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MlsdmfferTaMatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D«, ,Wi>«druficr Tageblatt" «rtchriai an allen Werttagen nachmittags 5 Uhr. Leptgsprei»! Bei Abholung in ter «eschllfissteUc und ben Ausgabestellen r SiM. im Monat, bei Zustellung durch di« Boten rszo RM., bei Poftbestellung rRM. zuzüglich Abtrag» . gebühr. Ltuzelnummeru UMpfg.AllePoKanftalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und ans-r-Aur. trügcr und Deschäflsstellen — nehme» zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höhere« Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht drin Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise«. — Rücksendung eingesandter Schriftstück« «rsolgt nur, menn Porto deilirgt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 SV'WL durch Fcrurus übermittelten Anzeigen übernehmen wir Keine Garantie -led-rSinbat,^-, Rlchtigk«il der «lag. eingezogen m-rd-nmust °d«rd.r«ustrag,ederiu Konkurs Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten des Amt«, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Wilsdruff-Dresden Nr. 179 — 90. Jahrgang Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-lbdr.: .Amtsblatt" Dienstag, den 4. August 1931 Am Deobachiungssiand. Wir Deutsche sind es nachgerade fast gewöhnt, in rascher Folge vor Entscheidungen gestellt zu werden, die unser Schicksal weitestgehend beeinflussen. Kaum zum Atem holen wird uns Zeit gelassen und seit Monatsfrist haben die Ereignisse ein geradezu rasendes Tempo er halten. In dem kurzen Zeitraum einer einzigen Woche drängt sich zusammen, was sonst für den ausschweifend sten politischen und wirtschaftlichen „Bedarf" eines ganzen Monats ausgereicht hätte. Eine solche übervolle, über füllte Woche Hai nun wieder begonnen und erfreulicher weise darf man sagen, daß der Beginn nicht gerade schlecht gewesen ist. Denn nun scheint es endlich so weil zu sein, daß aus der Theorie der in London beschlossenen oder vielmehr „empfohlenen" Stillehaltung unserer aus ländischen Kreditgeber Wirklichkeit geworden ist und daß uns wenigstens diese Sorge von den Schultern genommen wurde. Ein zweiter Erfolg ist auch damit zu verzeichnen, daß die Reichs bank nicht „schwächer" geworden ist, obwohl der Ultimo zu überwinden war. Es sind in der vergangenen Woche fast 100 Millionen Gold und Devisen der Reichsbank zugeflossen, so daß die Erhöhung des Notenumlaufs um 260 Millionen glatt gedeckt war. Hier bei mutz übrigens einem vielverbreiteten Gerücht entgegen getreten werden, das „ganz genau" wissen wollte, die Reichsregierung bzw. die Neichsbank habe grotze Massen der bisher allmählig eingezogenen Rentenbank scheine wieder in den Verkehr zurückgeleitet. Davon ist nur so viel wahr, daß diese „Riesensumme" ganze 9,4 Mil lionen beträgt, was bei einem Gesamtumlauf von 419 Millionen Mark Rentenbankscheinen nicht gerade viel be deutet! Die Gold- und Devisendeckung für die umlaufen den 4,4 Milliarden Banknoten beträgt wieder 36,1 Pro zent, wobei man freilich daran zu denken hat, daß Hunderte von Millionen leider noch immer nicht „umlaufen", son- dein im Kasten schlummern. Das Stillhalten unserer ausländischen Gläubiger kam ja gerade noch rechtzeitig, um uns mit besserer Aussicht einen Sprung tun zu lassen, dessen Dunkel infolgedessen recht beträchtlich erhellt wurde: die Wiederherstellung des unbeschränkten Zahlungsverkehrs bei den Banken, die auch zu Beginn dieser Woche erfolgte. Wenn der ausländischen Beruhigung auch die inländische entsprechen würde, dann genügte dies nicht bloß einem selbstverständlichen Wunsch, sondern einer unbedingten Notwendigkeit. Denn wie soll sich unser Kredit im Auslände heben, wenn wir nicht selbst ein unmittelbares Vertrauen zu unserer wirt schaftlichen Zukunft, wenn wir nicht selbst den Mut zur nationalen Selbsthilfe besitzen! Und wenn der Reichs kanzler und der Außenminister