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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.04.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190904221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090422
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090422
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-04
- Tag 1909-04-22
-
Monat
1909-04
-
Jahr
1909
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Da« Leipzig«, Lagedla» «rlchetm wdchend- Uch 7 mal und Mm Margen». «bonneweM-Onnatzm-1 kngnltnlplatz S. det un>ere» LrLgrrn. »Vitalen. Spediteure» »nd dlunahmestellen, towte Postämter» nM> vrteitrüger». Di» «tnjelllc R»mmer kostet 10 «edaktto» mib »eschiftSkell« Johannt«gaste 8. Frrnlprecher, I46VL 146t», 14WS Nr. lll. riMrrTllgMatt HandeVzettung Nmtsvlatt -es Nates und -es Nolizeiamtes -er Lta-1 Leipzig. Anzeigen-Prei ¬ se» Jaierate au» Leipzig und Umgebung di« stgelvaltene Petttzeile 25 2Z, finanzielle »nzeigen 36 Reklamen 1 Xll dmi »urwLrtL 30 2z, Reklamen 1.2) aü »om «»»land SOch, finanz. «neigen 752^ Reklamen ÜZO Xl- Inserate ».BehSrden « amtlichen lest46ch. Beilagegebübr 5 X! p. lausend exkl. Post gebühr. Geschüstsanzeigen an bevorzugt«» «teste im Preise erhöht. Rabatt nach Lari» gaftcrteilte Auströg« können nicht zurück gezogen werden. Für da« ltrscheinea an drftimnUmi Lagen und Plötzen wird kein« itzaraiUi« übernommen. Anzeigen.«nnahme: Lugustuöplatz 8, d«i sümtlühen gilialea u. allen Lnnoncra. SrpedUioven de» In» und «Utlande». Haupt»Filiale «erlia: Carl Duncker, Herzog!, tvayr. Hosbuch Handlung, Lützowstraße 10. (L-lephon VI. Nr. 4003). Paupt-Stliale Dre-d«»: Saestratze 4,1 (Lelephon 4621). Donnerstag 22. April 1909. m. Jahrgang. Das wichtigste. * Ter Reichstag lehnte die Verlängerung des städtischen Oktroirechts bis 1914 ab. indem er über eine darauf abzielende Petition der Stadt Dresden in namentlicher Abstimmung zur Tages ordnung überging. Sodann genehmigte er in dritter Lesung die Frei heit des Grunderwerbs nach einem polnischen Anträge und nahm schliesslich einen Antrag über Sicherung des Erfinderrechts der Angestellten und Arbeiter in erster Lesung an. lS. Reichstagsbericht.I * Die Finanzkommission des Reichstage eröffnete am Mitt woch ihre Verhandlungen mit einer allgemeinen Aussprache über die Rede des Reichskanzlers vom Dienstag und fuhr dann in der Beratung des Brennereisteuer-Entwurfes fort. lS. d. bes. Art.) * Dem Vernehmen nach wird Maxamilian Harden gegen das Urteil der Strafkammer das zulässige Rechtsmittel ergreifen. lS. d. bes. Art.) * Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani" herrscht in Aleppo wegen der Nichtanwcsenheit der Truppen während der letzten Feuers brünste eine Panik. Die Niedermetzelnngen in den benachbarten Dörfern dauern fort. Es geht das Gerücht, daßauchinDamaskus dieLage ernst sei. * Nach den neuesten Meldungen aus Konstantinopel scheint sich zwischen dem Sultan und den Jungtürken eine Verstän digung anzubahnen. Die Nachrichten sprechen demnach von einer Besserung der Lage. lS. d. bes. Art.) Die Nationaldeinonstvatioii. Schon seit längerer Zeit wußten wir, dank der Freundlichkeit unserer Offiziösen, daß am 20. April ein,: bedeutsame Kundgebung in Sachen der Reichsfinanzreform stattfinden werde. Abordnungen aus „allen deutschen Gauen" überreichten nun vorgestern unter obligater rhetorischer Begleitung Adressen und Resolutionen, in denen der Kanzler be schworen wurde, die Reichsfinanzresorm zustande zu bringen. Friedrich Wilhelm IV. klagte über das „so heiß geliebte, aber ach! so