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Mchmtz-AitW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichnc in Dippoldiswalde. Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei ter bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eiilge- fandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Die „Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 Al. 26 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, eimnonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern . 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. Nr. 43. Sonnabend, den 11. April 1885. 51. Jahrgang. England und Rußland. Acht Tage lang hatte es den Anschein, als wenn sich zwei der mächtigsten Reiche der Erde, England und Rußland, wegen der Grenzen Indiens in eine furchtbare Fehde stürzen würden. Erfahrene Politiker glaubten aber von Haus aus nicht recht an den Aus bruch des gewaltigen Zweikampfes, weil der Streit um Indien noch nicht recht reif ist und erst die Etappen der beiden großen Gegner sich in Centralasien zu Ge sicht bekommen haben; wer ein gutes Gedächtniß hat, erinnert sich auch daran, daß auch in der letzten Türkenfrage England und Rußland schon das Schwert gegen einander gezückt hatten, aber doch nicht los- schhlgen. Es liegt in dem Kampfe für beide Gegner eben ein zu großer Einsatz und ein zu kleiner Ge winn. England kann in einem Kriege mit Rußland sein ganzes asiatisches Ansehen verlieren und Rußland kann durch einen langwierigen Krieg ebenfalls in tät liche Verlegenheiten gebracht werden. Deshalb wird in London wie in Petersburg die schon geschwungene Streitaxt immer wieder vergraben und man sucht sich noch einmal zu versöhnen. So wird es auch diesmal mit der afghanisch-turkmenischen Grenzfrage werden. Die lange erwartete Antwort Rußlands auf die eng lische Note ist in London eingetroffen, und sie lautet entgegenkommender, als man erwartet hatte. Das Petersburger Kabinet willigt ein, die streitige Zone auszudehnen und der Arbeit der Grenzkommission einen größeren Spielraum zu gewähren. Nach der „Pall Mall Gazette" hat Rußland sogar die Vorschläge Granville's angenommen, nach denen die Südgrenze nicht südlicher als Kara-Zelias und Chaman-i-Baid und die Nordgrenze nicht nördlicher als Schir-Tepe am Heri-Rud und Saripazi am Murghab gezdgen werden soll. Zwischen diesen beiden Linien, von denen die erste die von Rußland beanspruchte neue Grenze zwischen Turkestan und Afghanistan bezeichnet, die zweite ebenfalls etwas südlich von der bisherigen Grenze liegt, befindet sich das Gebiet, über welches die englisch-russische Kommission zu entscheiden haben wird. Die Antwort Rußlands bedeutet noch nicht, daß der Grenzkonflikt beigelegt ist, aber sie beschränkt denselben auf einen bestimmten Raum. Rußland ver pflichtet sich, auf keinen südlich von Kara-Zelias und Chaman-i-Baid gelegenen Punkte Anspruch zu erheben. Das ist immerhin ein Gewinn. Nicht gerade für Eng land, obwohl die englische Negierung sich stellen wird, als habe sie einen Erfolg errungen; denn Rußland wird wahrscheinlich in der gemeinsamen Grenzkommis sion darauf bestehen, die Grenze Turkestans bis an die äußerste, in dem gegenwärtigen Uebereinkommen angegebene Linie vorzuschieben, und England wird ebenso wahrscheinlich nachgeben, so daß das Ende des Streites einen neuen nicht unbeträchtlichen Gebietszu wachs für Rußland bringt. Das aber ist es, was man in Petersburg will. Man zieht es dort vor, Asien stückweise zu verspeisen, und statt gleich auf Herat zu marschiren und England zu einem Kriege zu nöthigen, dem es wegen seiner Verträge mit dem Einir von Afghanistan und der Sicherheit Indiens kaum ausweichen könnte, begnügt man sich mit einem Streifen Landes, den man in aller Ruhe und ohne einen Schuß zu erwerben vermag. Ein Provitchen springt für Rußland selbst im ungünstigsten Falle heraus, da Sariyazi und Schir-Tepe südlich von