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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.04.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140416021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914041602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914041602
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-16
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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Es siegt immer und notwendig die Begeisterung über den, der nicht begeistert ist. Nicht die Gewalt der Arme noch die Tüchtigkeit der Waffen, sondern die Kraft des Gemütes ist es, welche Siege erkämpft. sichte, Reden an d. d. N. Zum 7s. Geburtstage von /lnatole Zrance. Anatole France ist der größte Dichter, den Frankreich gegenwärtig besitzt, und er ist zu gleich der, der iu Deutschland am meisten Freunde und Bewunderer hat. Man kann ihn als das völlige Gegenstück zu dem jüngst ver storbenen Mistral bezeichnen: dieser ein Kind des sonnigen Südens, France ein Pariser; Mistral fromm und mtzstisch, France kritisch und skeptisch; jener ganz und gar ein Dichter der Heimat und der Natur, dieser ein europäischer Geist, ein Mann der .Kunst, der Wissenschaft, der Bücher. Wenige Dichter haben die Bücher so sehr geliebt, wie es Anatole France tut. Kein Wunder, ist er doch ein Buchhandlersohn! Am Quai Voltaire hatte Vater France seinen Buchladen, und dort, unter den Geistcsschätzen aller Völler und Zeiten, wuchs der Knabe auf. Uebrigens war sein Vater kein geborener Pa riser: er stammte ans der Vcndöe, und er war, wie alle Söhne dieser Provinz, königstreu bis in die Fingerspitzen. Seine Mutter war in Brügge zu Hause; beide Eltern waren fromme Leute, aber der Sohn ist mehr nach seiner Groß mutter geschlagen, einer Dame im echten Stile Dirhuilmme, die nichts ernsthaft nahm und von der Skepsis des Zeitalters ganz erfüllt Ivar. Zuerst freilich schien es, als ob der kleine Ana tole ganz andere Wege wandeln wolle als seine freigeistige Großmutter. Er war voll von reli giöser Inbrunst; er las mit Begeisterung und mit Entzücken die L g nden der Hei igen, und sein Traum war, es ihnen glcichzunln. Er machte den Versuch, in Nacheiferung von Simon Ltylltes, dem Säulenheiligen, auf einer Brun nenpumpe seinen dauernden Aufenthalt zu neh men; er stellte sich aus dem Polster eines Ses sels ein härenes Gewand her — aber er mußte erleben, das; seine Eltern, trotz ihrer Fröm migkeit, wenig Geschmack daran fanden, ihren Anatole zu einem modernen Aszketen werden zu sehen. Es gab harte Strafen, und der junge France mußte von seinem Plane abstchen. Auch ein weiterer Gedanke, der in ihm auftauchte, sich in den Zoologischen Garten zu flüchten und dort nach dem Beispiele des heiligen Hiero nymus unter den wilden Tieren zu leben, ge langte nicht zur Verwirklichung. Aber jeder, der die Schriften des Dichters kennt, bemerkt überall mit Entzücken die Erinnerungen dieser seiner Erlebnisse an der Lektüre der Heiligen legenden; wer dächte hier nicht vor allem an die wunderbare Schilderung des Lebens der Heiligen in der ägyptischen Wüste, die der Roman „Thais" enthält! Als France auf den Plan, ein Heiliger zu werden, endgültig verzichtet hatte, entschloß er sich zu einem anderen Berufe: Schriftsteller wollte er werden, in der geliebten Welt der Bücher leben nnd sie durch neue Bücher ver mehren. Und so ist es ja auch geschehen. Schon mit 15 Jahren hat er seine erste Arbeit ver faßt; sie behandelt die Legende der heiligen Radegunde. Inzwischen galt cs zunächst, die Schuljahre