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Dresdner Journal : 13.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188707137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870713
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870713
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-07
- Tag 1887-07-13
-
Monat
1887-07
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 13.07.1887
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m 1SS —-r! S^8UittttxLi»x»8«dtttlr«ii r l» L«t«d«: ^UtrUo^),: .... 18 S1»rk. So»»«rluUd 6« ä»vt»d>«v koieü« tritt ko«t- ov6 8t«mp«I.°.°U^ bm-u. b<tll»«l^p Hommor»: 10 kk. «äi ä<,D k»um «ü>«r a»»p»Itoi»«o 2«il» ^Isiosr 8ettrlkl, <0 Ls. llotsr ..Llo^vElät" ä>« 2eUs 80 ?t. L«i »bollso- oock 2lü«rli«»t« «»tspr. Lr»vd»li»»i> r HizU- k mit ^v»v»t>m« äsr Lvao- sock Loiort»^» 1 »deoä». f Loi-vsprscb^oseklu»»: Ur. 1L9S Mittwoch, de« 13. Juli, abends. Dres-MrIoumal. Für die Gesamtlettung verantwortlich: Dtto Vanck, Professor d^r (itteratur. und Kunstgeschichte. 1887. L»»«»» 70» L»tt»41»«»ro» »»«MLeto» l^lpitU: F>. Lr»-<ii<«et«r, 6oMMi»«iooLr äv, I>r»«<to«r ^oarv»li; N»»d«U - >»rU» - Vt« - 1«1x«tG->««I->r»^»»-rr»Ltt»rt ». X.: Üaa»«ut«»M -0 Lo-k«r, >»rlv»-Vl«»-L»»d«r, kr«o -^r«L^r» ». N.-»8»«d«: Lto»e, r»rt, Lo»Lo» -8«rU» -rnu»1ckvr» ».» »tsttUMt: <F 6o.,' 8»rU»: /»vat»ck«»cka«L, SSrUt»: v. L^»»^«r- 0. LokU-i«-, Lai. .. »: /. Laret A 6o. »«„»»»«der: Nüiußl. L»p«tiüov ä« vr»»cki»«r ^oanutt», vroockoa, LMMS«r»tr. X). ksr»,pr»ok-^L»eN1»M: Ur. 1898. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Wien, ir. Juli. (W. T B.) Der Kronprinz ist beute mittag von seiner Reise nach Galizien wohlbehalten nach Laxenburg zurückgekebrt. Die auS 11 Mitgliedern bestehende Abordnung der Sobranje ist heute abend hier eingetroffen und auf dem Bahnhofe von dem Sekretär beS Prinzen von Coburg, Hofrate Fleischmann, em pfangen worden Die Deputation wird sich zu sammen mit der morgen eintreffenden Abordnung der Regentschaft zu dem Prinzen nach Eben- thal begeben. Rom, 13. Juli. (W. T. B) Einer Meldung auS Massauah zufolge ist daS Pulvermagazin in Taulud in der Nacht explodiert. 7 Soldaten wurden getötet, 15 schwer und mehrere leicht ver wundet. Die Ursache der Explosion ist nicht be kannt. London, 12. Juli. (W. T. B.) Unterhaus. Der UnterstaatSsekrrtär des Auswärtigen. Fer gusson, teilte mit, daß der Sultan außer Stande war, Drummond Wolff in der vorigen Woche zu empfangen und habe derselbe darum die Abschieds audienz auf nächsten Freitag festgesetzt. Die Ab reise länger aufzuschieben sei nicht beabsichtigt. Auf eine Anfrage BryceS, ob dieser Termin defi nitiv sei, erwidert Fergusson, er könne eine defi- nitivere Erklärung nicht abgebrn; sobald der be zügliche Schriftwechsel bekannt sein werde, würde man rinsehen, daß weder die Würde noch die In teressen Englands irgendwie kompromittiert seien. Loudon, 13. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Den „Daily NewS" zufolge lud die englische Re- gierung die Mächte zu einer Konferenz über die Luckerprämienfrage ein und schlug London alS Versammlungsort vor. Die Regierung sei jedoch nicht abgeneigt, die Konferenz auch an einem an deren Orte stattfinden zu lassen. Belgrad, 12. Juli. (W. T. B.) Die Königin ist mit dem Kronprinzen heute mittag hier ein getroffen uud auf dem Landungsplatz? vom Könige, den Ministern und dem diplomatischen Korps be grüßt morden. — Die Meldungen von einer Mi- uisterkrisiS werden als vollständig erfunden be zeichnet. Dresden, 13. Juli. Die Zusammensetzung der Straßburger Handelskammer. Ein Gegenstand, welcher in hohem Grade die Auf merksamkeit der deutschen Presse beanspruchen