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Dresdner Journal : 22.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189610226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961022
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-22
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 22.10.1896
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ve»»«»»ret«: Wr Dresden vrertellährltch n V t LV Pf., bei den «aiser- lich oeuttchcu PostailstaUei, rnetteljShrlichsMark; außer» dal' de« Deutfchen Reiche« Pap- und Etempelzufchlaa. Eia«tlnt Nummern: 10 Pf Grfchetne»: Täglich mit Ausnahme der K^an- und Feiertage abend« Fr.-nfpr »Anschluß: Nr ir»L. Dresdner AnkündtgungSgebühreu: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schnst itO Ps Unter „Eingesandt" die Zeile ü<> Ps Be: Tabellen- und ^ifservs ch eurjprecdender Aufschlag Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journal« Dresden, Zwmgerstr 20. Fernspr Anschluß: Nr12VS. .W 247. Donnerstag, den P2. Oktober, abends. 1896. — Amtlicher Teil. Gn»n»«»»-e», versetzAAge» rc. 1« öffentliche« Dienste. Lepartement brr Justiz. Der Rechtsanwalt Dr. Adels L-car Stein in Dresden ist zum Notar sür Dresden Altstadt aus so lange Zeit, als er dort seine ordentliche Ge chüstSstelle haben wir?, gemäß d r Notariatsordnung vom 5 September l8S2 emannt worden. Tepartement brr Ainanzen. Bei der Postverwalt ung sino ernannt warten: Schaller, zeither Postselreiär, als Ober"Postsekretär in Sebnitz; Hunger, zeitherPostveiwalter in Aelenau, als solcher in Wahren Nichtamtlicher Teil. Auf dem Gebiete Ler auswärtigen Politik ist eine allgemeine Stille eingetreten. Der Haupt grund hierfür ist zweifellos darin zu suchen, daß die jenige Nation, die bekanntlich gern im Trüben fischt und die daher auch in der Aufrührung der politi schen Gewässer bis vor kurzem ein bemerkenswertes Talent entfaltete, gegenwärtig sich davon überzeugt zu haben scheint, daß der Fischfang voraussichtlich kein sehr ergiebiger werden, ja, daß das Fischen vielleicht sogar mit einer gewissen Gefahr ver bunden fein würde. Von den verschiedensten englischen Zeitungen hört man jetzt sogar mit Emphase versichern, daß das britische Volk die von Hrn. Glad stone verlangten Maßregeln gegen die Türkei als ganz verfehlt ansehe und in seiner überwältigenden Mehr heit hinter Lord Rosebery und seiner Ausfassnna von der Notwendigkeit, das Einvernehmen der Mächte aufrechtzuerhalten, stehe. Ob das englische Volk auch mit den anerkennenden Worten einverstanden sein wird, die der Lord den Fähigkeiten der Deutschen auf technischem und kommerziellem Gebiete vorgestern ge zollt hat, ist eine andere Frage. Leicht wird das Einverständnis mit diesem Urteil den professionellen Deutschenhetzern, wie den „Times", dem „Standard" und anderen Blättern jedenfalls nicht werden. Die gegenwärtige Ruhe in der politischen Dis kussion ist auch nicht etwa durch die Zusammenkünfte des Deutschen und de- russischen Kaisers unterbrochen worden Denn von wenigen Ausnahmen abgesehen, hält die öffentliche Meinung daran fest, diesen Zu sammenkünften eine besondere politische Bedeutung abzusprechen. Selbstverständlich — und, wie nicht bezweifelt werden kann, mit Recht — vertritt man diese Auffassung auch in Frankreich; eine Mißstimmung aber darüber, daß die beiden Kaiser nicht mit einer gewissen Demonstration an einander vorübergefahren sind, klingt doch aus den kargen Worten, die die französische Presse der Kaiser begegnung widmet. Schon daß so wenig Worte von einer Stelle aus ertönen, an der man, wenn man will, jederzeit über wahre Ströme von Worten ver fügt, beweist, daß etwas nicht ganz in Ordnung ist. Uebrigens