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Nr. L4-S 21. Jahrg. Fernsprecher: Rsdaktivn 32723 - Geschäftsstelle 32722 Postscheckkonto: Dresden Skr. 14797 SÜcklWe Sonnabend, 1. Juli 1922 Redaktion und Geschäftsstelle: Dresden - N. 1«. Holbeinstrab« 46 volkreuung v»1„,«vr«i-i «terteliahril« frei In» Hau» »» .«etwonatll« !»».S0 monatlich I I aulschlirtzlich j» 4 gulchlag sttr «at und Juni l«L. rrnjel- Nummer I F. Di, Süchstlch» «»»»zeuiina erlchem, wiichmliich sechsmal. iU»iei,«upr«i», DI« «in-elpallene lionelle» Leu. SS mm breit, 18 Tagesschau Am Freitag wurde eine zweite Bcrordnuns z»m Schutze der Republik herauSgcgebcn, wonach Teilnehmer an Geheimorqairi- sationen mit hochverräterischen Zielen mit dem Tode oder lebens länglichem Zuchthaus bestraft werden. Abgeordneter Dr. Helfferich hat Berlin verlassen und die Polizei um Schutz für seine Wohnung gebeten. In zahlreichen Städten erfolgte» weitere Verhaftungen i» Sachen NathcnanS. Reichskanzler Dr. Wirth übernimmt bis auf weiteres die Amtsgcschäste des NcichSministcrs des Auswärtigen. Die Votschnfterkoiiscrenz in Paris stellte Deutschland ein Ultimatum bis 30. 1l. d. I. zur Durchführung der Ententc- fordcrungen wegen Zerstörung der strategischen Bahnen im Nheiie- «a»de. Der Bürgerkrieg in Dublin hat sich verschärft. Bisher wurden 15 Tote und 10 Verwundete gemeldet. Der Kapitän des im Hamburger Hafen gesunkene» brasi lianischen Dainpfers „Avare" ist verhaftet worden, da durch seine Maßnahme» 10 Personen ums Leben gekommen stick». In Düsseldorf brannten mehrere Gebäude der Waschpnlver- fabrik Heiiikrl k Comp. ab. Der Sachschaden beläuft sich auf 10 Millionen Mark. Keine Reichstagsauflösung (Von unserem Parlamentarischen.Mitarbeiter.) Die politische und parlamentarische Lage hat in diesen Tagen eine überaus ernste, krisenhafte Zuspitzung erfahren. Die Schwie rigkeiten, die sich schon immer in der Getreideumlage ergeben hatten, traten »ach der Ermordung Nathenaus nur um so schärfer hervor. Die Erwartuirg, daß das Getreideumlage-Kompromist gerade wegen der durch die Mordtat hcrvorgerufenc» inneren Störung rascher sich verabschieden lasse, hat sich nicht erfüllt. Bei der Abstimmung im Ausschuß gab es einen merkwürdigen Zwie spalt: Die büvgerlicheii Parteien stimmten für die Ilmlagcmenge von 2,8 Mlliouen Tonnen und für einen Weizenpreis von 8800 Mark und für einen Roggenpreis von 8000 Mark. Das würde einem Brotpreis von etwa 40 Mark gleichkommen gegeniibcr gegenwärtig etwa 20 Mark. Diese beiden Punkte wurden von den Sozialdemokraten entschieden abgelehnt. Sie forderten einen Preis von 6900 Mark für Weizen und 6300 Mark für Roggen. Tie Sozialdemokraten stimmten nun für die Umlagemenge uud für die Frcilassungsgrenzen. Das Gesetz im ganzen konnte aber keine Mehrheit finden. Seine zweite Beratung in der Vollsitzung des Mittwoch musste abgeseht werden. Die Sozialdemokraten haben den verschiedene» Parteien erklärt, das; sie unter keinen Umständen in der Preisfrage nachgeben könnten und das; sie ge gebenenfalls die Reichstagsauflösung dieserhalb in Kauf nehmen. Nach dieser Zuspitzung hat der Reichskanzler in den Gang der Dinge eingegriffen. Er berief die Parteiführer zu mehreren Besprechungen, um ein Kompromiß zu suchen. Auch die Fraktio nen! berieten sich in wiederholten Besprechungen über die nun geschaffene Lage. Nach den Erklärungen im Ausschuss wollten die Deutschnationalcn und die Deutsche Volkspartci geschlossen, und zwar unter Anwendung des Fraktionszwanges, gegen das Gesetz in seiner Gesamtheit stimmen. Dieser Fraktionszwang tst jedoch nach einer Anssprache in der deutschvolk-iwarteilichcn Fraktion