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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.03.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980328021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898032802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898032802
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-03
- Tag 1898-03-28
-
Monat
1898-03
-
Jahr
1898
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«o» kräglich geworden sei und dir Einstellung der Feindseligkeiten erfolgen müsse. Diese Politik decke sich mit den in der Botsct-ast des Präsidenten an den Eongresi vom 6. Tccember 1897 gemachten Aus führungen; seit dieser Botschaft habe cs sich unwiderruflich gezeigt, daß das Versprechen, die neue spanische Verwaltung würde die Lage auf Kuba bessern, nicht in Erfüllung gegangen ist. Im Gcgenthcil erfahre der Präsident mit Bestimmtheit, daß die Lage mit jedem Tag schwieriger werde. In Folge dessen habe die Regierung be schlossen, Spanien zu benachrichtigen, daß sic, der jedes andere In teresse, als das durch die Ehre und Gerechtigkeit gegenüber einer vom Schrecken niedergedrückten und dem Hunger preisgegebcnen Bevölke rung gebotene, fcrnliege, doch auf sofortiger Einstellung der Feind seligkeiten bestehe. Man glaubt in Washington, daß in der Er klärung der amerikanischen Regierung für die Beendigung des Krieges aus Kuba zwar kein bestimmter Termin gesetzt ist, daß aber auch die Regierung keine lange Frist oder eine solche, die nicht unumgänglich nothwendig ist, bewilligen wird. In amtlichen Kreisen weiß man ferner, dasi viele hohe spanische Beamte, mit Einschluß der Minister, des Eonflictes mit Kuba in hohem Grade müde geworden sind und gerne eine Lösung der ganzen Frage unter Bewilligung der Nnab- hängigieitKubasaus dcrGrundlagc einer Entschädigung annehmen würden. Dieser Plan wird durch die Oppositionspartei im gegen wärtigen spanischen Eabinet bekämpft, welche zur Aufrechterhaltung der Herrschaft Uber die Insel die äußersten Maßnahmen verlangt. In Anbetracht dieser Lage ist es unmöglich, vorauszusehe», wie die spanische Antwort auf die amerikanischen Forderungen ausfallen wird. Mittlerweile haben in Spanien die Corteswablen statt gefunden und scheinen eine große regierungsfreundliche Majorität ergeben zu haben. Wenn aber der Wahlausfall der Ausdruck der Stimmung Spaniens ist — und in gewissem Sinne ist er es trotz der bekannten amtlichen Wahlbeein- flussungen —, so werken die CorteS die Antwort auf die transatlantische Provocation nicht schuldig bleiben. Der „Liberal" sagt, daß, wenn der amerikanische Congreß einen außerordentlichen Credit für die Hilfsbedürftigen auf Cuba beschließen sollte, Spanien gegen diese amtliche Ein mischung Widerspruch erheben und nicht erlauben würde, daß ein amerikanisches Kriegsschiff die Unter stützungen in einen kubanischen Hafen bringe. Wollte, wie man in Washington anzunehmen scheint, die Regierung in Madrid eine andere Haltung einnebmen, so würde sie dem Prestige Spaniens eine unheilbare Wunde zu fügen, aber damit zugleich ihre Abdankung unterzeichnen, denn in demselben Augenblicke würde die jetzt sich bildende Regierungs mehrheit auf der ganzen Linie sichgegen die Regierung wenden. Aber wir glauben überhaupt nicht daran, daß das Cabinet Sagasta des Kampfes um Cuba müde ist. Die consequenten und ruhigen Rüstungen Spaniens sprechen nicht dafür. Auch für ein Schiedsgericht dürfte Spanien, abgesehen von der „Maine"-Angelegenbeit, die für ein solches reif ist, nicht zu haben sein, obwohl Frankreich einen solchen Ausweg anzubahnen scheint, denn das Recht ist, wenn man der spanischen Wirtschaft aus Cuba auch noch so unsympathisch gegenübersteben muß, doch zu offenkundig auf Seite der faktischen Besitzer der großen Antille. Deutsches Reich. U Aus dem 22. Reichstagswahlkreise, 