fährt der russische Freund fort, die Brüder an der Seine über den durchaus friedlichen Charakter des Bündnisses aufzuklären. Denn derbekannte St. Peters burger Offiziosus läßt sich heute wie folgt vernehmen: Jetzt, wo schon einige Zeit seit dem Zarenbesuche in Paris verflossen ist, kann man mit aller Klarheit den Eindruck, den dieses Ereignis in Rußland hervorgerusen hat. fixieren. Die Auffassung, die hier bei dem Eintreffen der ersten Nachrichten über die Pariser Festtage zutage trat, hat sich seitdem nur ver stärkt. Mit Einmütigkeit erblickt d:e öffentliche Meinung Rußlands in dem Pariser Zarenbesucke eine sehr starke Befestigung der Allianz zwischen Rußland und Frankreich. Jedermann hier und iu ganz Rußland erblickt in den Begleitumständen ds Zarenbcsuches in der sranzSsischcn Hauptstadt eine Bestätigung dasür, daß zwischen Rußland und Frankreich nicht nur rin „Rapproche ment" oder eine „Entente", sondern eine wirkliche Allianz bestehe Diese erscheint um so otsicherter, al- der Zar durch die Besuche, die er den Präsidenten der beiden ftonzösischen Kammern abgestatlrt hat, sowie dnrcki sein Ver halten gegenüber den Ministern, dem Präsidenten des Pariser Stadttores und mehreren Abgeordneten in offenkundiger Weise die republikoniiche Regierungssorm Frankreichs anerkannt hat Gleichzeitig mit dieser Auffassung über die Bedeutung des Zarenbciuchs in Paris verstärkt sich aber auch die ursprüngl che Ueberzeugunz, daß derselbe einen durchaus friedlichen Charakier trug und nur zurKrästigung des allgemeinen Friedens beitragen werde Auch die anläßlich der Revue in ChülonS gewechselten Toaste haben an dieser Übcrzcugung nichts geändert Rußland und Frank reich, das ist die übereinstimmende Meinung in allen russischen Kreisen, wollen nur eine friedliche Politik tefolgen, aber sie wünschen, daß ihre nationalen Interessen und Rechte allgemein respektiert werden. Es erscheint über jeden Zweifel erhaben, daß das einzige Bestreben der gegenwärtigen Politik Rußlands dahin geht, alle seine Kräfte zu ausschließlich friedlichen Zwecken zu verw-ndcn. So giebt man sich denn auch in den russischen Regier- uugskreiscn der ernsten Hoffnung hin, daß es gelingen werde, die schwebenden internationalen Fragen, speziell die orientalische, mit durchaus friedlichen Mitteln zu regeln, umsomehr, als nicht nur die kontinentalen Mächte, sondern nunmehr auch England auf dem gleichen Standpunkte wie Rußland zu stehen scheint. Die hohe Befriedigung, welche in Rußland über den glänzenden Empfang, der dem Kaiserpaare in Paris bereitet wurde, sowie über den ganzen Verlauf des Aufenthaltes des Zaren in Frank reich herrscht, gelangt nicht nur in der gesamten russischen Presse ohne Ausnahme, sondern auch spontan seitens des Publikums zum Ausdrucke So geschah es beispielsweise in der letzten Zeit säst täglich, daß das Publikum iu ben Theatern St. Petersburgs und Moskaus das Orchester aussorderte, die Marseillaise und die russische Nationalhymne zu sp eien und die Wiederholung beider unter stürmischem Applaus zwei und bis drei Male verlangte. Auch haben sämtliche zur Zeit hier anwesenden Spitzen der Behörden und sonstigen hervorragenden Persönlichkeiten im Zu sammenhänge mit dem Besuche des Zaren in Frankreich Glück- wunschbcsuche bei dem französischen Okur^v chiUtuire«, Grasen Vauvincux abgestattet. Schließlich mag noch erwähnt werden, daß !ie hiesigen Regierungskreise von ter ruhigen und nüchternen Beurteilung, welche der Pariser Zarenbesuch in der auswärtigen Presse, namentlich in den offiziösen Organen Deutschlands und Oesterrcich-UngarnS fand, sehr befriedigt wncn. Es hat hier einen guten Eindruck hervorgerusen, bah die