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Bis '/-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Dab Pulsnitzor Tageblatt ist das zur Veröffentlichung dir amtlichen Bekanntmachungen der AmlshaupMiannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt HauPtblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amwgerichlsbezirks: Pulsnitz, PulSnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Nicderllchreuau, FriedörSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle; Pulömtz, Mdertstrage Str. S Druck und Berlag von E. L. Förster S Erben (Inh. I. W. Mohr)Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 12 Freitag, den 15. Januar 1932 84. Jahrgang Tribut-Konferenz ohne Amerika England sü> Endlösung — Das In den diplomatischen Vorverhandlungen für die Tribut konferenz von Lausanne bemühen sich Frankreich und Eng land, die Vereinigten Staaten irgendwie für eine Beteiligung zu gewinnen. Präsident Hoover hat aber noch einmal auf das bestimmteste erklären lassen, daß er auch nur informato rische Besprechungen über die Schuldenfrage ablehne. Es ist in maßgebenden amerikanischen Zeitungen mit aller Deut lichkeit ausgesprochen, daß die Tributkonferenz von Lausanne von vornherein zum Scheitern verurteilt sei, wenn man etwa glaube, die Hilfe für Deutschland von der Nachgiebig keit der Vereinigten Staaten abhängig machen zu können. Man will also in Washington zunächst eine „europäische Der- einbarung" über die Tributfrage haben, um dann Uber die Schuldenfrage zu verhandeln. Der Versuch der französischen Regierung, in Washington doch noch eine Beteiligung an einem Provisorium der Tribut- und Schuldenregelung zu finden, gilt auch in diplomatischen Kreisen als erledigt. Die Vereinigten Staaten werden, wie Stimson hier er klärte, zu der Reparationskonferenz in Lausanne nicht ein mal einen inoffiziellen Beobachter entsenden. Damit hat in dem Kampf im Kongreß um die Beteiligung Amerikas an den Reparationszahlungen die Richtung gesiegt, die ver langte, daß die Vereinigten Staaten sich in keiner Weise an den Verhandlungen beteiligen sollten. Gleichzeitig wird da mit erneut betont, daß Amerika keine Verquickung der die Vereinigten Staaten und die Alliierten betreffenden Schuldenfragc mit der Reparationsfrage billige. Der Verzicht auf einen amerikanischen Beobachter in Lausanne stellt ferner zweifellos eine psychologische Rücksicht nahme auf die anläßlich der Besprechung des Hoover-Mora toriums im Kongreß immer zahlreicher gewordenen ameri kanischen Stimmen dar, die ein Fernhalten Amerikas von rein europäischen Fragen empfahlen, da die amerikanische Oeffentlichkeit und das amerikanische Geschäftsleben dadurch immer nur Rückschläge erlitten hätten. Bei dieser unnachgiebigen Haltung der Vereinigten Staaten ist auch ein neuer Vorstoß der italienischen Regierung, her auf Mussolini selbst zurückzuführen ist, hinfällig gewor den. In einem Artikel des „Popolo d'Italia" wird erklärt, daß es nur einen Weg gebe zur Lösung der Tribut- und Schuldenfrage. Die europäischen Staaten müßten mit der Gutschrift der gegenseitigen Soll- und Habenposten beginnen. Dann könnten sie Amerika vor die einheitliche Front der europäischen Schuldner stellen. Es wäre aber falsch, aus diesen Vorgängen die Folge rung zu ziehen, daß nun ohne weiteres die Tributkonferenz von Lausanne auf das Ziel einer völligen Streichung der Tribute ausgehe. Der englische Finanzsachverständige Sir Walter Layton, der an der Baseler Sachverständigen konferenz teilgenommen hat, hat sich zwar gegen ein neues Moratorium, aber ebenso dagegen, daß Deutschland überhaupt nicht mehr politische Zahlungen leisten könne, ausgesprochen. Er hat unter starker Außerachtlassung der deutschen privaten Schuldenverpflichtungen die Behauptung aufgestellt, daß nach der Streichung der Tribute Deutsch land nur eine innere Schuld von 8 Pfund pro Kopf der Bevölkerung haben werde, während Frankreich eine Schuld von 86 Pfund pro Kopf der Bevölkerung, England eine Schuld von 150 Pfund pro Kopf der Bevölkerung selbst nach Streichung der amerikanischen Schulden haben würden. Die Vereinigten Staaten würden eine Schuld von 27 Pfund pro Kopf zurückbehalten. Deutschland könne also etwas zahlen, wenn ein Plan ansgearbeitet würde, der nicht neues wirtschaftliches Unheil anrichten könne. Cs ergibt sich also, daß selbst einer der angesehensten engli- scheu Sachverständigen nicht der Auffassung der deutschen Regierung ist, die mit aller Deutlichkeit durch den Reichs kanzler hat erklären lassen, daß