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Dresdner Journal : 23.08.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189008231
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18900823
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18900823
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-08
- Tag 1890-08-23
-
Monat
1890-08
-
Jahr
1890
- Titel
- Dresdner Journal : 23.08.1890
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0195 Sonnabend, den 23. August, abends. 88W. v«»»rspr«l», xar Vrssdsv ^lertvIMlrliek 2 U»rk »0 kk, dal äsll L»i^rl. Uaut^dao ko»t»»»t»Itea vi»rt«I- MrUcd 8 »r«atd»Ib äs« deuttckeu keiedo» tritt kost- awd ktampettaicdUlb dunu. Lio ».eins Uuu>w«ro: 10 kk. L«kaQd1xu»Usxedüi>r«m Lür Nell klluill «illar 8b»P»Iteoeo - » a Alvillar Lcdrik 20 kf. Unter ,, 8u>^s>-sndt" äM . l 80 kt. 8«j l^dellev- und ^iüervsLtr entspr. »L- Lrsvdelvenr l'LxUcd mit Ausnsdw« der 8onn- v. k«srt»xo »deL - kervspreoU-Ansoldassr Ur. 1208. l-.M»!»-..! . _H >—- ZresdmrAMmal. Für Lie Gesamtleitung verantwortlich: hofrat Otto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. Luoidiwv rau LvLüodixan^ei» »usvLrtir l.«ipiix: Z->. Lrandstette»', UowwissiouLr Uv» Dresdner lournnls; LsmdnrU L«rUn-Vj«» 1-«>x,tx Lussl-Lresl»» rr»»>ik»rl «. U.: //aare^Ärin d L«rlin-Vtsn-UswdllrG- kr»^ l^tpsi^-rrsnLruit ». ». Hünedsn: A'ud. A/o«e/ k»rt» roi^ioll - LirUn -kr»n>rtLrt ». U StLtls»rt: Da^L« F 0'o., LsrUn: /neoiicl^cia«^, Ir»«I»n: Lm»t Lakatk,' n«movr: (7. Schüssler,' L»Il« ». 8.: d Larcl F c/o. Ilarau»8< darr Lvoixt. Lrpedition des Dresdner lourn»!,. Dresden, ^»ivxerstr. 20. kervsprecd-^osedluss: Ur. 1298. - Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der König!. Sächsische Ge heime Finanzrath a. D. Hanns Jencke zu Essen a. Ruhr daS ihm von Sr. Majestät dem Könige von Italien verliehene Kommandeurkreuz des italienischen KronenordenS annehme und trage. Bekanntmachung, die Verbrennung eingelöster König!. Sachs. Staatspapiere und Zinsscheine betr. Die auf die Jahre 1886 und 1887 abgelegten Rechnungen der Staatsschuldenkasse sind von der letz ten ordentlichen Ständeversammlung für richtig be funden worden. Der bestehenden Geschäftsordnung gemäß sollen nunmehr die nach Ausweis dieser Rechnungen ein gelösten, in dem nachstehenden Verzeichnisse zusammeu- gestellten Königl. Sächs. Staatspapiere sammt Zu behör und die in den nämlichen Jahren eingelösten Zinsscheine am 27. und 28. dieses Monats, vormittag- von k10 Uhr an, in dem Grundstücke Fabrikftraße Nr. 4 hierselbst ver brannt werden. Jedermann, soweit der Platz dies zuläßt, darf der Verbrennung beiwohnen. Dresden, den 22. August 1890. per Laadtagraorlchoß w Vcrwallvug -er AtaalKcholdtu. Bönisch. Verzeichniß der zu verbrennenden Staatspapiere. 1785 Stück 4H Staatsschuldenkassenscheine vom Jahre 1847 im Betrage von 2 677 500 M, 2747 - 4H sächsisch schlesische Eisenbahnaktien im Betrage von 824 1' 0 M., 5080 - 4H Staatsschuldenkassenscheine von den Jahren 1852/55/58/59/62/66 und/68 im Betrage von 3232800 M., 776 - 3 9t> Staatsschuldenkassenscheine vom Jahre 1855 im Betrage von 232 800 M., 1305 - 4 9b Staatsschuldenkassenscheine vom Jahre 1867 im Bettage von 648 300 M., 3475 - 4 9b Staatsschuldeakasfenscheine vom Jahre 1869 im Betrage von 2586 525 M., 631 - 4 9b Staatsschuldenkassenscheine vom Jahre 1870 im Betrage von 142 950 M., 806 - 3 k 9t> und 4 9b Löbau-Zittauer Eisen ¬ bahnaktien im Betrage von 151350 