auf Seiten der Deutschen Volksj'artei nicht definitiv beschlossen worden. Jedenfalls würde eine absolute Anwendung dieses Zwanges nicht in Frage kommen. Das Zentrum suchte ein Kompromiß auf mittlerer Linie dahin, den Weizenpreis auf 7600 Mark und den Roggeupreis auf 7200 Mark festzusctzen. Die Hoffnung, damit die Sozialdemokraten zu einer Zuspitzung des Gesetzes zu bewegen, war jedoch nur gering. Man wollte dann weiter von ZentrnmSseite den Vermittlungsvorschlag machen, die zu erfassende Nmlagemenge von 2,5 Millionen Ton- neu auf 2.2 Mlliouen Tonnen herabzusehen. Aber alle Füh lungnahme mit der Sozialdemokratie hat erkennen lassen, das; sie gerade dieses Gesetz als das wichtigste ansieht und das; sic wegen der Gestaltung dieses Gesetzes es auf die letzten politischen und parlamentarischen Kousegucuzcn, also auch auf die NeichstagS- auflösung, ankommen lassen würde. Nun muß man zugebeu, das; die Position der Sozialdemo kraten in diesem Punkte sehr stark war. Eine ReichtagSauflösuug unter dem Zeichen des Kampfes um das tägliche Brot wäre der sozialdemokratischen Propaganda ganz besonders willkommen. Dis Ermordung RathenanS hat die Gefahr aufgezeigt, die der neuen Staatsform droht. Auö der Ausnahmeverordnung des Reichs präsidenten soll nun ein bestimmtes Gesetz zum Schutze der Republik hervorgehen. Die Gestaltung, die dieses neue Gesetz erhalten soll, geht in wesentliche» Punkten weit über diesen Entwurf hinaus, und das unter dem Eindruck des Mordes an Rathenau. Mit diesem Gesetz soll gleichzeitig ein Amnestiegcsetz, aber auch ein Gesetz über die Pflichten der Reichsbeamten ver bunden werden. Man will vor allem Vorsorge dagegen treffen, daß die Maßnahme» und Aktionen der Neichsregicrung durch republikfeindliche Persönlichkeiten in der Beamtenschaft sabotiert werden. Die ganze Situation wird dadurch ungemein erschwert, daß seitens der Sozialdemokraten tu Gemeinschaft mit dem All gemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund und dem Allgemeinen freien Angestelltenbund überaus weitgehende Forderungen an die Reichs regierung und den Reichstag erhoben worden sind, die in dem neuen Gesetz zur Verwirklichung kommen sollen. Dadurch ist die Lage ungemein kompliziert worden. Nun hat auch die Demo kratische Partei Forderungen ausgestellt, die von starkem Einfluß aus den Charakter des neuen Gesetzes werden dürften. Als Wichtigstes sei zu erwähnen, daß in dieser demokratischen Kund- Die Verhaftung der Mörder Berlin, 29. Juui. Zn später Abendstunde zrnn Donnerstag gelangte die Meldung von der Verhaftung eines der Mörder RathenanS hierher. Die Meldung betrijst den 21jährigen Techow und besagt: Berlin, 29. Juni. I» einem Orte bei Fruiksurt a. d Oder ist es den Beamten der Abteilung 1a des Polizeipräsidiums gelungen, den Mörder Techow sestzunehmcn. Die Verhaftung der beide» andern Täter, wenn sie nicht schon inzwischen erfolgt ist. dürfte schon in den nächsten Stunden Tatsache werden. Anfänglich schien eS, als ob die Nachricht, Techow habe sich nach Halle a. d. Saale begeben, hinfällig wäre. Sie wird aber durch eine spätere Meldung bestätigt. Jedensalls steht fest, daß die Mörder im Augenblicke ihrer Flucht nicht über größere Geld mittel verfügte», so daß ihre Verhaftung dadurch erleichtert werden wird, da sie nachträglich »ach Bekauiitwerden ihrer Tat kaum noch irgendwelche Geldmittel nufzutrcibeu imstande sein werden. Inzwischen gehen weitere Meldungen ein, danach ist auch ein Gehilfe der Mörder verhaftet Berlin. 