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Donnerstag, 24. KM 19S« Gründung der „Konservativen Bolkspartei" Einigung zwiMn Milan und AnirannS vradtinolckiing anisror Sorltoor SobrltUaltnog Berlin» SS. Juli. Die Berhandlungen der aus der Deutschnationalen Bolköpartci ausgetretenen Abgeordneten «ut der Bolkskonservativen Bereinigung für Sammlung aller konservativ eingestellten Kräfte in einer neuen ge meinsame« Organisation» die vom Reichöminister Trevi ra n«S, dem Abgeordneten von Lindeiner-Wilda« einerseits nud Graf Westarp» Dr. von Drqander anderseits geführt wnrdcn, haben heute zu einer völligen Einigung und zur Gründung der „Konservativen Volkspartei" geführt. Die neue Partei tritt mit einem Kründungsausrus an die Ocssentlichkeit. Die Leitung hat rin Ausschuß übernommen» der aus den Herren Haber mann» von Samccke» von L e t t o w - R o r b e ck, »ou Lindeiner-Wildau, Dr. Rademacher und Treviranus besteht. Daneben besteht ein Betrach zu dem Dr. von Drqander. Irl. vonGierke,Dr. Hoetzsch, Lambach, Dr. Lejeune-Jung» Graf Schulenburg- Lressow und Gras Westarp gehören. Die Geschäftsstelle -er Konservativen Bolkspartei befindet sich in den Räumen »er bisherigen Geschäftsstelle der Bolkskonservativen Ber einigung. In dem Gründungsaufruf der neuen Konservativen Bolkspartei heißt cs unter anderem: „Die Dcutschnattonale Bolkspartei hat den wirksamen Ein satz konservativer Kräfte verhindert und droht, die Herrschaft der Linken zu einer dauernden zu machen. Wir lassen deutsche Volkskraft nicht verkümmern und damit die Boraussctzung innerer und äußerer Befreiung. Im Bewußtsein der Ge fährdung von Staat und Wirtschaft sind wir entschlossen, in staatspolitischer Gemeinschaftsarbeit und Aufgabenteilung mit wesensverwandtcn Parteien und Gruppen in Stadt und Land gusammenzuwirken. Wir find überzeugt, daß sich Parteien nicht nur zu be kämpfen, sondern im Blick aus das Ganze zu ergänzen haben. Die Lösung der großen «ns gestellten Ausgaben setzt innere Erneuerung voraus. Aus den lebendige« Quellen des Christentums wollen wir sie in friedlichem Wettstreit der Bekenntnisse gewinnen. — Soziale Klassensonderung von oben und unten wolle» wir überwinden. Das notwendige Streben des einzelnen nach wirtschastlichem Erfolg dars Ration und Staat nicht schwächen. Selbstverwaltung durch die Nächstbernfenen soll den Staat von täglicher Einmischung in Rechte und Pflichten des Staatsbürgers fcrnhalten. So wollen wir die Autorität des Staates und der Staats- dicncr wieder Herstellen. Unser Staat soll wieder ein wehr hafter Staat werden. Hierzu müssen in der Staatsführung konservative Kräfte so zur Geltung kommen, daß der Staat fähig wird, im Kampfe um die deutsche Freiheit in der ganzen Welt den gesammelten Freiheitswillen einer geeinten Nation einzusetzen. Deshalb rufen wir auf zur Gründung der Kon servativen Volkspartei." An eine engere Verbindung mit der Christlich- nationalen Bauern- und Landvolkpartei ist offenbar nicht gedacht. Zwar wird die neue Partei mit der Landvolkpartct -usammenarbcttcn, aber an eine organisa torische Verschmelzung, auf die man vereinzelt gerechnet hatte, ist nicht gedacht worden. Beachtenswert ist auch, daß Gras Westarp dem engeren Vorstand der neuen Partei nicht angehören wird, sondern, wie er ausdrücklich fest stellt, lediglich dem weiteren Vorstand angehören will, um vor allem die Zu sammenarbeit und die innigen Beziehungen zwischen der neuen Konservativen Bolköpartci und der Partei der Chrtst- ltchnationalen Bauern zu