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MsdrufferTageblait Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Postscheckkonto Dresden 2640 dem Zahre 4844 Erscheint seit Erscheint bis auf weitere« nur Montag«, Mittwoch« u. Freitag« nachmittag« S Uhr für den folgenden Tag. Sezugspret« bet Gelbftabholung monatlich Ml., durch unser- AusirLger zugetragen in der Stadt monatlich M!., auf dem Lande Mk., durch di« Post bezogen rlerteljshrlich Mt. mit Zustestungsgebsthr. Alle Postanffalten und Postboten sowie unsere Ausiräaer und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Im Falle HSHerer Gewalt, Krieg «der sonstige r Aetriebsstärungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung de« Bezugspreise«. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger nnd Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für de» Inseratenteil: Arthur Zschuute, beide i« Wilsdruff. Zns-rttonspr-i« MI. für die s gespaltene Korpuszelle oder deren Raum, Reklamen, dle r spaltige Korpuszelle MI. Bei Wiederholung und Zahresauftrag entsprechender Preisnachlaß. Bekanntmachungen im amtlichen Teil snur von Behörden) die 2 gespaltene Korpuszelle Mk. Rachwelsungs-Sebühr pfg. Anzeigenannahme bis vormittags 1« Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabatt» anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden must »der der Auftraggeber in Konkurs gerät. 82 Aatzrgasrg. Nr 41. Dienstag / Mittwoch 10. /11. April 1923 Die nach § 16 der Bestimmungen über die Einrichtung, Reinhaltung und Prüfung der pneumatischen Bierdruckoorrichtungm im Bezirke der Amtshauptmannschaft Meißen vom 30. Dezember 1907 zu erhebenden Gebühre» für Prüfungen der Bierdruck- vorrichtnnge« sind mit Genehmigung des Bezirksausschusses anderweit erhöht worden und berragen nunmehr: 1. für die erstmalige Prüfung einer Handdruckpumpe oder einer sonstigen Bier- druckoorr chtung, sowie die erste Prüfung wesentlich veränderter Bierdruck- an'.agm 300 Mk. 2. für jede ordentliche Prüfung: a) einer Vorrichtung mit einer bis drei Leitungen ..... 200 „ d) für jede weitere Leitung 60 „ mehr c) eine bis drei Handdruckpumpen 200 , 3. für jede Nachprüfung 300 „ Diese Bestimmungen treten mit dem 1. April 1923 in Kraft. Meißen, am 31 März 1923. Nr. V 8 Ile. Die Lmtshauptmanuschaft. Druschkohlen. Damit die Druscharbeiten im kommenden Wirtschaftsjahre möglichst beschleunigt werden, stellt di« Amtshauptmannschaft bereits heute schon Steinkohlen und Briketts für Druschzwecke zur Verfügung. Bis spätestens den 18. Ap'il 1923 sind der Amlthauptmannschaft schriftliche An träge einzureichen umer Angabe dec verschiedenen Arten und Mengen der g-wünschlen Kohle und des zum Ausdrusch gelangenden Getreides. Die zuständige Gemeindebehörde hat das Vorhandensein eines DampfdruschsatzeS auf den Anträgen zu b-scheinigen. Unvollständige oder später eingehende Anträge können nicht berücksichtigt werden. Meißen, am 7. April 1923. II. 8.. 50. »r» Die Amtshauptmannschaft. Ab 1. März 1923 treten laut StadtratSbeschluß zu der Grundmiete gemäß Reichsmieten- gesetz folgende Zuschläge: Zinsendienst 35»/o, Betriebskost,n 6000»/,, laufende JnstandsetzungS- arbeiten 1025«/,, große JnstandsetzungSarbeiten 80»/,, sodaß der Gesamtzuschlag 7140«/, oder das 72,4fache von der Grundmiete beträgt. Von Festsetzung der Zuschläge zur Grundmiete für dar 2. Vierteljahr hat der Stadtrat zurzeit abgesehen; es soll erst die 3. Ausführungsverordnung zum Reichsmieten« gesetz