27. März. So weit sich die Stimmung der einzelnen Parteien zu der bevor stehenden ReichStagSwahl übersehen läßt, werden die OrdnuagSparteieu geschlossen gegen den gemeinsamen Feind, die Socialdemokratie, zu Felde ziehen. Für den nationalliberalen Caodidaten, Herrn Kramer-Kirchberg, treten auch die Conservativen ein. Bon dem Bund der Landwirthe und den Antisemiten hört man nichts. Wie noth wendig ein geschlossenes Vorgehen bei der Reichstagswahl ist, lehrt das Ergebniß der Wahl vom Jahre 1893. Damals wurden in unserem Wahlkreise inSgesammt 24 277 Stimmen abgegeben und zwar 11 116 für Opitz-Treuen und 13 161 für Hofmann-Chemnitz. Es wurde somit der socialdemo kratische Caudidat mit einer Mehrheit von 2045 Stimmen gewählt. 88 Berlin, 27. März. Mit einer Frage der Kunst und Moral beschäftigte sich gestern die Petit,onScommission des preußischen Abgeordnetenhauses. ES lag eine Petition deS Pfarrers I-io. Weber zu M.-Gladbach vor, dahin gehend: daS Abgeordnetenhaus möge den Minister deS Innern ersuchen, die Kölner Polizeibehörde zum sofortigen Bericht über das Auftreten der Lona Barrisou aufzuforbern und nach Eingang eines bestätigenden Berichts die sämmtlichen Polizeibehörden Preußens anzuweisen, daß sie ein solches oder ein ähnliches Auftreten der Barrison oder anderer verbieten. Der Petition lag ein von glaubwürdiger Seite abgefaßter Bericht über daS Auftreten der Barrison und ihre Darstellung der so genannten EntkleidungS- und Reiterscenen bei. Dieser Be richt wurde von anderen, ebenfalls zur Verlesung gelangenden Aussagen bestätigt. Von mehreren Mitgliedern der Com mission wurde die polizeiliche Zulassung solcher auf die Sinnlichkeit berechneten und deshalb entsittlichenden Dar stellungen aus das Schärfste gerügt und dabei hervorgehobea, daß die sogenannten Specialitäten-Theater in neuerer Zeit weniger durch künstlerische Leistungen, als durch stnnen- reizendeS und manchmal geradezu schamloses Auftreten der sogenannten Künstler und Künstlerinnen daS Publicum an zulocken und zu befriedigen suchten, in welcher Beziehung Berlin mit an der Spitze stehe. Der Regierung-Vertreter aus dem Ministerium deS Innern nahm die Organe der Polizei in Schutz, indem er darlegte, daß von polizeilicher Sette keine Aufführung genehmigt werde, welche im Vorau- als der Sittlichkeit zuwider erkannt worden sei. Der Antrag des Referenten, die Petition der königlichen StaatSregierung als Material zu überweisen, ging der Mehrheit der Commission nicht weit genug, ein anderer Antrag, die Negierung zu er suchen, die Lona Barrison auSzuweisen, fand in formaler Beziehung nicht die Zustimmung der Mehrheit, weil er sich von dem eigentlichen Petitum zu weit entferne. Der Antrag, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu über weisen, wurde mit allen gegen 3 Stimmen angenommen, wobei zu bemerken ist, daß bezüglich der Berurtbeilung der Lona Barrison'schen Leistungen eine Meinungsverschiedenheit nicht obwaltete. — Schließlich vereinigte sich die Commission auf Anregung des Abg. Lückhoff zu der Bitte an den Minister deS Innern, diese Dame aus dem Lande zu verweisen. Der Regierungsvertreter wurde beauftragt, diesen einmüthigen Wunsch der Commission zur Kenntniß deS Minister- zu bringen. * Berlsn, 27. März. Als etwa- Befremdliche-, Wider spruchsvolles stellen demokratische Blätter eS hin, daß an der Feier der Erhebung in SchleSwia-Holstein außer dem Herzog Ernst Günther auch die höchsten Beamten und MilitairS der Provinz sich betheiligten, während doch im Jahre 1848 der König von Däneniark die Legitimität, die SchleSwig-Holsteiner mit den Augustenburgern an der Spitze die Revolution vertreten hätten. Letzterer Auffassung fehlt indeß, ganz abgesehen von der Frage nach der Be rechtigung der Legitimität in den höchsten Angelegenheiten einer Nation überhaupt, die Begründung, denn die