am Mittwoch abend ihre Romfahrt antreten, so werden sie hoffentlich auch diesen Erfolg mitnehmen können: Deutschland hat aus eigener Kraft nicht bloß seine Währung durch den Krisenorkan hindurchgerettet, sondern auch die zweite Auf gabe gelöst, nämlich die, den Zahlungsverkehr wieder auf die Füße zu stellen und ihn selb ständig loslaufen zu lassen Das ist es ja, was uns immer U? Gefühl unsäglicher Bitterkeit erfüllt: Wir wurden schon vorwärts- und aufwärtskommen, wenn uns nur mchi das Ausland stets und ständig Knüppel zwischen die Beine werfen würde' Por dem Haager Inter nationalen Schiedsgericht haben wir das bei den Verhand lungen über den deutsch-österreichischen Plan einer Zoll union auch wieder erlebt und dort war e« der Italiener, der mit geradezu wilden Drohungen um sich warf. Ver- m'Ulich wird anlä^ Besuches Brünings bei Mussolini auch diese österreichisch-deutsche Angelegenheit die sich nachgerade zum „Stein des Anstoßes" für die anderen entwickel, hat aber nicht des wirtschaftlichen sondern des Politischen ^instotzes Dabei gibt es viel schlimmere „Steine", über die man sich in Rom wohl auch unterhalten wird! Man branrbt nur das Wori „Abrüstung- auszusprechen, um das Lauvi- und Kardinalproblem politischer Art anzudeuten * Schließlich wird neben ben wirtschaftlichen finan ziellen und krcditpolitischen Aufgaben in Deutschland selbst die Entscheidung in einer rein politischen Frage während dieser Woche zwar nicht gefällt, aber doch so unmittelbar vorbereitet, daß über diese Frage am ersten Tage Woche Endgültiges erfolgt: der Volksentscheids Preußen Davon ob die Mehrheit der Lmverech" ttgten preußischen Wahler die Auflösung des Landtages und Neuwahlen verlangt, hangt aber mehr ab als ein Weiterbestehen oder eine Änderung in der politischen Lei tuna Preußens. Die Rückwirkungen auf den polt- Nschen Kurs im Reich sind unschwer zu erkennen, schon deswegen übrigens, well die preußischen Vertreter im Reichsra? ein bei der Abstimmung fast entscheidendes dLmaWn Kreisen", wie offiziös gesagt wird M pe- kanmgeworden, daß der deutschnationale Parteiführer D^ Hugenberg beim Reichspräsidenten gewesen ist und das wird von vielen Seiten um so eifriger kommentiert, ie weniger die dabei Beteiligten selbst über den Inhalt der Unterredung sprechen. Jedenfalls hat sie daran ge ädert, daß der Kampf für und gegen den Volksentscheid " Preußen weiter geht und ausgetragen wird. KMMerMiW mit Entscheidende Tage. Der Wochenbeginn hat uns noch nicht die ersehnte völlige Öffnung der Geldschalter gebracht, aber der Mittwoch wird es wenigstens für die Banken tun, und die Sparkassen nehmen bestimmt an, daß sobald der normale Zahlungsverkehr einige Tage wieder in Gang sein wird, auch der Sparkassenbetrieb sein gewöhnliches Aussehen haben wird. Auch das Ausland, von dessen Haltung gegenüber unseren kurzfristigen Anleihen sehr viel für die Gestaltung unserer finanziellen und wirtschaft lichen Zukunft abhängt, wartet gespannt daraus, ob die Notmaßnahmen, die vorübergehende Zahlungssperre und Devisenkontrolle den erwünschten Erfolg haben wird. Be wahrt das deutsche Volk weiter die Selbstdisziplin und die über jedes Lob erhabene Ruhe und Beson ne n h e i 1 der letzten Tage, so dürfte die Geldkrise voraus sichtlich in kürzester Zeit überwunden sein, dann würde auch eine erträgliche Lösung für unsere kurzfristigen Aus- landsverpflichtungen durch das Stillhattekonsortium, oder im Notfall durch eine zweckentsprechende deutsche Maß nahme gefunden werden können. Wir können nur Ver trauen von anderen verlangen, wenn wir Selbstver trauen zeigen, zeigen wir aber dieses Selbstvertrauen, so wird auch das Vertrauen der anderen zu uns wieder kommen. Zunächst mutz aber der unklare Zustand be seitigt werden, der gerade in Zeiten nervöser Hochspan nung, wo alles auf die Wiederherstellung des Vertrauens ankommt, unerträglich ist. Die herunlergelassenen Schal