abgewartet werden. Bis dahin sollen aber obengenannte Sätze Anwendung finden. Wilsdruff, am 7. April 1923. is«. Der Stadtrat. Dir bitt» WM, jWM bi; mmittG 10 AK «ifMben. Kleine Zeitung für eilige Leser. Die Verhandlung gegen die Direktoren der Firma Krupp ist auf die nächste Woche verschoben worden. * In Memel ist als Protest gegen die litauische Besetzung der Generalstreik ausgebrochen. * Die Gesamtsumme der von den Franzosen „beschlagnahm« ten" Neichsbankgelder übersteigt bereits 27 Milliarden Mark. * Auf Grund der Reise LouchcurS nach London werden in der englischen und französischen Presse weitere Erörterungen über die Verständigungsmöglichkeiten angestellt. * Durch die Eraebniffe der kanadischen Sonnenfinsternis« Expedition ist die Einsteinsche Theorie bestätigt worden. Ser Zwang der Tatsachen. Zuweilen erlebt man selbst in diesen bewegten Ze!feit Dinge, die Lurch ihre Eigenart unser besonderes Interesse und lächelndes Aufmerken zu erwecken wissen. Selbst, wer nur dann unv wann einen Blick übrig hat für das Getriebe und das Gegeneinander der politischen Parteien in Deutschland, wird mehr als einmal aus leidenschaftliche Angriffe der Zeitungen der verschiedensten politischen Lager gegen die Haltung der deutschen Filiale des russi schen Bolschewismus gestoßen sein, und er wird ferner wissen, daß zu den geschworensten Gegnern der Kom munisten erstens die in neuerer Zeit allerdings zu einem kleinen, unbeträchtlichen Häuflein zusammengeschmolzenen Unabhängigen gehören und sodann die früheren Mehrheitssozialisten und jetzigen Bereinigten Sozialdemokraten. In den letzten Monaten drehte sich nun dieser Bruderzwist im Hause des Linksradikalismus natür lich in erster Linie um das N Uhrproblem und, wie schon vorher hinsichtlich der Haltung der Kommunisten im Rheinlande, so beanstandete man es jetzt, nur noch wesent lich schärfer, daß die Jünger Moskaus auch im Ruhrgebiet sich einer ungewöhnlich freundlichen Behandlung durch die Franzosen rühmen dürften, sie selbst aber allerdings be haupteten immer, daß ihre Propaganda gegen Len franzö sischen Militarismus ausnehmenden Erfolg Habe und für Deutschland indirekt nicht ohne Nutzen sei . . . Aber auf der anderen Seite wurde hervorgehoben, daß sich unter den Ausgewiesenen in der Hauptsache Bürgerliche und sodann Sozialdemokraten niemals aber Kommunisten befänden. Bürgerliche Versammlungen wurden von den Franzosen massenweise verboten, kommunistische aber durften unbean standet stattfinden. Dann kam das Blutbad von Essen, und das Berliner Zentralorgan Ler Kommunistischen Partei, die Note Fahne, schrieb im Anschluß daran einen Artikel, der von der bürgerlichen Presse mit Empörung ausgenommen wurde. Es hieß darin nämlich, daß die französischen Sol daten von den Krupp-Arbeitern herausgesordert, beschimpft und mit Steinen beworfen seien, und daß «die Krupp-Ar beiter dazu von nationalistischen Hetzern aufgewiegelt wor den wären. Das waren Behauptungen, die z. B. von dem holländischen sozialistischen Hauptorgan als nackte Lügen bezeichnet worden sind, und es war selbstverständlich, daß die französische Propaganda sie sich sofort zu nutze machte und erklärte: „Da seht ihr, wie recht wir haben, wenn wir sagen, daß nicht unsere Soldaten, sondern die deutsche Hetze den Massenmord herbeigeführt hat.