicht mehr. „Man verlangt von Ihnen Ihre Stimme, fuhr der Minister fort, damit Sie den Völkern dieser Provinzen den Beweis geben, daß Sie die Regierung stützen. Es ist eine Meinungsverschiedenheit zwischen der Regierung und dem General Garibaldi ausgebrochcn, aber keines wegs durch unsre Schuld. Die Differenz ist öffentlich geworden. DaS Ministerium hat beschlossen, vor das Parlament zu treten, um es zum Richter über seine Po litik zu machen. Das ist die größte Ehrenbezeugung, die man einem Manne erweisen kann. „Nach reiflicher Erwägung hat die Krone das von unS gemachte Anerbieten unsrer Demission abgelehnt. Sie hat.geglaubt, die Regierung würde dadurch nach außen und innen zu sehr geschwächt. Es blieb unS nur ein Entschluß zu fassen, uns an Sie zu wenden und Sie zum Urtheil aufzufordcrn, nicht über Garibaldi, der Ihrer Controle nicht unterworfen ist, sondern über uns selbst, die wir die von Ihnen enranirte Gewalt vorstellen „Wenn Sic unS stützen, werden wir Garibaldi ent gegen gehen, ihm Ihren Befehl zu der Mission entgegen haltend, die Sie billigen werden und die wir getrost an nehmen. Wir werden ihm die Hand entgegenstrccken und ihn zur Eintracht im Namen deS Parlaments und Ita liens cinladen. „Man hat zu verschiedenen Malen von einer Land abtretung gesprochen, in die als Compensation der neuen Annexion gewilligt sei. Ich stelle die Thatsache förmlich in Abrede und füge hinzu, daß, wenn die Annexion vollzogen sein wird, es Wem auch immer unmöglich sein wird, eine Abtretung von einem Lande von 24 Millionen Einwohnern zu verlangen. „Man hat auch von Rom und Venedig gesprochen. Wir wollen, daß die ewige Stadt die Hauptstadt Italien» werde. WaS das Mittel betrifft, dahin zu gelangen, so müßte man, um es zu bestimmen, sagen können, in wel cher Lage wir unS in sechs Monaten befinden werden. Die Revolution in Rom wird durch die Ueberzeugung geschehen, daß die Freiheit der Religion günstig ist. „WaS Venetien anbetrifft, so stellt sich Europa da gegen, daß wir Oesterreich bekriegen. Man muß seiner Meinung Rechnung tragen, welche die Garantie der Na tionen ist. Abe? man muß sie zu ändern suchen. Europa hält rckrs für unvermögend, Venetien ohne auswärtige Hilfe zu befreien. Zeigen wir unS einig, und diese Idee wird sich modificiren. Es ist nicht wahr, daß die Vcne- tianer das österreichische Joch in Frieden tragen. Oester reich hat ihnen vergebens geschmeichelt. Die Meinung wird sich also ändern nicht nur in Frankreich und Eng land, sondern auch in Deutschland. Wird sie liberal, so wird sie für uns sein." (Ln ckevenanl liberale, «>IIe «era pom nou«. Ob die „Meinung" oder „Deutschland" liberal werden soll — l'opiiiion oder I ^Ilsmagne —, ist in dem letzten Satze nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Anm. d. Red.) Neapel, Donnerstag, 11. October. Ein De cret de« Diktator« setzt den Tag zur Lolksabstim mung auf den 21. October fest. Es hat folgende Fassung: Wollt Ihr ein einiges nntheil bareS Ita lien mit dem konstitutionellen König Victor Emanuel und seinen legitimen Nachkommen? Konstantinopel, Freitag, 12. Oktober. Der Großwesir ist über Salonichi von seiner In spektionsreise zurückgrkehrt. In voriger Nacht brach im innern Hafen eine Feuersbrunst auS; 20 Schiffe, viele Barken und die alte Brücke über das goldne Horn sind ver brannt. Dresden, 