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72. Iahrgaog. M 14« Donnerstag, 22. März 1S28 Gegründet 18S« W»»nlp»ch»,.r»mmrin«mm»,: 2S241 >« I»r »«chta-tprich«: 20 011 ^o»,,^L-kÄol,likr »»« bt« »».«»«>»»» tt,Nch ««elmoNger ZugeUu», »r«t tau« l»0 Mart. Vollbring«»»» für Monat Mür» » Mari ahne Pol>,ullellung«gebühr. »iniklmimmer 1« »fr«,«,, «nhrrhal» »»«»»>« I» Psen»««. »f« «n»»iarn werben nach «baldmark berechnet: dle elnspaMge »o mm breite Aeile Kki-iol-,«», KKralka« b» Vsg., sür auiwirl» «0 Plg. ksamMenamelgen und Stellengesuche ohne Rabatt ^4"o"'6"U ^Itkistz» iz Pjg., außerhalb r» Plg., die so mm breite ReNamejeile rcx> Psg., außerhalb »So Psg. Ollertengebühr so Psg. Au«wLrt>gr Bultrüge gegen Porau«be»ahlung. «chilfNellang «ch Hanpfgefch»ft»««V»r «arle-ftr-he 3S/-»2 Lrnil und Serlag von iiirpfch ck Relcharbt t» Lre«h«» Vostfchrll-eont« 1VSS »readen Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe l.Vre«dnei Rack>r.*l »Iliillia. - lknverlanate Schrililigcke werden nicht auidewahrt. kl-8lKlSS8Ig6S ^68l3Uk-3Nt ISglieb 4 Oki': lanr-Ies Eil,.I,»>...,.llUllI,I»»»NllI.,IMIIIit.I.IIIItIII,lMIlIIIIl»»IIU.UII,„I,»UI,M.ll... „ksi'bssinA k^rsgsr SlrsKs / k^eilbsknstralZs tt ^6sicj8 8 ^f: l)38 k^si-kstl citzs alles Well Stresemalm über Presse und Wahlen. Las Notprogramm endgültig gesichert. - Kriegsschüdengesetz und Vesriersleischvorlage angenommen Cmpfangsabend der Berliner auswärtigen Preise Berlin, 21. März. Wie alljährlich. so veranstaltete auch in diesem Jahre wieder der Verband der auswärtigen Presse in Berlin einen Empfangsabcnd. der einmal dem Z w e ck bient, die Männer von der Presse, sowohl Redakteure als auch Verleger, deren Arbeit gerade siir den parlamentarisch regierten Staat von hoher Bedeutung ist, mit führenden Staatsmännern, Politikern. Wirtschaftlern und Diplomaten zu offener, ungezwungener Aussprache zusammcnznbringcn. Eine zweite Absicht, die der Verband der auswärtigen Presse mit seinem in großem gesellschaftlichem Rahmen ge haltenen Empfang verfolgt, ist die, den Leitern der zentralen Stellen in Berlin zu zeigen, daß die Übrigen großen deutschen Städte nicht, wie dies mitunter wohl angenommen wird, „Provinz", sondern daß auch sie Zentren starken geistigen. Politischen und wirtschaftlichen Lebens sind. So sah man unter den Gästen die führenden Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Diplomatie und Presse. Am Ehrentische saß neben dem Nuntius Pacelli in Gesellschaft einiger Redakteure nnb Ver leger der Reichsaiißenmintster Dr. Stresemann. Fritz Steins Vcgrüßnn'Srcde war recht launig und humorvoll. Sein Journalistcnwitz war voller Eleganz und Schwung. Da der Humor auf solche Weise zur Dominante des Abends gemacht wurde, gestaltete auch Konsul Klipp- gen, der sür die anwesenden deutschen Verleger sprach, seine Worte zu einer Ansprache, die von den Versammelten mit beifälligem Schmunzeln ausgenommen wurde. Ihr Berliner. Kinder, ihr müßt nicht immer denken, daß ihr die Krone der deutsche» Schöpfung wäret. Wir sogenannten Provinzler sind mindestens genau so viel wertl Was die lachende Versamm lung auch keineswegs bestritt. Den Höhepunkt des Abends bildeten dann die Aus führungen des Reichsaußenministers Dr. Stresemann. Er schlug gern in die Kerbe des Humors, die seine Vorredner gezeichnet hatten. Bei ihm kam daneben aber auch der Ernst sehr zu seinem Recht. Ganz besonderes Interesse fanden seine Mitteilungen über die kommenden Wahlen. Seinen Worten Uber den Wahlkampf wird man nur beipsiichten können. Etwas anderes ist eS schon, wenn er meint, die Parteien sollten von der Negierung ihre Wahl unkosten ersetzt erhalten. Auch der gehorsamste »nd willigste Steuerzahler wird hierzu bemerken: Dazu ist mein Geld doch