bezeichneten Organe ihr volles Vertrauen in den friedlichen Charakter der Politik Rußlands und Frankreichs zum Ausdrucke brachten. An Rußlands friedlicher Auslegung des Allianz Verhältnisses hat man nie gezweifelt. Ebenso sicher aber ist es, daß der andere Alliierte über den Fall eben ganz anders denkt! Übrigens fehlt es auch nicht an einem Stimmungs- und Zukunftsbild aus der französischen Hauptstadt selbst; denn der offiziösen „Polit Corr." wird aus Paris berichtet: Die par amentarifche Situation des Kabinetts Moline hat allem Anscheine nach durch den Verlaus deS Zarenbesuches in Paris an Festigkeit zugcnommen. Als Symptom hier für kann u. a der Umstand gelten, daß die sozialistische Gruppe der Kammer ihre ursprüngliche Absicht, au die Regierung eine Interpellation über den Zarenbesuch zu richten, fallen gelassen hat, offenbar weil sic die Besorgnis hegen mußte, daß die über wiegende Majorität eine für die Regierung günstige Tagesord nung aunehmcn würde Um aber nicht allzu inkonsequent zu er scheinen, hatHr.Jaurös beschlossen, seinen prinzipiellen Standpunkt anläßlich der Nachtragssorderung für die Bewilligung der während der Pariser Festtage verausgabten Summen zu entwickeln. Auf diejc Wei e wird er der Notwendigkeit enthoben, ein formelles Tadelsvotum gegen die Regierung zu beantragen. Diese An gelegenheit dürste somit dem Kabinett Möiine keinerlei Schwierigkeiten bereiten, hingegen bieten die finanziellen Fragen manchen Anlaß zu Besorgnissen. Tic Frage der finanziellen Reformen wird zweifellos fehr erregte Debatten herbeiführen. Zunächst wirs cs Aufgabe des Finanzmiuistcrs sein, daß Defizit im Staatshaushalte, weiches sich infolge der Beschlüsse der Finanzkommission ergeben hat, zu beseitigen. Ferner wird er der Kammer ein neues Projekt der Reform der Einkommensteuer vorzulegen Halen. Sein ursprüng liches Projekt der Rentensteuer scheint au'gcgebeu zu sein Jn- foige dieses Zuaeständnisfes an die zahlr.ichen Ge »er der Rentensteuer düijtc cs der Regierung gelingen, eine Majorität um sich zu schien, welche sich gegen den von der radikalen Partei neuerdings beabsichtigten Antrag der Einsührung dec progressiven E ntommensleurr crkläicn wird In allen andren Freuen, wie b.i-pülswc s- bei den Debatten über die ver- ichielcnen Jnttrpellatior.rn, wird de Regicrurg ro. aussichtlich Siegern bleiben Unter diesen Interpellationen befindet sch auch eine solche, w lchc die französische N.gürung auffo den, d>n Arn eine n Schutz angedeihe.< -u lasten, kie Debatte Kunst und Wissenschaft. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 21. Oktober: „Donna Diana". Lustspiel in fünf Akten. Nach dem Spanischen des Don Augustin Moreto von C. A. West. (Neu einstudicrt.) Des fein bewegliche, im höchsten Sinn anmutige Lust spiel des Kaplans von Toledo ist eine der merkwürdigsten Erscheinungen im kosmopolitischen Spielvcrzeichnis der deutschen Bühne. Augustin Moreto y Cavana gehört zu den Dichtern zweiten Ranges unter seinem phantasievollen und poetisch überreichen Volke. Seine Gesamtbedeutung reicht an die des Cervantes, Lope de Vega oder Calderon nicht heran. Gleichwohl ist „Donna Diana" unter inehr als hundert spanischen Meisterwerken, die in Übertragungen und freien Bearbeitungen nach und nach auf unser Theater gelangt sind, das einzige, was sich dauernd, immer wieder kehrend, immer mit gleicher Frische anziehend, gleichen Anteil weckend, von der Zeit an behauptet hat, wo der Wiener Hofburgtheatersekrctär I. Schreyvogel als C. A West das prächtige Stück glücklich bearbeitete „Donna Diana" ist aus dem Dresdner Hostheater zuerst am 10. Februar 1817 ausgesührt worden, hat also seit achtzig Jahren mehrere