M , 562 - 3k 9b Partialobligationen der vormaligen Leipzig - Dresdner Eisenbahn - Compagnie von den Jahren 1839/41 im Betrage von 113 250 M., 2843 - 49b Schuldscheine derselben Compagnie vom Jahre 1860 im Betrage von 852 900 M., 2605 - 49b Schuldscheine derselben Compagnie vom Jahre 1866 im Betrage von 1 293 900 M, 1263 - 4tb Schuldscheine derselben Compagnie vom Jahre 1872 im Betrage von 1 188000 M., 4698 - 49b Prioritätsobligationen der vormaligen Leipzig - Gaschwitz - Meuselwitzer Eisenbahn- Gesellschaft im Betrage von 1 409 400 M. Mchtamtlichrr Teil. HstegraphiscHe WcrcHrrcHlen. Paris, 23 August. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Im Generalratc des Departements Sarthe er ¬ klärte der Präsident Herzog v Larockefoucauld eine Äußerung des Präfekten für unpassend, worauf der letztere den Präsidenten forderte. DaS Bureau erklärte, dem Zwischenfall keine weitere Folge zu geben. London, 22 August. (W. T. B.) Nach Be- richten auS Irland stellte die Sanitätsbehörde deS Distrikts Timoleague (Grafschaft Cork) fest, daß von 8006 Personen 3t>00 ohne Lebensmittel sein werden, wenn denselben nicht in einem Monat oder früher Hilfe von außen kommt. Biele unter den Be wohnern sind durch den Genuß verdorbener Kar toffeln erkrankt. St. Petersburg, 23. August. (Tel. d Dresdn Journ.» Ihre Majestäten der Kaiser Wilhelm, der Kaiser und die Kaiserin von Rußland sind nebst den Mitgliedern der kaiserlichen Familie gestern abend in Peterhof eingetroffen. New-Dors, 22. August. (Tel. d. Dresdn.Journ.) Die Bediensteten an den Lastzügen der Illinois- Zentralbahn fordern eine Gehaltserhöhung. Die Maschinenführer und Heizer der Northwestern- Eisenbahn stellten die Arbeit ein und begehren ebenfalls eine Gehaltserhöhung. Zahlreiche lange Züge mit Fleisch liegen auf der Strecke. Buenos Ayres, 22. August. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Dir Kammer begann die Beratung der Regierungsvorschläge, betreffend die Ausgabe von 60 Millionen fünfjährig rückzahlbarer SchatzbilletS und die Anleihe von 20 Millionen für die Kon- Versionskasse des Papiergeldes. — Alle in den letzten Ereignissen kompromittierten Offiziere wur den in ihre Stellungen wieder eingesetzt. ES ver lautet, daß sämtliche Truppen aus Buenos AyreS in das Lager von Chacarita verlegt worden sind. Dresden, 23. August. Die französische Marine. In den letzten Jahren ist die französische Marine verwaltung der Gegenstand heftiger Angriffe in der Presse sowohl als auch in der Abgeordnetenkammer gewesen. Man machte es der Verwaltung zum Vorwurf, daß sie es sich vor allem angelegen sein lasse, den „Geist der Routine" in den Bureaus zu »siegen und daß sie ihre eigentliche Aufgabe, die Her- tellung und Erhaltung einer schlagfertigen, allen An- ordcrungen der Jetztzeit entsprechenden Streitmacht zur See darüber vernachlässige. In dem diesjährigen Budgetbericht der Kammer wurden diese Klagen mit noch weit größerer Entschiedenheit erhoben, als dies in früheren Jahren der Fall war. Der diesmalige Be richt hat den Charakter einer wahren Anklageschrift gegen die Marineverwaltung und die Opposition in der Presse hat die Genugthuung, ihre früher erhobenen Beschwerden nunmehr in den meisten Punkten auf die vom Finanzausschuß selber gesammelten, schwer an fechtbaren Belege und Aktenstücke stützen zu können. Wir geben in nachstehendem nach den „H N." die wesentlichsten Züge des Bildes wieder, welches der Ausschuß in seinem