eigentlich zu schade. Aber eS wird wohl schon so sein, daß die Parteien ganz verteufelt auf dem Trockenen sitzen. Die Anerkennung und Würdigung der vorbildlichen Persönlich keit HIndcnburgs fand ungeteilten Beifall der Zuhörer. Alles in allem ein wohlgelungener Abend, der seinen Zweck voll erreichte. Jer Verlaus der Veranstaltung. Die Dedeulung -er Provinzzeilungen. Berlin, 21. März. Der Berliner Verband der aus wärtigen Presse, der die in Berlin vertretenen Zeitungen im Reiche umfaßt, veranstaltete in den prachtvollen Festräumen des Schönebcrger Rathauses einen Empfangsabcnd, zu dem etwa 4 00 Gäste erschienen waren. U. a. waren anwesend: Stresemann. Brauns, Enrtins, Schiele, v. Kcndcll, Koch, Grüner. Köhler, Grzcsinski. Becker, Höpker-Aschoff, Schreiber, Steiger, Schmidt. Hirlsicfer, das Präsidium des Reichstages und des Landtages, das diplomatische Korps. Neichsbankpräsi- dcnt Schacht, die Spitzen der Reichs-, Staats- und städtischen Behörden. Vertreter des Ncichsrates, namhafte Vertreter von Industrie und Wirtschaft, führende Mitglieder des Reichs tages und Landtages, die Chefredakteure der Berliner Presse und zahlreiche Verleger aus dem ganzen Reiche. Im Namen des Verbandes hieß der Vertreter des „Ham burger Fremdenblattes", Stein, die Gäste willkommen. Er betonte, daß der Abend dem sich Näherkenncnlcrnen und der Vertiefung des Gefühls des Befreundet- und Vcrwandtscins dienen möge. Daraus hieß Konsul Klippgen, Verleger der „Chemnitzer Allgemeinen Zeitung", an Stelle des aus Ge sundheitsrücksichten verhinderten Vorsitzende» des Vereins Deutscher Zeitungsvcrlegcr ebenfalls die Gäste willkommen. Der heutige Abend ist eine Veranstaltung der großen deutschen Provinzpresse. Dem Wort Provinz haste häufig ein gewisser Beiklang von mit srrunblichcr Dnldnng ertragener Zwciklasstgkcit an. Dieser Beiklang ist in Deutschland nicht gerecht st r t i a t. Ein Teil de« Zweckes des heutigen Empfanges . ist cS, diesen Beiklang immer mehr verschwinden zu lassen. JnDentschlandhatdieProvinzeineandcre Struktur als die Provinz der meisten euro» päischen Staaten. Bei aller Achtung für die großen Berliner Zeitungen, glauben wir doch, daß die deutsche Regierung und die Vertreter der ausländischen Staaten sich eine vollkommene Unterrichtung über Lage und Stimmung in Deutschland nicht allein durch die Berliner Blätter, sondern auch gerade durch die deutsche Provinzprcsse verschaffen können. Auf der anderen Seite geht auch für die deutsche Regierung der Weg zur Ocffentlichkcit zum überwiegenden Teil über die Provinz prcsse. Darauf ergriff -er Reichsaukenmlnisler das Wort. In seiner Rede, die mit großem Interesse und wiederholter Heiterkeit ausgenommen wurde, dankte er zunächst für die Worte der Begrüßung und erklärte, daß seiner Ucbcrzeugung nach die Rctchshanptstadt wie auch die Städte des Reiches mehr Geselligkeit und wenlger gesellschaft« licheS Leben brauchten. Die Vergnügungen müssen die geistige Fortentwicklung töten, die die Staatsmänner brauchen. Ich erkenne nicht an daß lemand ein Staatsmann ist, der nicht auch im mistigen Leben selnrn Mann steht. Lasten Sic mich einmal die Frage auswerfen, was eS denn überhaupt für einen Vorteil bedeutet, wenn die Zeitungen hcnte zwei« oder dreimal am Tage erscheinen. Ist eS über« Haupt ein Vorteil für unsere ganze Kulturentivickliing. daß der Mensch der Großstadt aller drei Stunden eine Zeitung erhält? Bei der Konzentratton. die dem deutschen Volke eigen Ist, wäre eS vollkommen genügend, wenn die Zeitungen nur in einer Ausgabe erscheinen würden. Es ist bedauerlich, daß die Z e i t s ch r i s t bei uns nicht die Bedeutung hat. d i c s i e h a b c n k ö n n t e, als Ergänzung der Tageszeitung. Wo bleibt da die Besinnlichkeit, um