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Mchmtz-MW 61. Jahrgang. Nr. 86. Donnerstag, den 25. Juli 1895. Verantwortlicher Redacteur: PälÜ Ichnr in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem ,Hllustrirten NnterhaltungSblatt". Mit land, und hanSwirthschaftltcher Monatsbeilage. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Anitshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und den Kladtrath zu Dippoldiswalde. Di« „Wetßerttz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabmd. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan italten, Postboten, sowie die Agenten nehmm Be stellungen an. Ein deutsches Goldland. Man braucht nicht blind für die Kolonialpolitik zu schwärmen, aber soviel konnte man sich doch sagen, daß in den großen Ländergebieten, welche Deutschland in Afrika in Besitz genommen hat, schließlich doch manche Naturschätze gefunden und viele werthvolle Naturprodukte gewonnen werden müssen, ein Land von so ungeheurer Ausdehnung und mit einem warmen fruchtbaren Klima muß auch Schätze des Bodens be sitzen, wenn sie auch nicht gleich offen zu Tage liegen. Die neueste Ueberraschung aus Deutsch-Ostafrika ist nun die Nachricht von dem Vorkommen von Schwemm- gold und blauem Thon (in welchem bekanntlich in Kimberley die Diamanten gefunden werden) in Usam- bara, obwohl sich Kundige schon lange sagen mußten, daß das Ausfinden von Gold in Deutsch-Oftafrtka zu den Wahrscheinlichkeiten gehöre. Im vorigen Jahre bereits hatte ein Unteroffizier der Schutztruppe bei Masinde Gold gefunden und das Faktum wurde auch Par nicht verheimlicht. Es wird sich nun allerdings fragen, ob das Goldwäschen sich dort lohnt und ob, wenn goldhaltiges Quarz gefunden werden sollte, der Gewinn die Kosten deckt. Aber ein noch so bescheidener Gewinn bei der Ausbeute würde der deutschen Kolonie einen Aufschwung geben, wie er nicht bester gedacht werden kann. Die deutschostafrikanische Gesellschaft und die Usambara-Eisenbahngesellschaft haben auf das Land von je 3 Kilometern von der Eisenbahnlinie den Anspruch, sofern es herrenlos ist, und außerdem in dem ganzen Gebiete nördlich vom Pangani das Recht, für jeden fertiggestellten Kilometer 4000 Hektar Land zu beanspruchen. Für die ersten 10 Kilometer 40000 Heklar sich abzumeffen, wurde der Eisenbahn gesellschaft bereits vor Beginn des Bahnbaues zu gestanden, doch weiß man nicht, wie weit die Ge sellschaft das Recht ausgeübt hat, da darüber nichts veröffentlicht wurde. Ostafrika ist übrigens, wie noch bemerkt werden mag, eine Kolonie, welche noch kein Berggesetz hat, obwohl dort bereits Kohlen, Glimmer und Graphit gesunden worden sind. Neuerdings haben die Entdeckungen von Glimmerlagern in dem Usambara-Gebiete schon Fachkreise mit dec Frage nach der Ausbeutung beschäftigt, doch stand dem im Wege, daß noch kein praktischer Bergmann die Untersuchungen vorgenommen hatte. Die Aussendung eines solchen nach Deutsch-Ostafrika ist schon längst als Bedürfntß empfunden und soll auch jetzt möglichst schnell bewerk stelligt werden. — Was nun das mögliche Gold vorkommen im Nordosten vom Sambesi betrifft, so hat I)r. K. Fallerer in seiner interessanten Schrift „Afrika in seiner Bedeutung für die Goldproduktion" ganz kürzlich einige beachtenswerthe Winke gegeben. Er schreibt, daß die geologischen Verhältnisse in Deutsch- Ostafrika dieselben seien wie in den Ländern westlich von Tanganyika, wie Tankanga, wo schon Gold ge sunden worden ist. Ausgedehnte Granit- und Gneis gebiete, gefaltete alte Schiesergesteine, zahlreiche vul kanische Durchbruchgesteine und das gänzliche Fehlen jüngerer sedimentärer Formationsgebiete, wenn man von einer schmalen Küstenzone absieht, geben dem Ge- biete einen eintönigen Charakter. Das sei aber der Charakter der geologischen Zusammensetzung des ganzen Landes vom nördlichen Transvaal an, wie es bis in das centrale Afrika anhält und durch Goldsührung ausgezeichnet ist; sollten