unartige Teutschland"; er würde sich, wenn er herniederstiege, freuen, wie artig die Deutschen jetzt geworden sind. Ein Volk, das sich dazu drängt, fünf hundert Millionen Steuern zu bewilligen, war in der Geschichte noch nicht da. Jo, wenn Hannibal vor den Toren steht, dann greift auch der Knicker in die Tasche; mitten im Frieden aber ist es eine Selten heit, daß eine Nation so willig ihre „zahlungsfähige Moral" betätigt. Wir wollen uns denn auch nicht allzu laut rühmen, sondern ohne Um- schwmfe zugcben, daß jedem von uns die Steuer, die der andere zahlt, die liebste ist, und lediglich feststellen, daß wir mit leidlich guter Miene in den sauren Apfel beißen. Die Erkenntnis, daß Geld geschafft werden muß, ist Gemeingut der Nation geworden und nun handelt es sich „nur noch" um das W i e. Ueber dieses Wie hofften wir vom Reichskanzler „bedeutsame" Auf schlüsse zu erhalten, eine Hoffnung, die sich leider nicht realisiert hat. Sehr erstaunt wird niemand über die Enttäuschung sein, denn es ist längst als ein Witz der Weltgeschichte erkannt, daß gerade dieser Kanzler, der sich auf den steilen Firsten finanzieller Probleme mit nachtwand- lerischer Unbewußtheit bewegt, dazu ausersehen sein soll, seinen Namen als den eines Reformators in die Annalen unserer Finanzgeschichte ein zutragen. Interessant war seine Rede eigentlich mehr vom psychologischen Standpunkt aus. Der Kanzler ist ein Schelm und es wirkte geradezu neckisch, als er sich mit Entrüstung gegen die Versuche wendete, „den Bedürfnissen des Reiches und der Volksgesamtheit das Interesse be stimmter Gewerbszweige entgegenzusetzen" und dann den verblüfften Zu- Hörern untteilte, er denke an . . . den T a b a k v e r e i n. „Versuche", rief er, in schönem Zorn erglühend, „die zum Teil mit einem an Terrorismus grenzenden Druck geltend gemacht worden sind" . . . natür lich nur vom Tabakverein. Es bereitet dem Kanzler eine wahre Genug tuung, wie sich das „öffentliche Gewissen" dem Tabakverein entgegen» stemmt, und er vertraut auf den „guten Geist des Volkes" im Kampfe wider ... den Tabakverein. Fünf Minuten später erklärte er dann in aller Harmlosigkeit, daß die Nach laß steuer endgültig gefallen sei. Glücklicherweise haben die Regierungen auch definitiv aul die B.'steue- rung von Gas.ElektrizitätundderJnserate verzichtet. Auf die wichtige Frage aber, wie für diese Ausfälle Ersatz geschaffen wer den solle, wußte der Kanzler noch keine Antwort. Wir werden eine Erbanfallsteuer erhalten und unsere grundsätzlich« Zustim mung zu einer solchen haben wir bereits ausgesprochen; alles wird aber darauf ankommen, wie sie aussiecht. Mit «einer Faktur, die vor lauter zärtlicher Schonung des agrarischen „Familiengefühls" zu keinem greifbaren Ergebnis gelangt, würden wir uns nicht befreun den können. Nach den Ausführungen des Fürsten Bülow soll das Ver hältnis der direkten zu den indirekten Steuern 1 zu 4 betragen. Nie mand wird behaupten wollen, daß diese Schonung der Schwächeren in Sentimentalität ausartet. Es ist mit dieser Proportion das Minimum bezeichnet, das gefordert werden muß, wenn die Reform nicht einen antisozialen Charakter erhalten soll. Der Reichskanzler schmeichelt sich, daß der Gedanke der Reichsfinanzreform heute schon „populär" sei. Möglich: wenn er aber populär bleiben soll, so darf die Besitzbesteuerung nicht zur Farce werden. Der Reichskanzler sprach mit berechtigter Verachtung von dem B e - litzsteuerkompromiß — wir nannten es seinerzeit ein Mon strum —. das immer nur eine „Notbrücke" gewesen sei. Er war es aber selbst, der