20. Juni. Die Abteilung la des Berliner Polizei präsidiums hat den Leutnannt a. D. und cand. jnr. W. G ü n t h er verhaftet, dem nicht nur Mitwisserschaft, sondern auch Beihilfe zum Mord des RcichsaußenministcrS Rathenau bereits nachge- wiesen worden ist. Günther war sowohl bei den Vorbesprechungen, die sich um den Plan des Mordes drehten uud die in einein Vorort Berlins stattsandcn, anwesend, als auch den Tätern in jeder Weise behilflich. Er hat sür den Mörder Techow die Garage ausfindig gemacht, in die das von Techow bei der Mordtat benutzte Auto nntergestellt war. In alle Einzelheiten der ge planten Tat war er genau eingcweiht. Im Besitze Günthers ist eine Reihe von Briefen gefunden worden, aus denen hervorgeht, daß Günther in gesellschaftlichen und politischen Beziehungen zu hervorragenden Mitgliedern der Dcutichuationalen Volkspartei ge standen hat. So Warden Briefe von Helfferich, Lndendorff, Jagow und Westarp gefunden. Die Verhaftung Günthers und die Durch suchung bei ihm ist auf Veranlassung des StaatstommissarS für öffentliche Ordnung erfolgt. W e Trchorv verhaftet wurde Berlin. 29. Juni. Der verhaftete Rathenau-Mörder Techow ist am Sonntag aus Berlin geflohen. Er ist init dem D-Zug, der Berlin 8 Uhr 35 Min. verlaßt, nach Halle gefahren und hat dort bei eingewcihtcn Freunden Unterkunft gefunden. Am Abend des Montags fuhr er daan von Halle nach Frankfurt an der Oder. Tort haben ihn Beamte des Berliner Polizeipräsidiums ausge spürt. Sic erfuhren, daß er sich bei seinem Onkel auf einem Rittergut in der Nähe von Frankfurt aufhalte. Das Gut ist gestern abend von Beamten umstellt worden, um eine Flucht des Mörders zu verhindern. Als man zur Verhaftung schritt, versuchte Techow Gegenwehr zu leisten. Er ergab sich aber bald, als er sich der polizeilichen Uebermacht gegenüber sah. Techow leugnete zunächst jede Beteiligung an dein Verbrechen. Seine Vernehmung wurde sofort begonnen. Auch die Gegenüberstellung mit den Zeugen wird noch im Lause des Tages erfolgen. Düsseldorf, 3Y. Juni. Ingenieur Kauertz, der unter dem Name« Knaurr von der Berliner Polizei ge sucht wird, ist in Düsseldorf unter Verdacht der Mittiitcr- schast an der Ermordung Nathenans verhaftet worden. Geständnis des verhafteten Mittäters Techow Berlin, 30. J»»i. Ter als Mittäter an der Ennoltung Dr. Natkennns in Frage kommende Ernst Werner Techow ist bei der Ab teilung 1a des Berlftrer Polizeipräsidiums am Donnerstag nachmittag eingedcird vernommen worden- Im wesentlichen ist er geständig. Er gibt zu von dem Plane gewußt und bei der Tat selbst de» Kraft wagen geteuft z» haben- * * « Ueber die Einzelheiierr, was die Person des Mörder-? und das Milieu betrifft, dem er «»gehörte. wird uns aus Berlin geschrieben: Der Verhaftete ist ein 21 jähriger junger Mann, der über haupt noch keine ernste Lebensart geleistet hat und erst studieren wollte. Er hatte sich das technische Fach miscrsehcn. Bei ArrS- gnrch des Krieges war dieser Bursche erst ungejähr 13 Jahre alt. Trotzdem soll er immer viel „politisiert" haben. Er hat noch einen 16 jährige» Bruder, der Mittelschüler ist und der als ein ganz be sonders extremer unreifer Schreier bekannt ist. Er ist der Thp des durch wilde Sieden anfgepertichten Pennälers, die in den Händen gewisser Verführer leider ein williges Werkzeug bilden. Der als Mörder Nathenans in Betracht kommende Ernst Werner Techow ist der zweite Sohn des schon vor der» Kriege verstorbenen Magistrats rats Techow Die Familie war vor dem Kriege sehr reich; sie ist durch den Wandel der Verhältnisse etlvas in Bedrängnis geraten, sie mußte ihr Wohlleben einichränkeri und gerade anö dreien! Grunde hat sich der ganze» Fnmilie eine fanatische Stimmung gegen die „euer, Verhältnisse mitgeteilt. Die »och lebende Mutter wird als eine