Berichte der Marineverwaltuug vorhält. Zunächst wird ein Vergleich zwischen der Streitmacht Frankreichs zur See und derjenigen des Dreibundes gezogen. Dann heißt es weiter: „Im Jahre 1871 besaß Frankreich 405 Kriegs fahrzeuge aller Art, während Deutschland, Österreich und Italien zusammen deren nur 190 besaßen. Von 1871 bis 1889 einschließlich hat Frankreich für seine Marine 3636 Millionen verausgabt, wogegen die Ge samtausgabe jener drei Staaten nur 2572 Millionen betrug. Am Ende dieses Zeitraums aber findet sich, daß die drei Staaten über 538 Kampfeinheiten ver fügen, während Frankreich davon nur 378 besitzt. Die französische Überlegenheit hat sich trotz der starken Mehrausgabe in Unterordnung (und zwar hinsichtlich der Zahl der Fahrzeuge sowohl wie hinsichtlich ihres Wertes verwandelt. Der „Soleil" bemerkt dazu spöt tisch: „Wir haben allerdings in unserem Unglück den Trost gefunden, daß der Admiral Krantz auf der Tri büne versichert, unsere tapferen Seeleute werden ruhm reich zu sterben verstehen. Aber um sie zum Tode zu führen, war eS unnütz, 3 k Milliarden auszugeben; diese Summe sollte sie gerade in den Stand setzen, sich weder töten, noch schlagen zu lassen, sondern die an deren ruhmreich zu schlagen." Den Hauptsitz des Übels bilden nach dem allge meinen Zeugnis die Flottenarsenale. Es giebt ihrer fünf in den Häfen und drei außerhalb derselben; eine Gesamtheit von Anstalten, welche als notwendig er schien, so lange man. wie im Jahre 1845», bis zu 63 Fahrzeuge zugleich in Bau stellte, weil man damals Holzschiffe baute und cs vorteilhaft war, langsam zu bauen. Jetzt aber, wo man wenige Schiffe bauen und sie. schnell vollenden muß, ist dies System abscheulich. Trotzdem wird es beibehalten; um den überflüssigen Anstalten einen künstlichen Schein des Lebens zu geben, giebt man ihrem Verwaltungsgetriebe eine un sinnige Ausdehnung. So erhielt ein jedes, mit seiner Seepräfektur, seine allgemeine Direktion, seine Flotten direktion, seine Schiffsbaudirektion, seine Artillerie- direktion, seine Torpedodirektion, seine Direktion der Wasserbauten, seine Abteilung der beweglichen Ver teidigung, seine Abteilung der festen Verteidigung, seine Forts- und Battericnabtcilung, seine Lebens mittelverwaltung, seine sechs Privatmagazine! In diesen Marinearsenalen existiert neben den« Beamtcnhcer eine Armee von angestellten Arbeitern, die ohne Über anstrengung auf Tagelohn arbeiten, um sachte das Alter zu erreichen, in welchem sie auf eine StaatSpension An spruch haben. Es ist eine sehr anspruchsvolle Bevöl kerung, deren „Rechte" von den republikanischen und monarchistischen Abgeordneten von Cherbourg, Roche fort, Toulon u. s. w. stets mit großer Zähigkeit ver teidigt worden sind. Sie betrachtet das Marinebudget als ihr Eigentum und lebt von ihm; sie will nicht, daß man einen Teil der ihr angehörigen Summe außerhalb ihres Hafens verwende. Und da die Zahl der Arsenale zu groß ist und in jedem Arsenal die Beamten und Arbeiter für die zu leistende Arbeit zn zahlreich sind, so ist jeder verurteilt, nicht zn viel zu leisten, uw nicht seinen jährlichen Arbcitsanteil zu er schöpfen. Ter Hafen könnte die doppelte oder dreifache Arbeit liefern, er hat den Raum dazu, die Werkzeuge, das leitende und verwaltende Personal; aber man muß innerhalb der Grenzen der Budgctkredite bleiben.... Durch diese Notwendigkeit, den Arsenalen für die Zu kunft eine anscheinende Beschäftigung vorzubehalten, wird