durchzumachen. Nur unter großen Opfern seines Vaters konnte France das Eol- lege Stanislas besuchen. Er erfüllte sich mit jener gediegenen klassischen Bildung, die Um auszeichnet und die ihn auch in die erste Reihe dec Vorkämpfer für die Erhaltung des humani stischen Unterrichtes in Frankreich geführt hat. Vor allem ist France ein vortrefflicher Lateiner. Als er 1870/71 als Soldat in den Krieg zog, da führte er ein Exemplar des Virgil in seiner Tasche mit sich. Er machte den Dezemberstldzug an der Marne mit, und nach getaner TageS- nnd Kriegesarbeit pflegte er, sobald sich nur ein Augenblickchen Ruhe bot, am Lagerfeuer mit seinen Kameraden laut die Verse des Virgil zu lesen. In den Jahrzehnten nach dem Äriegc ward sein Ruhm groß, obgleich France niemals zu den Dichtern gezählt hat, die die Tagcsmode auf den Schild hebt, und obgleich er nie nach der heute üblichen französischen Dichterweise die Lärmtrommel für sich und seinen Ruhm ge schlagen hat. Er war und blieb der Mann oer Mehr als das Geldopfer verdroß Uncle Sam der drohende Zeitverlust neuer Verhandlungen, der ja seinem Wahljprua;e gemäß auch in Geld umzurechneir war. So wurde denn kurzer Prozeß gemacht. Der Staat Panama hatte schon im neunzehnten Jahrhundert sich einmal längere Zeil von der kolum- bischen Bundesrepublik getrennt gehabt: eine solche Absonderung wurde jetzt auf amerikanische Anregung wiet-erholt. Im November 1903 erklärte er Len er neuten Abfall, und die nordamerikanische Aner kennung folgte nach jo wenigen Tagen, wie man sonst Fahre nach Staatsumwälzungen verstreichen läßt, um den besiegten Parteien nicht allzu wehe zu run. Nur zu deutlich begriff man in Bogota, Laß solche wenig ziemliche Eile als eine Warnung vor gewalt samen Wiederunterwerfungsoersuchen aufzufassen war; und ebenso klar empfand man seine eigene Ohnmacht, dem großen Freytaate Les Nordens zu trotzen. 'Nicht minder genau wußte man freilich, daß mit würdevollem Schmollen just nichts mehr ver säumt werde, nachdem das Unheil, -er endgültige Verlust des Staates am Isthmus, einmal geschehen war. Auf die Hochebene von Bogota würde so leicht kein nordisches Heer hinaustlettern. Und die Waffe, die man in Washington zwei Jahre zuvor zur Ab kürzung der schwebenden Verhandlungen eimnal ge schwungen hatte: daß man den frechen Castro von Caracas dem großspurigen Kolumbien an die Beine hetzte, war mittlerweile stumpf geworden; denn Castro hetzte sich jetzt selber mit Len Unions leuten, die ihm zuvor gegen Deutschland und England den Rücken gesteift und damit den Größenwahn förmlich aneczogen hatten. Die Bogotaner riefen also ihren Geschäftsträger von Washington zurück und übersandten dem nord amerikanischen Gesandten seine Pässe mit der drin genden Ausforoerung, ihre Kordilleren auf das schleu nigste zu räumen. Ein bißchen Haltung wußten doch auch diese ob polnischer Leistungen nicht sonderlich imponierenden Kreolen zu wahren. Aber ihre „stille Größe" paarte sich schließlich doch bedenklich mit „edler Einfalt". Ein reichliches Jahrzehnt haben sie sich mürrisch dic Ohren verstopft gegen die Hammer- fchläge, mit denen der fleißige Nantes den Fels von Lulebra auseinandevschlug, um sein Wunderwerk der interozeanischen Wasserstraße zu schaffen, die Kolumbien so verzweifelt an dieser karaibischen Ein- schneidung gesucht und nicht gefunden hatte. Wer in unserer raschlebigen Zeit einen Groll durch zehn Jahre unterhält, bekommt einen Anflug von einer komischen Person. Noch im Jahre 1912 hat man in Bogotü die höfliche Selbsteinladung des damaligen amerikanischen Staatssekretärs Knox