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BautzenerD Nachrichten. Verordnungsblatt der Krelshauptmannschaft Bantzcn als Konsistorialbehörde der Oberlaufitz. AmtsbtaL1 der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, d^S Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträtt zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- und Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweiset Täglich abeudS mit Ausnahme der Sonn- uod Feiertage. Schriftleitung und Geschäftsstelle: Bautze«. Innere Lauenstraße 4. Fenrsprecher: Nr. 5t. — Drahtnachricht: «ml-blatt, Bautzen. Bezugspreis pro Monat: Bei Abbolrma ln der MelckSstSstelle —.90 bei Keter Z«sk0»n' ks t>n»S 1.— 4t Anzeigenpreis: Die 6qcfpaltcne Petitzeile oder deren Raum 15 Pfennige, in geeigneten Füllen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Jgcspaltene Petitzelle 50 Pfennige. «r. 24S. Mttmoch, den LV. Oktober lUlv, abends. 120. Jahrgang. TuS Wichtigste vom Tage. * Der K a i s e r, die K a i s e r i n und Prinzessin Viktoria Luise sind gestern nachmittag zum Besuch des belgischen Königs hofes in Brüssel eingetrofsen. * In Leipzig-Land siegte bei der Landtagsersatz- wahl der nationalliberale Or. Zöphel mit fast doppelter Stim menzahl über den Sozialdemokraten. *Jn Frankreich wurde eine Verschwörung von Terroristen entdeckt, die die höchsten Staatsbeamten als die Feinde des Eisenbahnerstreiks ermorden wollten. * In der französischen Kammer kam es in der Eröffnungs sitzung zu furchtbaren S k a n d a l s z e n e n. Namentlich wurden wegen ihrer Haltung beim Eisenbahnerstreik der Pariser Polizei- prüfekt Lepine und der Ministerpräsident Briand ron den So zialisten aufs schärfste angegriffen und beschimpjt. Letzterer er klärte den Streik als den Versuch einer anarchistischen Er hebung, wofür die Regierung Beweise und Geständnisse der Streikführer besitze. Das griechische Parlament ist aufgelöst worden: die Wahlen für eine neue revisionistische Kammer sind aus den 2». No vember, die Eröffnung der Session auf den 8. Januar nächsten Jahres festgesetzt. Der neue portugiesische Finanzminister stellte ein Defizit von 800 Millionen in der Staatskasse fest. Der türkische Finnnzminister Dschaoid Bey hat den deut schen Botschafter ausgesucht, mit dem er eine längere Unter redung hatte, vermutlich in der A n l e i h e f r a g e. * In Magdeburgist Oberleutnant Mente mit seinem Wright-Apparat abgestürzt und war sofort t o t. * Die Zahl der bei den U e b e r s ch w e m m u n g e n in Süditalien ums L e b e n, g e k o m in e n e n Personen wird auf 200 geschätzt. Die angerichteten Verwüstungen sind enorm. * Wetteraussicht für Donnerstag: Heiter, leichter Frost, trocken. * Ausführliches siehe an anderer Stelle. Die Verjüngung unseres Offizierkorps. Die großen Erfolge der Kriege von 1864—1870/71 be ruhen zum allergrößten Teile auf der Wilhelminischen Heeresreform. Man ist immer geneigt, lediglich in der Vergrößerung der Heeresmassen den Erfolg dieser Reform zu sehen, und vergißt dabei, daß auch unser Offizierkorps eine ungeheure Verjüngung erfuhr. Die Hauptleute waren damals noch verhältnismäßig junge Männer, und die Ma jorskantillen trugen nicht nur Leute, die schon ergraut waren. Heutigen Tages altert unser Offizierkorps ganz bedenklich. Nach achtzehnjähriger Dienstzeit avanciert man zum Hauptmann, und zum Charakter Major werden die meisten Offiziere erst im Alter von etwa 47 Jahren be fördert; während die Stellung als Bataillons-Komman deur meist erst mit 50 Jahren erlangt wird. Gewiß, es gibt Ausnahmen, das sind die sogenannten Springer, die Herren, die zum Eeneralstab, zum Kriegsministerium oder zur höheren Adjutantur gehört haben. Wenn unsere höhere Generalität nicht überaltert sein soll, so sind wir geradezu zu diesen Maßnahmen gezwungen. Der Kom mandeur eines Kavallerieregiments muß fest