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MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, 2 o * »Wi I»druncr Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Lustellun, durch di» Boten r,3o«M., bei Poftbeftellung A?*rag- . . gebühr. Einzelnummern Epsg.A^Poft-nstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und UN,ereAus. irSgerund »eschästsstellen !— 2-« nehmen zu jeder-seit Be. ltellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Bücksendung ein,«sondier Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. F-r„spr°»-r: Am, Wilsdruff Nr. ° «TT'SS ao--hmebi»°orm.tvUhr. — . M die «ichiigkeit der durch Fernruf LbermitteltenAnzeigen übernehmen wi, keine Garantie. Jeder Rabatianspru ch erlischt, wenn derBetrag dterri, Klage ein,ezogr« »erdenmust oderderAuftraggeberinKonkursgeröt. An,ei,ennehmen alleDermittlungsstrüeneut,«,»: . Sonnabend, den 15 März 1930 Rr 63 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« WilSdrUff-DreSdeN Postscheck: Dresden 3640 Schritt um Schritt. Kein leeres Wort. — Träger der Verantwortung. — Der Sprung ins Dunkle. Im Schwall der Meinungsäußerungen für und Wider den Uoung-Plan hat ein Wort des Deutschen Reichs kanzlers eine längst nicht genügende Beachtung gefunden, die diese Bemerkung aber wohl verdient: es war die Fest stellung, daß in und mit dem Neuen Plan die berech tigten Erwartungen des deutschen Volkes längst nicht erfüllt worden seien. Auch dort, wo man glaubte, dieses Abkommen über die künftigen deutschen Zahlungsverpflichtungen annehmen und unterschreiben zu müssen, denkt man nicht daran, im Uoung-Plan sozusagen „der Güter höchstes« zu erblicken, in ihm etwas anderes zu sehen als eine Kette von Bestimmungen, die man dem deutschen Volke auferlegt hat und die später einmal ab zustreifen selbstverständliches Streben des deutschen Volkes und seiner Politik sein muß. Auch wenn man mit dem Reichskanzler daran denkt, daß die Annahme des Noung-Planes manche Fessel fallen lassen wird, die der Versailler Vertrag und auch der Dawes-Plan geschmiedet hatte, auch wenn dem Rheinland die Befreiungsstunde näher gerückt wurde, der Reparationsagent mit seinen Unterkommissionen das Land verläßt, wo er fast sqchs Jahre hindurch schalten und walten durfte, auch wenn die Lasten, die der Young-Plan uns auferlegte, nicht so groß und nicht so unbestimmt steigcrungsfähig sind wie die des Dawes-Plans, so vergißt man auch in den Kreisen, die diesem Uoung-Plan zustimmten, doch nicht, daß man von einer wirklichen Revision des Dawes-Plans mehr und Besseres erhofft hat, vielleicht auch zu erwarten be rechtigt war. Aber die Sachverständigenkonferenz in Paris selbst hat in der Einleitung zu ihrem Bericht gesagt, sie habe „deutlich erkannt, daß politische Rück sichten notwendig gewisse Grenzen ziehen, innerhalb deren eine Lösung gefunden werden müsse«. Befürworter und Opposition werden sich also hinsichtlich ihres Urteils über die Bestimmungen des Neuen Planes in dem einen zusammenfinden können, daß jene „politischen Rücksichten" — nämlich die auf die gegenwärtige und vielleicht auch noch morgige Lage Deutschlands im Kreis der Völker, vor allem jener, die uns das Versailler Diktat auferlegen konnten — beim Uoung-Plan ein entscheidendes Wort mitsprechen und daß dieses Wort übermorgen vielleicht ein anderes sein kann. Und wie wir erwarten: sein wird. Vorläufig aber noch nicht ist. Derartige Erwägungen haben Wohl auch den Ent schluß des Reichspräsidenten beeinflußt, zu billigen, wofür sich die Mehrheit des Reichstages aussprach. Auch er steht wie der Reichskanzler und jene Mehrheit die Wirkungen der „politischen Rücksichten«, die schuld daran sind, daß „die berechtigten Erwartungen Deutschlands bei weitem nicht erfüllt wurden«. Ein Teil