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Dresdner Journal. Verautwortlicher Nedacteur: I. G. Hartmann. _ .... — .... M/G Erscheint mit Au«nahu,e der S«r.?.. chlet» für da» »tertrljatzr rtzaler. -M und Festtage täglich Abend» uno t,i Tonnanenv, van 15. Nvvemvap. 3"s"ti»n».<s«dichr«> ftzr den Stau» H durch alle Poftanstalten zu bezie-ea. »«»er gefpalt«« Zette > Reogrvsche». Amtlicher Theil. Dresden, 14. November. Ihre Kaiserlich Königlichen Hoheiten der Erzherzog Earl Ferdinand und Höchst- deffen Frau Gemahlin, Erzherzogin Elisabeth, sind heute Vormittag ^10 Uhr von Schaumburg hier einge troffen, im Königlichen Schlöffe abgetreten und LI Uhr nach Wien abqereist. Dresden, 4. November. Seine Majestät der König haben zu genehmigen geruhet, daß der Eanzleirath im Mi nisterium der auswärtigen Angelegenheiten Earl August Aschille das von Seiner Majestät dem Kaiser von Oester reich ihm verliehene Ritterkreuz deS Franz-Joseph-Ordens an nehme und trage. Nichtamtlicher Theil. Acdersicht. Tüsttsgeschichle. Telegraphische Nachrichten. — Wien: Die „Eorrespondance Jtalienne". Ein Donau dampfkanonenboot. — Berlin: Der Landtag einberufen. Der Stand der preuß. Sparkassen. — Aus der Provinz Sachsen: Die Gesangbuchsangelcgenhcit. — Weiniar: Der Telegraphenvertrag publicirt. — Aus Th ürin gc n : Jubiläum Ludwig Bechstein's. Nothstand im thüringer Walde. — Frankfurt: Schwierigkeiten bei Ausführung des neuen organischen Gesetzes. — Paris: Die Gerüchte von bevorstehenden Veränderungen im Ministerium. Zur Anwesenheit deS Kaisers in Eompiegne. Der Erbgroßherzog von Toscana. Zur Neuenburger Angelegenheit. Die Lage der Börse. Antonini soll seine Paffe erhalten. Unzufrie denheit. Vermischtes. — Lissabon: Eisenbahneröffnung. Fremde Kriegsschiffe. — Freiburg: Angriff auf das Eigcnthum. — Rom: Die Königin Christine erwartet.— London: Die „Times" gegen Rußland. Die Differenz wegen Bolgrad. — Kopenhagen: Die dänischen Mi nisterkrisen seit 1848. Schwedische Studenten -erwartet. Prinz Ferdinand hat das Armeeoberkommando wieder er halten. — St Petersburg: Fürsorge für arme Kinder. — Bukarest: Die österreichische Besatzung. — New- Dork: Negerhandel. Ein Sclavenaufstand. Local- und Provintzjalangelegenhetten Dresden: Verhandlungen der Stadtverordneten. Veränderte Dampf schifffahrten. Schnee. — Ehemnitz: Ein Zeugniß für den Lehrer Herrmann. — Friedrichswalde: Lehrer jubiläum. — Meerane: Feuer. Gaben zu einer Ehrist- bescheerung. Oeffentliche Gerichtsverhandlungen. (Mittweida.Rochlitz) Feuilleton. Vermischtes. Inserate. LageSkalcndcr. Börsennachrichtcn. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. Wien, Donnerstag, L3. November. Abends. Das Abendblatt der „Wien. Ztg." enthält die halb- amtliche Notiz, daß die Staatsverwaltung die (5on cessionirung neuer Actienunternehmungen auf einen geeignetern Zeitpunkt zu verschieben beschlossen hat. Konstantinopel, 7. November. Neschid Pascha ist Präsident des Ministerraths; Mehcmed Ali Pascha behält die Marine, Fuad Pascha die auswärtigen Angelegenheiten. Die Perser sollen Herat genommen haben, jedoch wieder herausgeworfcn worden sein. Wien, I I. November. Die „Ocst. Eorresp." schreibt Wir fühlen uns wenig berufen, den Gehässigkeiten und Ver leumdungen entgegenzutreten, mit welchen eine von Turin ausgehende sogenannte „Eorrespondance Jtalienne" tagtäg lich den Kaiserstaat, seine Politik, seine Behörden und sogar seine erhabene Dynastie begeifert. Auch in Zukunft gedenken wir uns möglichst wenig mit jener unreinen Quelle von Ten denzlügen zu beschäftigen, die mit dem gleichen Haffe alle italienischen Monarchen und Gouvernements — das einzige Piemont natürlich ausgenommen — beehrt. Eine Regierung wie die kaiserliche mag wohl die Bemühungen obscurer Blätt chenschreiber ignoriren, welche stets nur in verschiedenen Ton arten den sinnlosen Sah wiederholen, das österreichische Kaiserreich sollte eigentlich nicht bestehen. Auch ist diese ohn mächtige