im Sattel sitzen, wie irgend einer seiner Offiziere, und ein Jnfanterie- oberst darf sich durch Manöverstrapazen nicht unterkriegen lassen. Wenn aber jemand bald 60 Jahre alt wird, so ist ein Manöver keine kleine Körperleistung mehr. Daher kommt auch manchmal das Bestreben unserer Stabsoffi ziere, jünger zu erscheinen, als sie in Wahrheit sind. Bei der Marine liegen die Verhältnisse bekanntlich bedeutend besser. Dort wird die Stellung eines Stabs offiziers selten später als mit dem vierzigsten Lebensjahre erreicht. Die enorme Vergrößerung unserer Flotte hat in dieser Beziehung segensreich gewirkt. Zur Admiralität gelangt aber naturgemäß immer nur ein kleiner Teil der Offiziere. Nun sind ja im Landheer auch nur bei der In fanterie die Verhältnisse besonders schlecht. Bei Ka vallerie, Artillerie und Genietruppen liegen die Beförde rungen günstiger. Bei der Kavallerie ist besonders aus- schlaggebend, daß ein großer Teil des Offizierkorps den militärischen Beruf nicht als Lebensberuf ansieht, sondern nach vielleicht zehn- oder zwölfjähriger Dienstzeit an die Bewirtschaftung seiner Güter geht. Für die Eüterverwal- tung ist das ja meist kein Vorteil, für das Heer aber wer den auf diese Weise billig Subalternosfiziere gewonnen, ohne daß der Staat Sorge um ihr künftiges Fortkommen zu haben braucht. Bei der Infanterie aber herrscht an- erkunnterweise Offiziersmangel, und trotzdem ist das Avancement so schlecht, daß nicht nur im persönlichen In teresse der Offiziere, sondern auch im Interesse des Staates diesem Zustande ein Ende gemacht werden muß, weil wir sonst bedenkliche Schäden im Falle eines Krieges zu er warten haben. Vielfach wird daher der Vorschlag gemacht, die Zahl der Offiziere noch mehr zu beschränken, und die fehlenden Zugführer durch Unteroffiziere zu ersetzen. Gewiß sind in unserem Unteroffizierkorps eine große Anzahl von Leuten, die die Qualifikation zum Zugführer haben, aber nament lich bei der Infanterie pflegen die Unteroffiziere selten über das zwölfte Dienstjahr hinaus zu kapitulieren. Daher hat man daran gedacht, einen besonderen Grad von Unter offizieren zu schaffen, die Feldwebelleutnants, die dann auch zugleich nicht Untergebene des Kompagniefeldwebels wären. Solch eine Zwischenstellung zwischen Offizier und Unteroffizier ist aber immer ein mißliches Ding. Zudem gibt es ja schon längst Unteroffiziere, die Offiziersdienst- tuer sind, die Vizefeldwebel und Vizewachtmeister. Bei jeder Kompagnie steht neben dem Feldwebel ein Vizefeld webel, außerdem können ältere Sergeanten zu überzähligen Vizefeldwebeln ernannt werden. Der Rang eines Vize feldwebels resp. Vizewachtmeisters ist in der Armee sehr beliebt, haben sie doch bedeutende persönliche Freiheiten, sie haben ständigen Nachturlaub, sie brauchen das Gewehr und zumeist auch im Dienst den Tornister nicht zu tragen, und die Uniform selber sieht ja auch recht schmuck aus. Warum aber läßt man nicht auch die Unteroffiziere, die Vizefeldwebel werden wollen, zuvor, etwa im fünften Dienstjahre, eine theoretische und praktische Offizierdienst- tuer-Prüfung machen, und befördert sie dann schon im sechsten Dienstjahre zu Vizefeldwebeln? Warum gibt man ihnen nicht dann auch sogleich das volle Vizefeldwebel- gehalt, das zudem einer Erhöhung bedarf? So würde man mit einem Schlage viele und gerade die tüchtigsten Unter- offizere zum Weiterlapituliecen bringen. Ein Arbeiter kann nach Arbeitsschlutz machen was er will, ein dreißig jähriger Sergeant aber muß erst um Erlaubnis bitten, wenn er einmal im Winter nach elf Uhr ausbleiben will. Das schreckt viele junge Leute und geeignete Elemente vom Kapitulieren ab. Etwas mehr Freiheit ist namentlich un seren Unteroffizieren schon zu gestatten. Das würde manchem jungen Mann den Entschluß zum Kapitulieren leichter machen, und namentlich wenn er Offiziersstellvertreter ist, so muß er auch mehr wie ein Offizier behandelt werden. Die Institution des Vizefeldwcbels ist gut, ein Ersatz durch den Feldwebelleutnant ist unnötig, wenn man durch ein Examen unfähige Elemente ausschließt, dann aber kann man auch die Zahl der Berufsoffiziere so einschränken, daß das Avancement für den einzelnen brauchbaren Offizier besser wird, auch wenn er kein „Springer" ist. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Landeskulturrat und Wertzuwachssteuer. Der Landes kulturrat für das Königr. Sachsen war bei der König!. Staatsregierung mit dem Bestreben hervorge treten, in Rüchsicht auf die besonderen Verhältnisse der dem Eärtnereibetriebe unterliegenden Grund stücke diese von der Wertzuwachssteuer freizulassen oder bei deren Bewertung doch auf die bei ihnen vorhandenen be sonderen Verhältnisse entsprechende Rücksicht zu nehmen. Es handelt sich dabei um die Erhebungen, die auch in Sachsen im Auftrage der Reichsregierung über die Wert zuwachssteuer erfolgten. Die sächsische Staatsregierung hat darauf dem Neichsschatzamte von den fraglichen Be strebungen Mitteilung gemacht und von dort ist die Er widerung eingegangen, daß bei der Gestaltung des Ent wurfes eines Zuwachssteuergesetzes besonders darauf Be dacht genommen werden müße, jede Sonderbehandlung einzelner Grundstücksgruppen zu vermeiden. Man habe es sich daher versagen müßen, bei der Vorbereitung des Gesetz entwurfes den Anregungen des Landeskulturrates auf Freilassung oder vorzugsweise Berücksichtigung von Eärt- nereigrundstücken Folge zu geben, zumal die Umstände, die für eine erhöhte Schutzbedürftigkeit dieser Grundstücke an geführt worden seien, mehr oder minder bei allen Grund stücken gegeben zu sein schienen, die ohne Rücksicht auf ihren Wert als Bauland einem gewerblichen Betriebe dienen. Die Angelegenheit wird voraussichtlich in der bevor stehenden Plenarsitzung des Landeskulturrates zur Sprache kommen. Weiter hat der Landeskulturrat die sächsische Re gierung ersucht, in der zu erwartenden Gesetzesvorlage über die Neuordnung des Gemeindesteuerwesens die Voraus setzungen für die Erundwertsteuer mit festzusctzen. Landwirtschaft und Fleischteuerung. In der letzten Sitzung des Klubs der Landwirte für Zwickau und Um gegend äußerte sich Oekonomierat Barth in längeren Ausführungen betreffs der hohen Nahrungsmittelpreise bezw. Fleischteuerung. Besonders betonte derselbe, daß da ran durchaus nicht die Landwirtschaft in willkürlicher Weise, wie es ihr vorgeworfen werde, schuld trage, sondern, daß dieser Zustand vielmehr durch andere, auch von gerecht denkender Seite anerkannte Umstände, welche nicht der Landwirtschaft in die Schuhe geschoben werden können, hervorgerufen werde. Auch entsprächen die Preise für landwirtschaftliche Produkte bei weitem nicht den hohen und sich stetig steigernden Produktions- bezw. Betriebs kosten, so daß die Lage der Landwirtschaft keineswegs be neidenswert sei. Die Versammlung bedauerte unter all gemeiner Zustimmung lebhaft, daß die Landwirtschaft fort während grundlos verdächtigt werde, an fast allen Uebel ständen der schuldige Teil zu sein, wodurch leider ständig ungerechtfertigte Gehässigkeiten gegen die Landwirte, welche doch zu allermeist mit den Mitmenschen friedlich und gemütlich zusammenleben wollten, in die Welt getragen würden und unnötigerweise Zwietracht gesät werde. Die neueste Statistik über die Innungen Dresdens, die Herr Kürschnermeister Köhler als Schriftführer des Dresdner Jnnungsausschusses bearbeitet hat, weist für Anfang 1010 41 Handwerks- und Eewerbeinnungen mit zusammen 7133 Mit gliedern nach. Anfang 1009 hatten die Innungen nur 7075 Mitglieder. Von den 41 Innungen sind 18 Zwangsinnungen und 23 freie Innungen; erstere zählen 4257 Mitglieder, letztere 2876 Mitglieder. Die stärkste Zwangsinnung ist mit 908 Mit gliedern die Bückerinnung. Unter