zu einem Besuche mit hahnebüchener Grobheit zurück gewiesen! Mit der Felswand von Culebra ist jetzt auch die Schranke gefallen, die der verletzte kolumbische Stolz errichtet hatte. Vielleicht freilich nur, weil Uncle Sam der Klügere war, der nachgibt. Statt der zehn Millionen von damals zahlt er heute fünfund zwanzig; soviel wie er sich einst Alaska kosten ließ, als es ihm rötlich erschien, Englisch-Kanada von der anderen Seite zu bedrohen. Auch dieses Mal wird seine Spendierlaune wohl nicht allein von der Freude über die nahe Vollenoung des Kanals her rühren. Vor zwei, drei Jahren hatte sich ein Kongreß der fünf N o r d st a a t e n von Südamerika in Caracas zusammengcsunden sneben Venezuela und Kolumbien auch Ekuador, Peru und Bolroia), der eine scharf u n i o n s f e i n d l i ch e Spitze hervor lehrte. Der dort geschlossene engere Bund sollte be- oestimmt sein, jedem Fortschrerten der überall in Mittelamerika hervortretenden Eroberungs gelüste Washingtons nach dem südlichen Festland«: eine gewaltige Schranke cntgegcnzujctzen. Es war die nämliche Zeit, da Mr. Knox inSüdamcrika rührig in Panamerikanismus machte. Von jenem Caracas-Bunde ist es seitdem wieder ganz still geworden. Und nun erfahren wir, daß der Staat, der die begründetste Beschwerde gegen die Union hatte, von ihr versöhnt, also ein scharfer Keil in die nord-südamenkanijche Einigkeit getrieben ist. Freilich wird ihm ja jein Panama nicht zuruckgegeben, und 25 Millionen für einen verlorenen ganzen «taat bleiben ein schlechteres Geschäft als 10 für ein Kanalglacis von sechs Kilometer Breite. Ader dem Millionengeschenk ist noch eine die Augenblicksforgcn beschwichtigende Verzichtsertlärung auf weitere Kanalpläne beigelegt, die der am kolumbischen Kör per vollzogenen Halsoperation noch eine auf das Brustbein Hinübergreisende folgen zu lassen drohte. Landeskenner haben von jeher das Darien- Projekt (längs -er Flußläuse des Atrato und des Napipi) dem über den Panama-Isthmus bei weitem vorgezogen. Und auf in den Tag hinein lebende Gemüter wirkt es allzeit so ausnehmend beruhigend, wenn Zyklopen erklären, daß sie erst andere Leute ausfreßen wollen! Auch ist zu beachten, daß eben jetzt in Süd südamerika, besonders seitens des argentini schen Präsidenten bei Gelegenheit der Prinz- Heinrich-Reise monroefetndliche Töne angeschlagen sind, der Wind also dort im Süden aus einer anderen Richtung weht. Und in Brasilien redet man von der Möglichkeit einer monarchi schen Restauration! Wie in Mexiko, wird man auch im Süden mit großen Wandlungen zu rechnen haben. Mexiko. Die Vereinigten Staaten ergänzen ihre Maßnah men gegen Mexiko fortgesetzt. Die Flotlendemonstra- tion an der Ostküste Mexikos wird durch eine gleich geartete Auffahrt von Kriegsschiffen an der Westküste unterstütz«. Dampfer für Truppenbeförderungen werden gechartert. Der Zauderer Wilson ist plötzlich von einer erstaunlichen Tatkraft beseelt. Verblüift schaut das Ausland, schaut vor allen Dingen England auf das Vorgehen der Union, der es doch Beifall zollen muß, wenn es nicht heimlicher Unterstützung der Mexikaner verdächtig werden will. Der Draht meldet uns folgendes: Philadelphia, 16. April. (Reuterbureau.1 Das Schlachtschiff „Michigan" ist gestern nachmittag 5 Uhr nach Mexiko abgegangen. London, 16. April. (Erg. Drahtberich kJ Die neue Phase, in die dic mexikanische Angelegen heit getreten ist, hat in den englischen politischen Kreisen große Besorgnisse hervorgerufen. England hat bekanntlich in Mexiko und besonders in der Nähe von Tampico enorme finanzielle Interessen, da sich