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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Preis 22^ Sgr. (j Thlr.) vieneljährlich, 3 Thlr. sür da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerir« auf diese» Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (Friedrich«str. Nr. 72); in der Provinz so wie im Au«Iande bei den Wohllöbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 84. Berlin, Montag den 13. Juli 1840. Aegypten. Militainsche Anstalten und Militairmacht des heutigen Aegypten. Durch die Schlacht von Nisibjs hat der Beherrscher des schönen Nil-Landes der erstaunten Welt verkündet, dasi seine Armee von einem anderen Geiste beseelt, von anderen Häuptern geführt wird, als die meisten übrigen Horden des Orients. Sic hat aber diese überlegene Kraft nur durch die weisen Nachahmungen der Europäi schen Theorie und Praxis erlangen können und hat nur durch bessere Verwaltung der KricgS-Aemter und durch zweckmäßigere Wirksamkeit der Pflanzstätten die Besiegerin der Türkei werden können. Jetzt, wo die Lösung der Frage über Krieg und Frieden noch immer die Federn der Diplomatie und die Erwartungen der Theilnehmer an den Interessen des Tages beschäftigt, inag cs wohl nicht überflüssig seyn, des Lesers Blick in die Werkstätten zu geleit-», aus denen die siegreiche Macht Mehmed Ali'S hcrvorgeht, und ihm auch zu zeigen, wie stark diese Macht ist, und was man von ihr zu fürchten oder zu hoffen hat. Wir haben aus unserem Originale nur bestimmte That- sachcn entnommen, dagegen Lobreden auf Mehmed Mi darin unbe rührt gelassen, weil solche überall zu finden sind, und weil wir glauben, der Leser werde au wohlfeilen Phrasen, wie die: „Mehmed Ali ist der Napoleon des Morgenlandes", keinen besonderen Wohlgefallen finden. „Alles, was mit der Armee in Beziehung steht, ist einem Kriegs- Minister übergeben. Diese Stelle ist von Mehmed Ali erst geschaffen worden, und zwar ganz auf Europäischem Fuß. Der Minister setzt alle Beamten für sein Departement ein und ab, und er ist cs, der die Offiziere der Armee entläßt. In einer Kommission von Stabs- Offizieren, deren Präsident er ist, werden alle Vorschläge wegen Lieferungen und Arbeiten geprüft und wird darüber entschieden. Der General der Artillerie hat die Leitung der Arsenale, die Aufsicht über die Stückgießercicn, Pulvermühlcn, Montur-Fabriken und Druckereien; aber er kann nichts entscheiden ohne den Kriegs-Minister. Unter seinem unmittelbaren Befehle steht ein CorpS von 20 Nazcrs (was dem Worte nach ganz, dcr Stellung nach zum Theil unserem Adju tanten entspricht), die in fortwährendem Briefwechsel mit ihm stehen »nd über Alles, was die öffentlichen Anstalten betrifft, deren Direk toren sie sind, Bericht erstatte». Täglich halten diese Nazcrs eine Sitzung, um über die Angelegenheiten ihrer rcspektivcn Wirkungskreise zu bcrathschlagen. Sie schließen auch Verträge mit den Lieferanten ab, die aber vom Kriegs-Minister genehmigt werden müssen. Unter diesen Nazcrs stehen auch dieMudirS und Memurs. M ud irs gicbt cS im Ganzen 4, zwei für Ober- und zwei für Unter- Acgypten. Sie find Gouverneure oder Intendanten dcr Departements. Die Memurs sind ihre Unterbeamten. Ihnen liegt es ob, über die richtige Einzahlung dcr Steuern zu wachen, für die Erhaltung dcr