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Nr. 145 27. Jahrgang. Mittwoch, den 27. Jimi 1900 »WWW Bagnstrasje 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Crnstthal. Wang, Gouverneur von Peking, d. h. er wurde durch einen Federstrich von einem Beamten sechsten Grades zu einem solchen vierten Grades gemacht. Von Wang wird man wahrscheinlich mehr hören." Was dieser Chinese sah, kann au h den europäischen Gesandten nicht verlwrgen gedliehen sein. Anscheinend hat von ihnen aber keiner den drohenden Wetterzeichen Beachtung geschenkt. Rußland. — Der in Folge des Ablebens des Grasen Mura- wiew vom Czar mit der Leitung des Petersburger Auswärtigen Amtes betraute Graf Wladimir Nikola jewitsch Lambsdorff zählt zu den hervorragenden Diplo maten Rußlands. Er gilt als ein ausgezeichneter Kenner aller Fragen der europäischen Diplomatie der letzten Jahrzehnte; diese Kenntnisse hatte sich Graf Lambsdorff während seiner 34jährigen Dienstzeit im Petersburger Ministerium des Aeußeren erworben. Unter Goreschakow, Giers, Lobanow und Murawiew nahm Graf Lambsdorff an allen Aktionen des russischen Auswärtigen Amtes hervorragenden Antheil, so daß er mit den Traditionen der russischen uttvwätligen Politik eng verwachsen ist. Graf Lambsdorff, dessen Erscheinung allein allgemein nur Sympathie erwecken kann, hat auch die Gunst der Kaiser Alexander kl. und Alexander III. besessen nnd ist auch bei Nikolaus II. eine pm'Mim ^ratir. Aks Fürst Lobanow plötzlich ver schied und der damalige Leiter des Ministeriums, Schischkin, berufen wurde, um Nikolaus II. auf seiner noch nicht ganz absolvirten Auslandsreise zu begleiten, wurde Graf Pambsdoeff mit der Leitung des Mini steriums betraut. Unter dem verstorbenen Minister Murawiew war Lambsdorff der Eingeweihteste in alle Pläne Muramiew's. Murawiew fand denn auch in ihm einen ebenso talentirteu wie erfahrenen Mitarbeiter. Den Posten eines Adlatus begleitete Lambsdorff seit dem 2. Januar 1897. — Der russische Kaiser hat folgenden Befehl er lassen: Indem wir es für nöthig befinden, die Truppen des amusischen Militärbezirks auf den Kriegszustand zu bringen, befehlen wir dem Kriegsminister, die erforder lichen Maßnahmen zu ergreifen. Gleichzeitig befehlen wir, die nolbwendige Zahl von Militärmannschaften der Militärreserve aus den Gebieten des sibirischen und des amurischei Militärbezirks zum aktiven Dienst cinzuberufen. O e st e r r e i ch - U n g a r n. Wien, 25. Juni. Zu der bevorstehenden mor ganatischen Vermählung des Erzherzogs Franz Ferdi nand sagt die „diene Freie Presse", es werde in der Bevölkerung sympathisch ausgenommen, daß der Erz herzog dem Zuge seines Herzens folgt und sich aus freier Neigung seine Lebensgefährtin wühle. Das „Neue Wiener Tagblatt" führt aus, inan werde allent halben mit froher Antheilnahme hören, daß der dem Tbrone am nächsten stehende Agnat sein Herzens- und Familienglück gefunden habe. Den österreichischen Völkern werde der Herzensbund gewiß sympathisch sein. Das „Wiener Tagblatt" sagt, der Kaiser, stets besorgt, auch das Glück des Geringsten seiner Nnterthanen zu begründen, hatte auch hier ein väterliches Machtwort gesprochen, um dem Prinzen seines Hauses, der ihm heute am nächsten stehe, einen so innigen Herzens wunsch zu erfüllen. England. London, 25. Juni. Das Kriegsamt trifft be reits Vorbereitungen, einen Theil der in Südafrika stehenden Truppen mit Beginn des Juli nach Ostasien zu überführen. Lord Roberts soll auf Verlangen der Regierung soeben einen umfangreichen telegraphischen Bericht über den augenblicklichen Stand eingesandt haben, welcher nach Mittheilungen aus militärischen Fachkreisen darin gipfelt, daß er vom 1. Juli an nur Jnsertionsgebühreu: diefünfgesp^ ^auswärts 12 M-- Rmun für den Berbreitungsbezirk 10 Pfg^ Rabatt. Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Ai sg AorM- Annahme der Inserate kür die folgende Nmmn 1« Uhr. Größere Anzeigen noch 100 000 Mann nöthig habe und "vw an voraussichtlich nur noch 000 Man freilich noch ein halbes Jahr lang r .. brauchen werde. Wenn sich Krüger ""d l im Laufe der nächsten zwei Wochen unte f den, so habe er sie doch bisher so weit " Da getrieben, daß sie völlig machtlos sein um I - ferner die in Rhodesia stehenden Truppen — , vaaler im Rücken angreifen sollen und ", ' bis zum 1. Juli die Eisenbahnlinie nach Marques völlig in seiner Hand haben w , könne er Krüger mit den Rest seiner Getreuen - zirke von Leydenburg mit 50 000 Mann seh ) von jeder Verbindung abschließen und m Ruhe . Kapitulirung erwarten. Ebenso würden Steyi de Wet bei Ficksburg umschlossen werden, z 30 000 Mann ausreichend seien. Es könne somit im Juli sofort die Einverleibung Transvaals in britische Kolonialgebiet ausgesprochen und eine a g - meine militärische Verwaltung für das 8""^ Oe l eingesetzt werden. Sollten aber doch noch Verstarr- uugeu nöthig werden, so ließen sich diese durch ffeei Willigenbataillone aus der englischen Bevölkerung der Kapkolonie und Natals beschaffen. Unter diesen Um ständen würde Roberts in den nächsten Monaten etwa 60 000 Mann abgeben können, wovon zunächst 20 000 Mann indischer Truppen nach Bombay und Kalkutta zu rückbefördert werden müßten. Die übrigen Truppen sollen nacheinander direkt nach China gebracht werden. Die britischen Freiwilligen können demnach sobald noch nicht auf eine Beurlaubung rechnen, und auf welch langen Feldzug sich Lord Roberts noch einrichtet, geht schon daraus hervor, daß auf sein Ersuchen hin in den nächsten Wochen von England noch 30 000 Zelte und 60 000 Mäntel nach Südafrika abgehen werden. — Die Weltmachtstellung Großbritanniens wird in England jetzt mehr als sonst gepriesen; wie sieht es jeooch in Wahrheit damit aus? Daß die sogenannten „Triumphe" der „glänzenden Strategie" Lord Roberts über einen sechsmal schwächeren Feind weder den militärischen Ruf noch das moralische Ansehen Englands erhöhen können, davon wollen wir ganz absehen. Aber wird die dauernde Entfremdung des gejammten holländischen Elements in Südafrika zur Stärkung der Macht des britischen Reiches beitragen? Sicher nicht. In Westasrika wird den Eingeborenen das sehr lehr reiche Schauspiel dargeboten, daß ein britischer Gouverneur sich seit zwei und einen halben Monat in der Hauptstadt der Aschantis eingeschlossen findet, und daß Großbritannien bis dahin nicht im stände ist, ihn zu befreien. Trägt das zur Stärkung der britischen Macht bei? In Indien haben beinahe sechs Millionen britische Nnterthanen von der Plage der furchtbarsten Hungersnoth zu leiden. Kann die Niibereitwilligkeit der britischen Verwaltung, die Aussaugung des Landes zu verhüten, kann die auffallende Einschränkung derWohl- thätigkeit des britischen Volkes und die Weigerung der britischen Regierung, von Staatswegen auch' nur einen Pfennig zur Bekämpfung der Noth zu bewilligen, während sie 1200 Millionen Mark aus dem Staatssäckel hergiebt um die Buren zu vernichten und sie ihres Landes zu berauben — können alle diese Umstände dazu beitragen den Hindus die Ueberzeugung beizubringen, daß sie' die Nnterthanen einer wahrhaft großen Macht sind die ebenso fähig und willens ist, ihren Pflichten nachzukom'men wie sie bereitwilligst den ihr aus ihrer Herrschaft er wachsenden