nicht nur der Herstellungspreis der Schiffe be deutend gesteigert, sondern zugleich auch umgekehrt ihr militärischer Wert vermindert. Man giebt 20 und 30 Schiffe zugleich in Bau und sie bleiben bis zu 10 und 12 Jahren auf den Werften. Im Laufe dieser Zeit erheischen die neuen wissenschaftlichen Entdeckungen, die Veränderungen der Seetaktik u. s. w. unaufhör liche Veränderungen des ursprünglichen Schiffsplanes, und wenn so ein unglückliches, zehnmal umgemodcltes Fahrzeug schließlich vom Stapel gelassen wird, so weiß kein Kapitän etwas mit ihm anznfangen. Zwischendurch geben die Arsenale sich die Miene der Beschäftigung mit der Vervollständigung ihrer Vorräte. Es darf nicht danach aussehen, daß die ihnen zugewiesenen Kredite zu hoch gegriffen seien. In diesem Stücke besonders werden merkwürdige Tinge berichtet. Die Magazine sind überfüllt mit unnützen und unbrauchbaren Materialien und Vor räten, Ankern nnd Ketten, Eisenringen u. s. w. für ein Jahrhundert in voraus. In den Krankenhäusern stehen für jedes Bett 50 Paar Leintücher und für jeden Patienten 46 Hemden und 18 Nachtmützen zur Verfügung. Das hindert freilich nicht, daß während der Flottenmanöver von Brest gemeldet wurde, dem dortigen Arsenal seien die Kohlen ausgegangen. Ein großer Teil der Vorräte verdirbt oder wird wegen Veraltung unbrauchbar. Er muß zerstört oder als alte Ware verkauft werden, ohne gedient zu haben. Im Jahre 1887 verkaufte man solch' alte Ware mit einem Verlust von 12 Millionen, in den beiden fol genden Jahren mit einem Verlust von 19 Millionen. Ter Verlust von verdorbenem Proviant wird für die Jahre 1876 bis 1883 auf 34 Millionen berechnet." Das sind die wesentlichsten der von dem Finanz ausschuß wider die Marineverwaltung erhobenen Vor würfe. Wie man sieht, gipfeln dieselben darin, daß die zur Erhöhung der Wehrkraft zur See bestimmten Summen mehr als zur Hälfte ihrer wahren Bestim mung entfremdet würden, daß die eigentliche Flotte zur Nebensache geworden sei und der Löwenanteil des Budgets von den Arsenalen und her Verwaltung ver schlungen werde. Eine Antwort von feiten der Ma- rinevcrwaltung auf diese Anklagen ist bis jetzt noch nicht erfolgt. Es muß daher zunächst abgewartet wer den, was bei der Budgetberatung im November der Marincminister den: Berichterstatter des Finanzaus schusses antworten wird. Einen leichten Stand wird Hr Barbey jedenfalls nicht haben, denn die in der Nachbarschaft von Brest vor kurzcm veranstalteten Flottenmanöver haben nicht dazu beigetragen, das An sehen der Marineverwaltuug in der öffentlichen Mei nung zu hebe«. Die zahlreichen Unfälle, welche sich bei dieser Gelegenheit ereigneten, haben vielmehr die Schäden der Marine recht grell hervortreten lassen und den Angriffen der Gegner eine weitere wirksame Stütze verliehen. Tagesgeschichte. Dresden, 23. August. Heute vormittag fauden auf dem Exerzierplätze am Heller die Regiments besichtigungen des 1. (Leib ) Grenadierregiments Nr. 100, daun des 2. Grenadlerregiments Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen" statt. Se. Königl. Hoheit der Generalfeldmarschall Prinz Georg traf kurz vor 7 Uhr auf dem Exerzierplätze ein. Bald darauf erschien Se. Majestät der König in Begleitung Sr. Excellenz des Kricgsministers Grafen v. Fabrice und geruhte beiden Besichtigungen beizuwohnen. Die selben wurden in Gegenwart des Generallieutenants v. Reyher, Excellenz, durch den Brigadekommandeur Generalmajor