* Wenn man nun aber nach alledem Len Eindruck haben mußte, daß dergleichen eben immer nur wieder in Deutsch land möglich ist, und wenn ferner in diesem besonderen Falle sofort die Empfindung laut wurde, daß die Behaup tung des kommunistischen Parteiorgans nicht ungestraft aufgestellt worden sein würde, so sah man sich in dieser Er wartung auch nicht enttäuscht. Zunächst scheint es, als ob dadurch in der Esse ne r Arb e ite rscha ft eine berech- ugre unv starre Erregung hervorgerufen worden tst. Dorr wußte man nämlich mehr als genaue daß die Blutopfer des französischen Militarismus keinerlei Angriffe unter nommen hatten. Die Essener Arbeiterschast wird sich ferner mit Recht dadurch beleidigt gefühlt haben, daß sie sich wie eine Hammelherde von irgendwelchen Provokateuren ver führt haben lassen sollte. Kurz und gut, man merkte Wohl in der Leitung der Kommunistischen Partei Deutschlands, daß etwas faul im Staate Dänemark schien«, und Lie Folge war nun ein Vorgang, von dem wir eingangs sagten, daß er durch seine Besonderheit lächelnde Aufmerksamkeit Her vorrufen mußte. Es erfolgte nämlich prompt von der Zen trale der Kommunistischen Partei eine scharfe Zu rechtweisung an die Adresse des offiziellen Partei organs, und zwar des Sinnes, daß die Haltung der Roten Fahne weder den Interessen der Partei, noch denen der deutschen Arbeiterschast entspreche. Wir erleben also das immerhin nicht ungewöhnliche Schauspiel, daß diejenige Partei, die die Autorität des jetzigen Staates immer mit besonderer Leidenschaft be kämpft hat, in der gegenwärtigen Lage des Reiches sich dem Zwange der Tatsachen nicht zu entziehen ver mag, und darin liegt indirekt für die anderen Parteien eine Rechtfertigung und eine Erfahrung, die gerade im jetzigen Augenblick von großem moralischen W e r t ist. Der Umstand nämlich daß sich sogar die Kommunisten Lem großen Kampf des deutschen Volkes einfügen müssen, beweist einwandfrei, wie stark das gute Recht Deutschlands ist. Wäre es anders^ dann würde nämlich der häusliche Zwist in der kommunistischen Familie nicht zu verzeichnen sein, und darum verdient er es auch als ein durchaus nicht uninteressantes Zeichen der Zeit näher beleuchtet zu werden. Loucheur oder poincare? Zweifelhafte Einigungspläne. In der englischen und französischen Presse wird die Reise Loucheurs nach London weiterhin ausgiebig erörtert. Loucheurs Besuch wird als der wichtigste Schritt von fran zösischer Seite betrachtet, der dazu bestimmt gewesen sei, zu erkunden, welche Ansichten in England vorherrschten. Ler britischen Anschauung zufolge sei Poincarss Ruhrpolitik gescheitert. Die Mission Loucheurs habe seststellen sollen, welche Hal tung England im Falle von Verhandlungen mit Deuisä^- land einnehmen würde. Zunächst verharrt die englische Negierung auf den Plänen Bonar Laws, die der Pariser Konferenz im Januar vorgelegt worden waren. Es wird erklärt, man dürfe Deutschland nicht zwingen, „Sicherungs bedingungen' wie Lie Nhein-Saar-Nepublik und die Ver minderung der deutschen Gebietshoheit anzunehmen. Das würde nur neue Verbitterung schaffen, die wieder jede Sicherheit illusorisch machen würde. * Lloyd George kritisiert den Völkerbund. In einem neuen Artikel setzt Lloyd George auseinander, daß der Völkerbund feiner wichtigen Aufgabe nicht gerecht geworden sei und die Probleme, wie die Repa- rationsfrage, die den Frieden Europas gefährdet, überhaupt nicht in Angriff nehme. Der Völkerbund werde seine Aufgab« der Friede.'ssicheruna erfüllen können, wenn er durch die E i u- be Ziehung Rußlands, Deutschlands und Amerikas eine wahrhafte Gesellschaft der Völker