die Hinterländer der Zanzibar küste eine Ausnahme machen und in den gleichen Schiefergesteinen kein Gold führen, das westlich und südlich davon vorhanden ist? Es fehlt nicht an Nach richten, die auch von Machanga an der Ostküste süd lich von Zanzibar ein Goldvorkommen mit Kupfer erzen melden, und 1823 erhielt Kapitän Boteler die Nachricht, daß aus einigen Flüssen der Gegend von Mombaffa zu Zeiten Gold gewonnen werde. Die be stimmtesten Meldungen macht aber Burton: „Gold wurde ganz unzweifelhaft von den Bergen von Chaga gebracht." — Trotz dieser verlockenden Aussichten muß natürlich die ganze Angelegenheit sachlich und ruhig behandelt werden, damit nicht etwa in Deutschland ein bedenkliches Goldlandfieber sich einstellt. Vor allen Dingen muß durch Bergingenieure und Geologen festgestellt werden, ob in dem Goldlande wirklicher Goldbergbau getrieben werden kann und es sich nicht etwa nur um kleine hie und da vorkommende Gold funde handelt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. An den Tagen nach der Kriegs erklärung vor 25 Jahren Herrschte nicht nur in den Kasernen Dresdens, sondern auch in — der Garnison kirche reges Leben. Fast ununterbrochen fuhren da mals Droschken vor, denen Soldaten-Brautpaare ent stiegen, um vor dem Ausrücken noch das Band der Ehe zu knüpfen. Reservisten und Landwehrleute aller Grade bis zum Offizier waren vertreten. Auch einer unserer Mitbürger, Herr Gasthossbes. Stephan, schloß in dieser ernsten Zeil in genannter Kirche mit seiner Gattin den Bund fürs Leben und feierte nun auch im großen Jubeljahre gestern seine silberne Hochzeit. Dem Bräutigam war es nach der Trauung nicht vergönnt, seine junge Frau in die Heimath zu begleiten, viel mehr mußte er wieder in der Pionierkaserne eintreffen, und nach wenig Tagen marschirte er mit seinem Ba taillon dem Bahnhofe zu, wobei ihm seine herbeigeeilte Gattin begleitend noch die Flinte trug. Durch solche Erinnerungen wurde dem Jubelpaare der gestrige Tag noch besonders wichtig. — Wie aus dem Jnseratentheil ersichtlich, beginnt Herr Theaterdirektor Schmidt Donnerstag eine Reihe von Vorstellungen im hiesigen Schützenhause und wünschen wir dem Unternehmen einen guten Erfolg. Kipsdorf. Am Dienstag Nachmittag gegen 4 Uhr zog über hiesige Gegend ein heftiges Gewitter, das von starkem Schloßenfall begleitet war. Da dieselben ruhig fielen, richteten sie oerhältnißmäßig wenig Schaden an. Zuletzt bedeckte eine Eiskruste von 12—15 cm Höhe die Gegend, und war dieselbe fast ins Winterkleid gehüllt. An geschützten Stellen lagen Mittwoch Vormittag die Schloßen in Erbsen größe noch Centimeter hoch. Rehefeld. Ihre Majestät die Königin erfreut sich Hierselbst des besten Wohlseins. Alltäglich unternimmt sie mit ihrem persönlichen Dienste Spaziergänge in den Fichtenwaldungen, woselbst auf allerhöchsten Befehl Tische und Bänke aufgestellt wurden. Sehr oft pflegt die hohe Frau hier ihren Thee einzunehmen. Dresden. Das neue Gebäude des Königlichen Finanzministeriums in Dresden, das sich maje stätisch aus dem linken Elbufer erhebt, wird im Sep tember >896 seiner Bestimmung übergeben werden. — Dem königl. Ministerium des Kultus und Unterrichts haben die Lehrer an verschiedenen Schulen Sachsens eine Petition unterbreitet, dasselbe wolle den Lehrern der neueren Sprachen soviel wie möglich Ge legenheit geben, sich im Ausland aufzuhalten, um dort ihre Fertigkeit im Gebrauche der fremden Sprache zu erhöhen und sich die für den Unterricht nothwendigen Kenntnisse der fremden Kultur und ihrer wichtigeren Einrichtungen durch eigene Anschauung zu verschaffen. Die Unterzeichner der Petition haben aus diesem Grunde da« Ersuchen an die sächsische Regierung ge richtet, dieselbe wolle eine bestimmte Summe, etwa 8000 Mk., das einzelne Retsestipendium zu etwa 400 Mark gerechnet, in den Etat der nächsten Finanz periode einstellen, damit die Neuphilologen den oben angedeuteten Zielen nachstreben können. — Der