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Gp««abe»d. Eeipzig. Di- A«Um,g erscheint mit «usntyme de« Montag« täglich und wird Nachmittag« 4 Uhr au«- gegeben. Preis für da« Vierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelne Nummer S Rgr. —- Nr. 125 -— ... . I : DtiW Mgmtiiie Zcitmg. -Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz.!» Mai 18S«. Zu beziehen durch alle Postämter de- In- und Au«lande«, sowie durch die Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). JnsertionSgebühr für den Raum einer Zeile S Ngr. LeNtschland. Aus SÜdhePtschlaud, 28. Mai. Die preußisch-österreichischen Dif ferenzen über die Ban deSre form frage beschäftigen Publicum und Presse SüddeutschlaNd« lebhafter, al- man vielleicht selbst in denjenigen Kreisen geglaubt und gewünscht hatte, welche die vorläufig wol noch keineswegs bestimmt formulirten Plane in die Orffentlichkeit „tranSspiriren" ließen. Dee Eifer, womit namentlich diejenigen Organe gegen Oesterreich plaidiren, welche man für dirigirt vom berliner Preßbureau hält, mußte umsomehr auffallen, als andere Stimmen von gleicher Richtung noch vor kurzem die bekannten bairischen Anträge beim Bunde abfällig beurtheilt und ihre Zwecke auf den Weg der Sonderverträgi verwiesen hatten. Denn obgleich Die Sympathien für Oesterreich durch da- Concordat und sein Verhalten im orientalischen Kampf« in der süddeutschen Bevölkerung keineswegs ge- wachsen sind, so konnte doch eine so absolut verneinende Aufnahme, wie sie dir bairischen Anträge und dann die angeblichen österreichischen Anre- gungen in den Organen der preußischen Politik fanden, noch weniger ver gessen machen, daß die ministerielle «Zeit» sich ihrerzeit auch ebenso gering- schähig und wegwerfend über die Boten der süddeutschen Kammern betreffs der Bundesreformen geäußert hatte. Wenn die Organe desjenigen Staats, sagt man, welcher überall und naturgemäß seine nationale Aufgabe betrat, dennoch alle Anregungen zur Verbesserung der Bundesverhältnisse bloS mit Verneinung und ausschließlich mit gereiztem Abweis beantwortet, soll sich da das Vertrauen nicht dahin wenden, von woher wenigstens irgendwelche Ideen für eine weitere Entwickelung des nationalen Bundeslebens kom men? Allerdings fürchtet jeder politisch Einsichtige aus den bekannten, tausendfach abgehandelten Gründen, und selbst der Instinkt der Masse das Ziel Oesterreichs, seinen Gesammteintritt. Aber wenn eine und die andere Zeitung, welche sich entschiedener zu Preußen hinneigt, in langwierigen Artikeln über Bundesreform doch schließlich nur die vom Jahre 1850 so ganz tobt getretene Idee der Union reproducirt, so erkennt auch Jeder, daß die- dem Vorgehen der österreichischen und bairischen Anregungen gegen über doch nur ein theoretischer Abwehrkampf ohne dahinterstehende produc tiv« Willenskraft ist. Man darf von der öffentlichen Meinung nicht er warten, daß sie ihre politischen Neigungen blos nach objectiven Principien und festgestellten Grundsätzen feststellt; sie steht immer mehr oder weniger unter dem. Eindruck der Augenblicks. Wunsch, Drang und Bedürfniß nach einer nationalen Kräftigung nach außen und innen steht allerdings stst und festes, als man in manchen Kreisen nach der äußerlichen Erschlaf fung der letzten Jahre glauben mag. Allein eben weil diese Empfindungen fo stark sind, greifen sie, wir möchten sagen gierig, nach jedem Hoffnungs- fchimmer, der ihnen eine Gewährung oder doch eine Abschlagszahlung ver- heißt. Baiern steht dem übrigen süddeutschen Leben weit abgeschlossener gegenüber als Württemberg, Baden rc.; auch ist sein jetziges Staatsprincip durchaus nicht populär, selbst nicht in den katholischen und