des deutschen Volkes und des Reichstages hat deswegen den Reuen Plan abgelehnt, hat gewichtige Gründe dafür ins Feld geführt. Hat auch den Reichspräsidenten bestürmt, sich auf ihre Seite zu stellen. Hindenburg aber hat anders entschieden, und wenn die Enttäuschung darüber auf feiten der Gegner des Noung-Planes groß ist, so soll man dabei nicht vergessen, daß Hindenburg seinen Entschluß faßte erst nach „An hörung von Befürwortern und Gegnern des Uoung- Planes«. Und daß es kein leeres Wort ist, wenn er sagt, daß er „nach reiflicher, gewissenhafter Prüping" die Uoung-Gesetze unterschrieben hat. Das ändert natürlich nichts an der Tatsache, daß die Reichstagsmehr heit, die in ihr zusammengeschlossenen Parteien Träger der Verantwortung sind für alles, was durch den Beschluß vom 12. März in die Wege geleitet wird. Im guten oder im bösen. „Die Welt richtet nach dem Erfolg und nennt ihn Gottesgericht« — und wenn man statt „Erfolg« nur ganz nüchtern „Folgen« setzt, so darf man dieses Wort auch anwenden auf den Uoung-Plan und den Entschluß, ihn anzunehmen. Das war — auch der Reichskanzler ver hehlte das nicht — sozusagen ein Sprung ins Dunkle, weil noch ganz ungewiß sei, ob wir tragen können, was uns auferlegt wurde und was zu tragen wir übernommen haben, übernehmen mußten, um, wie die Befürworter des Neuen Plans der Überzeugung sind, Schlimmeres zu tzerhüten. Der Sprung ist getan und ein Zurück gibt es nicht mehr. Wenn die Folgen fühlbar werden, dann wird auch jenes „Gottesgericht« ein Urteil fällen. Darum aber sollte die Mahnung Hinden burgs stärkste Beachtung finden, daß das ganze deutsche Volk seine Kraft daransetzt, diesen Sprung ins Dunkle nicht zu einem Sprung in einen erstickenden Sumpf werden zu lassen, sondern, wie Hindenburg hofft, zu „einem Fortschritt auf dem schweren Wege der Befreiung und des Wiederaufbaues Deutschlands«. Wenige Tage nach diesem schweren Entschluß gedenkt Deutschland der ZweiMillionenseinerToten.die gestorben sind, damit die Heimat lebe. Aber auch über die Lebenden hat das Schicksal verhängt, daß sie kämpfend Schritt um Schritt ihr Dasein erzwingen müssen. Dr. Pr. Stützung des Roggenpreises Das Vrolgesetz der Reichsregierung. Annahme des Republikschutzgesetzes in zweiter Lesung. (142. Sitzung.) 6L. Berlin, 14. März. Bei der fortgesetzten zweiten Beratung des Republik schutzgesetzes im Reichstag erklärt Abgeordneter Emmin ger (Baverische Volkspnrtei), die Vorlage hat im Ausschuß er hebliche Verbesserungen erfahren, durch die die ursprünglichen Bedenken seiner Partei ausgeräumt worden sind. Den An trägen der Deutschen Volkspartei werde seine Fraktion zu stimmen. Abg. Dr. Everling (Dtn.) tritt den Ausführungen des Justizministers über die Definition des Begriffes der ver fassungsmäßig sestgestellten Staatssorm entgegen. Das Gesetz bedeutet eine Verschärfung der früheren Bestimmungen. Es ist überflüssig und schädlich. Abg. Dr. Göbbels (Nat.-Soz.) erhält für einen starken An griff gegen den Abg. Landsberg einen Ordnungsruf. Der Redner verliest eine Reihe sozialdemokratischer Pressestimmen Herr Severing will mit dem Gummiknüppel ein gegen das jetzige System rebellierendes Volk in Schach halten. Abg. Herberg-Zwickau (Volksrechtpartei) lehnt die Vor lage ab. Die Regierung verdiene so lange keinen Schutz, als sie nicht zu einer gerechten Gesetzgebung zurückkehre. Das Haus schreitet sodann zur Abstimmung. Abgelehm wird der von den Nationalsozialisten vorgelegte Gesetzentwurf zum Schutz der deutschen Nation gegen die Antragsteller. Der Gesetzentwurf sieht die Todesstrafe vor für den Verrat von Geheimnissen an das Ausland, für die Bekämpfung oder Verächtlichmachung des Grundsatzes der allgemeine» Wehr- und Staatsdienstpflicht der Deutschen, für die Behaup tung