Deutschland nicht zahlen kann. Auch die Aeußerung Laytons weist wieder auf die Absichten Englands hin, Deutschland zu einem Kompromiß zu veranlassen. * Die Begründung Sir Walter Laytons ist vom Stand punkt des Engländers vielleicht zu verstehen. Er vergißt aber, daß die Inflation uns zwar von den inneren Schulden befreit, daß sie aber gleichzeitig, die deutschen Einzel- Reich.'kabinctt berät Agrarmaßnahmen vermögen aufgezehrt trat. Sir Walter Layton ver gißt weiter, daß das deutsche Volk also heute völlig verarmt ist, während es in England und Frankreich auch heute noch immer sehr beträchtliche Vermögen gibt. Industrie und Sandel fordern Tribuistreichung. Auf dem Deutschen Industrie- und Han delstag beschäftigte sich der Präsident vr. Grund mit der deutschen Wirtschaftsnot und der Tributfrage. Er führte in seiner Rede u. a. aus: „Ohne endgültige Aufhebung der politischen Verschuldung Deutschlands gibt es keine Wieder herstellung seiner Kreditfähigkeit und keinen Wiederaufstieg seiner Wirtschaft, aber auch keinen Weg aus der vernichten den Krise, die heute die ganze Welt zugrunde richtet. Der Reichskanzler kann die Ueberzeugung nach Lausanne mit sich nehmen, daß das gesamte deutsche Volk — in dieser Frage einmal einig — ' jedes weitere Kompromiß, für das es keine reale Mög lichkeit mehr gibt, ablehnt. Der Baseler Sochverständigenbericht richtet den Appell an die Regierungen, ohne Verzug zu Entscheidungen zu kom men. Wir glauben, daß solchen Entscheidungen nicht besser vorgearbeitet werden kann, als wenn der Reichskanzler in Lausanne in voller Klarheit und Festigkeit die von ihm ein genommene Stellung vertritt. Der Reichskommissar für Preisüberwachung, vr. Goe r- deler, gab einen Ueberblick über die Preissenkung und erklärte: Wenn gegenwärtig von einer Umstellung allein auf dem Binnenmarkt gesprochen werde, so sei zwar nicht zu verkennen, daß der Binnenmarkt die stärkste Stütze der deutschen Wirtschaft darstellt. Es wäre aber verfehlt, die Arbeit aufzugeben, die mehrere Generationen geleistet haben, um den deutschen Erzeugnissen auf dem Weltmarkt die her vorragende Stellung zu erringen, die sie gegenwärtig noch immer innehaben. Es komme darauf an, die einzelnen Preis- faktoren auf Möglichkeiten der Senkung zu untersuchen, wie sie durch Sparmaßnahmen, insbesondere aber auch durch An wendung der letzten Notverordnung, sich ergeben können. Voraussetzung für den Erfolg , aller Bemühungen sei aber die völlige Streichung der Deutschland aus erlegten Tribute. England für Endlöfung' Berliner Blätter geben eine Reutermeldung aus London wieder, in der es u. a. heißt: Obwohl es unter den gegen wärtigen Verhältnissen nicht so aussieht, als ob eine end gültige Regelung der Reparationsfrage erfolgen könnte, würde doch, wie man zu wissen glaubt, die englische Regierung mit einer Zwischenlösung allein nicht zufrieden sein, die nur darauf hinausläust, daß man auf der Stelle marschiert. Die zustän digen amtlichen britischen Kreise unterstützen einigermaßen die Ansicht, daß ein langfristiges Moratorium nicht genüge; Wenn man jetzt keine endgültige Regelung erlangen könne, so wäre es besser, einen Vergleich zu schließen, der die Endlösung beschleunigt, anstatt sie zu vertagen. Dieser Ansicht dürfte es zuzuschreiben sein, wenn die englische Regierung das As- parationsproblem studiert und ihre Bemühungen darauf richtet, den Weg für eine günstigere Stimmung freizumachen, um dadurch eine endgültige Regelung in den Bereich des Möglichen zu rücken. Man glaubt zu wissen, daß die englische Regierung es vorziehen würde, wenn die Kriegsschuldenfrage in Lausanne nicht erörtert Würde, und sich die Konferenz einzig und allein aus das Reparationsproblem beschränken würde. 2m übrigen ist das Datum des 25. Januar feststehend. Man glaubt nicht, daß die Konferenz länger als eine Woche dauern wird. Deutsche Erklärungen nach Genf Berlin. Das Reichskabinett wird sich in seiner heutigen Sitzung u. a. auch mit den Sitzungen des Dölkerbundsrates beschäftigen, die Ende Januar in Genf beginnen. Zur Vor bereitung der Verhandlungen, die im Völkerbundsrat vor allem über wirtschaftliche Probleme stattfinden sollen, hat nach einer Meldung Berliner Blätter die Reichsregierung dem Völker bundssekretariat ihre Stellungnahme zu einzelnen wcrtschafts- und handelspolitischen Problemen mitgeteilt. So wird in einer deutschen Erklärung zu dem Wirtschaftsbericht des Studien komitees für die europäische Zusammenarbeit der Grundsatz gebilligt, daß die europäischen Staaten mit