v. d. Planitz abgehalten. Se. Majestät der König begab sich nach dem Schlüsse der Besichtigungen gegen Kl 1 Uhr nach Pill nitz zurück. DrcSdcn, 23. August. In Nr. 234 der „Dresdner Nachrichten" befindet sich eine Mitteilung, derzufolge in preußischen Blättern die Nachricht verbreitet worden sein soll, es sei von dem Ministerium des Innern die Einfuhr von Rindvieh aus Böhmen gestattet und Böhmen für seuchenfrei erkärt worden. Das be stehende Verbot der Ein- und Durchfuhr von Vieh und tierischen Teilen aus Österreich-Ungarn beruht nun aber auf einem Beschlusse des Bundesrates des deutschen Reichs, die sächsische Regierung ist daher selbstverständlich nicht in der Lage, diesem Verbote entgegen die Einfuhr von Rindvieh aus Böhmen zu gestatten. Es war aber auch nach dem erwähnten Bundes ratsbeschlusse den Wirtschaftsbesitzern in den an Böh men grenzenden AmtShauptmannschastcn erlaubt ge blieben, ihren eignen Bedarf von Nutz und Zucht vieh an Rindern unter gewissen, durch Verordnung vom 26. Juli 1884 bekannt gemachten Bedingungen aus Böhmen einzuführen. Feuilleton. Verschlungene Pfade. Novelle von H. v. Goetzendorfs-Grabowski. S (Fortsetzung) „Und Du hast Deine Miß Juliet seit der Gemüse- Scene nicht wiedergesehen?!" „O ja, das wohl, Herr Lieutenant, ich bin einige Male danach an dem Saison Hause der Lady Ramson vorübcrgegangcn und habe Juliet Meyers bei dieser Gelegenheit auch gesehen; aber wie soll man einem Mädchen näherkommen, das allemal schon auf hundert Schritte Entfernung davonläuft?!" „DaS ist freilich schwer, Jasper! . . . Willst Du also doch nicht lieber versuchen, Dir das blaue Kleid aus dem Sinn zu schlagen?" Montgomerys Stiefel erhielt einen zweiten, wohl noch feurigeren Liebesblick. „Unmöglich, Herr Lieutenant, ganz unmöglich!" „Gut! So nimm Deine Zuflucht zn einer brief lichen Erklärung Deiner Gefühle für Miß Juliet." „Das ist es ja eben, Hr. Lieutenant! Tas ist mein Kummer!" erwiderte der arme JaSper mit einem ver zweiflungsvollen Seufzer. „Über alles gern schrieb ich ihr einen recht gefühlvollen Brief, wenn cS nur anginge, aber — nun, der Herr Lieutenant wissen reckt wohl, wie schwer es mir fällt, ein Wort mit der Feder zusammenzubringen und wie dasselbe sich dann auf dem Papier auSnimmt!" Tas wußte Baldwin Montgomery allerdings und gestand sich , daß in der That wenig Hoffnung vor handen, mit einigen Dutzend Fliegen und Spinnen auf Postpapier — als solche präsentierten sich leider Jaspers Schriftzüge! — das Herz der tugendhaften Juliet zu gewinnen. Wenn Jaspers Glück von dieser Kunstleistung abhing, so war sein Fall hoffnungslos. „Lass' es gut sein, Jasper — gräme Dich nicht weiter," sagte der junge Offizier nach einigen Angenblicken des Nachdenkens. „Ich will Dir Demen Brief schreiben, ich sehe nichts Unrechtes darin. Später natürlich, wenn es keinen Unterschied mehr macht, mußt Tu ihr unseren kleinen Betrug beichten .... Schon recht, mein Alter, danke mir nicht, bevor wir wissen, wie eS abläuft — und bringe auch in der Freude Deines Herzens meinen Stiefel nicht um sein junges Leben." Lieutenant Montgomery kam sich sehr sonderbar vor, als er dann mit der Feder in der Hand vor seinem Schreibtisch saß, große, knabenhafte Buchstaben auf das Papier malend, die nach der Feder eines Quintaners aussahen und für das ohne Zweifel nicht sehr lcsegewandte Auge der tngendsamen Juliet be rechnet waren: „Verehrungswürdiges Fräulein! Sic werden erraten, daß dieser