sollte, sind die Verhältnisse der Straßburger Handelskammer und die Stellung, welche dieselbe zu dem dortigen Handelsstande, insbesondere zu dem altdeutschen Teile desselben einnimmt. ES sind in der letzten Zeit eine Reihe von das Reichsland berührenden Fragen auf getaucht, auS deren Beleuchtung durch die Organe der öffentlichen Meinung sich ergab, wie alle bisher von Deutschland angesichts des Verhaltens der elsaß-loth ringischen Bourgeoisie bekundete Nachsicht nur die Hartnäckigkeit derselben vermehrte. Überall, wo es in der Macht dieser Herren liegt, suchen sie dem deutschen Elemente den Weg zu versperren und ihm eine Ver tretung in dem bescheidensten Maßstabe zu versagen. Vor kurzem fanden die Wahlen zur Straßburger HandeSkammer statt. Die von dem Bezirkspräsidium aufgestellte Liste der Wahlberechtigten verzeichnet 614 Namen. Von diesen 644 Wählern haben nur ll6 ihr Wahlrecht auSgeübt. Beweist dieses nicht für die völlige Gleichgiltigkeit, welche der Handelsstand der Kammer gegenüber bekundet? Sie hat schon längst aufgehört, eine berufene, leistungsfähige Ver treterin der kaufmännischen Interessen zu sein; sie ist, wie aus diesen Zahlen hervorgeht, ein für die Mehr heit des Handelsstandes gleichgiltigeS Repräsentations institut. „ES ist eine alte Tradition in Straßburg", schreibt die „Straßburger Post", die Handelskammer als eine Art kaufmännischen „Senat" zu betrachten, in welchen man geachtete, verdiente Männer zum Zeichen der Anerkennung und als Auszeichnung wählt: der Mann, ja seine ganze Familie wird gewissermaßen in den Patrizierstand erhoben, wenn einem Kaufmann die Ehre widerfährt, in diesen „Senat" gewählt zu werden. Da her kommt es denn auch, daß das Amt der Handels kammermitglieder in erster Linie als ein Ehrenamt angesehen wird. Dementsprechend war auch bisher in erster Linie die sozialpolitische Stellung, der Rang und Stand der Familie ausschlaggebend für die Kan didaten, und daher galt eS auch als eine gewisse Nie derlage, wenn ein Mitglied nach Ablauf der drei Jahre nicht wiedergewählt wurde. Daher erklärt sich auch die alle Rücksichten hintenansetzende Energie, mit welcher die eingeborenen Wähler zusammenstehen, da mit diese ehrwürdige patriarchalische Einrichtung nicht entweiht werde durch den Eintritt des eingewanderten Elements. Dieses hat sich in einer Menge von Kor porationen und Instituten, sogar im Gemeinderat Sitz und Stimme erobert, aber in diese letzte Zuflucht stätte des eingeborenen Patriziertums, ins „Aller heiligste" dürfen sie nicht. Die Mitglieder der Kammer sind, wie daS Blatt ausführt, meist betagte Leute, welche sich teilweise schon aus den Geschäften zurückgezogen haben und naturgemäß den Abend ihres Lebens in stiller Be schaulichkeit genießen wollen. Den seit 1871 sich geltend machenden neuen Bedürfnissen sind sie fremd geblieben; „der kleine Prozentsatz jüngerer oder auf der Höhe der jetzigen Verhältnisse stehender Mitglie der ist in solcher Minderheit, daß die Herren trotz ihres guten Willens nicht viel ausrichten können". Unter den 305 Wählern Straßburgs allein befinden sich 101 Eingewanderte. Schon diese Zahl verleiht ihnen einen Anspruch auf eine Vertretung in der Handels kammer, mehr aber noch wird diese Forderung be gründet durch die Stellung des eingewanderten Ele ments in der Geschäftswelt. Der Zahl nach befindet sich dasselbe zwar in der Minderheit, aber in einer solchen Minderheit, welche den entschiedensten und be rechtigtsten Anspruch auf Vertretung in der Handels kammer gestattet Was aber die Bedeutung des eingewanderten Elements angeht, so stellt sich bei ge nauer Prüfung heraus, daß in einer Reihe hochwich tiger