13. Oktober. Auch dic „Ocsterreichische Zeitung" läßt sich heute über die Zusammenkunft in Warschau in dem Sinne vernehmen, daß dort von einer der politischen Entwickelung der Staaten feindlichen Coalition nicht dic Red« sein könne. Sie sagt: „Wenn man unter einer heiligen Allianz eine Verbindung versteht, um jede Re gung deS Fortschrittes und der Entwickelung zu hemmen, so ist dieselbe heute unmöglich geworden. Das liegt im Charakter der Staaten, deren Fürsten sich in Warschau finden, das liegt im Charakter der Weltlage. Preußen ist ein konstitutioneller Staat geworden. Rußland ist nicht mehr das alte, starre Reich, in dem jede freie Re gung mißtrauisch bewacht wird. Zar Alexander hat in seinen weiten Landen eine sociale Umwälzung begonnen; er hat dic Weiße Sklaverei, die Leibeigenschaft, gebrochen ; er sucht ein Bürgerthum auS freien Landleuten zu schaffen. Oesterreich endlich hat vor kurzem vom Throne herab das Wort vernommen, daß volksthümliche Institutionen geschaffen werden sollen. In seiner Residenz hat eine Ver sammlung von Notabeln getagt, die ihre Meinung mit einer Freiheit und Unbefangenheit, mit einer Schärfe äußerten, wie dies kaum mehr in einem Lande stattfinden dürfte, wo das parlamentarische Leben uralt ist. Oester reichs Heil liegt auf der Bahn deS Fortschrittes. Ver bindungen mit unser» Nachbarn sind nützlich und nöthig, aber die beste und kräftigste, die nachhaltigste Allianz ist die der Regierung mit ihrem eigenen Volke. Man wird in Warschau ebenso wenig als in Teplitz Tendenzen hul digen, welche einer gesetzlichen Volksfreiheit gegnerisch wären. Volksfreiheit ist aber nicht Revolution. Diese ist die Verneinung des Gesetzes, jene ist das Herrscher- sceptcr aus Recht und Gesetz geformt. Die Revolution kann keinem Herrscher günstig sein, der sein Recht, der das Recht des Gesetzes wahren will. Der Umsturz ber gründet der Völker Glück nicht; und der Umsturz aller Rechtsordnungen, den wir jetzt von Turin ausgehcn sehen, bedroht Europa mit nie enden wollender Verwirrung. Warschau wird wahrscheinlich keine Coalition bringen, man wird da keinen Kreuzzug gegen die Rebellion be schließen. Diese wird wie jeder Strudel Alle» in den Abgrund ziehen, daS sich in diesen Schlund gewagt. Aber eS ist viel und wiegt schwer, wenn die Regenten dreier großen Reiche ihre Ansichten au-tauschen und eS sich fin det, daß sic gleichartiger Natur sind. Wenn die drei großen Fürsten des Osten- entschlossen sind, auf inter nationale» Gesetz und Völkerrecht zu halten, werden Jene, die darüber hinauSgehen, bald fühlen, daß sie außerhalb de» Gesetzes stehen. Die Entschlossenheit der östlichen Mächte, die Bedürfnisse der Völker zu befriedigen, aber der Revolution keine Zugeständnisse zu machen, wird bald auch alle Andern, die sich nach gesetzlichen Zuständen seh nen, an sie ketten, und verlassen vom übrigen Europa, wird man auch an der Seine aufhören, den Treu- und Nechtsbruch zu hegen und zu beschützen. ES giebt mo ralische Gewalten, welche stärker sind als Heere und Waffen, und eine solche Macht wird daS Recht sein, so bald die Fürsten es auf ihr Banner stecken." Wie zu erwarten war, sind die liberalen englischen Blätter bemüht, den Einmarsch der sardinischen Truppen in das neapolitanische Gebiet zu verthei- digen. „Daily-NewS" bemüht sich, diesen Act Vic