Argumentation keineswegs Oesterreich und seiner Staatsregierung allein gewidmet, sie wendet sich mit der gleichen Wukh der Schwäche gegen die Kirche und deren sichtbares Oberhaupt, gegen das monarchische Princip, gegen alle konservativen Elemente der bürgerlichen Gesellschaft. Längere Zeit war es eine weit verbreitete Meinung, die berüchtigte Turiner „Eorrespondance" erhalte Inspirationen aus dem piemontesischen Ministerium, waS ihr eine bedenkliche Be deutsamkeit verlieh. Nunmehr möge anerkennend erwähnt werden, daß die k. sardinische Regierung — wie wir aus guter Quelle vernehmen — jeden Antheil an der erwähnten Publi kation, sowie jede Einflußnahme auf dieselbe mit Entschieden heit ablehnt. Erzeigen wir also ausnahmsweise der „Eor respondance Jtalienne" die Ehre einer Erwähnung, so ge schieht cS lediglich, um eine Nachbarregierung von dem Ver dachte zu befreien, der vielfach gegen sie ausgesprochen ward. — Aus Pefth, 6. November, wird der „Milit. Z." ge meldet : Dieser Tage ist daS vom Herrn Oberst Ritter v. Molli- nary projeclirte Donaudampfkanonenboot auf einer längern Besuchsreise, welche sich bis unterhalb Semlin erstreckte, hier durchpassirt und wieder nach Klosterneuburg zurückgckehrt. Dieses Boot führt ein sehr großes Geschütz, nämlich einen 6l)pfündiqen PaixhanS - oder eine ZOpfündige Marinckanone und ist dabei sehr klein, leicht und beweglich constcuirt, sowie cS daS beschränkte Fahrwasser und die Strömung der Donau bedingen. Zur Bewegung dieses aus Eisen gebauten Kanonen bootes dient eine Hochdruckdampfmaschine von 10 Pferdekraft. Die ganze Schiffsbemannung bestehl blos aus 1 Offizier und 20 Mann. Die Commission, welche mit der Erprobung des Bootes beauftragt ivar und aus dem Pionnler - Obersten v. Ghilain, Generalstabsoberstleutnant Drechsler, Artillerie major Groftsik, Flottenmajor Baumrucker und Geniehaupt- mann Schröder bestand, hat mit demselben auf der oberwähn ten Reise nach Semlin verschiedene Schießproben und Ma növers ausführen lassen, welche vollkommen befriedigende Re sultate geliefert haben und diese Gattung Boote als ein neues tüchtiges KriegSmittcl erscheinen lassen. Vertin, 13. November. (Pc. E ) Durch allerhöchste Ver ordnung vom 11. Nov. d. I. werden beide Häuser des Land tags der Monarchie, das Herrenhaus und das Haus der Ab geordneten, auf den 29. November d. I. in Berlin zusam menberufen. — Ueber den Zustand der sämmtlichen Sparkassen des preußischen Staates im Jahre 1853 enthält die amtlich zu sammengestellte Hauptübersicht unter Anderm folgende An gaben: Es bestanden am Schluffe des Jahres 1855» über haupt 323 Sparkassen, 38 mehr als am Schluffe deS Jahres 1854. Am Schluffe de« Jahres 1854 war in sämmtlichen Sparkassen ein Bestand von 28,941,384 Thlr. vorhanden. Am Schluffe des Jahres 1855 betrug derselbe 32.289,819 Thlr., so daß er sich gegen 1854 um 3 112,552 Thlr. ver- : mehrt hat. Die Zahl der im Umlauf befindlichen Quittung«- bücher über Einlagen betrug in Summa 423,542 Stück; 25,029 Stück mehr als im vorhergegangenen Jahre. ir. "Aus der Provinz Sachsen, 13. November. Auf den Antrag des kirchlichen Eentralverein« unsrer Provinz wegen Beseitigung deS neuen Dresdner Gesangbuchs hat der evangelische Oberkirchenrath rescribirt, daß er da« Bedürfnlß der Einführung eine« neuen Gesangbuch« vollkommen wür dige und daher schon jetzt Anordnung dahin getroffen habe, daß da« gedachte Gesangbuch mit einem Anhänge von Kern liedern wieder abgedruckt werde. Hiergegen ist der Antrag auf Erlaß eine« kirchenregimentlichen Verbot« de« neuen Mag deburger Gesangbuch« von dem evangelischen Oderkirchen- rathe zurückgewiesen worden. / Weimar, 13. Nov. Mit dem heute au-gegebenen Regierungsblatte ist nun auch bei uns der Vertrag bekannt gemacht worden, den die königl. sächsische, die großherzoglich sächsische, die herzoglich sachsen - altenburgische und die fürst lich reuß - plauensche Staatsregierung j. L. über die Ausfüh rung einer Telegraphenverbindung