katholisirenden Kreisen. Man hätte seine Anträge beim Bunde, besonders da sie sich ^uch direkt als Zurückschiebung der politischen Nationalanliegen geben, weit lieber von einer andern Seite gestellt gesehen. Dennoch ist Baiern durch dieselben in den süddeutschen Sympathien gewachsen; denn es redete doch Mindestens nach einigen Richtungen hin der nationalen Concentration das Wort. Welche Veranlassungen die Sympathien für Oesterreich neuestens wieder tief herabgedrückt hatten, ist schon oben erwähnt. Das dadurch erregte MiStrauen in seine Politik, soweit sie deutsche Interessen betrifft, war noch durch den Vertrag vom 15. April erhöht worden, solange man nach dem Zetergeschrei norddeutscher Blätter glauben mußte, auch vor Preußen sei der Abschluß ver heimlicht und diese- grundsätzlich davon ausgeschlossen worden. Seitdem jedoch di« «Zeit» eingrstand, daß Preußen der Beitritt „nahegelegt" gewesen sei, jtp«S Zetergeschrei sich also mindestens als unberechtigt, ja fast als absicht lich unwahr erweist, haben die Ansichten über Oesterreichs Rolle bei Ab- fchluß jenes Vertrag- einer sehr entgegengesetzten Anschauung Platz gemacht. Man findet nicht mehr bei ihm den stärkern Mangel an Rücksicht auf die deutschen Interessen, man findet es selbst in seiner Würde begründet, daß «S sich der Wahrscheinlichkeit eines Abweist- seiner etwaigen Einladung Preußen- zum Beitritt nicht aussetzte, nachdem dieses den nahegelegten Bei tritt mit der abermaligen Weigerung gegen die Uebernahme einer verpflich tende» Bürgschaft beantwortet hatte. Upter diesem Eindruck mildern sich aych manche schwere Bedenken gegen, seine nationalen Reformplane in der öffentlichen Meinung. Man ruft von anderer Seite umsonst immer von neuem die Erinnerung an das Concordat herbei; die Gegenfrage lautet: M dir Ultramontanismus in. Preußen nicht fast ebenso mächtig und dabei dä- protestantische Kirchenthum in einer Auflösung begriffen, wie man sie and«r»wo kaum kennt? Kerner behaupten manche Summen, Oesterreichs Tendenz bei seinen nationalen Reformplanen sei die theilweife Mediatisi- rung der kleinstaatlichen Souveränetät. Abgesehen davon, daß dies öster reichischerseits mit Entrüstung geleugnet und von der andern Seite wenig sten- ohne Beleg behauptet wird, fragt das Publicum: Was wollte die Union, wa- will die hier und da neuauftauchende Paraphrase ihrer Idee Anderes? Nicht um irgendeine Meinung abzugeben, sondern nur um die süddeutschen Stimmungen anzudeuten, führen wir dies Alles an. Jeden- falls ist gegenwärtig Preußen- Stellung in Süddeutschlands öffentlicher Meinung schwierig genug. Nach unserm Dafürhalten ist eS aber besser, in einem zukunftschwangern Momente die Thalsachen und Stimmungen der lebendigen Welt so zu bezeichnen, wie sie sind, als mit einem abstrakten Doktrinarismus sich selbst darüber zu verblenden und Ändere täuschen zu wollen. Preußen. -7>Berlin, 2S. Mai. Wir haben bereits früher, als die die Donaufürstenthümer betreffende Frage auf dem pariser Con- gresse diScutirt wurde und der Friede noch nicht abgeschlossen war, darauf aufmerksam gemacht, daß es mit der Räumung jener LandeStheile durch die österreichischen Truppen etwa- länger dauern dürfte, al- man vielfach glaube. Wir haben jetzt auf diesen Punkt zurückzukommen, einmal deshalb, weil die betreffende Frage die allgemeine Aufmerksamkeit demnächst wieder in er höhtem Grade auf sich ziehen wird, und sodann auch aus dem Grunde, weil gewisse neue officiöse „Berichtigungen" ganz danach angethan scheinen, das öffentliche Urtheil über die factische Sachlage verwirren zu sollen. Be- kanntlich soll sich, eine Commission, zu welcher jede der Großmächte sowie auch die