tor Emanuel'S vom völkerrechtlichen Gesichtspunkte al- vollkommen in der Ordnung darzustellen. Es betrachtet nämlich den neapolitanischen Thron als erledigt, — die Dynastie Bourbon durch die Begeisterung, mit der Ga ribalbi vom Volke ausgenommen wurde, als thatsächlich verworfen und abgesetzt — und das Königreich Neapel als eine unabhängige Nation, (der Ausdruck „naii.m" wird im Englischen auch für Staat gebraucht), die daS Recht besitzt, sich einen Regenten zu wählen. — Die „Times" dagegen rechtfertigt den Entschluß Victor Emanuels auf Grund der „politischen Nothwendigkeit" und sagt u. A.: „Der Rubicon ist überschritten. Wir haben jetzt zwischen dem sardinischen Programm, wie Graf Cavour dasselbe erläutert hat, und einer Reaktion irgend einer Art, einer französischen, österreichischen oder anar chischen Reaktion, zu wählen. Es giebt eine Zeit für Alles, und dies ist nicht die Zeit zu einer allzu genauen Prüfung der Politik, wodurch Sardinien die Herrschaft über die jetzige Bewegung gewann. Jene „politische Noth wendigkeit", mit welcher allein manche unsrer Erwerbungen in Indien oder di« berüchtigte Wegnahme der dänischen Flotte gerechtfertigt werden kann, mag in letzter Zeit eine den sardinischen Interessen allzu günstige Deutung erhal ten haben. Es mag Vieles vorgefallen oder noch vor handen sein, was Gewisscnszwcifcl erregen kann, aber diese Gcwissenszwcisel sind nicht unsre Sache. Die öffent liche Meinung im Kirchenstaat und in Neapel, gleichviel wie sie gespornt wurde, hat sich deutlich für ein König reich Italien ausgesprochen. Kein Land außer Spanien hat das geringste Mitleid für Franz II. blicken lassen. Die Dynastie, welche er vertritt, wurde durch einen Frci- beuterzug gegründet, welcher weniger verzeihlich als der Garibaldi'S war, und ihr erster Rechtstitel bestand in dem von Don Carlos 1735 über die Oesterreichcr erfoch tenen Siege. Wenn Uebereinkünfte zwischen Souveränen ein Recht über Völker verleihen können, warum will man beim Vertrage von Nachen stehen bleiben? Warum geht man nicht bis zum Utrechter Frieden zurück, kraft dessen Victor Amadeus, Herzog von Savoyen, in Palermo zum König von Sicilien gekrönt wurde! Solche Beweisgründe sind jedoch werthloS. Eine so große Erweiterung de« snbalpinischen Königreiches, wie der Papst cs nennt, muß auf das Gleichgewicht der Macht auf dem Continent zum Guten oder Bösen einwirken. Wenn wir Graf Ca vour's feierlichen Erklärungen Glauben schenken dürfen, so haben wir von dieser Folge mehr zu hoffen, als zu fürchten. Wofern nicht eine frische Gebietsabtretung an Frankreich stipulirt ist, wird diese Macht, wenn sie auch, sowie Oesterreich einen Fuß in Italien behält, einen star ken, anstatt einen schwachen Nachbar haben. Wenn der Gegensatz der Nacen auf die Dauer aus Italien ver bannt rst, und wenn es von fremdländischer Hilfe un- Feuilleton. A. Hoftheater. Als eine Nachfeier der Enthüllung de» Weber Denkmals wurde gestern, den 12. October, „Preciosa" neu einstudirt gegeben. Als Erstling seiner vollendeten romantischen Tondichtung war Preciosa das Lieblmgskind des Componisten, und an diesem ver alteten Bühnenstücke einer vorübergegangenen Periode von äußerst bescheidenen dichterischen Ansprüchen, an diesem Productc verjährter und eleganter Romantik, wie sie nur in Büchern, aber nicht im Leben zu