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-.L Sonnabend, den L6 April. 1878 1', M M -- -.M. etletriflische ZZeitage zum sächsischen Erzähler. „warum habe ich Sie nicht eher besucht. Sie sind in mehr als einer Hinsicht mein guter Schutzengel!" und voll überströmender Dankbarkeit ergriff er ihre Hand. Er bemerkte nicht, daß ihre Rechte in der seinen zitterte, daß sie dieselbe rasch zurückzog und nach einem tiefen Athemzuge entgegnete: „Vergessen Sie nicht, noch sind das Alles bloße Bermuthungen und sie werden uns nicht viel weiter bringen." „Nein, nein", war seine lebhafte Erwiderung. „Sie haben mir damit den Faden in die Hand ge geben, der mich zum Ziele führen wird. O, wie danke ich Ihnen. Von Niemand anders als diesem Elenden konnte der niederträchtige Streich kommen! Warum ist mir dieses niemals selbst eingefallen?" und er schlug sich wor den Kopf. „Ich habe mich beständig mit Ihnen — mit dem Schicksal Katharina'« beschäftigt", verbesserte sie sich selbst „und deshalb das Räthsel in meiner Weise zu lösen gesucht. Lubowsky trug sich gewiß schon lange mit dem verwegenen Plan, Ihre Gattin zu entführen, er war vielleicht deshalb nur nach Paris gekommen, denn das tollste Abenteuer hatte für ihn stets einen besonderen Reiz und er haßte Sie dazu, wie vielleicht Niemand sonst auf der Welt. Er wußte, daß er Sie damit in's Herz traf, wenn er Ihnen Katharina entriß und einem Menschen wie Lubowsky war Alles zuzutrauen. Ich zweifle nicht, daß ihm der Besuch des Opernballes bekannt war und gewiß auch die Verkleidung Ihrer Gattin. In dem bunten Maskengewühl konnte er am leichtesten seine höllischen Pläne ausführen, die durch Ihre rasche Dazwischenkunft und Entfernung vereitelt würden. Sicher hatte er schon in der Nähe des Opernhauses seine Helfer postirt und der Mordanfall in der Rue de la Paix war nur ein Scheinmanöver, um Sie aus dem Wagen zu locken und die Ent führung zu bewerkstelligen. Während aber seine Ge nossen die arme Katharina in Sicherheit brachten, verlief die Sache dennoch anders als Lubowsky be rechnet hatte. Ihr Kutscher mag vielleicht sogleich einen furchtbaren Schlag gegen Lubowsky geführt, ihn am Ende tödtlich verwundet und später beraubt haben, er hat natürlich dann die Flucht ergriffen, um mit seiner guten Beute ebenfalls zu verschwinden." Gyula konnte seine furchtbare Aufregung nicht beherrschen; er sprang vom Stuhle auf, ging mit hastigen Schritten im Zimmer auf und ab ohne ein Wort zu sprechen, dann blieb er vor dem jungen Mädchen stehen. „Ich staune über ihren Scharf sinn", sagte er endlich und blickte ihr voll Bewun derung in das Antlitz, das eine Flammenröthe bedeckte. „Sie geben meiner Seele den Frieden wieder, denn ZK >4 ..'K AM Freund und Feind Novelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) „Gerade Ihre Ausdauer ist es, die ich bewundere", Mgte dann gewöhnlich der Marquis hinzu, „und sie Wird gekrönt werden, verlassen Sie sich darauf", amd die beiden Freunde besprachen dann wieder von Neuem die ganze Angelegenheit, erschöpften sich in Merhand Bermuthungen und es war besonders der Marquis, der ein Vergnügen darin fand, die selt- samften und abenteuerlichsten Ideen auszukramen nnd über sein Gesicht zuckte bei solchen Gelegenheiten stets ein seltsames und boshaftes Lächeln. Gewiß empfand er eine diabolische Freude darüber, in dem Herzen des Grafen einen verzehrenden Wunsch -lebendig zu erhalten, von dem er wußte, daß er nie erfüllt wurde. Für sein abgenutztes Herz war dies Schauspiel sicher ein Genuß und dies der einzige Grund, der sein Benehmen erklären ließ, das all' seine Bekannten höchst wunderlich fanden. Einen weit ehrlicheren und wahrhaften Antheil an seinen Bemühungen nahry Alexandra Tscherni- scheff. In seiner Schwermuth, in seiner Sucht, die Verschwundene endlich aufzufinden, würde er seiner Retterin nicht einmal gedankt haben, wenn ihn nicht der Marquis fast mit Gewalt dazu ge drängt hätte. „Man würde dies mit Ihrem ächt ritterlichen Wesen nicht in Einklang bringen", sagte er beständig, „wenn Sie nicht wenigstens Ihres Dankes sich entledigen wollten", und Gyula raffte sich endlich auf, um Comtesse Alexandra einen Besuch W machen. Sie war allein und empfing ihn mit unbefangener Herzlichkeit. Als er in einfacher, schlichter Weise seinen Dank äußerte, ging sie tief erröthend über diese Sache rasch hinweg und sie sprach sogleich von seiner Gemahlin, ihrer einzigen, unvergeßlichen Freundin. Nichts konnte den Grafen wohlthuender und angenehmer berühren, das war ja der Gegenstand allein, der sein ganzes Herz ausfüllte, all' sein Denken in Anspruch nahm. Mit großer Theilnahme ließ sie sich die kleinsten Einzelnheiten erzählen und hörte in gespannter Aufmerksamkeit ihm zu. „Ich fürchte, Sie und Katharina sind die Opfer eines wohlangelegten, niederträchtigen Planes", sagte sie nach längerem Nachsinnen. „Wie wäre es, wenn HubowSky die Entführung ihrer Gattin bereits vor bereitet hätte und nur durch seine zufällige Ermor dung um die Früchte seiner raffinirten Bosheit ge bracht worden wäre?" — „Alexandra, auf welchen Gedanken bringen Sie mich!" rief Gyula in höchster Aufregung aus,