ganz besonders ausgeprägte leidenschaftliche, um nicht zu sagen fanatische Kämpfer n gegen das neue Shsiem bezeichnet. Ihr zweiter Sohn, der Rathenau-Mörder Ernst Weiner, hat seit de», Zusammenbruch immer nichts anderes gemacht als politisiert. Beim Koppntsch stellte er sich zur Verfügung und man gab diesem knapp 13jährigen Bnrscycn die Führung eines Maschinengewehrs im ReichSmarinemnt. So knm der Junge i» die Erhardtsche Brigade. Und er schloß sich dann auch später der Organisation 0 an Das zeigt wieder einmal, wohin verbrecherische Führung und Ausnutzung jugendlicher Stürmer führt. Techow. den, man nicht gelernt hatte, Menschenleben zu achten, ist jetzt der Mörder an einem, um des deutsche» Volkes ho lberdienten Mannes geworden, und ein ganzes Volk muß schwer für diese Tat büße». Auch tre beiden anderen Mörder, Fistbcr und Kauer, stehen nnmillelbar vor der Verhaftung. Es sind 24jährige Burschen, die sich, irregesiihrt durch um Vieles Schuldigere, die als Treiber hinter ihnen stehen, vermessen haben, mit ihren Revolvern das Geschick der deutschen Nation entsbridend zu beeinflussen. Auch sie gehören der Organisation 0 an. Hält man da,», daß auch die Erzberger-Mörder dieser Organisation angehöften, so muß man vertan««,. daß nun endlich mit aller Energie dnrchgegriffeu wird. Der in Ossenbnrg fiei- ge'prochcne Kavftänleiitnailt von Killinger ist infolge des Vorkomm nisses in einem Ostsecbad, wo er sich aushielt. ebenfalls wftder in Halt genommen worden. Auch der B »der des Erzberger-Mörders Tillessen, ebenso der Kapitalsten!,Mist Hoffmann, der die Oeqaniiat'or 0 in Vertieft»,« des KapftänS Ehrhardt ftirrte, sind verhaftet. Es hat sich hercmSgcstellt. daß eine ganz raffiniert organisch.!, Ler'chwö- ning accc» den Neichsanßenministcr Rathenau bestanden bat- Sämt liche Teilnehmer — cs sind cine ganze Anzahl — und auch die Mit wisser, die ebcn'alls sehr groß an Zahl sind, haben sich ganz genau vorbei ihre Aussagen zucecht gelegt, für den Fall, daß cs zu einer Aufdeckung ihres Komv'otles tarne. Vor allem haben sie danach ge trachtet, sich jiir die Tage vor dem Mord, den Mordtaa re bst und die Tage danach einen Alibi-Beweis zu sichern. Das Shstem war ganz raifiri-ert drirchge'iihit worden, Nste cs ausgekocht war, aber die prniidliche Arbeit der Veairstc» und die iofortrge Nachprü'irng der Angaben und die Hcrbeiboftriig aller geuanirler P»söntichkcit>n bat dann Widersprüche und Lügen ergebe» und schließlich wurde das ganze Lügeiinctz zerriss ir. Die Verhaftungen haben eine ganz außerordentliche Ziffer er reicht. Man hat sich aller Persönlichkeiten versichert, die »ur irgend wie im Verdachte stehe», als Helfershelfer oder Mitwisser an dem Komplott beteiligt zu sein. Ganze Berge von Schriftstücke» und Material wurden in Sicherheit gebracht. Auch der Garagenbesitzer, bei dem das aus Mitteldeutschland au der Landstraße gebrachte Auto unterstellt worden war und der trotz eerraner Bcstchre bring 4 Tage lang sich nicht gemeldet Hot, ist in Hast genommen worden. Die polnische Polizei hofft, daß sie nun endlich der Organffariou C und ihren Hiriterinäinrern, iiamcistlich ihren Geldgebern und Geldquellen gründl ch zu Leibe rück n kann. Man hofft weiter daß man nun endlich auch hinter die Kulissen des Erzberger-Mordes zu leuchten vermag, und daß auch das aut Scheidemami nnSgeübte Attentat seine Aufklärung ersährt. Kurz, »ran hat ein Verschwörenrest ausgehoben, das die Ruhe und den Frieden des ganzen deutschen Volkes seit Jahren beunruhigte, das die deutsche Pvlirik dem Auslände gegenüber in fortesetzte ichwere Gefahren brachte. Nach der» vorliegenden ge waltigen Material