Erhebung SchleSwig-HolsteinS bildete nur den legitimen Widerstand wider ein gegen die Herzogtbümer verübte- Unrecht, zu dem der König von Dänemark durch eine revolutio näre Bewegung der Kopenhagener gezwungen worden war. Al- König Friedrich VII. von Dänemark, Herzog zu Schleswig-Holstein, am 20. Januar 1848 als Nachfolger seine- Vater» Christian VIII. den Thron bestiegen hatte, kündigte er acht Tage später den Erlaß einer Verfassung mit der Versicherung an, »daß dadurch nicht» an der jetzigen Verbindung der Herzogthümer Schle-wig und Holstein ver ändert werden solle". Am 20. März hielt die demokratische Eiderdäncnpartei, die rechtswidrig Schleswig von Holstein lrennen und mit Dänemark vereinigen wollte, ermuthigt durch, die Pariser Februar-Revolution, eine große Bersamm- ung ab, worin sie u. A. beschloß, daß der König zum Erlaß einer Verfassung für Schleswig-Holstein als solches nicht berech tigt sei und „daß daS dänische Volk dies niemals dulden önne". Aber die Partei griff noch zu einem weiteren Gewalt mittel. Eine Abordnung derselben zog an der Spitze von 20 000 erregten Kopenhagenern, darunter viele Beamte und Ossiciere in Uniform, vor daö königliche Nesidenzschloß Thrisliansburg, mit einer Adresse, welcke vom Könige die so- ortige Einsetzung eines eiderdänischen Ministeriums verlangte und mit der berüchtigten Drohung schloß: „Wir rufen Eure Majestät an, die Nation nicht zur Selbsthilfe der Ver zweiflung zu treiben" (iüüs ktt ärivv Aktionen til b'ort- ' ivlels6N8 8elvlijülp). DaS war, in jener Zeit revolutionärer Bewegungen und an der Spitze einer großen, fieberhaft er regten Mensckenmasse gesprochen, die offene Drohung mit Revolution. Unter diesem Zwange erklärte der König, ein eiderdänischeS Ministerium berufen und sodann Schleswig durch eine Verfassung mit Dänemark verknüpfen, d. h. thatsächlich in dieses einverleibcn, zu wollen. Auf diese Bedrohung seiner uralten Landesrechte antwortete dann Schleswig-Holstein mit der Errichtung einer pro visorischen Regierung. — Von dänischer Seite sucht man jene Revolutiousdrohung der Eiderdänen auS leicht erklärlichen Zründen gern zu vertuschen. Aber auf Grund der Be kundung anderer unbefangener Zeugen aus Dänemark ist eS eine unbestreitbare Thatsache, daß die Furcht vor offener Revolution, vor einem aus jenem Aufzuge unmittelbar drohenden Sturme auf das Schloß, den König nachgiebig gemacht hat. Nur sein Zurückweichen, nicht etwa Loyalität der mit der „Selbsthilfe der Verzweiflung" drohenden Eider dänen hat eine blutige Umwälzung in Kopenhagen verhindert. Die eigentlichen Revolutionäre waren also nicht die zur noth- gedrungenen Vertheidigung greifenden Schleswig-Holsteiner, ondern die herrschende eiderdänische Partei Dänemarks, die beim Festbleiben deS Königs von der schon vorhandene» Rebellion gegen diesen zu offener Revolution gelangt sein würde. Die Legitimität war und ist also auf Seiten der SchleSwig-Holsteiner. (Tägl. Ndsch.) * Berlin, 27. März. In der „Gegenwart" entwickeln mehrere hervorragende Engländer ihre Ansicht über die Ur sachen der ausgesprochenen Gehässigkeit, die in England gegenüber Deutschland zu Tage tritt. Die meisten be- treiten recht lebhaft, daß dabei der industrielle Wett bewerb und die deutsche Colonialpolitik mitspielen. Sir Rickard Temple giebt dagegen zu, daß England die Welt herrschaft seiner Industrie durch den Terrorismus der Gewerkvereine bedroht sieht; er bemerkt: „Es muß zugestanden werden, daß England die Erwerbung aus wärtiger Lauder durch Deutschland ernster aussaßt als ähnliche Annexionen Frankreichs. Nur selten folgt auf eine Eroberung Frankreichs ein großer Handel; zuweilen ist dieser Handel England und nicht Frankreich zugefallen. Auf eine deutsche Eroberung da- gegen folgt immer ein energischer Handel. Und wenn England auch deutsche Annexionen, an sich betrachtet, nicht