Straßen, Kanäle, Brücken und Dämme zu sorgen und die Manufak turen zu liispizircn. Die Memurs müssen in ihren Distrikten noch besonders über die strenge Befolgung dcr Befehle wegen der Pocken- Impfung wachen, die Operationen der Truppen-Aushebung leiten und ein Arbeiter-Corps zusammenstellen, das mit den öffentlichen Ar beiten beauftragt ist. Die Stellen dcr Memurs waren bisher in den Händen der Türken, aber seit kurzem hat der Pascha nur Acgyp- tcr dazu ernannt, und zwar aus der Klasse der FcllaS. In Aegypten ist, wie in dcr Türkei, Alles, was zur Admini stration gehört, militairisch. In den großen Städten ist die Polizei einem Offizier anvertrant, dcr Baschc-siga hcißt. Er sorgt für die Sicherheit, ist verantwortlich für das Betragen der Einwohner und hat fast alle Pflichten, die ei» Polizei-Chef in Europa hat. Die Markt-Polizei übt cbcnsallS ein Türkischer Offizier; er hcißt Mohta- scb oder Aga der Mundvorräthe. Jeden Tag durchzieht er die Straßen und Märkte mit einer zahlreichen Truppe von Agenten; einer derselben hat eine Waage in dcr Hand, und die Verkäufer, welche auf falschem Gewichte ertappt werden, erhalten sogleich die Bastonnadc. Die Aga'S machen tägliche Berichte an den Kiahia oder Kommandanten der Stadt, der ihnen Befehle ertheilt. °) '1 Mohtaseb iss demnach fetzt nur Marktclchtcr, und so erklärten die Orientalisten dieses Amr bishtr, das schon in den ersten Jahrhunderten der Arabischen Herrschaft cingcsnhrt wurde- Dagegen sagt Hammer in seiner von der Berliner Akademie der Wissenschaften gekrönten Prcioschrist- lieber Länderverwaltung unter dem Ehalifate S- ist, der Molftaseb -u--Polizei-Bogt, und teincöwcges bloß der Marktrichter" gewesen- Allein " s? mag nur in kleinen Hrten der Fall gewesen senn, in größeren war er maus al« Markt-Bogt. Ans dem heutigen Gebrauch in Aegypten, wo man In jedem Stadtviertel ist ein Beamter unter dem Namen Scheich-el-tumn, oder Kommandant dcr Abthcilung. Er wird vom Kiahia aus den bekanntesten und einflußreichsten Einwohnern gewählt und ist zugleich Friedensrichter und Polizei-Commissair seines Viertels. Aber nicht bloß die Verwaltung und Regierung der Städte ist in den Händen von Soldaten, sondern auch die Schulen haben eine militairische Inspektion. Wir geben unseren Lesern hicr eine Idee vom Schulwesen Aegyptens. Die Militairschulc» sind unter die Lei tung des Conseils des öffentlichen Unterrichts gestellt. Dieses Conseil besteht aus einem Präsidenten und drei Assessoren, die man unter den ausgezeichnetsten Gelehrten wählt. Es hält seine Sitzungen in einem neu erbauten großen Hause auf dem Platze Esbekpch zu Kahira. Muktar-Bey, Minister des öffentlichen Unterrichts und der öffentlichen Arbeiten, ist Präsident. In diesem Gebäude ist ein Kollegium oder eine Schule, worin unter der Dircction eines Rarer in verschiedenen Klaffen Französisch, Arabisch, Türkisch und Persisch gelehrt wirb. Die Studirendcn Hadem im Kollegium Esbekpch Kost und Wohnung von dcr Regierung. Unter demsclbcn Conseil stchcn auch die Artillerie-Schule zu Turah, die Kavallerie-Schule zu Gyseh, die Infanterie-Schule zu Damiettc, die Vcicrinair-Schule und endlich die VorbcrcitungS- Schulen aller Departements. Die medizinische Schule, das Militair-Hospital und der Ge- sundheitS-Nath sind neue Schöpfungen Mchmed