zu urteile», dürfte es Wohl auch mö.stich sein, hinter die politischen Triebkräfte zu kommen, die der Orga nisation 0 den Rücken stärken. Es hat sich weiter herausgestellt, daß die Organisation „Conffrl" keineswegs nur in München residiert, sondern daß sie auch in vielen anderen deutschen Städten z. B. in Frankfurt a. M, wo der Bruder des Erzberger-Mörders Tillcsse» wcstnte und Agenten unterhielt, ferner in Frankfurt a O. Es hat sich weiter herausgestellt, daß aber auch in Halle, Breslau, Ko lenz wo die Familie Tilleffcn wohnt, ferner in Düsseftori und in anderen rheiniichcn Städten und schließlich auch in Berlin selber weit verzwcstste Unterocaaiift'ationeil vorhanden sind. Mau kann es nur bedauern, daß das Reichsgericht seiner Zeit entschieden hatte, daß die Il'stersuchmrgen über die Organisation 0 nicht in Verbindung init der Mordsnche Erzberger in Ofierrburg vor genommen werden, sondern nach München zu überweisen sind. Man wird jetzt dafür Sorge trage» »riissen, daß diese Untersuchungen rasch und sicher ihren Fortgang nehmen. Die O-ss »tlrchkeit des In- »nd Auslandes hat an einer raschen und gründlichen Auf klärung das größte Interesse. Verhaftungen in Dresden Jnr Zusammenhänge mit den Nachforschungen im ganzen Reiche »ach den Mörder» Nathenans und nach init ihnen in Vcr- biridrnir gewesenen Personen sind von der hiesiger, Staatsanwalt- schast in den letzten Tagen einige weftere Dresdner Persönlichkeiten, ans die die von Bcriur übermiticlten Persorreubcichrcrbmrgen oder andere Anhaltspunkte zuzutreffen schienen, znm Teil mit ihren Frauen verhaftet worden. Unter denjenigen Verhafteten, die inzwischen sreigelafferr worden sind, weil sich im Lauft der Erörterungen der Verdacht als unbegründet erwies, sind die Herren Kulstmey, Pörzler und Major a. D. Hahn, die elfteren mit ihren Franc». geouug gefordert wird, daß das Pcrsonalreferat in allen Ressort ausnahmslos in die Hände hervorragender sachkundiger und aus richtiger Republikaner gehöre, das, das Beamte,,diszipliuarrech so zu ordnen sei, „daß offene und geheime Gegner der Republi schnellstens darüber belehrt werden, daß man nicht Diener seine Staates sein und ihn gleichzeitig unterwühlen dürfe", und da „nicht einzelne durch politische Leidenschaften verblendete Richte das Ansehen der Justiz" gefährden. Tie Unabhängigkeit u» Unabsetzbarkeit der Richter wird aber nicht angetastct. Ver fehlrmgcn gegen die Verfassung, gegen leitende republikanisch Persönlichkeiten und gegen das Ansehen republikanischer Ein richtnrrgeu sollen als hochverräterische Unternehmungen bestraf und ihre intellektuelle Anstiftung, öffentliche Verherrlichung u»! materielle. Unterstützung, sowie die Begünstigung der Täter al Mittäterschaft behandelt werden. Dieses Gesetz zum Schutze der Republik wirft Fragen von ungeheuerer Schwere aus. Es ist ganz zweifellos ein VcrfassungS- äuderudes Gesetz im ganzen, aber auch eine ganze Reihe der einzelnen Bestimmungen versassungsäuderude» Eharaktcr. In folgedessen müßte sür ein solches Gesetz eine Zweidrittelmehrheit im Reichstag sich zrisaminensiudc». Wie das unter den obwaltenden Umständen zu machen wäre, ist im gegenwärtige» Augeublick noch gänzlich unerfindlich. Die Sozialdemokraten haben offenbar die Absicht, durch eine Verschärfung ihrer Forderungen nicht nur das Getreiden,»- lage-, sondern auch dieses republikanische Schutzgesetz den bürger lichen Parteien unamichmbar zu »rache». Die Nichterlangüng einer Zweidrittelmehrheit im letzten Falle würden Vv» den Sozial demokraten zum Anlaß genommen werden, die Koalition zu spre». ge», aus der Regierung zurückzutreten uud cine Auflösung des