dem Ziel, einen einheitlichen europäischen Markt herzustellen, zusammenarbeiten sollen. — Deutschland ist damit einverstanden, daß durch einzelne Vereinbarungen dieses Ziel schrittweise erreicht werden soll, und es schließt sich der Feststellung an, daß die jetzigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum Teil auf die Zerstückelung Das Wichtigste Donnerstag vormittag ist Graf Bethlen in Rom eingetroffen. Er besuchte Mussolini. Lieber die Unterredung wird jedoch an zuständiger Stelle Stillschweigen bewahrt. Man betont, daß der Besuch Dethlens in Rom privat sei. Laval wird am Dienstag die Regierungserklärung in der Kammer verlesen. Man rechnet damit, daß er dabei auch auf das letzte Interview Brünings über Lie Tributfrage ant worten wird. Wie aus Santos in Brasilien gemeldet wird, hat die Stadt verwaltung beschlossen, eine Million Sack Kaffee als Brenn material in den städtischen Gaswerken zu verheizen. — In den letzten Wochen wurde Kaffee auch zur Heizung von Loko motiven verwandt. An der Rordostküste der Vereinigten Staaten und im Innern des Staates Ohio herrscht eine für diese Jahreszeit unge wöhnliche Wärme. Am Mittwoch wurden in Reuyork 20 Grad Celsius verzeichnet. In Ohio blühen an verschiedenen Stellen die Rosen. Europas in zahlreiche Zollgebiete zurückzuführen sind. Die deutsche Erklärung nimmt diese von dem Europakomitee ge troffenen Feststellungen zum Anlaß, um darzulegen, daß in der letzten Zeit mehrere europäische Staaten ihre Einfuhr einge schränkt und eine Devisenbewirtschaftung eingesührt haben, so daß der Handel erst recht behindert statt gefördert wird. Dem Plan, einen einheitlichen europäischen Markt zu schaffen,: könnten solche Maßnahmen der einzelen Staaten jedenfalls nicht dienen, sondern sie mühten schließlich zu einer Zerstörung der Handelsbeziehungen führen. Wenn also an dem Grundsatz der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Europas festgehalten wer den soll, mühten sehr bald die handelspolitischen Maßnahmen getroffen werden, die die Sachverständigen der BIZ. schon im August 1930 verlangt haben. Eine andere deutsche Er klärung beschäftigt sich mit den Beschlüssen des Völkerbundes zur Handelspolitik und vor allem zu den Meistbegünstigungs verträgen zu den Vorzugszöllen. Auch hier wird sestgestellt, daß zwar der Grundsatz, Vorzugszölle zu gewähren, die Deutschland in einer Liebereinstimmung mit dem Völkerbund S- V. gegenüber Rumänien und Ungarn durchgesührt hat, nicht dem Weistbegunstigungssystem widerspricht, wohl aber die Schritte zur Einsuhrbeschränkung, die im Laufe des Winters von mehreren europäischen Staaten vorgenommen worden sind. Das Reichskabinett berät Agrarmaßnahmen. Die nächste Sitzung des Reichskabinetts wird neben den laufenden politischen Fragen, zu denen in erster Linie die Reichspräsidentenwahl und die internationalen Konferenzen gehören dürsten, vor allem landwirtschaftliche Fragen behan deln, deren grundsätzliche handelspolitische Bedeutung sich auch aus der Rundfunkrede des Ministerialdirektors Poffe erkennen ließ. Der Hauptpunkt dieses Teils der Tagesordnung ist, wie j die „Landwirtschaftliche Wochenschau" mitteilt, eine Vorlage des Reichsernährungsministers aus Erhöhung des Butterzolles. Die Vorlage soll dem seit Anfang des Jahres besonders stark eingetretenen Rückgang des Butterpreises infolge des ge waltigen Anschwellens der Dumpingeinfuhr aus Ländern mit entwerteter Währung Rechnung tragen. Da sich die meisten Länder gegen eine derartige Einfuhr sperren, ergießt sich gegenwärtig der Ueberschuß fast der ganzen Welt mit Ein schluß von Uebersee aus den deutschen Markt. Dementspre chend wünscht die Vorlage unter voller Berücksichtigung der allgemeinen Preisabbaubestrebungen eine Erhöhung des Butterzolls. Lavals Programmerklärung am Dienstag. Antwort an Brüning. Laval wird am Dienstag die Regierungserklärung in der Kammer verlesen. Man rechnet damit, daß er dabei auch auf das letzte Interview Brünings über die Tribut frage antworten wird. Briand verabschiedet sich Paris. Am Donnerstag verabschiedete sich Briand von den französischen Pressevertretern. In diesem Zusammenhang wird übereinstimmend hervorgehoben, daß Briand einen körperlich etwas ermüdeten, geistig jedoch frischen Eindruck gemacht habe. Briands Freunde betonen, daß Briand aus politischen Gründen zurückgetreten sei. Durch den Rücktritt des Gesamtkabinetts sollte sein Ausscheiden erzwungen werden. Man zweifelt nicht, bah Briand bei den Reuwahlen eine höchst bedeutsame Rolle spielen wird.