Türkei ein Mitglied absendet, nach den Donaufürstenthümcrn be geben, um sich dort an Ort und Stelle über den Stand der Dinge genau zu informiren und dann auf Grund der gemachten Erfahrungen die nölhi- gen Vorschläge in Betreff derjenigen Punkte zu machen, welche als Basis für die künftige Organisation der Donaufürstenthümer dienen sollen. Es ist ferner bekannt, daß der Sultan sowol in der Moldau als auch in der Walachei einen Divan einberufen soll, welcher so zusammengesetzt sein muß, daß derselbe die vollständigste Repräsentation der Interessen aller Classen der Bevölkerung bildet, Aufgabe dieser beiden Divan- soll sein, den Wün schen der Bevölkerung in Bezug auf die definitive Organisation der Für- strnthümer Ausdruck zu geben. Haben die beiden Divans diese ihre Auf gabe erfüllt, so hat die Commission unter geeigneter Berücksichtigung der von der Landesvertretung der Fürstenthümer ausgesprochenen Wünsche das Resultat ihrer eigenen Arbeit sofort nach Paris zu senden, von wo aus dann das Weitere erfolgen soll. Die übrigen Bestimmun gen sind nur sekundärer Natur, und es kann von denselben darum für unsern Zweck umsomehr Umgang genommen werden, als die sich bieten den Schwierigkeiten zunächst eben nur in den angedeuteten Hauptpunkten beruhen. Die Commission wird nun demnächst ihre Arbeiten beginnen. Das Interesse Oesterreichs und der Türkei einerseits und Frankreichs und Englands andererseits steht sich bei diesen Arbeiten diagonal gegenüber. Was Preußen und Rußland betrifft, so wirb, im Allgemeinen, anzuneh- men sein, daß sie auf der Seite der Westmächte stehen. Zur bessern Klä rung der Sachlage wird es angemessen sein, daran zu erinnern, daß Ali- Pascha und Graf Buol auf der pariser Conferenz dem von Frankreich und England unterstützten Projekt einer Vereinigung der beiden Fürlienthümer aufs entschiedenste entgegengetreten sind. Der Grund dazu liegt nahe. Ein auch nur einigermaßen geschlosst» er und in sich befestigter Staat an der untern Donau kann dem österreichischen Interesse so wenig als dem türkischen zusagen. Demselben Interesse entspricht auch nicht die Schaffung liberaler Institutionen in jenen LandeStheilen, und darum kommt es, neben dem Antagonismus gegen das wcstmächtliche VereinjgungSproject, nament lich auch darauf an, vorzusorgen, daß die von der Landesvertretung der beiden Fürstenthümer auszusprechenden „Wünsche" das dem österreichisch türkischen Interesse zusagende Maß nicht allzu sehr übersteigen. Es leuchtet ein, daß unter solchen Umständen Oesterreich vor allen Dingen daran ge legen sein muß, daß seine Truppen vorderhand noch in den Donaufürstrn- thümern verbleiben, und wenn es auch nicht selbstverständlich, so ist es nach dem Gesagten doch begreiflich, wenn der Sultan, gut oder übel berathen, in einer Verlängerung der Occupation gleichzeitig auch sein eigenes Interesse gewahrt zu sehen glaubt. Ein solches Ucbereinkommen ist nun auch zwischen der Türkei und Oesterreich geschlossen worden. Welch« Form man dazu gewählt hat, lassen wir dahingestellt; genug, das Ueberrinkommen ist da, und wenn man sich so viele Mühe gibt, das hierher Gehörende in Abrede zu stellen, so beweist da- eben nichts, als daß eS unangenehm berührt hat, oaß von der betreffenden Verabredung schon so früh etwa- bekannt worden ist. Ob eS Oesterreich gelingt, die andern Höfe, und namentlich Frankreich, für seine Plane umzustimmen, bleibt dahingestellt; jedenfalls ist es Thatsache, daß die österreichische Diplomatie in diesem Sinne thätig ist. Höchst belehrend für den von uns besprochenen Gegenstand sind die neuesten telegraphischen Depeschen au- London und Wien. Zunächst wird nämlich au- London ge-