den freien Innungen mar schiert hinsichtlich der Mitglicderzahl mit 592 die Schuhmacher innung an der Spitze. Die numerisch schwächste Zwangsinnung ist die der Drechsler mit 44 Mitgliedern. Die kleinste freie Innung mit nur 9 Mitgliedern bilden die Strumpfwirker.. Dio Innungsmeister beschäftigen rund 15 000 Gesellen und 3600 Lehr linge. Die meisten Lehrlinge entfall-m auf einen Betrieb bei den Buchdruckern, nämlich 3. Dabei ist zu beachten, daß die der Innung Dresdner Buchdruckereibesitzer angehörend-n 88 Firmen Ende >909 796 Setzer- und 203 Druckergehilsen, zusammen also 999 Gehilfen, sowie 175 Setzer- und 102 Druckerlehrlinge, zu- ! sammen also 277 Lehrlinge beschäftigten. Bei den Schlößern kamen auf einen Jnnungsmeister im Durchschnitt 2 Lehrlinge. Was das Schulwesen anlangt, so haben 12 Innungen selbst ständige Fortbildungs- und Fachschulen und 3 Innungen nur Fachschulen. An diesen 15 Schulen werden in 59 Klaßen etwa 1450 Schüler unterrichtet. Sie erforderten 1909 45 166 wo zu der Staat 7025 und die Stadt 6326 ./e gaben. Außer diesen selbständigen Schulen der Innungen unterhalten einige Innungen an der städtischen Gewerbeschule Fachklaßen, und in der Fachschule des allgemeinen Handwcrkervereins zu Dresden besitzt ebenfalls eine größere Anzahl Innungen solche Klaßen. Zum 70. Geburtstage Michael Kockels. Am gestrigen 25. Oktober feierte der konservative, katholisch-wendische Landtagsabgeordnete Herr Michael Kockel in Crost- w i tz seinen 70. Geburtstag. Gleichzeitig konnte der Ver treter des 8. ländlichen Wahlkreises auf eine 2 5jährige Tätigkeit als Landbote zurückblicken. Dem verdien ten Manne wurden aus dem Anlaße dieses Doppeljubi läums zahlreiche Ehrungen und Aufmerksamkeiten von nah nud fern zu teil. — Ueber sein Leben und seine öffentliche Wirksamkeit sei folgendes mitgeteilt: K. wurde am 25. Oktober 1840 in Crostwitz geboren. Er erhielt seine Vorbildung in der dortigen Volksschule und in der Dom schule zu Bautzen. Frühzeitig beschäftigte er sich nicht nur mit der wendischen, sondern auch mit der deutschen Litera tur und hat für Geschichtslektüre eine große Vorliebe. Be reits mit 17 Jahren betätigte er sich literarisch in seiner wendischen Muttersprache. Mit lobenswertem Eifer trat er jederzeit für das Wohl des Vaterlandes, für Heimat, Gemeinde und wendisches Volkstum ein. Seit 25 Jahren hat er dies namentlich als gewißenhafter, unermüdlicher Vertreter des 8. Kreises in der Zweiten sächsischen Stände kammer bewiesen, in welcher er auch als treuer, niever- sagender Mitarbeiter in den Kommissionen geschätzt wird. Hervorzuheben ist dabei besonders seine Königstreue und politisch feste Ueberzeugung. Sein fester Grundsatz war allezeit gerechte und notwendige Forderungen seiner Wähler und des Wahlkreises zu vertreten, und fern lag ihm stets, durch etwaige aussichtslose Versprechungen die Gunst der Wählerschaft zu erringen. Lange Jahre, und zum Teil auch heute noch, war Herr Kockel auch in den ver schiedensten Gemeinde- und Vereinsämtern erfolgreich tätig. Seit 30 Jahren bekleidet er auch das Amt eines Crostwitzer Kirchenvaters. Desgleichen ist er Mitbegrün der verschiedener Heimat- und Ortsvereine. Der Jubilar ist aber auch ein mustergültiger, biederer, einfacher wendi scher Landwirt und überzeugungstreuer Wende. Bereits fünfmal vertrat er als Deputierter seine wendische Heimat und dessen allzeit königstreue wendische Bevölkerung am Königlichen Hofe. Drei Königen, Albert, Georg und Friedrich August, hat er im Namen des wendischen Polkes gehuldigt. Der Gesundheitszustand des Herrn Abg. Kockel ist erfreulicherweise ein verhältnismäßig noch recht guter zu nennen. * * * Di« Reichseinnahmen an Zöllen, Steuern und Ge bühren. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht folgende Uebersicht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Ge-