von Altenburg über Gera, Roda und Jena nach Weimar abgeschlossen haben. Die Entscheidung der Reklamationen gegen Abweisung von De peschen steht in Weimar dem Director deS ersten Verwal tungsbezirks, in Jena dem ersten Bürgermeister zu. Die zum Schutze der Telegraphenanstalten erlassenen Gesetze und Verordnungen sind auch auf die neue Telegraphenlinie für anwendbar erklärt worden. * "AuS Thüringen. In Meiningen feierte am 10. November unser vaterländischer Dichter Ludwig Beckstein den Tag, an dem er vor 25 Jahren durch die Huld Sr. Hoheit deS regierenden Herzogs zum EabinetSbibliothekar und zum Bibliothekar an der öffentlichen Bibliothek ernannt worden war. Dieses Jubelfest wurde durch vielfache und herzliche Theilnahme verschönert. Der regierende Herzog beehrte den Jubilar mit einem Besuche und überreichte eigenhändig dem selben, an Stelle deS bisher von ihm getragenen Verdienst kreuz,S, daS Ritterkreuz deS sächs. Ernestinischen HauSorden«. Der Erbprinz besuchte ebenfalls den Jubilar, begleitet von dem Vorstande deS hennrbergischen alterthumSforschenden Vereins, dessen Direktorium seit 24 Jahren von Bechstein geführt wird. Außerdem begrüßten denselben Deputationen verschiedener Körperschaften und auch aus der Ferne liefen schriftliche Glückwünsche rin. — Weimarische Blätter ver öffentlichen einen Hilferuf, der rin trauriges Bild von der entsr-lichen Armuth emzelner Theile de« thüringer Walde« entwirft. Die 392 Einwohner zu Stützerbach, vei« manschen Antheiks, besitzen im Ganzen nur 45 Acker Land und 165 Acker Wiesen. Auf den erster» bauen sie fast nur Kartoffeln, denn Brodfrüchte gedeihen dort oben nicht. Brod zu Kartoffeln und Salz ist Vielen dort schon ein seltene« Gericht. Mißernten und Thruerung in den letzten Jahren hatten den Ort schon sehr heruntergebracht, und im lau fenden Jahre hat diese armen Leut, gar da« Unglück betroffen, daß in den Nächten vom 2. bis 4. Juli die Kartoffeln total erfroren sind und gar keine oder kaum genießbare Früchte geliefert haben. Die Kartoffeln erfroren, das heißt aber in Stützerbach soviel wie anderwärts: Korn, Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen, Alles verloren ! Die Noth ist dort bereits groß und wird voraussichtlich von Woche zu Wochesteigen. § Frankfurt, 10. November. Die Ausführung der vom Senate Ende Septembers als Gesetze publicirten neuen organischen Bestimmungen stößt, wie es scheint, auf unvor hergesehene Hindernisse. Man hatte jedenfalls erwartet, daß mehr als vier Senatoren zu den Gerichten übergehen und daß wenigstens einige der alten Senatoren mit Pension auS- treten würden. Daß keines von Beiden geschehen, habe ich Ihnen schon mitgetheilt. Es bleiben somit mehr Senatoren übrig als man braucht. Der Senat bestand seither (anstatt 42) Feuilleton. Dresden, 14. November. Im Hofthealer concerririe gestern Herr Simon, ÄammermustcuS aus Sondershausen, auf dem Eonlrabaß; derselbe spielte Variationen von,A. Müller und den „Karneval von Venedig", nach W. Ernst arrangirt. Die Idee, den Kontrabaß als Concerlinstrument virtuos zu tracliren, ist an sich eine barocke und ohne zurückwirkenden Ein fluß für die Behandlung dieses Instruments als nothwendigen Träger deS Orchesters. Die concertirenden Passagen, dir zu jenem Zwecke den Kontrabaß abgewonnen werden, stehen mit seiner eigentlichen musikalischen Function in vollkommenem Widerspruch und übertreffen selbst in der Schwierigkeit nicht manche Aufgaben, dir z. B. Beethoven in seinen Symphonien dem Kontrabaß zugemuthet hat. Empfindung-volle, hoch liegende Passagen und süßeS Flageoletgeflüster auf dem Kontrabaß wirken zumal wir die zärtlichen Phrasen eines Falstaff, und der dazu nothwendige schwächere Sailenbezug beeinträchtigt Kraft und Fülle deS Tone-. Dieser ist auf dem Instrumente deS Herrn Simon in hohem Grade schwach, näselnd und bedeckt und hat von der charakteristischen, markigen Klangkraft des Kontrabasses wenig Spuren behalten, so daß das