die Artikel nur einmal genau zu lesen? Bet uns herrscht eine Zersplitterung im Z e i t u n g s w e s c n. die nicht zum Besten ist. Dann kam Dr. Stresemann aus die Neuwahlen zu sprechen: Lasten Sie mich die Anregung anssprcchen, daß wir alle dazu beitragen sollen, den Mahlkampf auf ein Minimum an Zell zu beschränken. Schließlich kommt cs doch dahin, daß aus der vornehmen Art, mit der der Wahlkampf zuerst geführt wird, zum Schluß Demagogie und Partcihaß wird. Andere Völker benötigen nicht mehr als 14 Tage, um das Volk auszuklären. — In der heutigen Zeit kommt den politischen Parteien eine ganz andere Bedeutung zn als früher. Ich möchte durchaus die Grenzen zwischen der Autorität des Staates und der Autorität der Parteien gewahrt wissen. Die Parteien sind aber heute mit viel gröberer Verantwortlichkeit in das Staatsleben eingeschaltet als früher. Und deshalb haben wir ein Interesse daran, z« verhindern, daß kapitalistischen Mächten ein übermäßiger Einfluß aus die Gestaltung des Reichstages cingeräumt wird. Daher wäre cS m. E. durchaus eine disknksionssähige Idee, daß den Par teien nach der Gti in menzahl, die sie erhalten haben, die Wahlkosten ersetzt werden. Wir brauchen auch eine ganz andere Mitwirkung der nicht bernfs- ständig gebundenen Intelligenz in unserem politischen Leben. Es wäre töricht, zu glauben, daß eine Partei Deutschland glücklich machen könnte. Ohne ein Zu sammengehen von Parteien können wir in Deutschland nicht regieren. Die praktische Zusammenarbeit im Kabinett hat stets gezeiat. baß in Deutschland die Sachlichkeit zuletzt doch Über alle Partetpolitik siegt. Lasten Sie uns für die Zukunft hoffen, daß diese Einigkeit und diese Sachlichkeit über dic- icnigen den Sieg davonträgt, die glauben, daß nur eine Partei irgendwie das Gute sür Deutschland brinaen könne. Bei scharfem Kampse mutz eines bleibe«, die Hingabe an Volk und Baterland. wie sie die Perfönlichkett -es Äerrrr Reichspräsidenten uns zeigt. Ich habe die Smpsindnng. daß drei Elemente in dem Ein druck. den wir von dem Herr« Reichspräsidenten ge winnen. zusammcnwirken. Einmal der Gedanke, daß hier ei« Leben »oller Pflichttreue vor dem einzelnen liegt. Zweitens die unendliche Würde, die von dieser Persönlichkeit anSstrvmt. Und drittens der Ge danke. daß darin die Zukunst liegt, daß sich daS Gute dcS Alten mit dem Guten dcS Renen so wie bei Hinbcnbnrg vereinigen mnß. «m das Reich z« erhalten. Wenn wir diese Synthese unser politisches Leben durchdringen lasten, dann wird trotz Parteikampf, trotz schwerer wirtschaftlicher Lage schließlich eine Zukunft vor n«S anSgebreitct werden können, von Frieden, Freiheit und Fortschritt! iStar- ker Beifall.! Zum Schluß begrüßte Bürgermeister Berndt die Berliner Vertreter der auswärtigen Presse als die Mittler zwischen der NelchShauptstabt und dem Reich. Lerzogsmänlel, Titel und Orden. Die Absonderlichkeiten, von denen das Kapitel „Republik schutz und Verfassungstreue" so voll ist. sind um eine neue Spezialität dadurch bereichert worden, daß die vom König von Afghanistan verliehenen Hcrzogsmäntel von der Links presse zur Aufbauschung einer „Affäre" ausgenutzt werden. Wer etwa geglaubt haben sollte, daß die „Aufregung" sich bald wieder legen würde wegen der absoluten Unzulänglich keit ihres Grundes, der sicht sich durch den Verlauf der Dinge getäuscht. Es brodelt immer noch weiter in dem agita torischen radikalen Hexenkessel, in dem die „unrepublikanische und undemokratische" Gesinnung der mit der fürstlichen Gabe Bedachten, soweit sie keine Zurückweisung ausgesprochen haben, gründlich gesotten wird. Das Gebaren der radikalen Linken bringt die Frage einer Revision des Artikels Illü der Weimarer Verfassung erneut in Fluß Der Artikel