der gegenwärtigen, allerdings ziemlich willkürlich von den englischen Kartographen angenommenen Grenze liegen. England hat also keinen besonderen Grund, sich über die Verständigung zu freuen, die erstens nichts weiter betrifft, als die genaue Definition des Streitobjektes, und zweitens die Ruffen ganz sicher, wenn auch viel leicht nur um wenige Meilen, näher an Herat heran bringen wird. Aber Europa hat einige Ursache, mit der Aussicbt auf eine friedliche Beilegung der afgha nischen Grenzsrago zufrieden zu sein. Ein englisch russischer Krieg könnte nicht ohne schwere Rückwirkungen und Erschütterungen in unserem Weltheile geführt werden und deshalb vernimmt man es bei aller Gleich giltigkeit dagegen, ob die Nordgrenze Afghanistans künftig da oder dort sein wird, mit einem gewissen Behagen, daß die Kabinette von Petersburg und Lon don sich einander nähern und beide der Ansicht zu sein scheinen, es sei besser, die Sache am grünen Tische statt mit dem Schwerte auszutragen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Kirchenconcerte, die seit 1870 alljährlich, aber auch schon früher bisweilen am Charfreitag in unsrer Stadlkirche aufgeführt worden sind, werden nunmehr schon zu einem beinahe unerläß lichen Theil unsrer Charfreitagsfeier gerechnet. Bildet doch auch nichts einen würdigeren Uebergang von der Stille des Charfreitags zum Jubel des Ostern. Von diesem Gesichtspunkte aus schien auch das Programm zu dem diesjährigen Kirchenconcerte aufgestellt worden zu sein. Die 1. Nummer, Bachs Kantate: „Gottes Heil" war, besonders in dem Baßchor: „Bestelle dein Haus, denn du mußt sterben!" eine Mahnung an den Tod. Nr. 2, der 22. Psalm von Richter war in den Worten: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" ein Schrei im Todeskampf. Wurde nun in der Sopran arie aus „Paulus" von Mendelsohn: „Sei getreu bis in den Tod", dem mit dem Tode Ringenden Trost und Muth zugesprochen, so steigerte sich in dem Schluß chor diese Todesfreudigkeit bis zum Siegesjubel des Lebens. Anfang und Schluß des Concerts bildete je ein Orgelsatz. Die Sopransoli wurden von Frau Concertmeister Kröber mit weicher, reiner, herzge winnender Stimme aufs beste ausgeführt. Unter den 3 Nummern stellte besonders die Kantate von Bach an Sänger und Musiker große Anforderungen. Um somehr muß man die Leistungen unseres unter der Direktion des Herrn Kantor Hellriegel stehenden Kirchenchores, welches von einigen Damen und Herren unterstützt wurde, anerkennen. Auch das Musikchor, das nur durch einen auswärtigen Musiker verstärkt war, wurde seiner Aufgabe gerecht. Da an den Ein gängen der Kirche nur freiwillige Gaben entgegen genommen wurden, so war auch Unbemittelten Ge legenheit geboten, sich an edler Musik zu erfreuen und zu erheben. Daher war auch das Schiff der Kirche bis auf den letzten Platz mit Zuhörern aus Stadt und Umgegend gefüllt. — Herr Musikdirektor Hoppe hat am 4. April sein neu errichtetes „Flora-Bad" der öffentlichen Be nutzung übergeben. Da mit der Errichtung eines Warmbades in unsrer Stadt einem längst gefühlten Bedürfniß nunmehr abgeholfen ist, so steht eine rege Frequenz für das Etablissement zu erwarten. Dasselbe ist höchst komfortabel eingerichtet und dürfte allen An sprüchen genügen, auch ist der Preis für die Bäder ein sehr niedriger. Die Badezelle Nr. 1 weist ein sehr schmuckes, mit Fliesen ausgelegtes Bassinbad auf, während in den Zellen 2, 3 und 4 schöne Zinkwannen Aufstellung gefunden haben. Die Zelle 4 besitzt zwei Wannen und ist mehr für den Gebrauch der arbeiten den Bevölkerungsklaffe berechnet, weshalb auch der Preis für ein Bad in diesem Raume auf nur 30 Pf. festgesetzt worden ist. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß Herr Hoppe auch Abonnementskarten ausgiebt, mit welchen eine wesentliche Erniedrigung der Bäder preise verbunden ist. Wir empfehlen das Bad dem hiesigen Publikum zu fleißiger Benutzung und wünschen dem Unternehmen ein gutes Gedeihen. k. — Infolge des am 8. April, früh gegen '/«U Uhr, in dem Erbgerichte zu Dittersdorf ausgebrochenen Brandes ist das zu letzterem gehörige Wohnhaus mit Tanzsaal bis auf Umfassungsmauern und dem Anbau, die Scheune aber total niedergebrannt, während das Stallgebäude und der Wagen- und Holzschuppen völlig unversehrt geblieben sind. Weder der Besitzer, Herr Gemeindevorstand Mende, noch auch dessen Gasthofs pachter, Herr Esser, haben versichert und beide daher beträchtliche Verluste zu beklagen, indem bei der höl zernen Bauart der Gebäude nur wenig zu retten ge wesen ist. Der Brandstiftung verdächtig ist zunächst zwar ein in Dittersdorf dienender Kneafi aus Glas hütte gewesen; derselbe hat indeß nachträglich noch sein Alibi nachzuweisen vermocht und haben daher die zeither gepflogenen Erörterungen zu einem bestimmten Resultate betreffs Ermittelung der Entstehungsursache nicht geführt. Neben der Ortsspritze und einigen Handdruckspritzen von Dittersdorf sind am Brandplatze noch erschienen: die Spritzen der Gemeinden Börnchen, Berthelsdorf, Spritze der Feuerwehr von Glashütte und die Spritzen der Gemeinden Neudörfel, Walters dorf, Stadt Lauenstein und Kommun Döbra, welche bis auf die letztgenannte insgesammt in Thätigkeit ge treten sind und mit Erfolg gewirkt haben. — Anst-ckende Thierkrankheiten sind im ab gelaufenen Monat in der Amtshauptmannschaft Dip poldiswalde nicht aufgetreten. Altenberg. Der Bergarbeiter Clemens Weichelt ist am 9. April, früh gegen 5 Uhr, in dem hiesigen Zwitterstockswerke tödtlich verunglückt. Er war an einer sogenannten Rolle beschäftigt, um den Förder hund zu füllen, bei welcher Arbeit ihn eine große rollende Masse Gestein traf und den Kopf fast zer schmetterte. Weichelt starb mehrere Stunden darauf und hinterläßt eine Wittwe und ein 12 Wochen .altes Kind; er wird allgemein betrauert. Frauenstein, 9. April. Bei der heute im Gasthause zum „goldnen Stern" hier stattgehabten Rekrutirung wurden von 175 Gestellungspflichtigen 55 Mann ausgehoben, einschließlich der zum Ersatz bestimmten Mannschaften und ausschließlich der Zurück gestellten. — In Lauenstein sind gestern von 170 Mann 51 ausgehoben worden, einschließlich der Er satzreservisten und ausschließlich der zurückgestellten Mannschaften. — Sicherem Vernehmen nach findet in 14 Tagen das zweite vom Freiberger Studtmusikchor zu gebende Abonnements-Concert im Rohland'schen Gast hause statt. Die vorzüglichen Leistungen des erwähnten Chores stehen noch in frischem Andenken. Hoffentlich wird das zweite Concert eben so überaus zahlreich besucht wie das erste. Näheres über die Zeit, wenn dasselbe stattfindet, wird seiner Zeit in diesem Blatte als Inserat bekannt gegeben werden. — Vorgestern zog bei kalter Temperatur das erste Gewitter, begleitet von heftigem Graupelwetter, über hiesige Stadt. Heute hatten wir anhaltendes Negenwetter, welches von den Landleuten sehr gern gesehen wird, da es für die Saaten und Wiesen un gemein nutzbringend ist. — Im ersten Quartal dieses Jahres wurden in der Parochie Frauenstein 13 Paar aufgeboten und 12 hier getraut; 19 Kinder wurden geboren (8 Knaben, 11 Mädchen), darunter 3 außereheliche und 1 todtes Mädchen. Ferner starben während dieser Zeit 17 Per sonen. Dresden. Der König und die Königin haben ihre Reis; nach Italien am 9. April angetreten. Das erste Nachtquartier wird in Luzern, das zweite in Lugano gehalten werden. . — Die Besitzer der unterm 11. Juli 1874 aus gefertigten Reichskassenscheine seien nochmals daran erinnert, daß dieselben nur noch bis Ende Juni d. I. bei einer der Reichskaffen und der Kasse des Bundesstaates in Zahlung angenommen, oder bei der Reichshauptkaffe gegen baares Geld eingelöst werden. Vom I. Juli d. I. ab ist nur noch die preußische Kontrole der Staatspapiere in Berlin ermächtigt, solche Scheine anzunehmen und einzulösen.