zu fürchten braucht, so kann eS doch die deutsche Rivalität im Handel nicht übersehen. Was die auswärtige Concurrenz betrifft, so sind die Engländer der festen Zuversicht, ihre Stelle an der Spitze der industriellen Welt behaupten zu können, wenn nur ihre Fabrikanten ihre volle Kraft einsetzen. Der entschiedene Borsprung, den England in Bezug auf beinahe alle, wenngleich nicht ganz olle der bestehenden Industrien besitzt, ist immer noch groß genug, um ihm die Suprematie zu sichern, sofern sein Volk sein Bestes thut. Man mag vielleicht fragen, ob denkende Engländer in dieser Be ziehung überhaupt nichts fürchten? Sie fürchten leider sehr viel. Sie fürchten die Gewerkschaften und die Streike der Arbeiter nud die Aussperrungen, gegenüber denen die Unternehmer zur Wieder vergeltung greifen müssen. In früheren Jahren wurde der Gewinn nicht gerecht getheilt zwischen Capital und Arbeit; da» Capital er hielt zu viel, die Arbeit zu wenig. Heut» erhält die Arbeit ganz ihren vollen Antheil; die Gewerkschaften aber streben, noch mehr ais das zu erlangen, und da» kann daS Capital nicht tragen. Sie streben weiter danach, dir besten Arbeiter auf die Stufe der mittel mäßigen hrrabzudrücken. Kanu diesen Tendenzen kein Einhalt ge boten werden, so muß der britische Handel leiden. Sollte ze Eng land im Wettbewerb geschlagen werden, so werden daran Ursachen dieser Art und nicht etwa ein Versagen seiner Tüchtigkeit schuld sein. — Durch die Presse geht eine Nachricht der Zeitschrift „Tiefbau", daß der Kaiser bereits vor längerer Zeit im Kronrat he sich für die Errichtung eines neuen Bauten- MinisteriumS in Preußen, als die beste Lösung der Neu- Organisation für daS gesammte Wasserbauwesen, aus gesprochen, und daß nunmehr auch das preußische StaatS- ministerium sich in diesem Sinne entschieden habe. Diese Meldung entspricht nach officiösen Auslassungen den that- sächlichen Vorgängen nicht. Richtig sei nur, daß Erörterungen über eine anderweitige Organisation der wafferwirthschaft- lichen Organisation an der Centralstelle schweben; aber Beschlüste nach der einen oder der anderen Richtung hin seien noch nicht gefaßt. — Der Reichskanzler, der am 31. März 1819 zu Rothenburg a. d. Fulda geboren wurde, begeht am nächsten Donnerstag seinen 79. Geburtstag. — Vom Bundesrath ist in der Sitzung vom 28. Fe bruar d. I. die Wiederholung der am 1. April 1887 auS- geführten statistischen Aufnahme des Heilpersonals, und zwar nach dem Stande vom 1. April d. I., beschlossen worden. — Ein Berliner Mitarbeiter der Münchener „Allg. Ztg." schließt seinen Artikel zum Militairjubiläum de» Fürsten Bismarck, in dem er insbesondere die Ver dienste deS Fürsten um die Durchführung der grundlegenden Militairreform König Wilhelm'- I. und späterhin um das Septennat hervorhebt, mit folgender Erinnerung: Weniger bekannt ist eine Randglosse, die der Kaiser machte, als ihm im Jahre 1893 berichtet wurde, Graf Caprivi habe in der Mttitaircommisfion auf da- Entschiedenste dagegen pro- testirt, die Sicherheit der Zukunft de» deutschen Heerwesens an den Mindestfordernden im Reichstag zu vergeben. Der Kaiser schrieb an den Rand des betreffenden Referates: „Bravo, eine echt BiSmarck'sche Erklärung!" — Oberbürgermeister Zelle erklärte in einer Unterredung mit dem Redakteur eines hiesigen Blattes, daß die Gründe seines Rücktrittes lediglich in dem Gefühle liegen, nicht mehr recht frisch und elastisch genug für sein Amt zu sein. Seine intimeren Bekannten wüßten daS schon längst. Angriffe und Vorfälle der letzten Zeit hätten damit nichts zu thun und gewisse Beschlüsse, die den Unmuth Anderer erregten, seien nicht von ihm auSgegangen, sondern vom Magistrate verfaßt worden, von dem er nur eiu Theil sei. — Wie bereit- mitaetheilt, befindet sich in dem an den BundeSrath gelangten Nachtragsetat eine Forderung für Hafenbauten ,n Kiaotschau. Die übrigen Kosten, welche die Besetzung von Kiaotschau verursacht hat, sollen erst in der nächsten Session zusammengestrllt und gefordert werden. Die Ausrüstung und Hinschaffung der Besatzung-Mannschaften bat, wie nach den „B. N. N." verlautet, einen Kostenaufwand von 500 000 verursacht. — Der preußische Etat kommt auch in diesem Jahre wieder nicht rechtzeitig, vor dem 1. April, zu Stande; man wird wieder in da» Etatsgesetz eine nachträglich« Ge nehmigung der ohne solche» nach dem 1. April geleisteten Ausgaben einfügen müssen. Da» Abgeordnetenhaus ist noch nicht einmal mit der zweiten Lesung fertig; e» hat außerdem noch die dritte Berathung und dann bat noch da» Herren bau» seiue Budgetverhandlung zu erledigen, die wohl kaum vor Ostern beginnen wird. Die „Nat.-Ztg." bemerkt hierzu: „Auf die Unendschuldbarkeit dieser Geringschätzung einer der wichtigsten Brrfassung-bestimmungen ist in den letzten Iabrea zur Genüge hingewiesen worden. In der vorigen Session konnte mau uoch versuchen, die Verzögerung mit den lang- wierigen Verhandlungen über die Besoldungs-Verbesserungen zu erklären; diesmal ist sogar ein derartiger Sckeingrund nicht vorhanden; die Vorschrift der Verfassung bleibt einfach infolge der Vergeudung der Zeit mit überflüssigen Reden unerfüllt. Irgend eine Schwierigkeit für die Fest stellung de» Etats selbst war nicht vorhanden." — Bis gestern betrug die Zahl derjenigen Per sonen, welche den freisinnigen Aufruf zur Handels- Vertragspolitik unterzeichnet batten, 4100, also das Doppelte derjenigen Zahl, welche der Aufruf deS wirth- schaftlichen Ausschusses gefunden hat. — Wir haben von vornherein die Vermuthung ausgesprochen, daß der freisinnigen Betriebsamkeit dieser Erfolg nicht entgehen werde. — In den Vororten Berlins, namentlich io Adler-Hof und Umgegend, haben diejenigen Socialdemokraten, die am 18. März illuminirt batten, eine Strafverfügung von 15 wegen groben Unfugs erhalten. Es werden, der „Frkf. Z." zufolge, gegen 200 Personen auf Kosten der social demokratischen Parteicasse gerichtliche Entscheidung anrufen. — Dieser Tage soll unter dem Vorsitz deS Finanzministers in Berlin eine Conferenz stattgefunden haben, welche sich mit dem landwirthschaftlichen Genossenschaftswesen im Allgemeinen und mit dem der Provinz Posen im Beson deren beschäftigt hat. — „Ein Mann von Grundsätzen" ist ein Artikel in der „Norbd. Allg. Ztg." überschrieben, der die Antwort giebt auf die Behauptung des Abg. Richter im Reichstag — die, beiläufig bemerkt, auch vor diesem Forum mit schallender Heiterkeit ausgenommen werde — er richte seine Opposition „nach Grundfätzen" ein. In diesem Artikel wird historisch dargethan, wie eS um diese „Grundsätze" bisher bestellt gewesen ist. Zutreffend fährt dann der Artikel fort: „Wir wären neugierig, zu erfahren, ob Herr Richter im Stande ist, den Nachweis zu liefern, daß er im Parlament oder in der „Freisinnigen Zeitung" in den letzten zehn Jahren rin einziges Mal wirklich etwas für die Entwickelung der Marine gesagt hätte. Wenn aber Jemand stets gegen jeden Fortschritt ist, so ist man berechtigt, zu sagen, daß er grundsätzlich dagegen ist, also zu grund sätzlichen Gegnern gehört. Der Herr Staatssecretair hatte also ganz Recht, wenn er sagte: „Ter Herr Vorredner erkennt die Nothwendigkeit der Flotte an, auch die Nothwendigkeit der Schlacht flotte, aber so weit ich orientirt bin, hat er Alles verweigert, und das nennt er „Tempo"." Wir möchten hinzusügen: Setzt man sinngemäß statt Marine irgend eine andere Frage, welche für die nationale Wohlfahrt ausschlaggebend war, — der Abg. Richter hat „unentwegt" eine Form für sein „Nein" gefunden. — Die Anstrengung der Klage der Stadtverord- neten-Versammlung gegen den Magistrat wegen dessen Beanstandung deS Beschlusses, betr. die Niederlegung eines Kranzes auf die