geworden ist, Die große Enttäuschung^ Frankreich und die Ruhrkohle. Das Pariser Blatt „Echo National' veröffentlicht eins Liste über die wirtschaftlichen Ergebnisse des Nuhrunternehmens bis Mitte März, deren ohnehin be scheidene Zahlen über den Abtransport von Koks und Kohle aus dem Ruhrgebiet für Frankreich und Belgien immer noch zu hoch gegriffen sind. Nach der Liste des „Echo National" sollen abtransportiert worden sein: nach Frankreich 31 509 Tonnen Kohle und 23 725 Tonnen Koks; nach Belgien 13137 Tonnen Koks und 1465 Ton nen Kohle; nach Italien 160 000 Tonnen Kohle und Koks; nach Luxemburg 8 289 Tonnen Kohle; nach Holland 88 537 Tonnen und nach der Schweiz 24 898 Tonnen Kohle. Die Franzosen haben also, so erklärt der Bericht erstatter, während anderthalb Monaten täglich zwei Kohlenzüge erhalten, während vor der Besetzung 47 Kohlenzüge täglich nach Frankreich gingen. Die Nuhrbesctzung hat den Franzosen einschließlich Belgiens und Luxemburgs bisher 78125 Tonnen Kohlen und Koks eingebracht, während nach Holland, der Schweiz und Italien in der gleichen Zeit 273 534 Tonnen abgingen. Räuber und Woribrecher. Über 27 Milliarden beschlagnahmt. Zu der wachsenden Ungeniertheit, mit der die Fran zosen Neichsbankgelder beschlagnahmen, wird von zustän diger Stelle mitgeteilt, daß diese beschlagnahmten Gelder bisher eine Höhe von etwas über 27 Milliarden Mark erreicht haben. Besonders charakteristisch tst ein Fall, der in der letzten Woche einen Geldtransport von Frankfurt nach Wiesbaden bettoffen hat. Es wurden 9 400 450 000 Mark von den Franzosen beschlagnahmt, trotzdem die zuständige französische mili tärische Stelle in Wiesbaden zugesichert hatte, daß dies« Transporte unbehelligt bleiben sollen. In früheren Fällen ist auch entsprechend dieser Zu sicherung verfahren worden. Auf Vorstellung der Neichs- bankstelle Wiesbaden wurde die Freigabe des Geldes in Aussicht gestellt, sofern das Geld nicht für Gehaltszahlun gen an Eisenbahnbeamte Verwendung finden sollte. Es ist auch schriftlich bestätigt worden, daß die Mittel ledig lich zu Lohnzahlungen an industrielle Arbeiter und für die Verteilung an Privatbanken zur Erledigung ihrer Wechsel geschäfte dienen sollten. Eine Freigabe des Geldes ist aber nicht erfolgt. Der französische Hauptmann er klärt sich nunmehr nicht mehr für befugt, allein darüber zu entscheiden, und General Degoutte hat nach Rücksprache ; mit Poincarö angeordnet, daß das Geld in Belgien nud Frankreich für rückständige Reparations leistungen Verwendung finden soll. Es liegt in diesem Fall ein glatter Wortbruch der Franzosen vor, Die Vorbereitung -er Trauerfeier. Den Franzosen Zurückhaltung besohlen. Die für Dienstag in Essen anberaumte Beerdi gung der am Karsamstag erschossenen Kruppschen Ar beiter wird zu einer riesenhaften Trauerkund gebung der ganzen Bevölkerung von Essen gestaltet werden. Auf dem Wege zum Friedhof werden Mitglieder der Gewerkschaften ein fortlaufendes Spalier bilden, um die Toten zu ehren und um die Ordnung zu sichern. Den französischen Soldaten ist für den Tag der Beerdigung Zurückhaltung befohlen worden. In den Straßen, die der Letchenzug passiert, sollen sich die dort ausgestellten fran zösischen Posten hinter den verschlossenen Haustüren aufhalten. Während des Vorüberzieheus des Leichenzuges darf nach dem Befehl des Division s- generals kein französischer Soldat sich in den betreffenden Straßen am Fenster seiner Wohnung oder des Wacht- lokals zeigen.