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M O W Feierabend D W Unterhaltungs-Beilage der Sächsischen Volkszeitung Nr. H Sonntag den 22. Sanuar lSll Selbsttröstung. Der Flieder knospet, die Lerche singt Und in meiner Seele das widerklingt, Ls widcrklingt es widerballt, Mb auch die Lust noch rauh und kalt; Mb auch das tserz mir noch beschwert. Getrost, getrost, zu lang 's nicht währt, Da auch wohl wieder Sonnenschein Kehrt ins bedrückte Dcrze ein! !vohl Hab' gehofft, geharrt geschafft. Gewirkt ich mit der ganzen Kraft, Stets auf das eine nur bedacht Aufs Kämpferwort: „Ls ist vollbracht!" Doch ob ich's noch erleb', erschau? Ich mir's zu hoffen kaum getrau. Auch Moses ja von fern nur sah Sein Schnsuchtsland, sein Kanahah. Und lacht des Lenzes Sonnenschein Mir heut noch, will zufrieden sein. Die meisten Keime gehn ja ein, Im Strebe» selbst licgts Glück allein. klart Theodor Schulz,1Drc-:-dcii. Dritter Sonntag nach -er Erscheinung -es Herrn. Ev : Der Aussätzige u. der Knecht des Hauptmanns. Matth. 8,1—13. Wie schön stellt unser Evangelium uns des Glaubens Wesen dar! Demütig tritt der vom Aussatze Geschlagene dem Herrn entgegen, denn er wirft sich vor ihm nieder, er betet ihn an, er flehet im Geiste der Unterwerfung: Herr, wenn du willst, so kannst dir mich reinigen. Demütiger noch erweist sich der heidnische Hanptmann, denn obwohl er über andere zu gebieten hatte, wagt er kaum selbst bittend vor den Heiland zu treten, sondern er sendet, wie uns Lukas ausführlicher erzählt, andere Fürbitter zu ihm, ja, er hält sich nicht für würdig, das; der Heiland eingehe unter sein Dach. Demütiger aber als beide übertrifft sie der Meister, wie in jeder, so auch in dieser Tugend; kaum hatte der Hanptmann ihn für seinen Knecht gebeten, so erhält er schon die Zusage: Ich will kommen und ihn gesund machen; kaum hat der Aussätzige ihn angefleht, so erquickt ihn schon das Heilswort: Ich will; ja er berührt mit eigener Hand den ekelhaft Kranken, von dem sich die Menschen mit Wider willen hinwegwendeten, und nachdem er ihn geheilt, gibt er, wie Chrvsostomus bemerkt, den schönsten Beweis, wie wenig er den Selbstrnhm liebe, indem ec spricht: Siehe zu, daß du es niemanden sagest, sondern tue nur, was das Ge setz erfordert: gehe hin, zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Moses befohlen hat, ihnen znm Zeugnisse. Beachten wir sodann das öffentliche Bekenntnis des Glaubens im Evangelium. Jesus ward verkannt, er wurde verfolgt, es brachte dem Kranken keinen Ruhm vor dem Volke und seinen Priestern, von ihm geheilt worden zu sein. ,a auch nur seine Zuflucht zu ibm genommen zu haben; dennoch nicht in der Nacht sucht er den Heiland auf, nicht in der Verborgenheit schleicht er sich zu ihm, am Hellen Tage, auf der Heerstraße, vor allem Volke wartet er seiner und ruft seine Hilfe an. Der Hanptmann war gar ein Heide, es war in den Augen seiner Genossen kein empfehlender Beweis für seine Denkart, für seine Bildung, für seine Auf klärung, sich an die Juden zu halten oder bei einem ihrer Lehrer Hilfe zu suchen, dennoch, da Jesus einzieht in Ka- pharnanm, entsendet er seinen Fürsprecher zu dem Herrn, tritt sodann selbst zu ihm und legt vor aller Welt das Be kenntnis seines Glaubens an Christum ab und dessen gött liche Kraft und Gnade. Lassen wir endlich nicht unberücksichtigt das uner schütterliche Vertrauen, das sich hier offenbart: Herr, wenn du willst, so kannst du mich reinigen — gibt es einen kind licheren Ausdruck der lebendigen Ueberzeugung von Jesu Macht und Herrlichkeit? Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund, denn, so wie mir, einem schwachen und überdies höheren menschlichen Vorgesetzten selbst unterwor fenen Sterblichen, meine Kriegsleute und Diener gehorchen, so gehorchen deinem Winke, Allmächtiger, alle Wesen und Kräfte der Natur; kann die innigste, die festeste Zuversicht sich klarer und bestimmter aussprcchen? Daher auch Jesu Zeugnis: Wahrlich, sage ich euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden. Demütig ist der Glaube. Mit stolzem Selbstvertrauen auf eigene Würdigkeit, eigene Kraft, eigene Rechte hat er nichts gemein, am weitesten entfernt ist er von dem Hoch mute der Klügelei, die alles verstehen, mit Augen sehen, mit Händen greifen und am Ende gar das Geheimnis aller Geheimnisse, wie Gott in Christo war, sinnlich erforschen und künstlich zergliedern will. Offen ist der Glaube. Denn wie das Bekenntnis vor Christo und seinem Reiche unser Innerstes durchdrungen, will es auch äußerlich sich kundgeben. Wir können dann nicht anders, wir wollen nicht anders, wir dürfen nicht an ders, unsere Würde, unser Gefühl, unser Gewissen fordern es so und es ist uns eine Wonne, uns unseres Glaubens zu rühmen, auch unter Spott und Schmach. Vertrauensvoll ist der Glaube. Er beherrscht unser Dasein, ohne Wandel und Wechsel. Da herrscht nicht heute Mut und morgen Feigheit, heute Zuversicht, morgen Zag- I Hastigkeit, heute Sicherheit, morgen Zweifel. Auf allen unseren Wegen, in allen unseren Verhältnissen, bei allen unseren Kämpfen und in allen unseren Nöten erfüllt uns der Geist, der die Welt überwindet. Das ist des Glauben? Wesen. Ohne Glauben haben wir keinen Erlöser, wir liegen noch in der alten Schuld, wir wandeln noch in der alten Irre, wir schmachten noch in den alten Fesseln des TodeS, nur im Glauben haben wir Christum und durch ihn die Erlösung von Sünde und Tod. Das ist des Glaubens Heil. Darum lasset uns glauben lernen, damit wir leben, kämpfen und sterben lernen. Das Leben ist ernst, der Kampf ist schwer, der Tod ist mächtig, über alles aber triumphiert unser Glaube. ü. — , ,-c , -