Brief von dem jenigen kommt, welcher das Glück hatte, Ihnen vor einigen Tagen auf dem Wochenmarkt zu begegnen und seitdem nur einen Gedanken, nur ein Ziel kennt: Sie zu gewinnen! Sein Blick sagte Ihnen das be reits — aber Sie wollten diese Sprache nicht ver stehen! Sie waren grausam genug, dem Unglück lichen, welcher nur von Ihrem Anblick lebt, den Rücken zu kehren! Aber ich sage Ihnen, Miß Juliet Myers, ich bin nicht wie der Koch von den Fitz geralds oder sonst irgend wer, der sich durch der gleichen abschrecken und an anbei er Stelle trösten läßt. Für mich giebt es nur ein Mädchen in ter Welt — und ich werde dasselbe gewinnen oder — sterben. So, nun kennen Sie meine Gefühle und Absichten und sind mir eine Erklärung darüber schuldig, was ich zu hoffen habe. Ich zähle die Mi nuten bis zum Eintreffen Ihres Schreibens und bin unterdessen Ihr Sie anbetender Jasper Cuckoo, im Dienst bei Lieutenant Montgomery, Trafalgar Square." „Uff!" sagte Lieutenant Montgomery, die Feder auSspritzend. „Mir ist ganz heiß geworden! Aber ich glaube, ich traf den Ton . . . Was willst Du, Jasper?" „Es ist jemand im Auftrage des Kapitäns Leslie da, Herr Lieutenant, um ein Buch abzuholen." „Schon recht. Ich komme." Während Baldwin Montgomery den Boten abfer tigte, erhielt sein Schreibzimmer den Besuch des Ma lers. Mr. Vanquish trat gewohnheitsmäßig ohne An klopfen ein und ließ sich, da er Montgomery nicht so gleich vorfand, ungeniert auf dem Stuhl am Schreib tisch nieder, den offen dalicgenden Brief gedankenlos mit den Blicken streifend. Eme Zeile darin war dick unterstrichen und fesselte seine Aufmerksamkeit, ohne daß er es wollte: „Für mich giebt cs nur ein Mäd chen in der Welt, ich werde dasselbe gewinnen oder sterben!" — ,Heiliger CrispinuS! DaS ist ein LiebeS »rief! Und noch dazu einer erster Güte, wie mir cheint", sagte der Maler zu sich selbst, verließ aber »ann diskretcrweise seinen Platz vor dem Schreibtisch und ging leise pfeifend im Zimmer auf und nieder, bis der junge Offizier zurückkehrte. „Siehe da — Vanquish! Enthält die „Quarterly Review" in Deiner Hand irgend welche Neuigkeit? Deiil Gesicht sieht darnach aus." „Sie enthält die Todesanzeige meiner Obskurität, Montgomery — das heißt: eine glänzende Besprech ung meines jüngsten Bildes; die „heilige Nacht" er hielt auf der Frühjahrsausstellung den ersten Preis, ist auch bereits verkauft und noch dazu um ein Be deutendes höher als ich zu hoffen gewagt." Mr. Vanquish schob seine verschossene rote Malerkappe vom rechten auf das linke Ohr und versuchte ein blasiertes Gesicht zu machen. „Sieh mich an, Baldwin," fügte er hinzu, „Tu hast nicht alle Tage Gelegenheit dazu, einem Manne gegenüber zu stehen, der einen so fri schen, vollen Lorbeerkranz — ich muß Dich schon bitten, diese alte Mütze dasür anzusehen! — sein eigen nennt, als der „epochemachende junge Künstler" Mr. Hardy Vanquish. Diese zwei Spalten der „Quarterly" werden Dir sagen, was genannter Gent leman sonst noch alles ist und verspricht." „Unnötig, mein Junge. Ich „entdeckte" Dich zuerst und schwur bereits auf Dein Genie, als Du Dich noch damit begnügtest, alte Mauern und Kellcrthüren zu beschmieren und oftmals Prügel erntetest, statt Lorbeeren. Gedenkst Du noch Deines ersten, Mr. Plumkins' Gartenhaus zierenden Mondschein gemäldes? Mir erschien die aus Sturmwolken empor- tauchende Mondkugel bewunderungswürdig, jemand
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