finden ist, zeigt sich, wa» die hilfreiche Hand des Genius vermag. E» ist mit einem Rahmen umgeben, dessen Tonschmuck für die verblaßten innern Farben des Bildes entschädigt; es wird durch die reizende Musik ewig jung erhalten: in feiner und poetischer Stimmungs- und Charakter malerei ist sie vollendet, in sprudelnder Frische und ge sunder Originalität übertraf sie der Meister nie. Die melodramatische Begleitung ist in ihrer Schönheit ein musterhaftes Vorbild. Uebrigens wollte der Componist e» wohl beachtet wissen, daß die Zigeuw'rmotive echte und leibhafte Zigeunermusik seien. Die in jeder Hinsicht vorzügliche Aufführung war ehrenvoll für unsre Bühne, da sie wahre Pietät gegen rin Werk bewies, daS ein großer Künstler durch den Stempel seine» Geiste» erhob. Sie zeigte zugleich, wie durch willfährige Betheiligung der besten Kräfte und durch sehr fühlbare Lust und Liebe in der Gesammtdar- stellung das an sich so schwache Stück wirksam ver lebendigt und in seiner poetischen glücklichen Grundidee mit Hilfe der Musik noch zu Erfolg gebracht werden kann. Fräulein Ulrich führte die Titelrolle, namentlich in ihrem deklamatorisch-elegischen Theile, mit warmer Em pfindung und überhaupt lobenSwerth aus, so weit ihr Naturell sich für diese rigenthümliche Aufgabe fügsam erwies. Herr Dawison und Fräulein Berg charakte- risirten den Zigcunerhauptmann und die Wiarda eben so ausgezeichnet wie künstlerisch maßvoll. Herr Rae der erfrischte durch die ergötzlichen Burleskercien seines Schloß- voigts. Die Herren Maximilian, Jauner, Winger, Quan ter und Porth — der ein hübsches kleines Genrebild gab — trugen durch die Uebernahme ihrer Partien sehr wesentlich zur trefflichen Gestaltung des Ganzen bei. Ganz besonders zudem die vorzügliche Aus führung der Musik, deren Direktion durch Herrn Kapell meister Rietz dankenswerth anzuerkennen ist. Fräulein AlvSleb en kann vielleicht beim übrigen» gut into- nirten Vortrage des Liedes „Einsam rc." hinter der Bühne mehr Empfindung anstreben. — Die Jnscenirung war würdig und fleißig hergestellt; doch möchte den Zigeunern, den Kindern Afrikas — nach dem beachtens- werthen Beispiele ihrer Führer —, etwas realer Aufwand von Zigeunerleint sehr gut anstehen. Das Publicum lohnte mit Wärme den erfreulichen Erfolg künstlerischer Mühen und wohlerfüllter Pflichten. C. Banck. Die Abenteuer am Nebrasca. Von Kalduin Millihausen.*) (Fortsetzung au« Ar. 240.) Wir folgten auf dem südlichen Ufer des NebraSca der breiten und ebenen Emigrantenstraße. Wenn die Nächte auch schon empfindlich kalt waren, so begünstigte uns doch immer trockenes, gutes Wetter, so daß wir noch gar nicht bezweifelten, daß wir vor dem Beginne der Schneestürme die Ansiedelungen am Missouri er reichen würden. Zwei Tagereisen mochten wir ungefähr *l Au« dessen . Reisen in die Fclsengedirge Nordamerika«". Leipzig, Hermann Sostenoble. von dem Uebergkngspunkte des Nebrasca entfernt sein, als gutes Gras uns veranlaßte, schon um die Mittags zeit unsern Tagemarsch für beendigt zu erklären. Wir überließen die Pferde der Freiheit und befanden uns bei dem schönen warmen Hcrbstwetler recht glücklich und zu frieden in der stillen Einsamkeit der endlosen Prairie. Als wir gegen Abend auf dem trockenen Rasen lagen und uns über das Eigenthümliche unsrer Lage, über die Vergangenheit und über die