be stimmt, wie wohl heute nach 8)4 Jahren des Bestände» der Verfassung männiglich bekannt sein dürfte, daß Titel, mit Ausnahme von Amts- oder Bcrufsbczeichnungen und von akademischen Graden, sowie Orden und Ehrenzeichen vom Staate nicht verliehen werden dürfen, und daß kein Deutscher von einer ausländischen Regierung Titel und Orden an» nehmen darf. Unter Berufung aus diese Vorschrift habe« der Reichstagspräsidcnt Löbe und der preußische Minister präsident Braun sich geweigert, den roten Mantel, mit dem die afghanistanische Herzogswürde verknüpft ist, entgegen, zunehmen, und sic werden wegen dieses „Männerstolzes vor Herzogsmänteln" als „eiserne Charaktere" und als leuch tende Vorbilder eines „echten und aufrechten Republikaner- tums" in ihrer Presse gepriesen: woraus die Leier dieser Presse natürlich die Folgerung ziehen sollen, daß diejenigen» welche die Auszeichnung angenommen haben, das Gegenteil seien. Die Wahrheit sieht wesentlich anders aus. Der Prä sident und der Kanzler des Reiches befanden sich gegenüber dem gekrönten Gaste der Republik in erheblich anderer Lage als die Herren Lobe und Braun, da sie durch Ihre amtliche Stellung als Repräsentanten der deutschen Neichsgcwalt nach außen hin in ihrer Bewegungsfreiheit durch gewisse un- ausschaltbare Rücksichten gebunden waren. Die beiden höchsten Würdenträger des Reiches mußten befürchten, daß ihre Ab- lehnung der königlichen Gabe als Brüskierung gedeutet werben könnte oder doch sedcnfalls Verstimmungen und Ver ärgerungen Hervorrufen würbe, die dein Zwecke des Besuches sehr abträglich gewesen wären. Sie befanden sich daher un- zweifelhaft In einer Zwangslage, welche die Annahme der Auszeichnung unumgänglich machte. Es standen nunmehr zwei Wege offen: Entweder konnte die von den besonderen Umständen erzwungene Hinweq- setzung über den Buchstaben -er Verfassung offen zugegeben und dann nachträglich beim Reichstage dafür Indemnität nachgcsucht werden, unter Berufung auf die internationalen staatspvlitischcn Notwendigkeiten, die ein anderes Verhalten schlechterdings unmöglich machten: dann aber hätte man mit einer aus diplomatischen Gründen nicht wünschenswerten Attacke der „prinzipienfesten" Opposition rechnen müssen. Ober man konnte einen Mittelweg einschlagen, indem man der Annahme -er Ehrung eine andere Deutung gab. HIndenburg und Marx haben nach reiflicher Uebcrlegung den zweiten Weg gewählt, indem sie sich aus den Standpunkt stellten, daß eine internationale Höflichkeit in gleicher Weise erwidert werden müsse, und daß sie daher nicht umhin könnten, den Herzogsmantel als ein „Erinnerungszeichen" an den königlichen Besuch entgegenzunehmen.Dadurchsindnatürlich auch die Staatssekretäre gedeckt, die ebenfalls das„ErinnerungS- zetchen" angenommen haben, darunter der gewiegte Ver- sastungökenner Wclßmann. Jeder, der auch nur ein bißchen Sinn für diplomatische Realitäten hat, wird voll begreifen, daß den beiden höchsten verantwortlichen Beamten des Reiches gar nichts anderes übrtgblieb-, insbesondere hätte das ehrwürdige Oberhaupt des Reiches, das in starken politischen Stürmen seine unerschütterliche Verfassungstreue glänzend bewährt hat, von allen auch nur mittelbaren Ber- bächtigungen aus solchem Anlaß befielt bleiben müssen. So viel Einsicht, so viel persönlichen und politischen Takt besitzen aber die „Unentwegten" nicht. Der „Vorwärts" nimmt sich sogar heraus, mit Bezug auf Dr Marx und Wetßmann zu erklären. „Beamte der Republik, dir gewollt die Verfassung mißachteten, gehörten nicht in ihr Amt". DaS sonst im Fahr wasser des linken Parteiflügels segelnde ZcntrumSorgan „Germania" klopft für diese Anzapfung dem sozialistischen Blatte derb aus die Finger, tritt voll und ganz für Hinbcn.