der Alleinschuld oder Mitschuld am Weltkriege, ferner Zuchthausstrafen für die Auslieferung deutscher Kulturgüter oder Wirtfchaftsmachi an fremdrassige Einflüsse sowie für die Vermischung mit Angehörigen der jüdischen Blutgemeinschaft, und schließlich körperliche Züchtigung jur die Be schimpfung lebender oder toter deutscher Nationalhelden oder Heerführer. Zum 8 6, der die Strafbestimmungen für die Be schimpfung der Staatsform, der Staats- und Landesformen, der verstorbenen Reichspräsidenten, der Minister und die Ver herrlichung des Hochverrats enthält, wird der Antrag der Deutschen Volkspartei angenommen, nach dem statt der Reichs und Landesfarbcn die Farben und Flaggen des Reiches und der Länder geschützt werden sollen. Mit dieser Änderung wird der Varaaraph in der Ausschußfassnng angenommen Alle übrigen Abänbcrungsanträge werden teils in einfacher, teils in namentlicher Abstimmung mit großer Mehrheit ab gelehnt. Die Vorlage wird in der Ausschußfassung an genommen. Nach einem Antrag der Regierungsparteien wird be schlossen, das Gesetz solle gleichzeitig mit dem neuen Straf gesetzbuch in Kraft treten, spätestens aber am 31. Dezember 1932 aushörcn. Damit ist die zweite Beratung des Republikschutzgesetzes erledigt. Ein Gesetzentwurf, nach dem der erste Teilbetrag der Aus - orlngu n g Steigungen der Industrie für das Jahr 1930 dem Reich zuflietzen soll, wird an den Haushaltsausschuß verwiesen. Nunmehr beginnt die erste Beratung des Entwurfes eines Brotgesetzes. Abg. Hörnle (Komm.) lehnt die neuen Zollpläne der Regie rung ab. Reichsminister Dietrich: Die Tatarennachrtchten über die Absichten der Regierung sind unzutreffend Das Gesetz will die Arbeiten in den Bäckereien erleichtern. Denn es bestimm!, daß Roggenbrot, Weizenbrot und Mischbrot künftig nur nach festem Gewicht bei gleitenden Preisen verkauft werden dürften. Die Regierung steht allerdings aus dem Stand punkt, es sei bester, Roggen zu konsumieren als eine Unmenge Weizen aus dem Auslande einzuführen Große Menge» Roggen mußten für ein Nichts an die skandinavischen Händler verkauft werden. Der Roggen konnte in England nicht ab gefetzt werden. Mit Polen ist eine Verständigung in der Preisfrage erfolgt. Nur Rußland unterbietet uns letzt noch. Das Brotgesetz wird dem Ausschuß überwiesen. Angenommen wird ein Ausschußantrag, der die Reichs regierung ersucht, sofort alle Maßnahmen zu treffen, nm den Roggenprcis vor einem noch weiteren Absturz zu bewahren und ihn aus eine, den Produktionskosten entsprechende Höh heranzubringen. Eine Novelle zur Gewerbeordnung, die Ausmerzung von Mißständen im Wandergewerbe bezweckt, wird nach kurzer Aussprache dem Ausschuß überwiesen. Abg. Kahl (D. Vp.) regt an, auch die Frage der Be kämpfung der Kurpfuscherei und auch das Verhältnis zwischen Zahnarzt und Dentist zu klären. Der Reichstag genehmigte dann die Strafverfolgung der Abgg. Dr. Göbbels (Nat.-Soz.), Wagner (Nat.-Soz.) und Torgler (Komm.). Darauf vertagt sich das Haus auf Sonn abend. Dietrichs neues Agrarprogramm. Erhöhung der Getreidezölle geplant. Zwischen den: Reichsernährungsminister Dietrich und den Agrarsachverständigen der Regierungsparteien haben Besprechungen stattgefunden. Der Neichsernährungs- minister forderte Ermächtigungen zur Erhöhung des Weizenzolls von acht auf höchstens zwölf Mark und des Noggenzolls entsprechend einem Richtpreis von 230 Mark. Gegen die Weizenzollerhöhung hatten die Sozialdemokraten starke Bedenken. Weiter wurde die Erhöhung des Zolles auf Roggenkleie, Früh kartoffeln und Futtergerste verlangt. Den Landwirten, die eosinierten Roggen verfüttern, soll ein ermäßigter Zoll von zwei Mark gewährt werden. Man hofft, in weiteren Besprechungen die Angelegen heit so wett zu fördern, daß die Anträge in nächster