Grabstätte der Märzgefallenen, ist fertig gestellt und wird dem Oberverwaltungsgericht Ende dieses Monats zugehen. — Dem Professor vr. Will, Director des Militair-Ver- suchsamtes in Spandau, ist die zum 1. April 1898 nach gesuchte Entlassung auS dem Staatsdienste ertheilt. * Kiel, 26. März. Den Polizei-Executivbeamten, welche der am 1. April d. I. inS Leben tretenden königlichen Polizeidirection hier überwiesen worden sind, wurde durch den zum Leiter derselben bestimmten Landrath von Puttkamer heute ein Tagesbefehl deS Ministers des Innern beim Appell bekannt gemacht, aus dem wir Folgendes bervorheben: Jede unnöthige Härte und Schroffheit ist bei ZwangSmaßregeln, wie überhaupt bei der Ausführung dienstlicher Verrichtungen zu ver- meiden. Ebenso haben sich die Polizeibeamten jedes durch die Sach- läge nicht gebotenen Einschreitens zu enthalten, vor kleinlicher Ver folgung und Chicane sich zu hüten und ihren Ehrgeiz nicht darin zu suchen, durch möglichst viele Anzeigen von Uebertretungen ihren Dienst, eifer bethätigen zu wollen; vielmehr werden sie durch Belehrung und Warnung dahin zu wirken haben, Laß Uebertretungen der polizeilichen Verordnungen nach Möglichkeit vermieden werden. Im Verkehr mit dem Publicum haben die Beamten sich eines höflichen und zuvorkommenden Tones zu befleißigen. Verunglückten, hilflosen und gebrechlichen Personen ist jeder thunliche Beistand zu leisten, wie auch im Falle augenblick licher Noth und Gefahr zum Schutze des Publicums oder des Einzelnen nichts zu unterlassen ist, was zur Abwendung oder Beseitigung der Gefahr geschehen kann. Nur bei Befolgung Liefer Grundsätze wird in erwünschter Weise erreicht werden, daß auch das Publicum in vorkommenden Fällen den Organen des Executivdienstes seine Hilfe nicht versagt. Es muß die Forderung erhoben werden, daß die Beamten sich den erforderlichen Tact und einen sicheren Blick an- zueignen suchen, damit Mißgriffe, die der Autorität Eintrag zu thun geeignet sein könnten, vermieden werden. * Bremen, 27. März. Die „Wes.-Ztg." berichtet: Der Kaiser hat sich auf der gestrigen Fahrt von Bremerhaven hierher das von Herrn Director Schneemann construirte Modell einer Vorrichtung zum Aussetzen von Schiffs booten in einem dreiviertelstündigen Vortrage vom Erfinder erläutern lassen und dasselbe mit einer Zeichnung gleich in seinem Sonderzuge mit nach Berlin genommen. Wahrschein lich wird die Erfindung auf einem Fahrzeuge der kaiserlichen Marine praktisch erprobt werden. * Greifenhagen, 26. März. Gegen den Superintendenten Gehrke war, wie s. Z. gemeldet, auS Anlaß des ProcesseS, der gegen Prediger Rau in Cladow wegen Unterschlagung von Kirchengeldern geführt wurde, ein DtSciplinarverfahren eingeleitet. Wie jetzt bekannt wird, hat da- DiSciplioargericht zu Gunsten deS Superintendenten Gehrke entschieden. * Braunschweig, 26. März. Der Landtag nahm gestern ein neues Fleischbeschaugesetz für daS Herzogthum an und beschloß dabei auf Antrag des Abg. vr. Schmidt fehlenden Zusatz: „Wer amerikanische- Fleisch und Wurst- waaren innerhalb deS HerzogthumS in den Verkehr bringen will, hat dasselbe einer vorherigen Untersuchung nach Maß gabe diese» Gesetze- und deS Trichinenschaugesetzes von 1866 zu unterwerfen und darf dasselbe nur unter Angabe deS UrsprungSorteS weiter verkaufen. Auf au» anderen Ländern eingeführteS Fleisch und Wurstwaaren können diese Bestimmungen - vom herzoglichen StaatSministerium aus gedehnt werden." — Staalsminister Otto batte principiell nicht« gegen den Antrag einzuwenden und sagte dessen Er wägung durch da- Ministerium zu. Im Uebrigen schwebten jetzt Verhandlungen zwischen dem Reichsamt des Innern und dem Ministerium über Schutz gegen ausländische- gesundheits schädliche« Fleisch. (Wes.