dort die großen englischen P e t r o l c u m q u e l l e n befinden. Man beurteilt das energische Vorgehen Wilsons sehr ungünstig und erklärt, daß er an den Wirren durch seine bis herigc Politik schuld trage. Die Berichte des eng lischen Konsuls stehen in direktem Widerspruch mit den Berichten der Bevollmächtigten anderer Länder. Ebenfalls bedauert man fast allgemein, daß die englische Regierung in aller Oeffent lichkeit den Vereinigten Staaten das Recht eingeräumt hat, die mexikanischen An gelegenheiten als rein inneramerikanische Vorgänge zu betrachten, und daß England daher gezwungen ist, dem amerikanischen Vorgehen seine Unterstützung zu leihen. In Len Vereinigten Staaten hat das energische Vorgehen Wilsons den Beifall der gesamten Presse gefunden. Es ist klar ersichtlich, daß, wenn auch Huerta im letzten Augen blick entgegenkommen sollte, die Vereinigten Staaten sich jetzt kaum damit zufrieden geben werden, da andernfalls die große Machtentfaltung nicht zu er klären wäre. Das Landungskorps beträgt 15 000 Mann, Streitkräfte, die genügen würden, Huerta auch in offener Feldschlacht zu besiegen. polilileke UeberlieM Vas Seratungsmaterial -es Reichstags. Angesichts der Frage, ob der Reichstag vor Pfingsten vertagt oder geschlossen werden soll, ist es von Interesse, einen Rückblick auf dic nach unerledigten Arbeiten des Reichstags zu werfen. Von Vorlagen sind noch zu er ledigen: der Etat für 1914, der Entwurf über den Verkehr mit Leuchtöl, das Spionagegcsetz, die Novelle zur Gebühreuordnung für Zeugen und Sachverständige, der Entwurf über Errich tung eines Kolonialgerichtsyafes, der Entwurf über die Wiederaufnahme eines Disziplinarver fahrens, die Novelle zur Gewerbeordnung über Wauderlager, das Sonntagsrubegesetz, die No velle zum Militärstrafgcsestbuch, der Entwurf über das Erbrecht des Staates, das Jugend gerichisgcsetz, das Konlurrenzkiauselgescy, dic Besoldungsnovelle (alle diese Entwürfe sind von Kommissionen beraten, sie enthalten fast alle Konfliktsstosf, da dic Regierung die Kommissions beschlüsse zum Teil nicht anneymen will). Fer- fkben- - Ausgabe für ketpet, on» Voevn, »urch ans«« r»a»r uaö Spediteur« »mol t»,N» in» Kou»s»dka»t: msaatvik l.tt M., »i,r<»t»«t>rt»0> 3.75 M Sei »n S«t»»ft»st»U» unser, sttUale» und Nu»qad«arllrn adgekolt« monatlich >M.,p>rrtrtiührUll« 3M. Durch »>, Poft- innerhalb veutschlan»» un» Ser »rutschen Koloulru monatiich 15» M. vierteliübrUch ».5» M au»>chitr»iich poNbefteUgelS. va» Leipziger Sägeblatt erscheint Werktag» Lmai. Sonn- u.Zeiertag» tinal. 2n Leipzig. »en Na»do«orlen un» »rn Orten mit eigenen Molen wir» Sie s.benöouogad« noch am Nben» Seo erscheinen» in» kau» geliesert. verllner NeSokNoa! Sn Sen Zellen >7. jernlprech-sinichluft: Moabit Nr 447. /lnrtsblcctt des Hutes und des polizeuuntes der Stadt Leipzig «»»altton un» S»schaft»ft«U«r Z»hona«»gaI7, «r.«. » Zernsprech-NaschluS Nr. >4»42, ><»43 un» »«»4«. los. Jahrgang kür 3ns»rat, au» Leipzig un» Umgebung »l« - lspaltig«Petitteil»rsps.,»i,Neklome«eilet M., o»n ou»wart» 3» ps-, Neklamen 1.4» M. »lein« stnzeigea »iepetitzrile a« rops.b.wl«»erb»l.Nab.,3ns«rat, von Vekor»«n lm amil chengeil »ie Petit zeil» 5» Pf. G»scha>t»onl»ig»n mit plahoorschrist >m Preis« erhöbt. Nadatt noch lorlf. Veilogrn! Se'amtausl. 