Handelszweige — wir nennen nur die Leder-, Kohlen-, Eifen-, Spiritusbranche, den Holz-, Ol-, Hanf, Getreide- und Kurzwarenhandel — die Alt deutschen eine hohe, wenn nicht die erste Stelle ein nehmen. „Ist es nach alledem zu verwundern", sagt die „Straßb. Post", „wenn das eingewanderte Element jetzt nach 16 Jahren eine Vertretung in der Handels kammer verlangt? War es nicht ein Akt großer Be scheidenheit, wenn die Eingewanderten sich mit einem einzigen Sitz unter 16 begnügen wollten? Und wohl verstanden, nicht als Ehrenamt, nicht als eine Be lohnung betrachtete man diese Forderung, sondern als eine Gelegenheit zu ernster Arbeit und Pflichterfüllung, um nachdrücklich im Interesse des hiesigen Handels wirken zu können. DaS eingeborene Element ist sich in seiner überwältigenden Mehrheit längst über die unhaltbaren Zustände der Handelskammer klar und spricht sich in privaten Kreisen unverhohlen in diesem Sinne auS, aber niemand faßte bisher daS Herz, die Sache einmal mit jener Offenheit zu besprechen, welche unumgänglich nötig ist, wenn etwas erreicht werden soll. Diesen Gründen Rechnung tragend haben die Eingewanderten eS bei der letzten Wahl zum ersten male offen ausgesprochen, was Eingeborene wie Ein gewanderte schon seit Jahren denken und im Stillen sagen. Es war übrigens schon ein Bekenntnis des Vorstehenden von seilen der Eingeborenen, daß sie diesmal gemeinschaftlich mit den Eingewanderten eine Kandidatenliste aufstellten. Diejenigen Eingeborenen, welche die Initiative zu diesem Zusammengehen mit den Eingewanderten ergriffen hatten, haben auch loyal daS Kompromiß bei der Wahl gehalten und eS ist dies um so anerkennenswerter, als sie dabei das Gefühl der Pietät zurückdrängen und den Interessen ihrer Stadt und dcw unleugbaren Logik der Thatfachen, die sie weder herbeiführten noch willkommen hießen, mit denen sie aber rechnen zu müssen einsehen, zum Opfer bringen mußten. Leider blieben diese mutigen Männer in der Minderheit. Kein Altdeutscher befindet sich unter den Gewählten" Halten wir Vorstehendes mit alle demjenigen zu sammen, was in jüngster Zeit über die Gemeinde vertretungen, die Unterrichtsverhältnisse und die Zu stände in den Fabrikbezirken des Oberelsaß veröffent licht wurde; erinnern wir uns ferner, wie ein großer Teil der besser gestellten Klassen des Reichslands seine Kinder zur Erziehung nach Frankreich sendet, erinnern wir uns der fortdauernden Vexationen, durch welche man die Thätigkeit der Behörden zu hemmen fucht, sowie vor allem der Enthüllungen, welche die beiden letzten vor dem Reichsgerichte verhandelten Prozesse gebracht haben, so gelangt man zu dem Ergebnis, wie notwendig eS ist, alle Unklarheiten zu beseitigen, wie für das deutsche Element der Zeitpunkt gekommen ist, wo eS an eine gründliche Reform alter überlebter Ein richtungen denken muß. Lagtögcschichte. * Berlin, 12. Juli. Se. Majestät der Kaiser gedenkt bis Mittwoch abend in Coblenz zu verweilen und abends H10 Uhr mittelst Extrazugs nach der Insel Mainau weiter zu reisen, um dort am Donners tag vormittag 8 Uhr einzutreffen Über die Dauer des dortigen Aufenthalts hat der Kaiser noch keine Bestimmung getroffen. Der Prinz Wilhelm kam heute vormittag von Potsdam hier an und begab sich vom hiesigen Bahn hofe auS direkt zum Reichskanzler Fürsten Bismarck nach dem Reichskanzlerpalais, wo derselbe längere Zeit ver blieb. Mittags kehrte der Prinz dann wieder nach Potsdam zurück. Wie die hiesigen Blätter melden, ist Prinz Hein rich von Hessen, General der Kavallerie und Kom mandeur der Großherzogl. hessischen (25.) Division, auf fein Nachfuchen unter Verleihung des Ordens pour l« merit« zur Disposition gestellt