Gewinn einheimst? Und wo sind hier also die Zeichen von einer auf fester Grundlage aufgerichteten Macht? Im Sudan ist die Lage voller Gefahren und der Gouverneur der neu eroberten Provinz hat um eine Verstärkung von 7000 Mann ersucht, aber selbstver ständlich vergebens, denn vorher sollen sie kommen? Ju deren suchen mw Festtage I"Pf«. m->. Deu-s^xz RI p. folge der hiesige chinesische Gv> ^/"Heilung, der zu. Amte eine ihn? vom Vizekönia vvn'y? Auswätigen Drahtmeldung bezüglich der übernuttelt habe, ergänzt der ' ihm an kompetentester Se le "Än ^und durch folgende Meldungen - ^Normalien Gesandtschaft hatte sich an de» chinesische Li-Kun-yi, drahtlich von Nanking, der Lage gewandt. Darauf trai'in^N"^ Aufklärung u> V.rdmdm, Mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitte n die F^en vor Unbill z/ schien, wie uns dies auch bwhcz gelungen ist. Ich bitte Sie, dem Aus wärtigen Amte davon Kenntnis; zu aeben Was Schicksal des deutschen Gesandten betrifft, so liegen hier von Gewährsmännern, welche für durchaus zu verlustig gl, halten sind, Nachrichten vor, denen zu folge der Gesandte wohlauf ist und sich in Sicherheit befindet." Was die Mission >huni-tsch^ bekanntlich die hiesige Gesandtschaft selbst Mrttheiluna gemacht hat, so hat sie die bezüglichen Informationen von dein chinesischen Staatsmann selbst (Ul§ Clinton Wenn nun ubei' non nei'schie- denen Seiten verbreitet wird, er gehe auf Befehl der Kaiserin nach Peking, so ist zu betonen, daß Li-Hung- tschang nur gedrahtet hat, er reise „auf Befehl" nach der Hauptstadt. Wer ihm die Ordre gegeben, ob der Kaiser, die Regentin, das Tsungli-djamen oder sonst irgend eine Autorität, bleibt mithin eine offene Frage. — Ein unbeachtet gebliebener Warnungsruf. Der gerade eingelroffine „Noth China Herat"" vom 16. Mai enthält einige Warnungen eines Chinesen, die dieser dem Blatte schon damals zukommen ließ. Ec sagt: „Ich schreibe allen Ernstes, nm Sie zu benachrichtigen, daß ein großer, geheimer Plan, der die Ausrottung aller Fremden in China nnd die Zurückeroberung alles an sie „verpachteten" Gebietes zum Zwecke hat, existirt. Die Haupt-Rädelsführer sind: die Kaiserin-Wiltwe, Prinz Tschina, Prinz Tuan, Kang Ai, Tschao Schn-Aschio und Li Ping Heng. Mit den Mandschu-Truppen sollen diese ihr Ziel erreichen. . . . Auf die Hilfe der Boxer rechnet man in dem großen Kampfe, der näher ist, als die Fremden in China ahnen, ebenfalls. Der Schlachtruf der Boxer ist: „Schützt die Kaiserliche Dynastie und treibt die „Teufel" in das Meer!" Der Verfasser zeigt an Beispielen, in wie hoher Gunst die Boxer in Peking stehen: „Ein Censor Namens Wang aus Tschih Li hatte kürzlich eine Audienz bei der Kaiserin-Wiltwe, bei der auch die Boxer zur Sprache kamen. Die Kaiserin sagte: „Sie stammen aus dieser Provinz und sollten wissen, was die Boxer in TschilpLi denken Glauben Sie wirklich, daß, wenn die Zeit zum Handeln kommt, die Truppen sich an dem Kampf gegen die „fremden Teufel" betheiligen werden?" „Ich bin dessen gewiß, Eure Majestät", antwortete der Censor und fügte hinzu, er würde die Boxer gern führen, wenn die Zett ge kommen sei, und vorher würde er Alles tyun, ^el ihrer Bewaffnung und Organisation zu helfen. Die Kaiserin nickte zustimmend und sagte dann: „Ja, es ist eme groß- artige Gesellschaft. Aber ich fürchte, daß diese Boxer ohne erfahrene Führer zu schnell h°"deln und die gierung in Unannehmlichkeiten bringen werden fremden Tenfeln, bevor Alles bereit ist. s müssen an ihrer Spitze Tschih-Li und Schan-tung emen verantwortlichen Mann haben. Dann war ' beendet und am nächsten Morgen war dieser Censor,