-Ztg.) * Göttingen, 26. März. AuS dem 11. hannoverschen Reichstagswahlkreis Osterode-Northeim-Einbeck wird der „GLtt. u. Grubenh. Ztg." geschrieben: „Von Anfang an war von den National-Liberalen und dem Bunde der Laod- wirthe nicht beabsichtigt, gemeinschaftlich Herrn Gutsbesitzer Harriehausen aufzustellen, sondern die Aufstellung dieser Candidatur ist einzig vom Bunde der Landwirthe erfolgt. Auch haben nicht die National-Liberalen von einer Vereinigung abgesehen, vielmehr hat der Bund der Landwirthe jeden Vergleichsvorschlag abaelehnt oder nicht beachtet und noch während schwebender Verhandlungen seinen Candidalen in Einbeck nach Markoldendorf öffentlich auslreten lassen und dadurch auch durch die That eine Einigung abgelehnt." * Hanau, 26. März. Nach einer öffentlichen Bekanntgabe sind die Sammlungen für die „ausgesperrten" Diamant schleifer nunmehr geschloffen worden. InSgesammt sind 58 700,46 an Unterstützungsgeldern eingeganaen, der größere Theil von den Amsterdamer Schleifern. (M. N. N.) * Speter, 26. Mär». Hm „Fall Full" hat die Re gierung, wie wir den „Münch. N. N." entnehmen, jetzt ent schieden, daß Fräulein Full wegen ihrer Bekehrungs versuche an protestantischen und israelitischen Schülerinnen ihrer Stelle al» Lehrerin an der Höheren Töchterschule vom 1. April ab enthoben sei. z, m Do für ma, Ha, I »»I des du mit Kies hier B. 4) > hier, Wei mac Tocl Gen hier mar mar hier ZU ; hier Kre Weick Tisch! Cubli E. D Brack Schu Rach! hier A. C Bahr manr F. D 9) P maul 1j Bahn Tisch 3) A meiste hier, A. E Mkist> Mast diene M. j * Augsburg, 26. März. Wie alljährlich, so begeht auch Heuer'' der Bürger, erein Augsburg den Geburtstag deS Fürsten Bisma . a durch eine Festversammlung am 31. März im Cafe Maximilian. Verbotene Zeitungen. * Pest, 27. März. Der Iustizmi nister svrdert die Staatsanwaltschaften auf, im Einvernehmen mit den Post ämtern alle unter Kreuzband verschickten Sendungen gründlich zu untersuchen, damit sie den Schmugg el confiScir ter oder verbotenerZeitungen, in anderen Zeitungen versteckt, in Packeten oder als Waarenmuster, verhindern. (Frkf. Ztg.) Fenrspr. 1998. 1 Klop Ban! Schn lcitui Tisch techn Hinte M. ! Mütz in ffj mit I Leip, Toch Leip meisi Bur, A.J C. l gebv! städt Huw Schi bune in 8 Toch Leip 9) 8 M d Buck Großbritannien. Lord Salisbury. * Loudou, 28. März. (Telegramm.) Die „Times" besprechen in einem Leitartikel den Ernst der auswärtigen Lage und knüpfen daran die Erörterung: In früheren Jahren habe Salisbury die doppelten Pflichten deS Premierministers und deS Ministers der auswärtigen Angelegenbeiten mit ausgezeichnetem Erfolge erfüllt; in den unruhigen Zeiten aber, die dem Lande seit 1895 beschieden seien, habe er die Bürde weniger leicht und weniger erfolgreich getragen. Die Erklärung sei sehr einfach: eine Arbeit, die für einen Mann von 55 Jahren verhältnißmäßig leicht sei, könne sehr Wohl eine Ueberanstrengung für einen Mann von 68 Jahren sein. „Wir glauben", schließt der Artikel, „daß wir binnen Kurzem hören werden, daß Salisbury die Geschäfte de» Auswärtigen Amte- einem seiner College» übertragen hat." Orient. * Athen, 27. März. Der Marineminister hat sein EntlassungSgesuch zurückgezogen. Italien. CriSpi. * Rom, 27. März. CriSpi hat auS dem Wahlkreis Palermo, wie aus ganz Italien und dem AuSlande zahlreiche Sympathieadressen und Depeschen erhalten. ES heißt, auch Fürst Bismarck habe ihm telegraphirt (?). Frankreich. Lreyfus-Haudel. * Pari-, 27. März. Das „Siecle" veröffentlicht eine Liste von ungefähr 80 elsässischen Damen, die infolge der vom „Siöcle" ergangenen Aufforderung gegen den vom Minister der Colonien der Frau Dreyfus ertheilten ab lehnenden Bescheid Einspruch erheben. * Amsterbam, 27. März. Vor etwa zehn Tagen forderte Hanotaux den holländischen Gesandten in Paris, de StuerS, auf, den GesandtscbaftSadvocaten Israels, der im „Handels blad" Berichte über die Dreyfus-Frazc veröffentlicht hatte, im Interesse