dazu geraten hatte, diese Notbrücke zu zimmern, auf die nachher niemand treten wollte. Der intellektuelle Urheber dieses un geheuerlichen Kompromisses sagt jetzt, ohne mit der Wimper zu zucken: „Die Öffentlichkeit ist sich rasch und einmütig der Gefahren bewußt geworden, die aus seiner praktischen Durchführung für das ganze Ge füge unseres Finanzgebäudes erwachsen würden." Man weiß nie, ob Fürst Bülow Saulus oder Paulus ist. Er unterscheidet sich von dem großen Popularisator der christlichen Lehre durch die Anzahl seiner inneren Wandlungen. Der Kanzler betonte, daß das Werk noch in dieser Tagung beendet werden müsse, und erklärte fast drohend, daß der Reichstag nicht früher auseinandergehen werde. Der Appell an die Feriengefühlc verfehlt selten seine Wirkung. Wir meinen aber: Fixigkeit ist nicht immer Richtigkeit. Schließlich handelt es sich um keine Bagatelle. Also mögen auch di« inneren Erfordernisse der Sache entscheiden. Vor allem aber darf nicht vergessen werden, daß es nicht allein gilt, Steuern zu be willigen. Wenn der hochtönende Name „Reichsfinanzreform" ge rechtfertigt werden soll, muß vor allem das Verhältnis der Reichs finanzen und der einzelstaatlichen Finanzen eine dauernde und prin zipielle Regelung erfahren. * Die erste Sitzung der Finanzkommission nach den Ferien. 0. Berlin, 21. April. (Privattel.) Die Finanzkommission des Reichstages trat beute vormittag 10 Uhr nach ter Osterpause zum erstenmal wiener zusammen. Auf der Tages ordnung slanv die Weiterberalung res Dranntweiusteuerentwurfs. Zu- nächst fand eine Aussprache über die allgemeine Lage statt aus Anlaß der Kritik, die in der Presse an der Tätigkeit der Finanzkommission geübt worden ist. Diese Kritik wurde, wie der Vorsitzende der Kommission Dr. Paasche feststellte, einmütig als unberechtigt zurückgewieseu. Man verwies aus die Schwierigkeiten der Materie und die Unklarheit der Situation, die zu viel Zeitverlust und fruchtlosen Debatten notwendige Veranlassung gab. Tr. Paasche betonte, zu einer oberflächlichen Behandlung der Steuervorlagen könne sich aber die Kommission nicht drängen lassen. Man erörierte nun die Frage, wie die Arbeiten der Kommission jetzt am meisten zu fördern seien. Am meisten Neigung fand sich für den Vorschlag, zwei SitzungStage in der Woche, den Dienstag und Mittwoch im Plenum deö Reichstags aussallen zu lassen und sie ganz der Finanzkommijsion vorzubebalten. Am Montan soll die Finanzkommission nicht tagen. Der Vorsitzende der Kommission wollte das heute im Seniorenkonvent Vorschlägen. lJst von diesem inzwischen genehmigt worden; siehe Deutsches Reich. D. Red.) Darnach entspann sich eine neue heftige Grschäft«ord»»»s«- debatte über die gestrige Kundgebung des Reichskanzler» beim Empfaug ter Steuerabordnunge«. Diese Debatte wurde durch ei» Mit glied des Zentrums veranlaßt, der die Kritik rügte, die der llkichslanrlir in seiner Ansprache an den Arbeiten der Kommission geübt hab,. UnterstaatSsekretär von Loebell bemerkte, er habe, keine scharfe Kritik gehört. Der Direktor im Reichsschatzamt Kühn fügte hinzu, daß man im Reichsschatzamt keinen Anlaß habe, an den Arbeiten der Kommission Kritik zu üben. Ein Zentrums abgeordneter sprach scharf gegen die Inszenierung von Steuerkund gebungen wie die gestrige und behauptete, ein Regierungskommissar, Geheimrat von Halle, habe sich an Abgeordnete gewendet, sie sollten ibm einflußreiche Persönlichkeiten für eine Kundgebung namhaft machen. Der Sprecher der Konservativen äußerte sein Elstaunen darüber, daß der Zentrumsabgeordnete in der