terfenster versperren vorläufig jeden klaren Ausblick, aber erst die völlige Klarheit kann ein Ende machen dem Ge munkel und Getuschel, das im Halbdunkeln und in der Dämmerung der Ungewißheit den Nährboden für seine schlimme Saat findet. Das Verhalten des Publikums dem fretgegebenen Notenumlauf gegenüber wird zeigen, ob der Untergrund fest genug steht, auf dem die Regierung das Gebäude ihrer wirtschaftlichen Maßnah men errichten will, über dessen Ausgestaltung dauernde Besprechungen des Reichskabinetts mit führenden Persön lichkeiten der Wirtschaft stattfinden Ede man aber feste Beschlüsse fäßt, wird man die nächsten Tage abwarten müssen. Die Wirkung der Zahlungsfreigabe, die Ent- schlietzungen des Itillhaltekonsortiums und nicht zuletzt die Ergebnisse der Kanzlerreise nach Rom werden von starken Einfluß sein aus die wirlschasts- und finanzpolitischer Tntfcheidungen, die dann fallen werden. * Sitzung des Reichskabineiis. Das Reichskabinett hielt am Momag eine Sitzung ab. An den Beratungen nahmen außer sämtlichen Kabinetts mitgliedern und dem Rcichsbankpräsidcnten Dr. Luther noch Geheimrat Schmitz von der I. G Farbenindustrie A.-G., Ge heimrat Bücher von, Neichsverband der deutschen Industrie, Staatssekretär Dr. Dernburg als Präsidcni der Akzept- und Garantiebank, der frühere Reichsfinanzminister Dr. Hilferding, sowie Professor Warmbold als landwirtschaftlicher Sachver ständiger teil. Die Besprechungen dienten im wesentlichen der Unterrich tung des Reichskabinetts über die Auffassungen der genannten Wirtschastspersönlichkeiten, so datz es zu irgendwelchen Be schlüssen nicht kam. Vorbereitung des wirtschaftlichen Gelbsthilfeplans Dr. Brüning spricht Dienstag im Rundfunk. Die Beratungen des Reichskabinetts, die in den nächsten Tagen vom wirtschaftspolitischen Ausschutz des Kabinetts zu sammen mtt den Sachverständigen der in Betracht kommenden Wirtschaftskreise fortgesetzt werden sollen, gelten der Vorbereitung des wirtschaftlichen Sclbsthilseplans, über den Reichskanzler Dr. Brüning voraussichtlich am Dienstag abend in seiner angckündigten Rundfunkrede pro grammatische Ausführungen machen dürfte. Eine Umfrage der Reichsbank bei ihren Zweigstellen hat ergeben, datz bei den Provinzbanken ebenso wie auch bei den Berliner Banken die teilweise Wiederaufnahme des freien Zahlungsverkehrs einen günstigen Auftakt genommen hat. Fast durchweg wird berichtet, datz die Einzahlungen bei den Banken die Auszahlungen übersteigen. Einzelne Banken haben eine Besserung ihrer Liquidität zu verzeichnen. Da für die Wieder aufnahme des vollen Zahlungsverkehrs gut vorgesorgt ist, be fürchtet man keinerlei Schwierigkeiten. Bei den Sparkassen haben die Kündigungen ebenfalls stark nachgelassen. Die Wechseleinreichungen waren gering. Vielfach hat sich auch der Beginn des Saisonverkaufs auf die Abwicklung des Zah lungsverkehrs vorteilhaft ausgewirkt. * Französische Beteiligung am Siitthaltekonsoriium gesichert. Im Verlauf der Ausschutzsitzung der Großbank-Vertre ter wurden die deutschen Vorschläge noch einmal einge hend geprüft und nur geringfügige Abänderungen bean- tragt. Die französische Beteiligung am Stillhaltekonsor tium ist gesichert, und man hat in dieser Frage von Paris aus keine Schwierigkeiten mehr zu erwarten. Der bei den Verhandlungen gewonnene Eindruck wird von deutscher den WWsWreri Seite als durchaus günstig bezeichnet. Ebenso soll auch auf französischer Seite Befriedigung herrschen. Die entscheidende Vollsitzung der französischen Groß banken soll bekanntlich am Donnerstag stattsinden. Bankverhanölungen in Paris. In Paris haben weitere Einzelbesprcchungcn des Bevoll mächtigten der Deutschen Bank, Direktor Schlieper, mit den Vertretern der französischen Banken staltgesunden. Der ans den Vertretern der Großbanken gebildete Ausschuß, der sich mit der ,ranzöstschen Beteiligung an dem für Deutschland in Aussicht geuommeuen Stillhaltekonsoriiums