Generationen von Zuschauern gleichmäßig entzückt und ist auch bei der diesmaligen Neueinstudierung die alte Wirkung nicht schuldig geblieben. Die genaueste Untersuchung der Wandlungen, die auf dem Wege von Toledo nach Wien das spanische „kl ckvscken coo «I cka^äon" in „Donna Diana", die drei Jornadas der spanff' r Komödie in fünf Akte, den schlauen Diener Polilla in den Sekretär Perm umgebildet haben, würde wahrscheinlich ergeben, daß der Bearbeiter just durch seine eigenen Zatyaten und ein taktvolles Verständnis für die Unterschiede soanischen und deutschen Wesens die Lebens kraft des ^gstspiel» erhöht hat. Aus alle Fälle ist „Donna Diana" geeignet, den Begriff de» feineren Lustspiels, de» „Kampfs des Kopfes nur dem Herzen", mitten in allem Schwank- und Posstnzetümwel zu erhalten, cs erweckt in seiner Führung und Steigerung ungetrübte Fröhlichkeit und fordert einen gewißen Adel der Darstellung, der gerade jetzt nicht gering anzuschlagen ist. Die Romantik deS spanischen Werkes ist nur eine äußerliche, der Kern und das dramatische Hauptmotiv von ewig giltigcm mensch lichen Gehalt und voll echter Wärme. Das Lustspiel war gut inszeniert und wurde un gewöhnlich vorzüglich gespielt Die Vertreter der drei Hauptrollen, Frl. Salbach (Donna Tiana), und die Herren Waldeck (Don Cäsar) und Wiene (Perin) wett eiferten, den eigensten Reiz des heitern Streites, der Be siegung weiblicher Sprödigkeit durch männlichen Trotz, mit all' seinen feinen Übergängen lebendig zu verkörpern Frl. Salbach giebt in Donna Diana eine warm belebte Gestalt, in der das allmähliche Übergewicht des Tempera ments, des inneren Glückverlangens über die geistreiche Eitelkeit außerordentlich fein vorbereitet und schließlich hinreißend gespielt wurde. Hr. Waldeck lieh dem Prinzen von Urgel nicht nur den Zauber einer ritterlichen Er scheinung, sondern auch eine Fülle seiner Züge und die volle Beweglichkeit, die zum Doppelspiel einer Nolle er forderlich ist, in der ein leidenschaftlich Verliebter den Kalten und Gleichgiltigen agieren muß Hr. Wiene bringt zu seinem Perin das HouptcrforderniS geistiger Schärfe reichlich mit, ein wenig mehr gute Laune würde einzelne Szenen noch wirksamer gestalten. Auch die Ver treter der übrigen Rollen, die Herren Winds (Don Diego), Dettmer (Don Luis), Leichert (Don Gaston), die Damen Frl Gasny (Donna Fenisa), Frl. Diacono (Donna Laura) und Frl. Tulling er (Floretta) thaten das ihrige zum Gelingen des Ganzen. Frl Tullinger sollte sich in gewißen Stellen erinnern, daß cs sich doch immer um da» Kammermädchen einer katalanischen Prinzessin und nicht einer modernen süddeutschen Baronin handelt. Adolf Stern. Herüber wird jedoch gewiß nur c.ncn akademischen Verlaus Nehmen. Die Anschauung über die „gefestigte" Stellung desKabinettSMoline wird in diescmBericht nicht gerade eine allzu große Bestätigung finden. Von Hrn. Faures bis vor kurzem noch ziemlich dunklerZukunft aber spricht man in Paris nicht mehr. Hier hat der Kuß des Zaren in der That Wunder gewirkt und seinen Empfänger, für ein ge Zeit wenigstens, hoch über die gewöhnliche Sphäre des politischen Streites hinaus gehoben. Tagesgefchichtr. Dresden, 22. Oktober. In Allerhöchster Vertret ung Sr. Majestät des Königs wohnte Se. Excellenz der Generaladjutant Generallieutenant v. Treitschke heute vormittag '-12 Uhr auf dem Johannisfriedhofe in Tokewitz der Beisetzung des am 18. Oktober ver schiedenen König!. Sächsischen GenerallieutenantS z. D. Hohlfeld, Excellenz, bei. Dresden, 22. Oktober. In ihrer heutigen (drei zehnten) Sitzung setzte die evangelisch-lutherische Landesfynode die Beratung des mit dem Erlaß Nr. (» vorgelegten Berichts über den Zustand der Landeskirche fort. Zunächst berichtete S.