Ali's. Das Hospital, welches zwischen den Dörfern El-Chanki und Abu-Zabel liegt, ist nach dem Plane und unter der Leitung Clot-Beps, damaligen Oberarztes der ganzen Armee, aufgcführt worden. °) Man hat mit dem Hospitale eine medizinische Schule verbunden, wo 6 Lehrer die Anatomie, Chirurgie, Pathologie, Physik, Chemie und Botanik vor tragen. Vier Französische Lehrer und zwei Uebersetzcr sind an der medizinischen Schule. Die Zahl dcr Studircndcn beträgt 170, wovon 80 nur der Pharmacie sich befleißigen. Jedes Jahr müssen sie sich einem Examen unterwerfen. Das Hospital faßt 1200 Betten; die Säle sind geräumig und wohl gelüstet, und man bemerkt mit Vergnügen große Reinlichkeit. Die Professoren dcr Schule sind zugleich Aerztc des Krankenhauses. Clot-Gey ist Präsident dcö GesundheitS-RathS, welcher aus vier Mitgliedern besteht, die zugleich Leibärzte des Pascha sind. Dieser Rath schlägt dem Kriegs-Minister alle Beamten vor, die für das Me- dizinalwescn der Armee nöthig sind; hier müssen sie sich vor ihrer Anstellung einem besonderen Examen unterwerfen. Die Beterinair-Schule ist von Herrn Hamont gegründet; sie ist in einem großen Gebäude in dcr Nähe des Hospitals und enthält 120 Studenten. Zwei Franzosen sind als Lchrcr angestellt. In den Ställen des Etablissements sind gewöhnlich 100 Pferde. Die Infanterie-Schule zu El-Chanki ist erst vor kurzem ins Leben getreten. Sie enthält 400 Arabische Zöglinge, welche Un terricht im Arabischen, Türkische» und Persischen erhalten, zugleich aber auch in alle» Waffcnkünsten und militairischen Disziplinen. Auf gleiche Weise ist die Schule zu Damiette organisirt, die dagegen nur 200 Schüler enthält. Die Kavallerie-Schule zu Gpseh hat ihr Lokal in dem Palast, wo einst dcr berühmte Murad-Bey residirte, °°) und wo Bonaparte die Nacht noch der Schlacht bei den Ppramidcn zubrachte. Dieser Palast von so glänzenden Erinnerungen ist'jetzt eine Kavallerie- Kaserne, und 200 junge Soldaten lernen dasclst die Reitkunst. Ihre Uniform, mit Ausnahme dcr wollenen Mütze, gleicht der Uniform dcr Jäger zu Pferd bei der Französischen Armce. Außer Reitkunst haben sie noch Arabisch, Französisch, Türkisch, Zeichnen und Fechten. Türken und Araber werden ohne Unterschied ausgenommen und werden nach einer bestimmten Anzahl von Jahren als Offiziere angestellt. Ein Nazer hat die höchste Leitung dieser Schule. Die Artillerie-Schule zu Turah ist von dem Spanischen Oberst Seguera gegründet. Er hat Ibrahim Pascha die Äothwcn- digkcit kenntnißrcicher Artillerie-Offiziere einleuchtend gemacht und vom Herkommen doch so lclcht nicht abwcicht, läßt sich am dessen auf den Amtskreis des M ohtas- b schließen. Der U eb ers 'I Clot-Be» iss ein gekorener Franzose, der seit vielen Jahren in Diensten Mehmed Ali's stcdt- Es gehört mit zu den schönsten Handlungen des Letzteren, daß er einem solchen Arzte die oberste Leitung seines Medizinalwesens anver- traute. Elot-Be» wurde auch in Paris und Perlin sich als Arzt, einen be deutenden Nus gewonnen haben. Seine Schriften werden sehr gerühmt- "l Murad Ba» war in Aegypten der tapferste Gegner Bonavartes, aber auch ein edler Feind- Er hat später, hingerissen von der Große der >ranzo- »scheu Feldherren, »nd besonders D esa ixs, sich mit den >ranw,en gegen die Türkei verbündet- A nm- d- lled-