5M »a»«lausen» au»schl poNgedübr. Mnzeigrn-Mnnakme: 7vvanni»ga<s«4. ori «amtlichen »Maien »„ leipziger Logeblatt«, un» allen Nnnonren-eepeSitionen »e. 3n- un» «tuel.a»»». Seschastsftell« sllr Verlin u. »i, pr. Vron? »ndurg virekNon Wolter ZUegel, Vertin w. >», MorgarethenslroA» ». Zernsprech» Nnschiufti tllbow »471. Voimerswy, »en IS. llprll. Ar. 1S1 1914. Vas wichtigste. * An der d e u t s ch - r us s i s ch e n Grenze nördlich von Memel sind deutsche Fischer von russischen Grenzsoldaten beschossen worden. tZ. Pol. Uebsrs.) * In L l e r m o n t - e n - A r g o n n e bei Verdun kam es infolge von Hebelgriffen eines Leutnants zwischen Soldaten und Ortsbewohnern zu einem heftigen Z u s a m m e n st o ß. (S. Pol. Hebers.) * In England hat das energische Vorgehen Wilsons gegen Mexiko eine peinliche U eber rasch ung hervorgerufen. (S. bes. Art. * In Pest hielten sich die ungarischen Frauenrechtlerinnen dem Merbeoortrage der englischen Suffragette Pankhurst fern. (S. Nachr. v Tage.) * Im russischen Ministerrat wurden 500 Millionen Rubel zum Ausbau der Eisen bahnen beantragt. (S. Ausl.) Zrie-e mit Kolumbien. r. Wenig beachtet wurde in der Osterwoche eine Nachricht aus Amerika, der doch eine nicht unbe trächtliche politische Bedeutung zukam: zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamrika und denen von Kolumbien ist nach mehr als zehnjährlger Verfeindung ein« Verständigung, eine Art Friede zustande gekommen. Im eigentlichen Sinne darf man ja diesen Ausdruck nicht gebrauchen, weil kein Krieg gefüürt wurde. Aber die diplomatischen Be ziehungen waren nach dem Abfalje Pana mas von Kolumbien abgebrochen worden und wer den jetzt wieder ausgenommen. Daß man in Washington an jenem Abfälle nicht unschuldig gewesen ist, mit der Anklage werden die Kolumbier wohl recht haben. Seit der Erwerbung von Hawaii und den Philippinen war das nordamerikanische Interesse an einem beschleunig ten Ausbau des Kanals einigermaßen dringend ge worden, mochte damals auch noch niemand an „gelbe Gefahren" denken, von denen Amerikas heiligste Güter bedroht sein sollten. Und nun, da man eben mit dem Jahrhundcrtwechsel auch die englischen An sprüche durch den Hay-Pauncefote-Ver- trag zweiter Auflage endgültig abgcfunden hatte, wollte das kleine Kolumbien einen neuen Verzug schaffen! Und im letzten Grunde doch bloß um schnö den Mammons willen; denn man glaubte allgemein, daß der Senat in B o g o t ä den bereits abgeschlossenen Vertrag, der die Abtretung der ersehnten Sechs kilometerzone enthielt, nur verworfen habe, um eine höhere Entschädigungssumme als die ge botenen zehn Dollarmillionen hcrauszuschlagcn. Bücher, der seine Bibliothek vor allem liebt. Unter ihnen lebt er, in ein Mönchsgewand ge kleidet nnd das Haupt mit einer roten Leiden kappe bedeckt, wie ein Mann aus vergangenen Zeiten, und dennoch zugleich als ein ganz mo derner Mensch, der in der „Insel der Pinguine" sich als ein scharfer und unerbittlicher Beobachter und Beurteiler der Geschichte nnd Politik seines Landes erwiesen hat. Fordert es das Gebot der Pflicht oder der Humanität, so schont France — es sei nur an die Tage des Treyfus-,Falles erinnert — seine Person nicht und tritt an die Deffentlichkeit. Aber auch daun pflegt er den Schalk selten zu verleugnen. Bevor France seine große Vortragsreise nach Argentinien antrat, fragte ihn ein bekannter argentinischer Iour- ncklist: „Ich gehe jetzt vor Ihnen herüber, Meister. Kann ich irgend etwas für Sic tun?" Anatole France antwortete mit seiner ruhigen, feinen Stimme: „Wenn Sie so gut sein wollen, so verbreiten Sie von mir, daß ich an Schüch ternheit leide. Zwar, ich wüßte nicht, daß ich gerade besonders schüchtern wäre, aber ich möchte gern so beurteilt sein. Denn ein sch ächten er Mann kann alles tun. Schweigt er, wenn er sprechen sollte, so sagen dic Leutc: „Wie rei zend! Er ist so schüchtern!" Und