nächste Zukunft uns unter hielten, dabei eine Büffelhecrde beobachteten, die auf uns zuschritt und von welcher wir ein Mitglied zu erlegen hofften, näherte sich uns von Westen her ein kleiner Trupp Reiter, die wir sogleich für Weiße erkannten, die aber auch leider unsre Büffel verjagten. Als sie unsrer ansichtig wurden, lenkten sie auf uns zu, begrüß ten un» freundlich und theilten uns mit, daß sie Mor monen seien und sich auf der Reise vom Salzsee (Utah- Lake) nach dem Missouri befänden. Sie ritten an dem selben Abend noch einige Meilen weiter und schlugen ihr Lager so aus, daß wir während der Nacht den Schein ihres Feuers im Auge hatten. Fast zu gleicher Zeit brachen wir am folgenden Morgen auf, die Mormonen behielten also einen Vorsprung vor unS, der durch ihre bessern Pferde von Stunde zu Stunde vergrößert wurde. Wellenförmiges Land entzog sie bald ganz unsern Blicken, und wieder allein auf der weiten Fläche, zogen wir, so schnell als es die schwindenden Kräfte unsrer Thiere nur erlauben wollten, unsre Straße. Plötzlich erschallten einige Schüsse in der Richtung, wo die Mormonen ver schwunden waren; wir wurden indessen dadurch nicht weiter beunruhigt, sondern lebten der Meinung, daß die vor uns Reisenden Jagd auf Büffel gemacht hätten, und freuten uns darauf, unsern schwachen Fleischvorrath wieder durch einige frische Büfsclrippcn vermehren zu gönnen. Es ist nämlich ein alter Prairicbrauch, daß jeder Vorüberziehende sich von einem frisch erlegten Büffel so viel abschneidet, wie ihm beliebt, ohne sich weiter mit dem Jäger um einen Preis zu verständigen. Wir näherten uns allmählich der Stelle, wo die Schüsse gefallen waren, und ich erblickte endlich von der Höhe einer Schwellung des Bodens, über die folgende Schwel lung hinweg, in der Niederung eine Gruppe von Men schen, die anscheinend einen Gegenstand betrachteten, der auf dem Boden lag. Wir Beide wurden dadurch noch in unserm Glauben bestärkt, und der Herzog gab mir infolge dessen den Auftrag, hinüberzurciten, von dem Büffel rin tüchtige- Stück abzuschneiden und demnächst mit ihm weiter oberhalb in der Straße wieder zusammen zutreffen. Ich spornte meinen armen Schimmel und nach einigen Minuten befand ich mich auf der nächsten Höhe, von welcher ich die Scene vor mir übersehen konnte. Wider alles Erwarten erblickte ich aber keinen einzigen weißen Menschen, Wohl aber zwanzig bis dreißig Indianer, die, nach ihrem wilden Schmucke zu urtheilen, sich auf dem Kriegspsade befanden. Welcher Art meine Ueberraschung war, wird Jeder leicht errathen können, denn das Zusammentreffen mit einer indianischen KriegS- abtheilung wird für nicht ganz ungefährlich gehalten, und man geht daher einer solchen, wenn man ihr nicht an Stärke überlegen ist, gern aus dem Wege. Diese» berücksichtigend, wendete ich mein Pferd und eilte dem Herzoge nach, um ihn von der unwillkommenen Neuig keit in Kenntniß zu setzen. „Wenn e» eine Kriegsabtheilung ist," antwortete der Herzog, indem er mir meine Doppelbüchse aus dem Wagen reichte, „so werden wir sie bald genug zu sehen bekommen; halten Sie sich bereit, für Ihr Leben zn kämpfen, schießen Sie aber nicht ohne Noth, und wenn Sic schießen, so fehlen Sie nicht Ihren Mann." Da war gewiß ein sehr schöner, wohlgemeinter Rath, doch
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