pflegen. — Zum Vorsitzenden der neuen Partei dürfte, wie es heißt, der Reichöminister Trevtranus gewählt werden. Ziele un- Aufgaben -er neuen Partei Erklärungen Graf Westarps, Schiele- un- Treviranus Berlin, SS. Juli. Ucbcr die Anlässe, die zur Gründung der neuen Konservativen Bolkspartei führten, und die Ziele, die sich die neue Partei gestellt hat, sprachen heute abend vor einem geladenen Kreise Gras Westarp, Reichöminister Treviranus und Neichscrnährungsministcr Schiele. Graf Westarp führte aus» daß er die Bildung einer berufs ständischen Landvolkpartct zwar nicht für richtig halte, daß er aber angesichts der gegebenen Tatsachen und im Interesse der Staatspolitik diese Entwicklung für notwendig halte und sie voll und ganz billige. Wenn er den schweren Ent schluß gefaßt habe, die Neugründung der Konservativen Volks- partct mttzumachen, so geschehe dies im Interesse der Zu sammenfassung der konservativen Bevölkerung. Er hoffe, daß die neue Partei in engster Fühlung mit der Land- volkp artet bleiben werde. Bezüglich einer Zusammenarbeit mit der Volks« Partei, zu der Dr. Scholz bekanntlich aufgcsordert hat, erklärte er, daß er ein praktisches Zu sammengehen mit der Bolkspartei und anderen Parteien für unmöglich halte, da die neue Kon servative Partei eine ansgesprochene Rechtspartei sein müsse. Er halte aber Vereinbarungen, die einen KampfderPar- teien gegeneinander unmöglich machten, besonders wenn auch politische Abmachungen für den neuen Reichstag ge troffen werden, für wünschenswert und möglich. Im übrigen gelte es, die politischen Gedanken Hinben- burgS durchzusctzen und der Landwirtschaft und dem Osten die notwendige Hilfe zukommen zu lassen. Reichsminister Schiele erklärte sodann: Die Ursache der Trennung des Landvolkes von Hugcnberg sei, daß sich zwei Welten gegenüber- gestanden Hütten. Es handele sich darum, ob man bas zum Leben Notwendige sichern oder Idealen nachsagen wolle. Hugen- berg wolle Abstand von den Problemen haben und ihnen nicht auf den Leib rücken. Durch diese Enthaltung liefere er aber dem Marxismus die billigsten Waffen. So habe er die Land wirtschaft um der Selbsterhaltung willen gezwungen, sich selb ständig zu machen. Der Idealismus der National sozialisten sei nicht zu verkennen. Aber mit ihnen zöge die Gefahr einer Romantik in die Politik ein, die sich Überschläge. Er befürchte, daß bei den Beziehungen zwischen den Deutschnationalen und Nationalsozialisten die letzteren sich als die Stärkeren erweisen würden. Reichsminisler Treviranus betonte, daß nach elf Jahren des Ringens um die bessere Ge sinnung und die größere Grundsatzsestiakeit die Zeit ge kommen sei, den konservativen Gedanken zum Einsatz zu bring?«. Man könne sich nicht mit der Verneinung be trüge»» sondern müsse mit Hand «»legen. Sein Staat könne ohne konservativen Gegenpol bestehen. Die Geschichte lehre im übrigen, daß in Zeiten der Not man sich immer auf die konservativen Kräfte als die letzte Rettung besonnen habe. Nun gelte es, eine Mehrheit für den Generalfcld- marschall und für seine politischen Ideen zu schassen. Es sei grotesk, daß die Partei, die 1828 mit dem Aufruf in den Wahlkampf gezogen sei: „Mehr Macht dem Reichs- Präsidenten!" dem Reichspräsidenten in dem Augenblick in den Rücken gefallen sei. als Männer im Kabinett diese Idee hätten durchführen wollen. Das verstünde im Lande niemand. Es sei nicht zu verkennen, daß die Schaffung einer neuen Partei angesichts der wirtschaftlichen Lage schwierig sei. Aber Staatspolitik müsse