der guten Beziehungen beider Länder zu entlassen. Der Gesandte erstickte Israels freundschaftlich, um des Friedens willen seine Entlassung nachzusuchen; dieser bat sich Bedenkzeit aus und reiste nach dem Haag. Der Minister des Auswärtigen verhielt sich ablehnend gegen ihn. Nach Paris zurückgekehrt, fand Israels in seiner Wohnung die Entlassung vor. * Von verschiedenen Seiten ist man bestrebt, immer wieder mit Sensationsmeldungen hervorzutreten, deren Inhalt zum Tbeil schon längst als erfunden festgestellt ist. So behauptet heute, wie der „Post" aus Paris gemeldet wird, das Blatt „Intransigeant", den Inhalt einer bevorstehenden Publication zu kennen, welche darlegen soll, daß Esterhazy das Bordereau im Auftrage des französischen General- stabeS geschrieben habe, um durch das Angebot werthloser Dokumente Deutschland und Italien wichtige Geheimnisse zu entlocken. Die Publication ent halte Briefe Esterhazy's an Schwarzkoppen und an einen italie nischen Militairattachs, sowie Briefe Boisveffre'S und Gonse'S. Ferner ginge aus dieser Publication hervor, daß Frau Boulancy mit einem der bezeichneten Attaches befreundet gewesen sei, wodurch gewisse Stellen in den Esterhazy'schen Briefen ihre Erklärung fänden. Esterhazy wollte nämlich daS Vertrauen der Gegenseite erwecken. * Pari-, 27. März. Heute Vormittag ist die Prinzessin Francisca Carolina von Joinville, die Tochter des Kaisers Dom Pedro I. von Brasilien, nach zweitägigem Krankenlager an der Lungenentzündung gestorben. Aste«. „JltiS"-Denkmal. * Shanghai, 14. Februar. Den deutschen Seeleuten, die beim Untergange des Kanonenbootes „Iltis" ihr Leben einbüßten, wollen bekanntlich die Deutschen OstasienS in Shanghai ein Denkmal errichten. Die AuSfübrung ist dem Bildhauer August Kraus anvertraut. Herr KrauS bat zu nächst eine Skizze geschaffen, sür die der Adjutant deS Prinzen Heinrich, Capttain Müller, die Idee angegeben batte. Ein kleine« Granitpostament, da- sich auf mehreren Stufen auf baut, soll einen vom Sturme zersplitterten, abgebrochenen Mast tragen, von dem die vom Unwetter durcheinander ge worfenen Ueberreste der Taue herabhängen. Am Fuße des Mastes liegt schräg über dem Postament die deutsche KriegS- flagge, die bis aus die Granitstufen niederfällt. Die Mitte deS Flaggenstockes ist mit einem Lorbrerkranze geschmückt, dessen Schleife die Widmung trägt: „Die Deutschen Ost asienS". An der Vorderseite soll ein Reliefbild de» »Iltis" angebracht werden, die anderen Flächen werden die Namen der Verunglückten aufnehmen. Vertragshasen. * Peking, 27. März. China hat beschlossen, Fussing in der Provinz Fokieng al» Vertragshafen zu öffnen. (Fortsetzung de» Texte» in der 1. Beilage.) Oesterreich-Ungarn. Zur iuucren Lage * Wie», 27. März. Neulich hat das Prager Oberlandes gericht dem Bezirksgericht in Saaz aufgetragen, die Auf schriften und Anschläge im Bezirk zweisprachig anzu bringen. Die Deutschen demonstrirten dagegen. Nun wird aus Saaz gemeldet, die Maßregel sei bis auf Weiteres sistirt worden. Dies ist offenbar auf Weisung des Grafen Thun geschehen. * Prag, 27. März. Es beginnen hier wieder die An» griffeaus diedeutschen Studenten. Vorgestern wurde auf dem Graben Vormittags einem Studenten ohne Anlaß die Couleurkappe vom Kopfe geschlagen. Abends gegen zehn Uhr wurden zwei Studenten und ein Beamter der Finanz- landesdirection wegen Deutschsprechens von fünf unbekannten Burschen überfallen und mit Stöcken mißhandelt. Der Jurist Lehner erhielt einen solchen Schlag auf den Kopf, daß er bewußtlos niederstürzte. Um >'28 Uhr versuchte ein Trupp von 150 jungen Leuten zum Reuen Deutschen Theater zu gelangen, wurde zwar von der Polizei daran gehindert, zog aber dann zum deutschen WirtbshauS Heine in den Wein bergen, wo Fensterscheiben eingeworfen wurden. (Voss. Ztg.)
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