und anderen banktechnischen Fragen besaßt, ist zu einer Sitzung zusammen getreten. Direktor Schlieper reist am Dienstag zur Fortführung der Verhandlungen nach London ab. Amerikanischer Kredit und Baumwottindustrie. Der Plan der amerikanischen Regierung, größere Mengen Baumwolle aus der Hand des Farma'mtes gegen einen zweijährigen Kredit an Deutschland zu liefern, wird in Bremer Baumwollkreisen mit außerordentlicher Skepsis aufgenommen. Man ist der Ansicht, datz die besonderen Bedingungen, die an den Plan geknüpft sein sollen, ge fahrbringend sind nnd sich letzten Endes gegen die In teressen der deutschen Volkswirtschaft auswirken werden. DerlOV-MMonen-Dollar- Kredit verlängert. Prüfung der deutschen Kreditlage. Die Verwaltungsratssitzung der Tributbank. Die Verwaltungsratssitzung der Tributbank dauerte nur eineinhalb Stunden. Die deutschen Vertreter, Generaldirektor Reusch, Bankier Melchior und Geheimrat Vocke, haben Basel Wieder verlassen. Der wichtigste Beschluß ist die Verlängerung des von Frankreich, Amerika, England und der Tributbank Deutschland gewährten 100 Millioncn-Dollar Kredites, um höchstens drei Monate. Der Kredit würde am 6. August ab- lausen. Ferner bestätigte der Verwaltungsrat den Beschluß der Präsidenten der Notenbanken, datz der von der Londoner Konferenz angeregte zehngliedrtge Sachverständigenausschutz am nächsten Sonnabend in Basel zusammentritt. Der Ausschuß wird in Deutschland eine Untersuchung über die Notwendigkeit sofortiger neuer Kredite veranstalten und die Möglichkeiten zur Umwandlung kurzfristiger in langfristige untersuchen. Es wird betont, datz der Ausschutz völlig autonom ist. Er ernennt selbst seinen Präsidenten und beschließt seine Arbeits methoden. Der Monatsausweis der Tributbank schließt per 31. Juli mit einer Bilanzsumme von 1,632 Milliarden Frank ab gegen über 1,780 Milliarden am 30. Juni. Die Verminderung um 148 Millionen ist zurückzuführen aus das am 1. Juli be gonnene Hvpothekenfeierjahr und auf die Verminderung der Einzahlungen verschiedener Zentralbanken, die gezwungen waren, Devisen abzustoßcn, um den Kapitalrückgängcn auf ver schiedenen europäischen Plätzen begegnen zu können. Ein Teil dieser Rückzüge konnte kompensiert werden durch neue Ein zahlungen der Zentralbanken aus denjenigen Märkten, die von den Kapitalrückzügen betroffen wurden. Die Sichteinzahlungen und sofort diskontierbaren Einzahlungen der Tributbank be trugen 51 Prozent der gesamten Einzahlungen. * Sie Golddeckung der Reichsbanlnolen. Der Ausweis der Retchsbanl. Nach dem Ausweis der Reichsbank vom 31. Juli 1931 hat sich in der Ultimowoche die gesamte Kapitalanlage der Bank in Wechseln und Schecks, Lombards und Effekten um 486,3 Millionen auf 3971,5 Millionen Mark erhöht. Im einzelnen haben die Bestände an Han delswechseln und -schecks um 409,<> Millionen aus 3272,6 Millionen Mark, die Lombardbestände um 30,6 Millionen auf 347,0 Millionen Mark und die Bestände an Reichs schatzwechseln um 46,1 Millionen auf 249,0 Millionen Mark zugenommen. An Reichsbanknoten und Rentenbank scheinen zusammen sind 268,5 Millionen Mark in den Verkehr abgeflossen, und zwar Hai sich der Umlaus an Reichsbanknoten um 259,1 Millionen auf 4453,7 Millionen Mark, derjenige an Nentenbankscheinen um 9,4 Millionen auf 419,2 Millionen Mark erhöht. Dementsprechend haben sich die Bestände der Reichsbank an Nentenbankscheinen auf 8,4 Millionen Mark vermindert. DiefremdenGelder zeigen mit 833,8 Millionen Mark eine Zunahme um 248,8 Millionen Mark. Die Bestände an Gold und deckungs fähigen Devisen haben sich um 97,3 Millionen aus >609,6 Millionen Mark erhöht. Im einzelnen haben die Goldbestände um 10,5 Millionen aus 1363,3 Millionen Mark und die Bestände an deckungsfähigen Devisen um 86,8 Millionen auf 246,3 Millionen Mark zugenommen. Die Deckung der Nolen durch Gold und deckungsfähige Devisen beträgt 36,1 Prozent wie in der Vorwoche.