vor Jnteressenwünschen gehen. Es sei schwierig gewesen, gegenüber den Parteiführern die Wünsche des Reichspräsidenten in dem Kabinett Brüning durchzusehen. Aber die Männer deS Kabinettes seien entschlossen, durchzu stehen bis zu dem Tage, da die ihm gestellten Aufgaben ge löst seien. Bor -er -eutfchnationalen Gntfchei-unv vradtmolänng nnioror vorUnar SvbrUUoltnng Berlin, SS. Juli. Am morgigen Donnerstag tritt der Parteivorstand der Deutschnationalen Bolkö» Partei, am kommende« Freitag die dcutschnattonale Partetvertretnng zusammen, nm über die dnrch die Rcichstagsanslösung geschasfene Lage zu berate«. Wie mir hören, werden Partcivorstaud «nd Parteivertretnna ein Ber» bot beschließen, Angehörige der von der Dentschnattonalen Partei adgcsplitterten Gruppen irgendwo ans dentschnatio» naleu Listen ausznstelleu. Im übrigen wolle« die Deutsch- nationalen Landwirtschaftsvertreter an aussichts reiche« Stelle« kandidiere» lassen. Die Kandidatenlisten werde« im übrigen vielleicht insofern eine Ueberraschung bringen, als die Parteiführung beabsichtigt, ein besonders positives Interesse auch hinsichtlich der Kandidatur der junge« Generation z« begründe«. AuStrttle aus »er SniMimllsimIen Bolkspartei Berlin, 28. Juli. Der HauptgeschäftSftthrer des Vereins deutscher Eisen, und Stahlindustrteller, Dr. R e i ch e r t. hat an Gehetmrat Hugenberg folgendes Schreiben gerichtet: „Hier durch möchte ich Ihnen Mitteilen, baß ich aus der Deutfchnatio- nalen Partei auSschetde. da ich nicht in der Lage bin, eine Mit verantwortung für die von Ihnen verfolgte Politik zu über nehmen." Ferner ist der bekannte General und Adjutant des früheren Kronprinzen Gras v. d. Schulenburg au» der Deutschnationalcn ÄolkSpartei ausgetreten. Schließlich hat tagSabgeordnet« Hampe seinen Austritt erklärt, tritt erklärt. > Ktn-tztibtirs als Führe« Mit dem schrecklichen Unglück tn Koblenz hat die sq glänzend verlaufene Rhetnfahrt des Reichspräsidenten einen vorzeitigen und traurigen Abschluß bekommen. Man versteht die Enttäuschung der Städte Trier und Aachen über die Ab sage, die ihnen Hindenburg vorläufig erteilen mußte, aber sie werden mit dem ganzen deutschen Volk diesen Entschluß des Staatsoberhauptes richtig verstehen und würdigen, als das äußere Zeichen seiner mitfühlenden Trauer über die Katastrophe auf der Koblenzer Pontonbrücke. Das Wort tragisch ist bei unS schon zu abgegriffen, um das Erschütternde dieses Unglücks und seiner Folgen zu kennzeichnen. Da sind Tausende mit hochgestimmten Herzen von einer Feier zurückgekehrt, die durch die Anwesenheit des geliebten Füh rers in Krieg und Frieden ihre höchste vaterländische Weih« erhalten hatte, und mit einem Schlage wurde der befreite Rhein, dem dieses Freudenfest galt, zu einer Stätte des Schreckens. Ein Krachen und Stürzen, Hilferufe und Ver zweiflungsszenen in finsterer Nacht, und am Ende... 48 Tote im Leichenhaus. Es ist ein böses Walten des Schicksals, daS mit würgender Hand in die Besreiungsfeter eingriff und es uns nicht vergönnte, die Hochstimmung dieser schönen Tage bis zur Neige auszukosten. Aber wir wollen uns durch den Mißklang, den ein« höhere Macht htnetngetragen hat, doch den bleibenden vaterländischen Gewinn dieser Rhetnfahrt Htnden- burgs nicht rauben lassen. Denn was dort vor sich gegangen ist. war mehr als Triumphsahrt, mehr als ein Volksfest mit Begeisterung. Jubel, Kinderjauchzen, Blumenregen und Feuerzauber. Es war darüber hinaus daS Bild eines besseren Deutschland, wie wir es tn unseren kühn- sten