Instrument nur als ein fistulirender Abkömmling de» OrchesterbaffeS erscheint. WaS in dessen die Fertigkeit, Sicherheit, Reinheit und Präciflon deS Spiele», die Beherrschung de» Tones in den sonst nicht üblichen höhern Lagen und den musikalischen Geschmack deS Vortragö be trifft, so ist Herrn Simon'S Leistung hierin vollkommen tüchtig und lobenSwerth. In dem hierzu gegebenen Schauspiele der Frau Charlotte Birch.Pfeiffer „Rose und Rüschen" zeichneten sich namentlich Herr Liebe als Felir von Warden und Fräulein Berg als Witwe Gertrud durch treffliche Darstellung auS. E. Banck. Neue Gedichte von Julius Sturm. Leipzig, Verlag von BrockhauS. >836. Julius Sturm hat sich schon seit einiger Zeit durch einen früher» Band Gedichte, wie auch durch mannichfache Beiträge zu AlbumS und lyrischen Sammlungen einen nicht unbekannten Namen verschafft. Er besitzt eine leichte, lebendige Phantasie und eine angenehme Rundung der Form, die über dasjenige Maß noch hinauSgehl, welches jetzt durch vie allgemeine Bildung und Dilettant»« üblich ist. Gedankenstärke, Leidenschaft und GefühlS- tiefe müssen wir bei ihm nicht suchen, wohl aber befriedigt er in seinen bessern Gedichten den Leser durch eine gewisse Innigkeit und Zartheit der Empfindung und durch die Gabe, mit einigem Geschmack, ja mit Grazie seine subjektiven Stimmungen oder balladenarligen Stoffe zu behandeln. Ohne mit einer entschieden ausgeprägten Originalität herauSzutreten, scheidet sich doch der poetische Eindruck seiner Leistungen von dem der gewandten, sentimentalen Dutzenddichter vorihcilhaft genug auS. Die hier vorliegenden neuen Lieder stehen nun leider gegen viele ältere zurück. Sie tragen zu sehr nur eine Farbe an sich, daS heißt sie find scheinbar rasch hintereinander entstanden, um nicht zu sagen, schnell gemacht. Wohl bleibt eS hierbei möglich, daß der Verfasser sie da» Product von mehrer» Jahren nennen darf; schnell und langsam ist aber beim Schaffen ein ganz relativer Begriff. WaS bei dem einen Individuum zu viel schreiben heißt, reicht bei dem andern nicht hin, seinen in derselben Zeit geistig auSgeiragenen, reif gewordenen Gehalt der Seele durch die Kunst zu verwirklichen. In dieser Frage entscheidet nicht nur die pro ductive Potenz der Persönlichkeit, sondern auch die Masse und Gewalt deS Erlebten. Aller Inhalt deS in der Kunst Geschaffenen muß vom Dichter in der Wirklichkeit durchempfunden sein. Reine Illusionen in d«r Poesie gleichen den phantastischen Schilderungen vom häuslichen Treiben der Mondbewohner. Diese zahlreichen Makulaturen haben keine LebenSberechligung, weil sie keine Lebensfähigkeit, keine reale Wahrheit in sich tragen. ES kann damit nicht ge meint sein, der Dichter solle die darqestellten Facta specirll erlebt haben: eS ist nur nöchig, daß er durch ähnliche Vorfälle und Zu stände, durch Parallelstellen, welche daS Menschenherz berühren, von gleichartigen Empfindungen bewegt wurde. WaS er unS giebt, ist ein Stück seine» Leben», indem e» ein durch di» Kunst objektiv gemachtes Spiegelbild seiner innern Schmerzen, seiner GeisteSkämpfe und Seelenfreudrn ist, von denen er sich durch die Poesie erlöst. In der Lyrik ist die Erfüllung diese» Gesetze» am noch« wendigsten, weil sie die einfachste, ursprünglichste Gattung der Dichtkunst bildet. Sie erlaubt am wenigsten eine fremde, außer halb deS Subjektes liegende Zulhat, indem sie die Elemente zu allen andern Dichtungsformen in ihrer immanenten Reinheit in sich trägt. Wer daS Talent zu einem großen Lyriker hat und eß zur Geltung bringen will, muß sich der direktesten, naturwahren Empfindung und dem ganz selbstständigen, persönlichen Denken hingeben. Denn diejenige Gefühlswelt, welch« allen empfäng lichen Gemächern durch ihre oft betretenen Bahnen gemeinsam zu gänglich ist, und dasjenige Gedankenlrben welche» al» ein philo sophisches Präparat außerhalb einer bestimmten Persönlichkeit liegt und sich als eine geistige VereinSmünzr bereit» in den Händen