-M. Super intendent Ino. Or. Schmidt über den Abschnitt V (Äußere Verhältnisse der Kirchengemeinden). Die Debatte, an welcher sich die S M. Geh Rat vr. Wach, Amts Hauptmann Frhr v. Wirsing, Pfarrer Siebenhaar, Kammerherr Frhr. v. Friesen, Superintendent Meyer, Pfarrer Oie. Lehmann, Superintendent I). Harig, geb. Kirchenrat I). Pank, Ritteroutsbesitzer v Carlo witz, Superintendent Merbach, Justizrat Opitz, geh. Kommerzienrat Niethammer und Superintendent Spranger beteiligten und in welcher namens des Kirchenrcgiments Präsident des Landerkonsistoriums v. Zahn und Oberkonsistorialrat Lotichius das Wort nahmen, bewegte sich im wesentlichen um kirchliche Kunst, Kirchenbau und Kirchenheizung. Hierauf be richtete S.-M. Pfarrer Scheuffler über Abschnitt IV (Sittliche Zustände in den Gemeinden). H:eran schloß sich eine lebhafte Aussprache über die Regulative, bc treffend die kirchlichen Ehrenprädikate und die Be gräbnisse von Selbstmördern. An der Debatte be teiligten sich die S.-M. Superintendent Merbach Superintendent Herzog, Pfarrer Mättig, Konsistorialrat' I-ie. Benz, Superintendent Or. Blochmann, Pastor prim- Wetzke, Pfarrer vr. Eckardt, Pfarrer vr. Otto. Über Abschnitt VIV (Vorbereitung auf das geistliche Amt) berichtete S M. Konsistorialrat Dio. Benz. Bei Schluß der Redaktion dauerte die Sitzung noch fort. Deutsches Reich. * Berlin. Beide Kaiserliche Majestäten sind gestern früh 10 Uhr von Wiesbaden nach Cronberg abgereist, wo selbst die Ankunft um 11 Uhr erfolgte Nach herzlichster Begrüßung durch Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich fuhren die Allerhöchsten Herrschaften nach Schloß Friedrichs- Hof. Ihre Majestäten die Kaiserin Auguste Victoria und die Kaiserin Friedrich besichtigten am Nachmittage das alte Schloß, die Stadtkirchc und das Victoria-Pensionat und statteten dem Maler Professor Schrödel einen Besuch ab. Se. Majestät der Kaiser verblieben im Schlosse. Am Abende traten Beide Kaiserliche Majestäten die Rück reise nach Potsdam an — Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich gedachte sich heute zum Besuche des russischen Kaiserpaarcs nach Darmstadt zu begeben. — Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht Ordensver leihungen an Mitglieder der hiesigen russischen Bot schaft, u. a. des Großkreuzes des Noten Adlerordens an den Botschafter Grafen v. d. Osten-Sacken, des Kronen ordens 2 Klaffe an den Botschaftsrat Baron v. Budberg und an den ersten Botschaftssekretär v. Chrapowitzky. — Frhr v. Manteuffel und Genossen haben bei der brandenburgischen Provinzialsynode den Antrag ein gebracht, die Erwartung auüzusprechcn, daß das Kirchen- regiment in stärkerer Weise als bisher der Staatsverwalt ¬ ung gegenüber den Anspruch der Kirche auf die Berufung solcher Professoren sür die evangelisch'theologischen Fakul täten, die in dem Bekenntnis der Kirche stehen, zur Geltung bringen werde. — In der „Nordd Allg Ztg" wird bemerkt, über den Entschluß des Gouverneurs v Wißmann, nicht nach Deutsch-Ostafrika zurückzukehren, sei „an maßgebender Stelle nichts bekannt und nichts über die Dinge entschieden, von denen die Blätter zu berichten wissen " Daß die Entscheidung aber doch wohl so aus- sallen wird, wie behauptet worden ist, kann kaum zweifel haft sein — Der Präsident des Reichstags, Frhr. v Buol- Berenberg, hat dessen 120. Plenarsitzung, die erste nach der Vertagung, auf Dienstag, den 10. Novem ber, nachmittags 2 Uhr, anberaumt und die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Änder ungen und Ergänzungen des GerichlSversaßungsgesetzeü und der Strafprozeßordnung, auf die Tagesordnung gesetzt — Daß die doppelte