An sprache beS Kanzlers irgend eine unzulässige Kritik gelunden habe. Etwas anderes sei es mit den Ansprüchen der Abordnungen, deren Kritik habe sich der Kanzler aber nicht zu eigen gemacht. Ueber die seickte Kritik, die draußen im Lande an den Arbeiten der Kommission und dem Reichstage geübt werde, könne man sich ruhig Hinwegsetzen. Von freisinniger Seite wurde hierzu erklärt, wenn Kundgebungen aus dem La» de zugunsten der Finanzreform veranstaltet würden, so könnten die Mitglieder der Kommission dagegen nichts eiuwenden, wenn aber in solchen Kundgebungen versucht werde, den Reichstag und der Steuerkommission die Schulv daran zuzuschreiben, daß die Finanzreform nickt schnell vorwärts gekommen sei, so müsse dagegen entschieden Ver wahrung eingelegt werden. Alle Parteien ohne Ausnahme hätten sich redlich bestrebt, die Arbeiten zu fördern. Der Redner warnte davor, etwa eine Hurrastimmung inszenieren zu wollen. DaS lönne nur tchaden und Erbitterung bei allen Parteien Hervorrufen, die den Willen haben, das Werk zustanvezubringen. Man trat in die Weiterberatung der Branntweinsteuervorlage ein und verhandelte eine Zeitlang darüber. Inzwischen erschien Schatz sekretär Syvow, der dis dahin an den Verhandlungen der gleichzeitig lügenden Budgelkommission teilgenommen hatte und nahm zu der Angelegenheit der Steuerkundgebung das Wort. Die Antwort des Kanzlers fei durch Wolffs Bureau verbreitet worden unv die Regierung übernehme dafür die Verantwortung. In der Ansprache des Kanzlers sei nur die ernste Sorge zum Ausdruck gekommen. An den Angriffen, die gegen Vie Finanzkommission erhoben seien, ser die Finanzverwaltung und vie Regierung nicht beteiligt. Ein sozialdemokratischer Abgeordneter interpellierte daraus den Sckatzsekretär, um eine Erklärung zu der Aeußernng res Zentrumsmitglieds über Herrn von Halle. In welcher Eigenschaft sei dieser Herr eigentlich in der Kommission. (Heute war Geheimrat von Halle nicht anwesend.) Sckatzsekretär Syrow erwioerte, er habe Herrn von Halle vor etwa einem Jahre herangezogen wegen Ueber- lastung der Mitarbeiter. Ec könne nicht jeden Schritt seiner Mitarbeiter kontrollieren. Es könne vorkommen, daß man im lieber eifer einen Schritt vom Wege abgegangen sei. Herr von Halle sei als BundeSratSkommiffar angemeldet. Der Vorsitzende der Kommission wünschte hierauf authentische Auskünfte. Ein Mitglied der konser vativen Partei verlangte vom Schatzsekrelär die Uebernahme der vollen Verantwortung, wenn Herr von Halle mit agitatorischen Maßnahmen in Verbindung gekrackt Werve. Der Schatziekretär er widerte, die Regierung müsse das Recht für sich in Anspruch nehmen, offiziös einzugreifen. Hierauf wurde vie Gegenfrage gestellt: „Ist viele Tätigkeit nun offiziös oder nicht offiziös?" Der Schatzsekretär be merkte hierauf, für das, was der „Reichsanzeiger" und die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlichen, übernimmt die Regierung die Verantwortung. Der Wort- führer der Freisinnigen betont nochmals, daß das Recht der Re gierung für ihre Vorlagen Propaganda zu macken, nickt bestritten werden könne, aber Hebei eifer muffe vermieden weiden. Die offizielle Aeußerung des Kanzlers über den Deutschen Tabakoerein sei unberechtigt. Damit fand diese Aussprache zur Geschäftsordnung ihr Ende und e» wurde in der sachlichen Behandlung fortgesahreo. Bor den Ferien war die Kommission in der Beratung »es BrannItvetnstnierentwurfS bi« einschließlich 8 23 gelangt. Der 8 24 gibt dem Gewerbe eine gewisse Schonzeit, indem vie neu entstehenden Brennereien für die nächsten