wegen Mordes zum Tode verurtheilte Gartenarbeiter Friedrich Ernst John aus Loschwitz hat nachträglich ein Geständniß nicht abgelegt, aber durch seinen Vertheidiger, Rechtsanwalt vr.Graf in Dresden, die Revision des Prozesses durch das Reichsgericht be antragt mit der Begründung, daß sich die Geschwore nen bei ihrem Wahrspruch zum Nachtheil des Ange klagten geirrt hätten. — In den Polizeiblältern wird ein städtischer Steueraufseher aus Dresden steckbrieflich vekfogt, der nach Unterschlagung von ca. 1300 Mk. amtlichen Geldern aus Dresden flüchtig geworden ist. Der Be treffende ist 26 Jahre alt und seit einem Jahre ver- heirathet. Rathen. Was man mitunter von der schon oft gepriesenen Findigkeit der Post verlangt, dafür ein Beispiel. Wird da neulich der hiesigen Post-Agentur die gewiß nicht leicht erfüllbare Aufgabe gestellt, einen Brief mit folgender Aufschrift an seine Adresse zu be fördern: „An das Fräulein N. N., z. Zt. in Rathen, das am Freitag, den 12. Juli, mit 6 anderen Damen — wahrscheinlich Pensionat — mit dem Schiffe von Königstein kommend, in Rothen angekommen ist; be sagte Dame war schlank, hatte blondes Haar und blühendes Aussehen." — Es sand und meldete sich leider kein blondes, blühendes Mädchen (die dort z. Zt. aufhältlichen sind zumeist blaß) zur Entgegennahme des wahrscheinlich einen Annäherungsversuch enthal tenden Briefchens. Schmilka. An den Folgen eines Insekten stiches ist hier der aus Herrnskretschen stammende Steinbrecher Richter gestorben. Richter war während der Mittagspause, als er ein wenig schlief, von einem giftigen Insekt gestochen worden. Schon an diesem Abend bemerkte er, daß die große Zehe des rechten Fußes angeschwollen. Obgleich nun der Arzt recht zeitig in Anspruch genommen wurde, war der Be treffende, Vater dreier Kinder, nicht mehr zu retten. Großenhain. Nach dem Vorgänge in zahlreichen anderen sächsischen Städten hat auch der hiesige Stadt rath im Einverständniß mit dem SchulauSschaß be schlossen, an der Bürgerschule die großen Ferien versuchsweise auf vier Wochen zu verlängern, dafür aber die Osterferien um drei Tage zu verkürzen und außerdem drei schulfreie Tage einzuziehen. DaS Mi nisterium hat diesem Beschlüsse zugestimmt. Chemnitz. Ein guter Fang gelang am Montag Nachmittag zwei hiesigen Kriminalbeamten durch die Festnahme eines bereits vorbestraften und von der Staatsanwaltschaft Waldheim wegen Diebstahls steck brieflich verfolgten 19 Jahre alten Handarbeiters aus Leisnig. Beide Beamte hatten beobachtet, wie der dreiste Mensch, das starke Gedränge in den Buden reihen des Neustädter Marktes benutzend, verschiedenen Frauenspersonen, deren Aufmerksamkeit angesichts der verschiedenen Schauzelte von ihrer näheren Umgebung abgelenkt worden war, in die äußeren Kleidtaschen griff. Bei der Durchsuchung des Diebes wurden nicht nur vier Portemonnaies mit noch theilweisem Inhalt zu Tage gefördert, sondern eS war der diebische Bursche darnach aber auch geständig, sich bereits am Sonntag auf dem Neustädter Markte eine Anzahl solcher auf gleiche Weise angeeignet, bezw. dieselben im entleerten Zustande beseitigt zu haben. — Ein recht bedauerlicher Unglücksfall er eignete sich am Sonntag auf der Erfenschlagerstrabe. Als die 22 Jahre alte Ehefrau eines daselbst wohn haften Fabrikspinners dem noch nicht völlig aus gebrannten Spirituskocher noch etwas nachgoß, wurde sie durch die plötzlich breit gehende Flamme mitersaßt, die verschiedene Kleidungsstücke, sowie ein anstehendes Sopha in Brand setzte. Durch den herzueilenden Ehemann wurde zwar die Flamme mittelst Ueber- gießens von Wasser, bezw. UeberwerfenS von Decken erstickt, die beklagenswerthe Frau hatte jedoch hierbei am Unterkörper so bedeutende Brandwunden davon getragen, daß sie auf Anordnung eines sofort herbei gerufenen Arztes in das Krankenhaus gebracht werden mußte. Neustadt bei Chemnitz. Dem Gewitter, das am Freitag Nachmittag in der sechsten Stunde über unsere