Lesart des Breslauer Zarentoastes den Anlaß zur Einleitung eines Strafverfahrens wegen verleumderischer Beleidig ung des Ober-Hof- und Hausmarschalls Grafen zu Eulenburg gegeben hat, wird von der „Nordd Allg. Ztg." bestätigt. Das Blatt teilt weiter mit, daß gegen die Urheber des Artikels in der „Welt am Montag", als welche die Journalisten Karl v Lützow und Heinrich Leckert, genannt Larsen, ermittelt sind, gleichzeitig von dem Reichskanzler wegen verleumderischer Belei digung des Staatssekretärs Frhrn. v. Marschall Strafantrag gestellt worden ist, und zwar auf Grund der Thatsache, daß von Lützow und Larsen verschiedenen Personen qegenüber jene den Grafen zu Eulenburg be leidigende Notiz als von dem Frhrn. v. Marschall inspiriert bezeichnet hatten. Gegen Larsen ist von dem Amtsgericht die Untersuchungshaft erkannt und seine dagegen erhobene Beschwerde von der Strafkammer verworfen worden. — Weiter wird noch berichtet, daß -gegen die Berliner „Staatsbürger-Zeitung" wegen eines Artikels „Zum Kapitel Offiziöse Preßmißwirtschaft" Strafantrag wegen Beleidigung des Staatssekretärs Frhrn. v. Marschall und anderer Beamten des Auswärtigen Amts gestellt worden sei — Wenn, wie neulich auf dem Kommerse zu Ehren des 75. Geburtstages des Geh. Nats Dr. Virchow, Deutschland als das Land der Kasernen und Panzerkreuzer bezeichnet und der Jubilar deshalb ge feiert wurde, weil er dasür sorge, daß Kunst und Wissen schaft und Bildung in Bezug auf staatliche Fürsorge nicht gar zu kurz kommen, so erhält man den Eindruck, als ob die Ausgaben sür unser Heerwesen in unangemessener Weise sich vermehrt hätten, die für Kultus und Unterricht aber stagnierten. In Wirklichkeit sind jedoch, wie die „Berl Pol Nachr" Nachweisen, seit Errichtung des Reiches die dauernden Ausgaben fürKultus- und Unterrichtszwecke in ungleich höherem Maße als die für Heeres- und Marinezwecke gewachsen Denn während der Etat des preußischen Ministeriums für Kultus, Unterricht und Medizinalwesen vom Anfang der 1870er Jahre bis zum Jahre 1895/96 um rund 500 Proz sich erhöht hat, die Ausgaben für diese Zwecke sich also etwa versechsfacht haben, ist seit Ablauf des drei jährigen Pauschquantums der Bedarf für die dauernden Ausgaben des Reichsheeres nur von 270 auf 172 Mill Mark, d. h. um etwa 75 Proz. gestiegen Aber auch das Ordinarium des Marineetats ist in diesem Zeiträume, ob wohl in demselben unsere Flotte sich erst aus den kleinsten Anfängen zu entwickeln hatte, nur von 16,7 aus 55,2 Millionen, also um etwa 230 Proz. gewachsen Diese Zahlen erscheinen aber erst in ihrem richtigen Lichte, wenn man bedenkt, daß in diesem Zeiträume auch die Bevölker ung Deutschlands von rund 42 auf rund 52 Millionen Köpfe gestiegen ist. Die dauernden Ausgaben für Heeres zwecke betrugen daher 1874 beinahe 6,7 M. aus den Kops der Bevölkerung; sie waren 1895/96 auf knapp über 9 M auf den Kopf, mithin um nicht voll 34 Proz. gestiegen. Schlagworte der eingangs erwähnten Art be stehen, wie man sieht, die Prüfung an der Hand der Thatsachcn nicht — Hr Dr. Arendt bestreitet in seinem „Deutschen Wochenbl." die Darstellung, welche Ministerialdirektor Dr. Kayser von der Verhandlung mit ihm über Dr. Peters gegeben hat; er schreibt: „Da die Verhandlungen zwischen uns unter vier Augen geführt wurden, so glaubte Dr. Kayser augenscheinlich, daß ich seine Behauptungen Tie Göttinnen der Germanen. Hr. Geh. Nat Prof. Dr. Felix Dahn aus Breslau hat kürzlich in Berlin vor einer von mehreren hundert Damen und Herren besuchten Versammlung einen sehr beifällig aufgcnommcncn Vortrag über „Die Göttinnen der Ger manen" gehalten. Gegen den materiellen Inhalt dieses Vortrags, der „längst