spricht er, wenn er schweigen sollte, dann setzen sic das auf Rechnung seiner Nervosität. Ein Schüch terner kann alles Mögliche ungestrast sich er lauben. Also bitte sagen Sic Ihren Lands leuten, daß ich äußerst schüchtern bin." X. b'. Kunst und Wissenschaft. * Eine Pantomime. Unser Berliner Schauspiel referent schreibt: Der Mime Misu hatte zur „Pressevorstellung" einer Pantomime gelaoen. In ein richtiges Theater (das an der Weidendammer Brücke), auf dessen Brettern allerdings seit langem ein jeder was er mag probiert. Man hätte vorsich tig sein, und ehe man dre Stadtbahn benutzte, dic erste Seite des Tex buches lesen sollen! Dort wurde das Werk des „Dichters" lSixtor heißt er) als „äußerst spannend und fesselnd" empfohlen, die „eigens für die Pantomime geschriebene Original musik" als „geistiges Eigentum des in letzter Zeit mehrfach durch beste Kompcsitionen an die Oeffent- lichkeit getretenen Komponisten Dr. Becce" bezeichnet und von Herrn Misu bescheiden versichert, er sei „der beste Mimiker der Gegenwart", und die Berliner Tagespreise (welche?) nenne ihn schlicht den „Napoleon des Films". Und wörtlich ging es weiter: „Die von der Textil-Manufaktur-Kompanie entwor- fenen und hergestellten Dekorationen sind vor nehmster Art und in bester Form der Pantomime angepaßt. So ist durch das Zu ammenwirken dieser ersten künstlerischen Kräfte eine Pantomime ent standen, die usw." Weiß nicht und kümmere mich nicht drum, welcher Marktschrei bei der Filmkunst und -industrie schick.ich ist; einer ernst zu würdigenden theatralischen Darbietung schien die Tonart der Re klame schwerlich angemessen. Doch harmonierte dieser gute Geschmack vortrefflich mit der Dichtung und mit der Darstellung. Wieder kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob solche talentlose Grob- schlächtigkelt den Beifall des besseren Kinopublikums finden würde; gewiß aber war das Unternehmen ein Mißbrauch der unverfilmten Bühne. Obwohl nur geladene Gäste lugeschaut hatten, mischte sich in den Beifall starkes Zischen. U. l^ * Das Münchener Künstlertheater, dessen Schicksal bisher recht zweifelhaft war, soll, wie verlautet, nun doch diese Sommersaison spielen Ein Konsortium hat die nötigen Mittel zusammengebracht. Hinter der künstlerischen Leitung, die ihr Repertoire ganz im Sinne Les Kriindungsgedankens als ein rein Münchener Künstlertheater fuhren will, steht wie zu Anfang Professor Georg Fuchs. Professor Fuchs hat wenigstens auch die Engagements und Verhand lungen eingeleitet. Münchener Künstler werden die Dekorationen und Inszenierungen besorgen. Im Programm sind Stücke wie die „Gelbe Jacke" uns die Bearbeitung eines Goldonischen Lust spiels geplant. * Gabriel Linsen, ein über die Grenzen seines Vaterlandes Finnland hinaus bekannt gewordener Komponist, ist in Helsingfors, seiner Vater stadt. 76 Jahre alt, g e st o r b e n. Es war der Sohn des Profegors der römstchen Literatur I. G. Linien und zeigte «chon als Knabe eine ganz besondere Be endung für die Musik, die er in L e i p z i g studierte. In seiner Heimat erhielt er später von der Unter richtsverwaltung eine Anstellung als Gesanglehrer. Eine besondere Wirksamkeit entfaltete Linsen als Komponist von Quartetten und Sologesängen; in erster Linie vertonte er die heimischen Poeien Tope- lius, Franzen. Runeberg und Weck.el, doch auch Dich tungen Goethes und Heines bedachte er mit seinen romantischen, meist sanft und schwermütig gestimmten Melodien. Linsen hat auch eine Reihe von hebräi schen Melodien gefchneben.
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