Träumen ersehnen. Wie ganz anders als das Bild, daS wir im öffentlichen Leben täglich vor Augen haben und daS uns alles verleidet! Weggefegt war der Parteistreit mit seinen üblen Begleiterscheinungen, verschwunden die deutsche Zwietracht, und an ihrer Stelle herrschte die Einigkeit der Volksgemeinschaft, deren Verkörperung und Wegbereiter eben Htndenburg ist. Zwei Ereignisse haben tm Zusammenwirken dieses Wunder geschaffen: die Befreiung des Nheinlandes von der Schmach der Fremdherrschaft an der Einzug des Mannes, in dessen Persönlichkeit sich die besten Traditionen des alten Reiches mit dem Aufbauwillen im neuen Staat zu schönster Harmonie vereinigen. Wenn wir es selbst nicht erkennen würden, so könnten wir es vom Ausland erfahren, baß in diesem Zusammenklang aller Be- fretungsfeiern zur deutschen Einigkeit ihre eigentliche und bleibende Bedeutung liegt. Mißgünstig hatte man von der anderen Sette des Rheines dieser patriotischen Bewegung zugesehen und begierig auf Zwischenfälle gewartet, die Deutschlands innere Zerrissenheit auch am Rhein kundtun sollten. Man glaubte, -aß die schwierige politische Lage im Reich, die Anwendung -cs Notstanbsartikels der Verfassung, die RetchstagSauflösung und der beginnende Wahlkampf, kurz, die ganze Krise, die den Retchskörper schüttelt, auch aus die Stimmung dieser Festtage abfärben müßten. Und man wollte aus solchen Zeichen des Verfalls Hoffnung schöpfen für die auch mit der Räumung nicht aufgegebenen Ansprüche Frankreichs auf die Rheingrenze. Aber nichts dergleichen geschah. Mit trüber Resignation stellt e» der Pariser „Temps" fest und fügt hinzu: »Fein Mißklang hat diese Kundgebungen gestört, eine Tatsache, die uns wieder einmal bestätigt, daß alle Deutschen, zu welcher Partei sie sich auch bekennen, einig sind, wenn es sich darum han delt, die allgemeinen Ziele des Deutschtum» zu erkämpfen." Dies Wort tn Gottes Ohr! Möchte es doch eine Prophe zeiung von ewiger Wahrheit sein. Aber hätte dieses wundervolle Bild deutscher Einigkett sich entfalten können ohne die vermittelnde und alle Gegen sätze überbrückende Person Htnbenburgs? Ihm galt die Begeisterung der Alten und Jungen, ihm, als dem wan delnden Monument deutscher Größe, jubelten sie zu, und »m seinetwillen vergaßen sie alles Trennende und reichte« sich brüderlich die Hände. Noch niemals konnten wir so deutlich sehen, was wir an diesem Reichspräsidenten haben und welche ungeheuren moralischen Kräfte von ihm auS- gehen. Er ist die einzig feststehende Autorität, die es in Deutschland noch gibt, der unerschütterliche Fels von Erz in der Brandung aller Leidenschaften, das lebendig ge wordene Pflichtgefühl, dem nichts mehr gilt als Deutschlands Zukunft und Größe. Wenn wir daS alle» recht erkennen und uns darüber freuen, dann müssen wir aber auch die Gefahr in ihrem ganzen Umfang ermessen, die «n» droht, wenn die Wahlentschetbung am 14. September die Autorität HindenburgS untergraben würde. ES handelt sich ja jetzt nicht mehr um diese oder jene Steuer oder nm irgendeine Reform, sondern um einen Konflikt des Reichs präsidenten mit dem RetchSparlament und um die Entscheidung, wessen Auffassung über die Notwendigkeiten deS deutschen Staatslebens recht behalte« soll. Gedrängt durch die Not der Zeit und das Versagen des Reichstages bet der Lösung seiner gesetzgeberischen Aufgaben, hat Htndenburg seine lang bewahrte Zurückhaltung aufgegeben. Au» eigener Verantwortung ist er tn die politisch« Arena getreteu «tl einer bewirbt ge-e» die »«»wüchse