und bleibt L Iir »uit« des HufarenregrmentS Nr. 7 in der Alters liste der Generäle fortzuführen; Generalmajor v. Wiß mann, Kommandeur der 1. Gardeinfanteriebrigade, ist als stellvertretender Kommandeur der Großherzogl. hessischen (25.) Division nach Darmstadt kommandiert. Graf Herbert v. Bismarck beabsichtigt einen mehrwöchigen Urlaub im Taunusgebirge zuzubringen. Die Inthronisation des Bischofs Dr. Georg Kopp als Fürstbischof von Breslau wird, der „Schlei. Ztg." zufolge, ganz bestimmt nicht vor Mitte des Monats September, vielleicht sogar erst im Laufe des Oktobers d. I. vor sich gehen Der „ReichSanz." veröffentlicht die Ernennung des LegationSrats Frhrn. v. d. Blinken zum Gesandten am König!, dänischen Hofe. Femlltton. Lelia Rubien. Bon H. Keller-Jordan. (Fortsetzung.) Als Melanie einige Zeit nachher ihre Gäste ver abschiedete, trug ihr Gesicht den lieblichen, verbindlichen Ausdruck, der ihm gewöhnlich eigen war. Als sich Velten über ihre Hand beugte, sagte sie mit gedämpfter Stimme: „Donnerstags sind wir für unsere engeren Freunde zu Hause, Hr. v. Velten, auf Wiederfehen bi- dabin." Al» Velten einige Schritte vom Haufe entfernt war, blieb er stehen und sah an demselben in die Höhe. Im Erker war alles dunkel, auf die drei nicht sehr hohen Fenster in der Front warf der Mond fein bleiches Licht „Arme, kleine Lelia", feufzte er, wie sie wohl leben mag, allein und entbehrungSvoll in der Fremde! E» ist mir, als wären über ihr junger Leben schon ganz andere Schatten gefallen, als die welche die Welt sieht." Er ging weiter bis zu den Anlagen, dort setzte er sich auf eine Bank und sah, in Gedanken versunken, über die stille, matterhellte Landschaft. Breit und be haglich dehnte sich die Elbe, leise rauschend dem Meere entgegen. „Sechs Jahre", dachte Velten, „gerade sechs Jahre sind eS, als ich Frau Rubien zum ersten Male auf dem großen Balle deS amerikanischen Konsuls sah. Ein knospende», zarte» Mädchenbild — und doch schon Gattin! Ach, Lelia, meine Leidenschaft zu Dir wuchs von da ab von Tag zu Tag, bis sie in erhitzter, un glücklicher Stunde alle Schranken durchbrochen. Rück haltlos hätte ich mich selbst verloren, wenn Du mit Deinen keuschen, unschuldsvollen Augen mich nicht mir selbst und der Vernunft wiedergegeben Was wußte ihre Seele von dem ungestümen Wogen auf- und niederrasender Leidenschaften, die selbst da zu über fluten wagten, wo eS eine geheiligte Grenze gab?" Velten war in die Höhe gesprungen. „Nein, nein, Frau Andersen, wa» Sie auch sagen mögen, eS giebt Naturen, die sind rein und makellos, die kann kein Gifthauch der Welt verderben." Lelia hat nicht einmal eine Ahnung von der Sünde — und naht sie sich ihr — so flieht sie wieder — sie weiß, hier ist keine Heimstätte für sie. Noch sehe ich sie an jenem unglückseligen Abend, an dem ich selbstvergessen ihre Knie umklammert hielt — ihre Augen blickten groß und verständnislos — dann legte sie ihre kühle Hand auf meine heiße Stirn und sagte sanft: „Herr v. Velten, Sie sind krank, stehen Sie auf — gehen Sie durch die Luft, denn Ihr Kopf brennt." „Dann Lelia, als ich Dich wiedersah, warst Du für mich eine Heilige, zu der ich in die Höhe blickte — kein irdisches begehrliches Weib mehr!" Velten war in Gedanken vorwärts gegangen und bemerkte zu seinem Erstaunen, daß er wieder vor dem großen Hause in St. Pauli stand. Er lehnte seinen Rücken an den Stamm einer Esche — und sah lange daran in die Höhe. — Jetzt waren auch die Lichter in der Beletage ge löscht und still und einsam lag das Gebäude gegen den dunklen, regungslosen Horizont. Am andern Morgen, als Frau Rubien noch beim Frühstück saß und in den Zeitungen blätterte, die