Woche auf die Tagesordnung des Reichstags gesetzt werden können. Sie RMMhandlmM -er Ms ResieruWMeien Berlin, 14. März. Wie die Telegraphen Union aus den Finanzverhandlungen der fünf Regierungspar tcien im Reichstag erfährt, haben sich die Erörterungen am Freitag vor allem auf die Frage der Arbeitslosen versicherung und das Problem der Steuersenkung kon zentriert. Bei der Arbeitslosenversicherung sind die Ge genfätzc in den Aufafssungcn nach wie vor sehr groß. Die Volkspartei ist gebeten worden, für die nächsten inter fraktionellen Besprechungen, die am Montag stattfinden, schriftliche Neformvorschläge zu unterbreiten, die dann Gegenstand der Aussprache sein sollen. Bei der Frage der Steuersenkung ist das Problem der Gewerbesteuern und Grundvermögenssteuern nunmehr in den Vorder grund gerückt. Für beide Steuerarten verlangt die Deut schc Volkspartci im Rahmen der geplanten Lastensenkung eine wesentliche Ermäßigung und in parlamentarischen Kreisen hat man den Eindruck, daß grundsätzliche Wider stände hiergegen von den anderen Parteien der Regic- rungsgemcinschast nicht mehr erhoben werden. Ueber das Finanzprogramm der Reichsregierung, daß offiziell in den bisherigen Verhandlungen noch nicht zur Aussprache gestanden hat, soll von Dienstag ab gesprochen werden. Am Dienstag findet im Reichstag die erste Lesung des Rcgierungsprogrammes statt, die von Reichsfinanzmini ster Dr. Moldenhauer mit einer kurzen Erklärung einge leitet werden wird. Für Hindenburg Kundgebung des Jungdeutfchen Ordens. Berlin. Gegenüber den schweren Angriffen, die jetzt von der radikalen Rechten gegen den Reichspräsiden ten von Hindenburg gerichtet worden sind, nimmt heute der Jungdeutsche Orden in einer Kundgebung Mah rauns sehr entschieden für Hindenburg Stellung. Er schreibt u. a.: „Ein verbrecherischer Anschlag auf Hindenburg ist geschehen. Rechtsstehende Politiker benutzen die ihnen zur Verfügung stehende Presse, um Hindenburg zu beschimp fen und das nationale Deutschland gegen ihn aufzu wiegeln. Die Männer um Claß, Hugenberg und Hitler haben ihm bitterste Feindschaft zugeschworen. Eine bei spiellose Hetze ist von jenen Kreisen gegen jenen Mann ins Werk gesetzt, der in den trübsten Tagen des deutschen Volkes in die Bresche gesprungen ist. Die deutsche Ju gend läßt sich nicht den Mann nehmen, der ihr geistig uähcrstcht als die letzten Greise einer vergangenen Zeit. Die deutsche Jugend marschiert mit Hindenburg. Wir haben den Mut, zu Hindenburg zu stehen auch dann, wenn er seine Unterschrift unter den Uoungplan setzt, weil wir die Kräfte des neuen Deutschland kennen. Wir werden dann bezahlen müssen, was das Tributdiktat der Feinde verlangt, wenn wir den Weg zur Volksgemein schäft nicht finden. Wir werden aber alles zum Besseren wenden, wenn wir den Weg zur Einheit des deutschen Volkes finden. Herr Reichspräsident von Hindenburg! Führer der Frontsoldawn des Weltkrieges! Unterschrei ben Sie, was Ihnen Ihr Gewissen und Ihr Verantwor tungsgesühl diktiert. Das nationale Deutschland versteht Ihren Entschluß. Das nationale Deutschland wird sich nicht von Ihnen trennen. Es wird Ihnen die Treue hal ten, weil es weiß, daß es sein Schicksal selbst in den Händen hat. Nieder mit allen Feinden Hindenburgs! Vorwärts zur nationalen Volksgemeinschaft!" MMgenderWWW derSWjet- MM Kowno, 14. März. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat am Freitag das Präsidium des Zentralkomtiees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion unter Vorsitz Stalins folgende Beschlüsse gefaßt: Nachdem die Sowjetbehörden bisher die individuellen Bauernwirtschaften zwangsweise aufgelöst haben, hat die Partei festgestellt, daß eine solche Kollektivisierung nicht mehr den Interessen der Partei entspricht. Die Partei