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Vesper in der ArenMrllie. ^ Dresden, Sonnabend, den 16. Sept. 1893, Nachm. 2 Uhr. I. Konstück für Orgel (L.-mo1I) von Niels W. Gade. 2. Motette für sechsstimmigen Chor von Johannes Brahms. Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen, und das Leben den betrübten Herzen, die des Todes warten und kommt nicht, und grüben ihn wohl aus dem Verborgenen; die sich fast freuen und sind fröhlich, daß sie das Grab be kommen. Und dem Manne, des Weg verborgen ist, und Gott vor ihm denselben bedecket? Lasset uns unser Herz sammt den Händen aufheben zu Gott im Himmel. Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben. Die Geduld Hiob habt ihr gehöret, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen; denn der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer. Mit Fried' und Freud' ich fahr' dahiu, in Gottes Willen, getrost ist mir mein Herz und Sinn, sanft und stille. Wie Gott mir verheißen hat: der Tod ist mir Schlaf worden. Gemeinde: Gesangbuch Nr. 598, I. 2. O süßes Wort, daß Jesus spricht zur armen Wittwe: Weine nicht! Es komme nie aus meinem Sinn, zumal wenn ich betrübet bin. Es wird gered't nicht leis in's Ohr, vielmehr ganz laut am freien Thor, so daß es höret Jedermann und sich darüber freuen kann. Vorlesung. 4. Sologesang von Jos. Rheinberger, vorgetragen von Frau Bertha Schlegel, Königl. Kirchensängerin. Herr, du mein Gott! Du hast erhöht mein irdisch Haus, da ich betete um Erlösung von dem Tode. Ich rief den Herrn an, den Vater meines Herrn, daß er mich lasse nicht ohne Hülfe am Tage meiner Trübsal. Zur Zeit, da mich verfolgen die Stolzen, will ich loben deinen Namen ohne Unterlaß und ihn preisen mit Danksagung. Herr, du mein Gott, du hast mich erhört, hast mich erlöset aus Gefahr und bittrer Noth, hast errettet mich von sichrem Tod. Glückselig, die in Unschuld gehn und wandeln im Gesetz des Herrn; darob will ich lobpreisen dich, mein Herr und Gott. ii. Zwei geistliche Hhorlieder vonGottfr.Aug.Schurig(f188l). a) Trostlied. Mag auch die Liebe weinen! Es kommt ein Tag des Herrn; es muß ein Morgenstern nach öder Nacht erscheinen. Mag auch der Glaube zagen! Ein Tag des Lichtes naht; zur Heimath führt sein Pfad, aus Dämm'rung muß es tagen. Mag Hoffnung auch erschrecken! Mag jauchzen Grab und Tod! Es muß ein Morgenroth die Schlummernden erwecken. b) Wenn Alle untreu werden, so bleib' ich dir doch treu, daß Dankbarkeit auf Erden nicht ausgestorben sei. Für mich umsing dich Leiden, vergingst für mich im Schmerz, d'rum geb' ich dir mit Freuden auf ewig dieses Herz! Oft muß ich bitter weinen, daß du gestorben bist, und Mancher von den Deinen dich lebenslang vergißt. Von Liebe nur durchdrungen, hast du so viel gethan. Und doch bist du verklungen und Keiner denkt daran. Du stehst voll treuer Liebe noch immer Jedem bei, und wenn dir Keiner bliebe, so bleibst du dennoch treu; die treuste Liebe sieget, am Ende fühlt man sie, weint bitterlich und schmieget sich kindlich an dein Knie. Ich habe dich empfunden, o lasse nicht von mir; laß innig mich verbunden auf ewig sein mit dir! Einst schauen meine Brüder auch wieder himmelwärts und sinken liebend nieder und fallen dir an's Herz. Druck «on Lievsch L Reichardl in Dresden.