vr. Lassen ihr täglich schickte, öffnete sich geräuschlos die Thüre und Melanie» Kopf sah lächelnd herein. „Darf ich eintreten, Herz?" fragte sie fchmeichlerisch, während sie fchon bi» an den Tisch trat, und ihre Hand kosend über den Lockenkopf von LeliaS Töchter chen gleiten ließ. Sie hatte ihre noch unfrisierten Haare, scheinbar nachlässig, in ein weißes Spitzen häubchen gezwängt, dessen rosenrote Bänder ihren schon etwas verblichenen Teint vorteilhaft hoben. „Habt Ihr Euch gestern abend gut unterhalten?" fragte Lelia so harmlos, als es ihr möglich war, während sie ihr auf dem Sofa Platz machte. „Ach, erinnere mich nicht daran, Liebe, Du weißt, wie wenig diese Gesellschaften nach meinem Geschmacke sind, aber mein guter Julius, er ist oft Hypochon der — und da empfiehlt der Arzt so dringend Zer streuung —, was bleibt einer armen, pflichtgetreuen Frau da weiter übrig? Sogar zum Singen habe ich mich seinetweaen wieder gezwungen, obgleich ich dachte, da» Herz sollte mir brechen." „Warum wolltest Du auch nicht singen", sagte Lelia, die Melanie aenug kannte, um über diese Heu chelei nicht mehr erstaunt zu sein. „Warum? Ach, Herz, niemand verstand meinen Gesang so zu würoigen, als Dein guter Theodor, und Du weißt, al» er damals, bei meinem BrahmSschen Liede, einen so schrecklichen Anfall bekam, dem noch in der Nacht der Tod folgte, da dachte ich wirklich, e- Die Thatsache, daß die Gaben der Mildthätigkeit Europas bei großen Unglücksfällen häufig fchon das wirklich erforderlich Maß von Beistand überstiegen haben und dann ohne weiteres in einer Art verteilt worden sind, welche nur unheilvoll zu wirken vermag, hat den deutschen Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit veranlaßt, sich auf seiner diesjäh rigen Versammlung in Magdeburg Ende September mit der Frage der Organisation des Unter- stützungSwesen» in außerordentlichen Not fällen zu beschäftigen. Eine Zuschrift der „Pol. Korr." aus Berlin, vom 11. Juli besagt: In den leitenden Kreisen bringt man den deutschen Be ziehungen zu Frankreich und Rußland ein wett größeres Interesse entgegen, als der bulgarischen Frage. Es wurde bereits an dieser Stelle betont, daß die Stimmung in Deutschland Frankreich gegenüber eine entschieden unfreundliche zu werden scheine. Dies hat seitdem volle Bestätigung gefunden. Die Hetzereien der französischen Presse werden jetzt auch von der „Nordd. Allgem Ztg." an auffälliger Stelle unter Hinweis auf deren Gehässigkeit reproduziert. Ls beweist dies, daß dieselben in maßgebenden Kreisen Beachtung finden und daß man Akt von denselben nimmt. Es sei hier mit Bedauern gesagt, daß die Verhetzungen gegen Deutschland, die unwürdige Behandlung, denen Deutsche in Frankreich aus gesetzt sind — wenn sie auch sicherlich nicht dazu sühren werden, daß man in Deutschland den Franzosen gegenüber das Gast recht verletze — mit der Zeit eine solche Erbitterung hier her vorgerufen haben, daß jede Maßregel der Regierung, durch welche Repressalien ausgeübt würden, der beisälligsten Ausnahme in Deutschland sicher sem würde Glücklicherweise ist das Staats ruder in starken, gewandten und vorsichtigen Händen, so daß man hoffen darf, Deutschland werde nicht gezwungen sein, aus die Herausforderungen mit einer Annahme des angebotenen Kampfes zu antworten. Leider hat man aber in Frankreich zu der Versöhnlichkeit der deutschen Politik vielleicht noch größeres Vertrauen, als sie beansprucht, denn es giebt eine Grenze, wo die Frage der Wahrung des Friedens mit der der Aufrechterhaltung der Würde Deutschlands in Kon flikt geraten könnte. Sollte diese Grenze erreicht werden, so darf man als zweifellos annehmen, daß dann jede