zehn Iabre von der Beteiligung am Kontingent ausgeschlossen werden sollen. Nach sehr eingehender Aussprache wurde schließlich ein Zentrumsantrag angenommen, durch den die Frist auf fünf Jahre verkürzt wird. Das Gesamtkontingent wird für jede Kontingent periode nach dem InlandSverbrauch an Trinkbranntwein fest gesetzt. Für den Fall eines über Erwarten dinausgehenden Rückgangs des Konsums kann es nach § 25 für die folgenden Betriebsjabre auf die als tatsächlich ermittelte Gesamtmenge des Verbrauchs herabgesetzt werden. Hierzu wurde einAntrag der Konservativen durch einen Zusatz zu 8 143 einaebracht, der bestimmt, daß, wenn das Gesamtkoniingent vor dem 1. Oktober 1913 auf Grund des 8 25 herabgesetzt wird, die im Betriebsjabre 1907,08 festgestellten Kontingente, soweit sie über 100 0)0 Liter hinausgehen, vorweg um >/io. jedoch nicht unter den Betrag von 100 000 Liter herab gesetzt werden sollten. Die Kommission stauv bei 8 27 als die Ver^ tagung auf morgen Donnerstag erfolgte. * * * Tie sächsische Abordnung, die am Dienstag mit Vertretern anderer deutscher Bundesstaaten vom Reichskanzler Fürst von Bülow in Berlin empfangen wurde, bestand aus den nachstehend genannten Herren: Professor Wuttke-Dresden, Rittergutsbesitzer Kommerzienrat Hermsdorf-Chemnitz, Vorsitzender des nationalliberalen Landesv ereius für das Königreich Sachsen Kaufmann Gontard-Leipzig, Schlossermeister Günther- DreSden, Amtsrichter Gutmann-Dresden, Oberbürgermeister Käubler- Bautzen, Vorsitzender des Verbandes Sächsischer Industrieller Kom merzienrat L. B. Lehmann-Dresden, Professor Lamprecht-Leipzig, Vorsitzender der konkervaiiven Fraktion der sächsischen 2. Ständekammer Bergrat Edler von Querfurth-Schönheide, Privams Arnold von Schwarze- Niederlößnitz, Fabrikbesitzer Uebel-Plauen, Rittergutsbesitzer Zeidler- Oberlosa. * * * Zur Frage der Ersatzstcuer» für die untauglichen Steuerprojekte der Reichsfinanzgesetze erfahren wir, daß vom ReichSichatzamt bisber nur für die Licht- und Inseratenstcuer Ersatzsleuerprojekte erwogen sind, das Tabaksteuergesetz wird neu be arbeitet, für Wein- und Nachlaßsteuer sind Ersayprojekte nicht vorhanden. Ersatztteuerentwürfe sollen dem Reichstage erst zugehen, wenn die Finanz- kommission die 2. Lesung beendet hat und sich der finanzielle Bedarf über sehen läßt. Mit Sicherheit ist auzunehmen, daß sich unter den Ersatzsteuern eine WertzuwachSstener befinden wird. In Regierungskreisen wird erwartet, daß bei nochmaliger Ablehnung der Nachlaßsteuer in zweiter Lesung die Kommission diesen Entwurf in Gestalt der Erb an ja li ste «er anuehme» wird. Di« Vertreter der Interessenvereinigung der SpiiituSindustrie planen eine umfangreiche Aktion gegen da« von der Subkommission des Finanzausschusses beschlossene BranntweinbesteuerungS- Projekt einzuleiten. ES sollen große Protestversammlungen abgehalten werden, in denen Resolutionen für die Rückkehr zum Branntweinmonopol vorschlag des Reichsschatzamtes beschlossen werden sollen. Ter mehrfach erwähnte Aufruf aus Lachsen, der auch eine beschleunigte Durchführung der Finanzreform bewirken soll, ist jetzt mit einer ungemein großen Anzahl von Unterschristen ver öffentlicht worden. Die stattliche Liste der Unterzeichner weist die Namen im öffentlichen Leben bekannter und bewährter sächsiicher Staatsbürger auf. Eine aroße Anzahl von eingelaufenen Unterschriften konnte wegen des Abschlusses der Liste leider nicht mehr mit berücksichtigt werden. Jedenfalls bildet diese Kundgebung ein würdiges Symptom der Stimmung im Königreich Sachsen. Dir evaugelischen Arbeitervereine und die Rctchsfinanrrcform. Nach rem Vorbilde anderer Organisationen und Verbände wollen jetzt auch die evangelischen Arbeitervereine in einer demnächst in Han nover stattfindenven Delegiertenoersammlung zur Reichsfinanzreform Stellung nehmen. Der Ttampf gebt weiter. Ein Zwischenspiel im Moltke-Hardcn-Prozeß. Von sehr gut unterrichteter Seite wird uns geschrieben: Maximilian Harden, der Herausgeber der .Zukunft", ist am Diens tag von der vierten Strafkammer des Berliner Landgerichts I zu 600 .