widerlegte Irrtümer" gebracht habe, nimmt jetzt Prof. Dr. Siecke in der „Post" das Wort. Er wendet sich zunächst gegen das, was Dahn über die Ent stehung des Glaubens an viele Götter, dessen Ouclle er in den Bedürfnissen der Phantasie findet, gesagt hat. Gewiß hat die Phantasie bei Bildung und Ausgestaltung der Götter und Göttinnen eine Nolle gespielt; aber nicht, weil ein Bedürfnis der Phantasie befriedigt werden sollte, wurden Götter erdacht, sondern die von allen, auch den phantasielosesten Menschen geschavtcn und in die Sinne fallenden Naturmächte und Naturwunder, welche jeder wahrnehmen mußte, an deren Vorhandensein kein mit gefunden Sinnen begabter Mensch zweifeln konnte, wurden, soweit die Auffassung und die Phantasie der völlig un geschulten und selbst der einfachsten physikalischen, astronomi schen lind geographischen Kenntnisse entbehrenden Menschen eben reichte, äufgcsaßt und sprachlich ausgedrückt und be schrieben. Was Cäsar von den Germanen sagt (Gall. Krieg 6,21): „Als Götter nennen sie nur die, welche sie sehen und durch deren Macht sie offen unterstützt werden, nämlich die Sonne, das Feuer (Vuleanum) und den Mond; von den übrigen haben sie nicht einmal gerüchtweise etwas vernommen" — das gilt, was die Art der Entstehung betrifft, wörtlich von den Göttern der Jndogermanen überhaupt. Ebensowenig ent stand der Glaube an Göttinen deshalb, weil die Phantasie oder das menschliche Gemüt sich nach einer weiblichen Göttergestalt sehnte, der er manche Herzensangelegenheitcn lieber anvertraurn mochte al» einer männlichen Gottheit; sondern weil manche der geschauten und empfundenen Natunnächte von der Sprache, d. h allerdings den mit Phantasie begabten Redenden, als weiblich gefaßt worden waren, wurde ihnen mit der Zeit ein Charakter beigeleat, wie ihn menschliche Frauen haben. Der Ausgangspunkt und der Entwickelungsgang ist mithin ein wesentlich anderer. Tie Behauptung des Hrn. Geh. Nat Tahn, daß alle Religion die Gottheit anthropomorphisch aussasse, muß be stritten werden. Das höhere Altertum nahm durchaus keinen Anstoß daran, die Gottheit auch in Tiergestalt auf zufassen, wenn der nach deutlicher Bezeichnung ringende Verstand damit ein passendcs Bild gewonnen zu haben glaubte. Als man in der Folgezeit daran Anstoß nahm, da wurden die Tiere, welche vorher geradezu Bild der göttlichen Macht waren, zu ihren Beigaben (sogenannten Symbolen) degradiert: Zeus war ehemals selber ein Stier und ein Adler, Here-Juno eine Gans, Frcyr und Freyja goldborstige Eber, ehe diese Tiere zu ihren Reit tieren oder Begleitern herabsanken Die eine große germanische Göttin nun, die es ge geben hat und die unter so verschiedenen Namen überall als ein und dieselbe auftritt, war keineswegs „die Erde als Mutter alles Lebens und als Grab alles Lebens"; diese althergebrachte Auffassung führt zu keinem irgendwie befriedigenden Verständnis der germanischen Mythologie. Die Schuld an der Entstehung des verbreiteten Irrtum« trägt TacituS, der die Göttin NerthuS allerdings für „die Mutter Erde" (^vi4bum ick est Torrum mntrsm, Osrm. o. 40) erklärt Allein diese interpretativ lioman» ist ein offenbarer, dem Ausländer, der außerdem von vergleichender Mythologie nichts verstand, leicht zu verzeihender Irrtum Wer an dem Buchstaben der römischen Schriftsteller fest hält, der suche sich doch auch mit der oben angeführten bestimmten Angabe Cäsars abzufinden, daß die Germanen Götter nur die Sonne, das Feuer (Vuloanum) und den Mond nannten Sonne und Mond sind nun in der That die beiden Hauptgötter der Jndogermanen gewesen Ihre Verehrung stand vor der anderer Götter derartig im
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