andere Rücksicht in den Hintergrund treten würde. Was die Be ziehungen Deutschlands zu Rußland betrifft, so zeigt die, bezüglich der Sicherheit russischer Wertanlagen entspon- nene Polemik, daß die feste Absicht besteht, den von Rußland auf handelspolitischem Gebiete angebotenen Kampf energisch auf zunehmen, und auS der Defensive, in der man sich bisher ge halten hatte, zum Angriff überzugehen. Die Frage, ob diejenigen Preßorgane, welche den deutschen Kapitalisten heute täglich an- empsehlen, sich der in ihren Händen befindlichen russischen Werte zu entäußern, im Emne der Regierung handeln, erscheint eine durchaus müßige. Die sogenannten Börsenblätter pochen daraus, daß der in Rede stehende Angriff bisher durch keine Kundgebung, die zweisello» für offiziös gehalten werden dürfte, sanktioniert worden wäre. Es ist nun richtig, daß die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" vollständiges Schweigen be züglich jener Frage beobachtet, aber dieses Schweigen ist eben ein „vollständiges", und man kann aus den obigen Einwand wohl mit Recht erwidern, daß, wenn an maßgebender Stelle die ungünstige Beurteilung über die Sicherheit russischer Werte ge- mißbilligt würde, dieser Mißbilligung bereit» Ausdruck gegeben sein würde." Die „Nordd. Allg. Ztg." enthält folgende an die in Paris wohnenden Deutschen gerichtete Mahnung: Zeitungsnachrichten aus Paris zufolge ist man dort wegen der Feier deS 14. Juli nicht ohne Be sorgnis; von verschiedenen Seiten wird den daselbst weilenden Deutschen anempfohlen, sich an jenem Tage nicht öffentlich zu zeigen und ihre, der Wut des Pöbels denunzierten Lokale geschlossen zu halten. — Wir konstatieren, daß die in Frankreich herr schenden Zustände derartige Warnungen und Ratschläge als nicht ungerechtfertigt erscheinen lassen. Aus Schlesien schreibt der Berichterstatter der „Nat-Ztg.": Nach einer kurzen Periode, während welcher man annahm, daß in dem Verfahren der russischen Behörden gegen die im Grenzbezirk wohnenden Ausländer eine mildere Praxis geübt werde und von oben herab ein sanfterer Wind wehe, macht sich die alle Strenge und Versolgungssucht wiederum fühlbar. Ein Kommissar des russischen Ministeriums hält sich gegenwärtig im polnisch-schlesischen Grenzgebiete aus, um die Verhältnisse der in diesem Gebiete ansässigen Ausländer zu sei Sünde, je wieder meine Lippen zum Gesänge zu öffnen." Lelia sagte nichts, nur ihre Finger glitten krampf haft durch die Blätter der Zeitungen, die auf ihrem Schoße lagen. „Aber warum traurige Erinnerungen heraufbe schwören", sagte sie, gewandt daS Thema ändernd, „ich will Dir lieber von unserem gemeinschaftlichen Freunde Baron Velten erzählen, der von Paris zu rück ist." „Ist er nicht mehr bei der Gesandtschaft — und geht es ihm gut?" „Er ist der Alte. Voller Liebenswürdigkeit gegen Damen, aber im Grunde doch kalt und steinern. Wa» er für Pläne für die Zukunft hat, weiß ich nicht, wir sprachen uns nur kurz, da er seiner alten Gewohnheit geniäß sehr spät kam. Doch Du wirst ihn Donners tag abend sehen." „Diese sogenannten Familienabende scheinen sich so auszudehnen, daß ich mich eigentlich zurückziehen sollte", sagte Lelia ernst. „ES kommt niemand — außer Richter und Velten, Vielleicht das nächste Mal eine Russin, die unS warm empfohlen wurde und nicht in größere Gesellschaften geht. Übrigens darfst Du schon CarlaS wetzen nicht fehlen, die sich die ganze Woche nur auf Dich freut. Ein Glück, daß sie kein Mann ist, sonst würde diese Liebe gefährlich." „Die gute Earla!" „Glaubst Du, daß sie sich ernstlich für Richler interessiert?" Lelia sah betroffen in die Höhe.
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