<( Geldstrafe verurteilt worden. Wegen übler Nachrede. Die Exemplare der „Zukunft", in denen sich die inlriminierten Artikel befinden, wer den inioweir unbrauchbar gemacht, als die strafbaren Stellen aus'.emerzt werden. Die Kosten des Verfahrens mit Einschluß der dem Neben kläger entstandenen notwendigen Auslagen werden dem Angeklagten auferlegt. Der Nebenkläger erhielt die Befugnis, das Urteil auf Kosten des Angeklagten in der „Zukunft" und zwei Tageszeitungen zu publizieren. Tie Oeffcntlichkeit war während der ganzen Verhandlung, ein schließlich der Plädoyers, ausgeschlossen. Das Publikum kann sich also nur aus dem Urteil selbst und aus seiner Begründung eine Ansicht dar über bilden, wie die Sache liegt. Und diese Ansicht wird ungefähr fol gendermaßen lauten: Harden konnte nur bestraft werden, wenn er die Wahrheit seiner ihm vom Gericht zugeschriebenen Anschuldigungen gegen den Grasen Moltke nicht erweisen konnte. Er ist bestraft worden, hatte also kein — oder mindestens kein durchgreifendes — Material. Er hat zwar die Glocken läuten hören, wußte aber nicht, wo sie hängen. Kombi- nationstcchnik: imiturinnt Der Gerichtshof hat sich aber dies ¬ mal davon überzeugen können, daß der Angeklagte nicht von unlauteren Motiven geleitet war. Außerdem hatte sich Moltke — ist es nicht ein bißchen sonderbar? — mit dem Angeklagten verglichen. Daß Harden sich verglich, das ist ia begreiflich: er wußte eben, daß sein Material nickl ausreiche; daß Moltke so versöhnlich war, muß eigentlich Wunder nehmen. Immerhin: die Fahrlässigkeit bleibt aus Harden sitzen. Das ist sür ihn um so fataler, als er sich ja so gern seiner Gewissenhaftigkeit rühmt. Schade, daß die Aktion, die doch immerhin mutig und verdienst lich war, nun so endet. So ungefähr wird das Publikum sprechen. Freilich wohl nur, bis der stenographische Bericht über die Verhandlung der Oeffcntlichkeit vor liegen wird. Schon heute aber kann authentisch festgestcllt werden, daß Harden sich bei diesem Urteil nicht beruhigen wird. Der Kampf geht weiter. Die Voraussetzungen, unter denen der Ver gleich geschlossen wurde, sind hinfällig geworden und die Aussagen, die Graf Moltke in der gestrigen Verhandlung gemacht hat, nötigen Harden dazu, aufs neue die Waffen zu erheben. Der Herausgeber der „Zukunft" bat im Interesse des Landes und auf den — in diesem Sinne motivierten — Wunsch hochgestellter Männer, die an seinen Patriotismus appellier- ten, in verschiedenen Epochen dieses an Hintergründen reichen Prozesses eine Zurückhaltung geübt, die am Dienstag von einem berühmten Ver teidiger — nicht von Herrn Bernstein — als „übermenschlich" bezeichnet wurde. Diese Selbstverleugnung wird er hinfort nicht mehr zu üben vermögen und wird die Verantwortung für alles Kommende mit gutem Gewissen ablehnen können. Schließlich kann kein unbefangen und ge- recht Denllmder es dem Herausgeber der „Zukunft" znmuten, sich nach einer fünfzehnjährigen literarischen nnd politischen Arbeitsleistung, die
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